Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164859/2/Fra/Ka

Linz, 02.04.2010

 

Mitglied, Berichter/in, Bearbeiter/in:                                                                                                                               Zimmer, Rückfragen:

Johann Fragner, Dr., Hofrat                                                                               2A18, Tel. Kl. 15593

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn x gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 18.2.2010, Zl. S-23674/09VP, betreffend Übertretung des § 8 Abs.4 StVO 1960, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; der Berufungswerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu entrichten.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z3 VStG; § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 8 Abs.4 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 100  Euro (EFS 50 Stunden) verhängt, weil er am 9.4.2009 um 20.42 Uhr in Linz, vom Gehsteig der Weißenwolffstraße im Nahbereich des Lokales "x" kommend, im Bereich der Kreuzung Gruberstraße – Weißenwolffstraße ein Gehsteig mit dem Fahrzeug: Kleinkraftrad (Moped), Kz.: x, vorschriftswidrig benützt hat, da er vorher ein im Gehsteigbereich abgestelltes Fahrzeug in Betrieb genommen hat und direkt von dort auf die Fahrbahn gefahren ist.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter  eingebrachte Berufung. Die Bundespolizeidirektion Linz – als nunmehr belangte Behörde - legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 2.000  Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c erster Satz VStG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat mit Erkenntnis vom 14.1.2009, VwSen-164674/2/Fra/Ka, das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 9.12.2009, Zl. S-23674/09VP, betreffend Übertretung des § 19 Abs.7 iVm § 19 Abs.6 StVO 1960 aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt. Die Bundespolizeidirektion Linz legte mit diesem Straferkenntnis dem Bw zur Last, dass er am 9.4.2009 um 20.42 Uhr als Lenker des Kleinkraftrades (Moped), Kz.: x in Linz, vom Gehsteig der Weißenwolffstraße in Fahrtrichtung Franckstraße kommend, im Bereich der Kreuzung Gruberstraße-Weißenwolffstraße als Wartepflichtiger den Vorrang eines Fahrzeuges im fließenden Verkehr verletzt hat, weil der Vorrangberechtigte zum unvermittelten Bremsen seines Fahrzeuges genötigt wurde.

 

Laut Aktenlage ereignete sich am 9.4.2009 um 20.42 Uhr auf der ampelgeregelten Kreuzung der Gruberstraße mit der Weißenwolffstraße im Ortsgebiet von Linz ein Verkehrsunfall. Zum Unfallszeitpunkt lenkte Herr x das Taxi, Marke Mercedes E290, x, aus Richtung Untere Donaulände kommend auf der Gruberstraße und wollte die Kreuzung geradlinig überqueren. Nach seinen Angaben war Grünlicht für seine Fahrtrichtung, Zeugen schildern jedoch ein Einfahren bei gelb oder rot. Gleichzeitig querte der Bw mit seinem Moped, Cracker Explorer, Kz.: x, vom Gehsteig des Kreuzungseckes kommend von rechts aus der Sicht des Taxifahrers die Fahrlinie. Zwischen der rechten vorderen Ecke des PKW´s und der Front des Mopeds kam es zu einer massiven Kollision, durch die der Bw auf die Scheibe des Mercedes und über das Dach geschleudert wurde. Er erlitt nach der Verletzungsanzeige  des AKH schwere Verletzungen in Form von Brüchen des Gelenkknorrens des Hinterhauptbeines, eines Fingers der linken Hand und eines Schädelhirntraumas Grad II. Herr x und die beiden Insassen des Taxis blieben unverletzt.

 

Grund für die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens war für den Oö. Verwaltungssenat der Umstand, dass sich der ggst. Verkehrsunfall im durch Lichtzeichen geregelten Kreuzungsbereich ereignete.

 

§ 19 StVO bezieht sich auf den für den Fahrzeugverkehr bestimmten Teil der Straße, während ein Gehsteig ein für den Fußgängerverkehr bestimmter, von der Fahrbahn abgegrenzter Teil der Straße darstellt. Im letzten Satz der Begründung des hg Erkenntnisses wurde festgestellt, dass der Bw allenfalls die Bestimmung des § 8 Abs.4 StVO 1960 verletzt hat.

 

Die Bundespolizeidirektion Linz führt in der Begründung des nunmehr angefochtenen Straferkenntnisses ua aus, dass ein den Unfallsverlauf ausführlich dokumentierendes Sachverständigengutachten erstellt worden ist. Auf Seite 2 Abs.5 komme der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass der Bw mit seinem Moped Cracker Explorer, Kz.: x, vom Gehsteig des Kreuzungseckes kommend von rechts aus der Sicht des Taxifahrers die Fahrlinie überquert hat. Weiters schreibt der Sachverständige in seinem Gutachten auf Seite 5, dass die Fahrtrichtung des Rollerfahrers x von der Gehsteigfläche herunter, schräg gegen die Fahrtrichtung des Angeklagten geführt hat und weiters, dass vom Gehsteig her keine lange Beschleunigungsstrecke vorgelegen hat, womit wiederum klar sei, dass der Bw von einem Gehsteig her mit seinem Kraftfahrzeug weggefahren ist.

 

Dem hält der Bw entgegen, dass, selbst wenn die im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfene Verwaltungsstraftat gegeben wäre, hinsichtlich dieses Verwaltungsstraftatbestandes bereits Verjährung eingetreten sei. Mit Ladungsbescheid der belangten Behörde zur selben Aktenzahl vom 29.6.2009 sei ihm vorgeworfen worden, er habe als Wartepflichtiger den Vorrang eines Fahrzeuges im fließenden Verkehr verletzt, weil der Vorrangberechtigte zum unvermittelten Bremsen seines Fahrzeuges genötigt wurde. Er wurde mit diesem Ladungsbescheid in Kenntnis gesetzt, dass gegen ihn ein Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung der §§ 19 Abs.7 iVm 19 Abs.6 StVO 1960 geführt wird. Dieses Straferkenntnis hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit dem oa Erkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt. Erstmals mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 2.2.2010 habe ihm die belangte Behörde nunmehr zur Last gelegt, er habe in "Linz vom Gehsteig der Weißenwolffstraße im Nahbereich des Lokales x kommend, im Bereich der Kreuzung Gruberstraße-Weißenwolffstraße am 9.4.2009, 20.42 Uhr, mit seinem Kleinkraftrad,  Kz.: x den Gehsteig vorschriftswidrig benützt". Nachdem sich der ggst. Vorfall bereits am 9.4.2009 ereignet habe, sei daher jedenfalls Verjährung hinsichtlich des Vorwurfes der vorschriftswidrigen Benützung des Gehsteiges im Sinne des § 8 Abs.4 StVO 1960 eingetreten. Soweit die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses ausführt, noch am Unfalltag (9.4.2009) wäre eine entsprechende Anzeige geschrieben worden, sei festzuhalten, dass eine Anzeige wegen Verstoßes gegen § 8 Abs.4 StVO 1960 gegen ihn nicht erfolgt sei. Das diesbezüglich gerichtliche Verfahren wurde seitens der Bezirksanwaltschaft Linz ohne Durchführung eines näheren Verfahrens eingestellt. Auch in der Folge wurde ihm lediglich eine Vorrangverletzung nach § 19 StVO 1960 vorgehalten, niemals jedoch eine Verletzung des § 8 Abs.4 StVO 1960. In der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 2.2.2010 werde ihm nun vorgeworfen, er habe den Gehsteig mit seinem Fahrzeug vorschriftswidrig benützt. Er habe in der dagegen erhobenen Stellungnahme vorgebracht, dass keine vorschriftswidrige Benützung des Gehsteiges durch ihn vorgelegen habe. Laut Inhalt auch des gerichtlichen Strafaktes habe er den Gehsteig allenfalls überquert und stelle das Überqueren eines Gehsteiges gemäß § 8 Abs.4 Z1 StVO 1960 keinen Verwaltungsstraftatbestand dar. Die Ausnahme vom grundsätzlichen Verbot des Befahrens von Gehsteigen ist auf das Überqueren von Gehsteigen zum Zufahren oder zum Abfahren schlechthin zu beziehen und daher nicht strafbar. Dass er zuvor sein Moped vorschriftswidrig auf einem Gehsteig abgestellt haben sollte, ergebe sich entgegen dem Straferkenntnis aus dem Akteninhalt nicht. Der einzige Zeuge aus dem gerichtlichen Strafakt (ON 3, AS 39, 6. Absatz, in welchem die Aussage des Zeugen x wiedergegeben ist) sage aus, dass er mit seinem Moped schräg über die do. Wiese direkt auf die Fahrbahn gefahren wäre. Von einer unbefugten Benützung des Gehsteiges spreche der Zeuge nicht. In rechtlicher Hinsicht sei das Überqueren eines Gehsteiges keinesfalls verboten und stehe nach der Ergebnis des Ermittlungsverfahrens, insbesondere auch dem Ergebnis des gerichtlichen Strafverfahrens gegen den Unfallgegner nicht fest, wo er sein Moped vor dem Losfahren abgestellt habe. Soweit ihm im nunmehr angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen wird, er hätte sein Moped vor dem Lokal "x" auf dem Gehsteig rechtswidrig abgestellt gehabt, liege ein Verfahrensmangel vor, als dieser Vorwurf ihm gegenüber im erstinstanzlichen Verfahren niemals erkennbar erhoben wurde.

 

Der Bw ist mit seinem Vorbringen im Ergebnis im Recht:

 

Gemäß § 8 Abs.4 StVO 1960 ist die Benützung von Gehsteigen, Gehwegen und Schutzinseln mit Fahrzeugen aller Art und die Benützung von Radfahranlagen mit Fahrzeugen, die keine Fahrräder sind, insbesondere mit Motorfahrrädern verboten. Dieses Verbot gilt nicht,

1) für das Überqueren von Gehsteigen, Gehwegen und Radfahranlagen mit Fahrzeugen auf den hiefür vorgesehenen Stellen,….

 

Dem Bw wird mit dem angefochtenen Straferkenntnis zur Last gelegt, ein im Gehsteigbereich abgestelltes Fahrzeug in Betrieb genommen zu haben und direkt von dort auf die Fahrbahn gefahren zu sein. Das hiezu erstattete Vorbringen des Bw, aus der Aktenlage ergebe sich nicht, dass er sein Moped vor dem Lokal "x" auf dem Gehsteig rechtswidrig abgestellt hat, ist zutreffend. Die Anzeige des Stadtpolizeikommandos Linz vom 9.4.2009 kann sohin entgegen der Ansicht der belangten Behörde keine taugliche Verfolgungshandlung darstellen. Zutreffend ist, dass sich im Absatz 2 dieser Anzeige folgende Wortfolge angeführt ist:

"Zur selben Zeit fuhr x mit seinem Moped, Kz.: x, vom Gehsteig der Weißenwolffstraße kommend schräg über die Fahrbahn in Richtung Weißenwolffstraße/Garnisonstraße". Diese Wortfolge sagt nichts darüber aus, ob der Bw sein Moped wie ihm nunmehr angefochtenen Straferkenntnis zu Last gelegt wird – sein Moped vorschriftswidrig auf dem Gehsteig abgestellt und überquert hat. Der Bw ist daher mit seinem Einwand der Verfolgungsverjährung im Recht. Aus rechtsstaatlichen Gründen ist es abzulehnen, einem Beschuldigten die Pflicht aufzuerlegen, aus Verfolgungshandlungen, interpretativ zu ermitteln, was ihm nun konkret zur Last gelegt wird.

 

Da sohin Verfolgungsverjährung eingetreten ist, war spruchgemäß zu entscheiden.

 

4. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Johann Fragner

 

 

 

 

 

 

 

 

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