Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100463/8/Weg/Ri

Linz, 04.06.1992

VwSen - 100463/8/Weg/Ri Linz, am 4.Juni 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Mitglied W.HR. Dr. Kurt Wegschaider über die Berufung des Dr. H P, vertreten durch Rechtsanwalt Dr.L P, vom 4. März 1992 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 14. Februar 1992, VerkR-96/4292/1991-B, auf Grund des Ergebnisses der am 27. Mai 1992 stattgefundenen öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl.Nr. 51/1991, i.V.m. § 24, § 45 Abs.1 Z.1, § 51 Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl.Nr. 52/1991.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretung nach § 37 Abs.3 StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.000 S (im NEF 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt, weil dieser am 17. Jänner 1991 um 12.51 Uhr in L, K.straße, beim Schutzweg den PKW gelenkt hat, wobei er beim Zeichen "Halt" des Verkehrspostens (Halten beider Arme quer zu beiden Fahrtrichtungen) nicht vor dem Verkehrsposten angehalten hat. Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 100 S in Vorschreibung gebracht.

2. Diesem Straferkenntnis liegt eine Anzeige der Bundespolizeidirektion Linz, Wachzimmer H, vom 17.Jänner 1991 zugrunde, wonach der gegenständliche Schutzweg durch ein Straßenaufsichtsorgan wegen einer in der Nähe befindlichen Schule gesichert wurde. Zum Zeitpunkt des Herannahens des Beschuldigten zum Schutzweg stand entsprechend dieser Anzeige der Meldungsleger mit dem Rücken zum Beschuldigten und hatte nach der Zeichengebung "Halt" (beide Arme quer zur Fahrtrichtung) auf der Mitte der Fahrbahn vor dem Schutzweg stehend die Arme wieder gesenkt. Dabei nahm der Meldungsleger wahr, daß sich der Beschuldigte im Schrittempo dem Schutzweg näherte und diesen trotz des Zeichens "Halt" überquerte. Eine Gefährdung von Schülern fand dabei nicht statt, obwohl sich solche am Schutzweg befanden. Der Beschuldigte gab schon damals sinngemäß an, daß ihm ein Hilfszeichen gegeben wurde bzw. er ein solches Hilfszeichen vielleicht auch mißverständlicherweise zu erkennen glaubte.

3. In der Berufung ist sinngemäß ausgeführt, daß die Wahrnehmungen des Meldungslegers in der Gesamtheit anzuzweifeln sind, weil dieser ja mit dem Rücken zum Beschuldigten gestanden sei.

4. Die Berufung ist rechtzeitig. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht, sodaß die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates zur Sachentscheidung gegeben ist, der weil eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe ausgesprochen wurde - durch ein Einzelmitglied zu erkennen hat. Da von den Parteien des Verfahrens kein Verzicht auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgegeben wurde, war eine solche anzuberaumen.

Zu dieser erschienen der Beschuldigte, sein Rechtsfreund sowie als Zeuge der Meldungsleger Insp. T.

5. Auf Grund des Ergebnisses dieser am 27. Mai 1992 stattgefundenen öffentlichen mündlichen Verhandlung, während der auch ein Lokalaugenschein durchgeführt wurde, ist nachstehender entscheidungsrelevante Sachverhalt als erwiesen anzunehmen:

Die Fahrbahnbreite beträgt im Bereiche des gegenständlichen Schutzweges ca. 12 m. Der Beschuldigte kam aus der R.straße, überquerte den Schutzweg beim Hause Kudlichstraße 69 im Schrittempo und fuhr wieder beschleunigend in Richtung stadteinwärts auf der Kudlichstraße weiter. Insp. T regelte zum Schutze der Kinder diesen Schutzweg und stand, nachdem er im Sinne des § 37 Abs.3 StVO 1960 beide Arme quer zu beiden Fahrtrichtungen hielt und die Arme im Sinne des § 37 Abs.6 wieder senkte, mit dem Rücken zur R.straße auf der Mitte der Fahrbahn. Wenn er das Herannahen des Beschuldigtenfahrzeuges im Schrittempo optisch bemerkt hat, woran nicht gezweifelt wird, so kann er dies nicht nur aus den Augenwinkeln heraus beobachtet haben, sondern muß dies mit einer Drehung des Kopfes, allenfalls auch des Körpers nach rechts verbunden gewesen sein. Die Drehung des Kopfes um mehr als 90 Grad ohne den Körper mitzubewegen würde eine akrobatische Leistung darstellen, die auch mit den Erfahrungen des täglichen Lebens nicht übereinstimmt, sodaß die Drehung des Körpers um zumindest 45 Grad nach rechts als wahrscheinlich gilt und in Anbetracht des Verhaltens des Beschuldigten auch als erwiesen angenommen werden kann. Mit dieser Drehung wollte zwar der Meldungsleger die Überquerung des Schutzweges nicht freigeben, könnte aber doch vom Beschuldigten mißverstanden worden sein, sei es, daß er das Zurückdrehen in die Ausgangsposition, (allenfalls verbunden mit einer Handbewegung) als Hilfszeichen auffaßte, sei es, daß er auf Grund der nicht eindeutigen Stellung des Verkehrspostens darin nicht das Zeichen "Halt" erkennen konnte. Es würde mit den Erfahrungen des täglichen Lebens nicht übereinstimmen, wenn ein dem Grunde nach unbescholtener langjähriger Autolenker einen Schutzweg im Schrittempo überquert, obwohl das Überqueren des Schutzweges durch ein entsprechendes eindeutig erkennbares Armzeichen gesperrt war. Es wird deshalb der, auch während der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Rechtfertigung des Beschuldigten insofern beigetreten, als er die Stellung des Straßenaufsichtsorganes mißdeutete. Diese als erwiesen angenommene Mißdeutung der Armzeichen hatte ihren Grund in der bereits oben geschilderten wahrscheinlich nicht ganz eindeutigen Haltung des Straßenaufsichtsorganes.

6. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Hält ein auf der Fahrbahn stehender Verkehrsposten beide Arme quer zu beiden Fahrtrichtungen, so gilt dies als Zeichen für "Halt" für den Verkehr in diesen Fahrtrichtungen, wobei vor dem Verkehrsposten selbst dann anzuhalten ist, wenn dieser nach diesen Armzeichen die Arme wieder senkt. In diesem Falle sind die senkrecht zur Brust und zum Rücken des Verkehrspostens verlaufenden Fahrtrichtungen gesperrt (vgl. § 37 Abs.3 und Abs.6 StVO 1960).

Da eine eindeutige senkrechte Stellung des Verkehrspostens zum Beschuldigten nicht als erwiesen angenommen werden kann, sondern zumindest für einen Augenblick eine zumindest 45-gradige Abweichung von dieser Stellung anzunehmen ist, ist der Tatbestand des § 37 Abs.3 i.V.m. § 37 Abs.6 StVO 1960 nicht mit einer für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit oder Wahrscheinlichkeit als objektiv erfüllt anzusehen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider 6

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