Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164768/8/Zo/Jo

Linz, 07.04.2010

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn Ing. X vom 02.02.2010 gegen Punkt 1) des Straferkenntnisses des Bezirkshauptmannes von Perg vom 21.01.2010, Zl. VerkR96-3440-2009, wegen einer Übertretung der StVO nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 25.03.2010 zu Recht erkannt:

 

 

I.             Die Berufung wird mit der Maßgabe abgewiesen, dass es anstelle von "um 64 km/h" zu lauten hat: "um ca. 60 km/h".

 

II.           Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren einen Kostenbeitrag in Höhe von 64 Euro zu bezahlen (das sind 20 % der von der Erstinstanz verhängten Geldstrafe).

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 19 VStG;

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat dem Berufungswerber in Punkt 1) des Straferkenntnisses vorgeworfen, dass er am 04.10.2009 um 08.00 Uhr auf der B3 in Luftenberg bei km 226,900 die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 64 km/h überschritten habe. Die in Betracht kommende Messtoleranz sei bereits zu seinen Gunsten abgezogen worden.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber aus, dass die Geschwindigkeitsüberschreitung nur deshalb zustande gekommen sei, weil das nachfolgende Zivilfahrzeug sehr knapp auf sein Fahrzeug aufgefahren sei.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Perg hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat        (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 25.03.2010. An dieser hat der Berufungswerber teilgenommen und es wurde in die Videoaufzeichnungen der gegenständlichen Nachfahrt Einsicht genommen.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte zur Vorfallszeit seinen PKW mit dem Kennzeichen X auf der B3 in Richtung Mauthausen. Bereits im Bereich Steyregg ist dem Berufungswerber ein Fahrzeug aufgefallen, welches knapp auf ihn aufgefahren ist. Nach Ansicht des Berufungswerbers hat dieses Fahrzeug versucht, ihn zum Erhöhen der Geschwindigkeit zu verleiten. Er hat bereits zu diesem Zeitpunkt vermutet, dass es sich um ein Zivilstreifenfahrzeug handeln könne. Sowohl der Berufungswerber als auch das hinter ihm fahrende Zivilstreifenfahrzeug durchfuhren in weiterer Folge eine 70 km/h-Beschränkung, welche der Berufungswerber im Wesentlichen eingehalten hat.

 

In weiterer Folge beschreibt die B3 eine langgezogene Linkskurve und geht dann in eine längere Gerade über. Nach dem Ende der 70 km/h-Beschränkung beschleunigte der Berufungswerber sein Fahrzeug, wobei das Zivilstreifenfahrzeug in einem augenscheinlich gleichbleibenden Abstand nachfuhr. Bei dieser Nachfahrt um 08.00 Uhr wurde eine Höchstgeschwindigkeit von 172 km/h gemessen, die Durchschnittsgeschwindigkeit auf einer Messstrecke von 1.448 m betrug 158,87 km/h.

 

Die Geschwindigkeitsmessung erfolgte durch Nachfahrt in gleichbleibenden Abstand mit einem Zivilstreifenfahrzeug der Marke VW Passat, in welchem eine Geschwindigkeitsmessanlage der Marke Multavision eingebaut war. Diese war zum Messzeitpunkt gültig geeicht.

 

Der Berufungswerber machte im gesamten Verfahren geltend, dass ihm das Zivilstreifenfahrzeug bereits vor der Messung aufgefallen sei und er durch die Fahrweise dieses Fahrzeuges zu einem Erhöhen seiner Geschwindigkeit verleitet worden sei. Die Polizeibeamten hätten ihn durch das knappe Auffahren zu einem Erhöhen seiner Geschwindigkeit provoziert und die dadurch herbeigeführte Geschwindigkeitsüberschreitung in weiterer Folge aufgezeichnet. Dazu ist festzuhalten, dass jedenfalls auf jenem Teil der Nachfahrt, welcher auf Video dokumentiert ist, ein knappes Auffahren nicht ersichtlich ist sondern die Nachfahrt offensichtlich in einem augenscheinlich gleichbleibenden und ausreichenden Abstand durchgeführt wurde.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges, sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlässt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, auf Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren.

 

5.2. Die gegenständliche Geschwindigkeitsmessung erfolgte mit einem geeichten Messgerät und ergab eine Höchstgeschwindigkeit von 172 km/h. Da die Nachfahrt in einem augenscheinlich gleichbleibenden Abstand erfolgte, ist von diesem Wert (nur) eine Messungenauigkeit von 5 % abzuziehen. Es verbleibt daher ein vorwerfbarer Geschwindigkeitswert von 163 km/h. Im Hinblick auf die geringen Ungenauigkeiten, welche mit dieser Messmethode verbunden sind, ist dem Berufungswerber daher jedenfalls eine Geschwindigkeitsüberschreitung im Ausmaß von ca. 60 km/h vorzuwerfen. Er hat deshalb die ihm vorgeworfene Übertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten. Umstände, welche sein Verschulden ausschließen würden, sind im Verfahren nicht hervorgekommen, weshalb zumindest von fahrlässigem Verhalten auszugehen ist. Dem Berufungswerber wäre – selbst wenn das von ihm behauptete knappe Auffahren zutreffen würde – jedenfalls zuzumuten gewesen, die erlaubte Geschwindigkeit einzuhalten und das nachkommende Fahrzeug überholen zu lassen.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Gemäß § 99 Abs.2e StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 150 bis 2.180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 48 Stunden bis zu 6 Wochen, zu bestrafen, wer die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebietes um mehr als 50 km/h überschreitet.

 

Zugunsten des Berufungswerbers kann bei der Strafbemessung berücksichtigt werden, dass es sich um ein gerades übersichtliches Straßenstück ohne Kreuzungen handelt, weshalb die von ihm eingehaltene Geschwindigkeit keine konkrete Gefährdung der Verkehrssicherheit dargestellt hat. Andererseits ist die massive Überschreitung als straferschwerend zu berücksichtigen. Der Unrechtsgehalt der Übertretung kann nicht mehr als bloß geringfügig angesehen werden.

 

Der Berufungswerber ist aktenkundig unbescholten, was einen erheblichen Strafmilderungsgrund bildet. Sonstige Strafmilderungs- bzw. Erschwerungsgründe liegen nicht vor. Unter Abwägung all dieser Umstände erscheint die von der Erstinstanz verhängte Geldstrafe durchaus angemessen. Sie schöpft den gesetzlichen Strafrahmen nur zu ca. 15 % aus und entspricht auch den persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers (monatliches Nettoeinkommen von 2.000 Euro bei Sorgepflichten für zwei Kinder und seine geschiedene Gattin). Die Strafe erscheint sowohl aus general- als auch spezialpräventiven Überlegungen in dieser Höhe notwendig, um den Berufungswerber in Zukunft von ähnlichen Übertretungen abzuhalten.

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

 

 

Es ist abschließend noch darauf hinzuweisen, dass sich die Berufung nicht gegen Punkt 2) des Straferkenntnisses (Nichtverwenden des Sicherheitsgurtes) gerichtet hat. Dies hat der Berufungswerber in der mündlichen Verhandlung auch ausdrücklich dargestellt. Die wegen dieses Punktes verhängte Geldstrafe von 50 Euro (Verfahrenskosten 5 Euro, Ersatzarrest 18 Stunden) ist daher bereits rechtskräftig.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

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