Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-164858/2/Fra/Ka

Linz, 02.04.2010

 

Mitglied, Berichter/in, Bearbeiter/in:                                                                                                                               Zimmer, Rückfragen:

Johann Fragner, Dr., Hofrat                                                                               2A18, Tel. Kl. 15593

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn x gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 8.2.2010, AZ: S-18129/09-3, betreffend Übertretung des § 106 Abs.2 KFG 1967, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; der Berufungswerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu entrichten.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z1 VStG; § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 106 Abs.2 KFG 1967 gemäß § 134 Abs.3d Z1 leg.cit. eine Geldstrafe von 50 Euro (EFS 16 Stunden) verhängt, weil er am 8.4.2009 um 8.50 Uhr in Linz, A7 bei Strkm. 4,94 als Lenker des Kfz mit dem x, dessen Sitzplatz mit einem Sicherheitsgurt ausgerüstet ist, die Verpflichtung zum bestimmungsgemäßen Gebrauch des Sicherheitsgurtes nicht erfüllt hat, wie bei einer Anhaltung gemäß § 97 Abs.5 StVO 1960 festgestellt wurde.

 

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung. Die Bundespolizeidirektion Linz – als nunmehr belangte Behörde - legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 2.000  Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c erster Satz VStG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

Ist ein Sitzplatz eines Kraftfahrzeuges mit einem Sicherheitsgurt ausgerüstet, so sind gemäß § 106 Abs.2 KFG 1967 Lenker und beförderte Personen, die einen solchen Sitzplatz benützen, je für sich zum bestimmungsgemäßen Gebrauch des Sicherheitsgurtes verpflichtet, sofern nicht Abs.5 Anwendung findet. Die Verletzung dieser Pflicht begründet, jedoch nur soweit es sich um einen allfälligen Schmerzensentgeltanspruch handelt, im Fall der Tötung oder Verletzung des Benützers durch einen Unfall ein Mitverschulden an diesen Folgen im Sinne des § 1304 ABGB. Das Mitverschulden ist so weit nicht gegeben, als der Geschädigte (sein Rechtsnachfolger) beweist, dass die Folge in dieser Schwere auch beim Gebrauch des Sicherheitsgurtes eingetreten wäre.

 

Gemäß § 134 Abs.3d Z1 KFG 1967 begeht eine Verwaltungsübertretung, welche mit einer Organstrafverfügung gemäß § 50 VStG mit einer Geldstrafe von 35 Euro zu ahnden ist, wer als Lenker eines Kraftfahrzeuges oder als mit einem Kraftfahrzeug beförderte Person die im § 106 Abs.2 angeführte Verpflichtung nicht erfüllt, wenn dies bei einer Anhaltung gemäß § 97 Abs.5 StVO 1960 festgestellt wird. Wenn die Zahlung des Strafbetrages verweigert wird, ist von der Behörde eine Geldstrafe bis zu 72 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Freiheitsstrafe bis zu 24 Stunden zu verhängen.

 

Der Bw bringt vor, dass er den Sicherheitsgurt angelegt hatte und er sich erst dann abgeschnallt habe, als der Polizeibeamte schon mit der Amtshandlung begonnen hatte. Dieser habe ihm mitgeteilt, er habe gesehen, dass er (der Bw) keinen Sicherheitsgurt angelegt hatte und sich erst kurz vor der Anhaltung angeschnallt hätte. Dies entspreche nicht den Tatsachen. Weiters hätte er, wenn er keinen Sicherheitsgurt angelegt gehabt hätte, einen Rechtsanspruch auf ein Organmandat, welches ihm nicht angeboten worden sei. Der Polizeibeamte habe ihm lediglich mitgeteilt, dass er Anzeige erstatten werde.

 

Der Meldungsleger x  hat in seiner Stellungnahme vom 3.7.2009 an die belangte Behörde ua ausgeführt, es sei durchaus möglich, dass der Bw habe erkennen können, dass eine Anhaltung unmittelbar bevorstehe und er deshalb den Sicherheitsgurt noch schnell angelegt hatte.  Aus dieser Aussage kann sohin nicht geschlossen werden, dass der Bw bei der Anhaltung nicht angegurtet gewesen ist.

Die belangte Behörde verweist im angefochtenen Straferkenntnis auf das Judikat des VwGH vom 27.2.2004, Zl. 2003/02/0293. In diesem Erkenntnis führt der VwGH ua aus, dass dem Sinn der Vorgängernorm (Artikel III Abs.5 der 3. KFG-Novelle) - nämlich die Ahndung des oben umschriebenen strafbaren Verhaltens nach Art. III Abs.1 1. Satz leg.cit. durch Normierung einer Strafdrohung - entsprechend die Wortfolge "bei einer Anhaltung" auch jene Feststellungen umfasst, die Organe der Straßenaufsicht im Zuge einer eine Anhaltung einschließenden Amtshandlung, die mit der Anhaltung in einem engen zeitlichen und örtlichen Zusammenhang steht, gemacht haben; also auch solche Vorgänge, die sie während des vorangegangenen Lenkens kurz vor dem ersten dem Lenker gegebenen Zeichen der Aufforderung zum Anhalten beobachtet haben.

 

Im gegenständlichen Fall kann zumindest nicht von einem engen örtlichen Zusammenhang ausgegangen werden, da der Meldungsleger das dem Bw zur Last gelegte Verhalten beim Tunnelportal Bindermichl Richtungsfahrbahn Süd beobachtet hat und die Anhaltung erst auf dem Parkplatz Franzosenhausweg Richtungsfahrbahn Süd erfolgte. Im  Übrigen hat der Meldungsleger in seiner oa Stellungnahme angegeben, dem Lenker mangels Einsichtigkeit auch eine Organstrafverfügung nicht angeboten zu haben. Das einschreitende Organ der Straßenaufsicht muss jedoch den Beanstandeten auffordern, die Geldstrafe zu zahlen und nur dann, wenn dieser die Zahlung verweigert, ist die Anzeige an die Behörde zu erstatten. Da dies offensichtlich nicht erfolgt ist, liegen die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für die Ahndung einer allfällig vom Bw begangenen Verwaltungsübertretung im Sinne der oben genannten gesetzlichen Bestimmungen nicht vor, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

 

4. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Johann Fragner

 

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum