Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164964/2/Ki/Gr

Linz, 08.04.2010

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung der X, X, X, vertreten durch Rechtsanwalt X, X, X, vom 23. Februar 2010 gegen das Straferkenntnis Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 22. Jänner 2010, VerkR96-15062-2009-Hai, wegen einer Übertretung der StVO 1960 zu Recht erkannt:

 

I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II. Die Berufungswerberin hat zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten einen Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren in Höhe von 34 Euro, dass sind 20 Prozent der verhängten Geldstrafe, zu entrichten.

 

Rechtsgrundlagen:

I.: §§ 19, 24 und 51 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG

II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit Straferkenntnis vom 22. Jänner 2010, VerkR96-15062-2009-Hai, die Berufungswerberin für schuldig empfunden, sie habe in der Gemeinde Seewalchen am Attersee, Autobahn, Seewalchen, Baustelle Nr.1 bei km. 234.183 in Fahrtrichtung Wien am 10. Jänner 2009 09:08 Uhr, welcher außerhalb eines Ortsgebietes liegt, die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 52 km/h überschritten (Fahrzeug: Kennzeichen X). Sie habe dadurch § 52 lit.a Z.10a StVO verletzt. Gemäß § 99 Abs. 2c Z.9 StVO wurde eine Geldstrafe von 170 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 84 Stunden verhängt). Außerdem wurde sie zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 17 Euro (10 Prozent der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis erhob die Rechtsmittelwerberin mit Schriftsatz vom 23. Februar 2010 nachstehende Berufung:

 

"In umseits bezeichneter Verwaltungsstrafsache erstattet die Beschuldigte durch ihren ausgewiesenen Vertreter gegen das Straferkenntnis der BH Vöcklabruck vom 22.01.2010, Zahl VerkR96-15062-2009-Hai, zugestellt am 09.02.2010, binnen offener Frist nachstehende

 

BERUFUNG

 

 

aus den Berufungsgründen der inhaltlichen Rechtswidrigkeit und der Rechtswidrigkeit in Folge von Verfahrensfehlern, womit der Bescheid zur Gänze bekämpft wird.

 

1.

Gemäß ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung ist die Behörde verpflich­tete, den entscheidungsrelevanten Sachverhalt vom Amts wegen festzustellen. Ge­mäß Verordnung des Landes Oberösterreich vom 03.03.2009 beginnt die Geschwin­digkeitsbeschränkung von 60 km/h auf der Richtungsfahrbahn Wien im Bereich Seewalchen anstatt bei Streckenkilometer 234,358 erst bei Streckenkilometer 234,108. Die Radarmessung erfolgte am 10.01.2009 bei Streckenkilometer 234,183 in Fahrtrichtung Wien. Gemäß Verordnung beginnt die 60 km/h Geschwindigkeitsbeschränkung erst bei Streckenkilometer 234,108, dennoch ist auf dem von der Behörde beigelegten Baustellenplan bei Streckenkilometer 234,058 die Geschwindigkeitsbeschränkung von 60 km/h sogar einerseits aufgehoben und andererseits wieder verordnet. Die verord­neten Geschwindigkeitsbeschränkungen stimmen weder mit dem Baustellenplan und den darauf eingezeichneten Verkehrszeichen noch mit der „Wirklichkeit" überein. Zu­mindest wird hiemit die Widersprüchlichkeit der verordneten Geschwindigkeitsbe­schränkungen aufgezeigt, was die Behörde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens be­rücksichtigen hätte müssen. Die Beschuldigte war auf der Richtungsfahrbahn Wien unterwegs, wobei - wie erwähnt - die Messung bei Streckenkilometer 234,183 erfolgte. Das aufgestellte Verkehrszeichen vor dem stationären Radargerät ist bei Streckenki­lometer 234,358 der Verordnung vom 03.03.2009 widersprechend aufgestellt und ist sohin verordnungswidrig. Die Geschwindigkeitsbeschränkung auf der Richtungsfahr­bahn Wien im Bereich Seewalchen beginnt tatsächlich erst bei Streckenkilometer 234,358, sodass der Beschuldigten die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwin­digkeit von 60 km/h nicht anzulasten ist, Auch wurde gemäß Bescheid der BH Vöck­labruck vom 02.09.2008 (Punkt I. 14) die Geschwindigkeit im Gegenverkehr auf 80 km/h beschränkt. Dennoch wird der Beschuldigten eine Geschwindigkeitsüberschrei­tung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h vorgeworfen.

 

Die Behörde hätte bei vollständiger Durchführung des Ermittlungsverfahrens diese Um­stände berücksichtigen müssen, was letztlich zu einem völlig anderen Sachverhalt ge­führt hätte. Das behördliche Ermittlungsverfahren ist sohin mangelhaft, insbesondere liegt Rechtswidrigkeit des Bescheids in Folge von Verfahrensfehlern vor. Wie erwähnt, wäre die Behörde bei vollständiger Ermittlung des Sachverhalts zum Ergebnis gekom­men, dass der Beschuldigten jedenfalls keine Geschwindigkeitsüberschreitung um „52 km/h" vorgeworfen werden kann.

 

Beweis:    Verordnung Land Oberösterreich vom 03.03.2008 (zweiter Absatz); Bescheid Land Oberösterreich vom 02.09.2008 1Z 14. und 15.; Baustellenplan samt Verkehrszeichen {färbig); wie bisher;

 

2.

Der Bescheid ist aber auch inhaltlich rechtswidrig, weil die Behörde dem Konkretisie­rungsgebot nicht entsprochen hat. Der Spruch des Bescheids stimmt nicht überein mit der Verordnung bzw. dem Bescheid des Landes Oberösterreichs, aber auch nicht mit dem färbigen Baustellenplan samt darauf abgebildeten Verkehrszeichen. Auch ist die von der Behörde erfolgte Einzeichnung der Radarbox bei „Streckenkilometer 234,183" auf dem färbigen Baustellenplan widersprüchlich, weil die Radarbox auf der rechten Seite eingezeichnet ist, während das Radarlichtbild offenbar von einem stationären Radargerät aus, welches linksseitig angebracht ist, erfolgte. Gleichzeitig ist der Be­scheid aber auch rechtswidrig in Folge von Verfahrensfehlern, weil die Behörde eben­falls bei Durchführung eines vollständigen Ermittlungsverfahrens diese Widersprüch­lichkeit erkannt hätte und das Verfahren alleine aus diesen Gründen einstellen hätte müssen. Die Beschuldigte verwies gemäß Stellungnahme vom 11.11.2009 darauf hin, dass auf dem Radarlichtbild eindeutig ersichtlich ist, dass die Anfertigung des Radar­lichtbilds vor der angeordneten Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h erfolgte. Den­noch führte die Behörde keine ergänzenden Ermittlungen durch, sodass Rechtswidrig­keit in Folge von Verfahrensfehlern in diesem Zusammenhang vorliegt.

 

Beweis:    Stellungnahme vom 11.11.2009; wie bisher;

 

3.

Der Bescheid ist weiters inhaltlich rechtswidrig, weil die Behörde das Vorbringen ge­mäß Stellungnahme vom 14.07.2009 - insbesondere Punkt 3. - unberücksichtigt ließ und lediglich ausführte, dass die kurzfristige Geschwindigkeitsüberschreitung als „Schuldeingeständnis" gewertet wird. Hiebe! handelt es sich um eine vorgreifende Beweiswürdigung, weil die Beschuldigte in Entsprechung ihrer Verpflichtung, an der Feststellung des entscheidungsrelevanten Sachverhalts mitzuwirken, darauf hinwies, die Geschwindigkeit allenfalls kurzfristig überschritten zu haben. Die Behörde begrün­det die vorgreifende Beweiswürdigung damit, dass im gegenständlichen Baustellen­bereich ein Geschwindigkeitstrichter 100 km/h, 80km/h und 60 km/h der Verordnung entsprechend aufgestellt worden sei. Auf dem Baustelleplan samt farblich abgebilde­ten Verkehrszeichen sind ausschließlich zwei Geschwindigkeitsbeschränkungen, aber zugleich auch mehrere Geschwindigkeitsaufhebungen ersichtlich. Genau diese Wi­dersprüchlichkeiten - auch im Hinblick auf die Verordnung bzw. den Bescheid des Landes Oberösterreich - hätte die Behörde aufklären müssen, was sie unterließ. Die Beschuldigte verantwortete sich stets wahrheitsgemäß. Auch führte die Behörde keine Gründe vor, warum sie der Verantwortung der Beschuldigten nicht folgt. Ebenfalls gemäß ständiger verwaltungsgerichtlicher Judikatur hat die Behörde den Bescheid ausreichend zu begründen und die Beweise entsprechend zu würdigen, insbesondere darzulegen, aus welchen Gründen sie einer Verantwortung keinen Glauben schenkt. Der Bescheid ist in diesem Sinne inhaltlich rechtswidrig.

 

Beweis:    wie bisher

 

4.

Ebenfalls gemäß ständiger verwaltungsgerichtlicher Judikatur hat die Behörde sämtli­che Erschwerungs- und Milderungsgründe darzulegen und gegeneinander abzuwä­gen. Gemäß Bescheid wurde von der Behörde in keiner Wiese berücksichtigt, dass die Beschuldigte völlig unbescholten und grundsätzlich eine sehr vorsichtige Kfz-Lenkerin ist, welche sich stets an Geschwindigkeitsbeschränkungen hält. Auch ließ die Behörde bei der Strafbemessung unberücksichtigt, dass die Beschuldigte durch die ständige Pflegebedürftigkeit ihrer Mutter nicht nur eine besonders private sowie persönliche, sondern auch einen enorme wirtschaftliche Belastung zu tragen hat. Die Beschuldigte führte auch aus, dass sie über kein Vermögen verfügt und Alleinversorgerin ist. Sämtli­che dieser Umstände wurden im Rahmen der Strafbemessung unberücksichtigt gelas­sen, weil die Strafmilderungsgründe, unter anderem auch die stets wahrheitsgemäße Verantwortung der Beschuldigten, nicht von der Behörde gewertet wurden. Der Be­scheid ist aus diesen Gründen inhaltlich rechtswidrig, weil die Strafbemessung der Be­hörde nicht ausreichend dargelegt wurde.

 

In spezialpräventiver Hinsicht wäre es keinesfalls erforderlich, eine Geldstrafe in Höhe von € 170,- zu verhängen. Auch eine geringere Geldstrafe würde ausreichen, die Be­schuldigte vor künftigen Geschwindigkeitsüberschreitungen abzuhalten. In general­präventiver Hinsicht erscheint es ebenfalls nicht erforderlich, eine Geldstrafe in dieser Höhe zu verhängen, weil auch eine geringere Geldstrafe Abschreckung genug für andere Verkehrsteilnehmer darstellt.

 

Beweis:    wie bisher

 

5.

Aus diesen Gründen stellt die Beschuldigte durch ihren ausgewiesenen Vertreter nachstehende

 

ANTRÄGE,

 

a]   der Berufung Folge zu geben, den Bescheid der BH Vöcklabruck vom 22.01.2010
aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen;

b)            die verhängte Geldstrafe unter Berücksichtigung sämtlicher Milderungsgründe
schuldangemessen herabzusetzen bzw. mit einer schriftlichen Ermahnung das Auslangen zu finden."

 

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Berufung samt dem bezughabenden Verfahrensakt mit Schreiben vom 12. März 2010 dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

 

2.2. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ist gemäß § 51 Abs.1 VStG gegeben, wobei dieser, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen ist (§ 51c VStG).

 

2.3. Die Berufung wurde innerhalb der 2-wöchigen Rechtsmittelfrist bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck eingebracht.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 2. September 2008, VerkR01-1900-2008, einschließlich Bescheid vom 2. September 2008, VerkR-01-1900-2008, und Planausschnitt betreffend Bauphase 3.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte unterbleiben weil im angefochtenen Straferkenntnis keine 500 Euro übersteigen- de Geldstrafe verhängt wurde und keine Durchführung einer Verhandlung beantragt wurde (§ 51e Abs.3 Z.3 VStG).

 

Überdies ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt aus dem Verfahrensakt.

 

2.5. Aus dem vorliegenden Akt ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde liegt:

 

Die Berufungswerberin lenkte am 10. Jänner 2009 um 09:08 Uhr den verfahrensgegenständlichen PKW in der Gemeinde Seewalchen am Attersee, im Baustellenbereich der Westautobahn A1 bei Straßenkilometer 234.183 in Fahrtrichtung Wien. In diesem Straßenbereich war im Tatzeitraum gemäß der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 02. September 2008, VerkR-01-1900-2008, die Fahrgeschwindigkeit mit 60 km/h beschränkt. Die Berufungswerberin überschritt mit dem von ihr gelenkten PKW bei Straßenkilometer 234.183 diese - durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte – zulässige Höchstgeschwindigkeit. Die Messung der Fahrtgeschwindigkeit erfolgte mittels stationärem Radermessgerät, Type MUVR 6FA 1857, Nr. 04 und wurde fotografisch – durch ein Radarlichtbild – festgehalten. Das verwendete Radermessgerät wurde laut Eichschein Nr. 1857 des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen vom 24. November 2006 am 31 Oktober 2006 gültig geeicht und die gesetzliche Nacheichfrist war bis 31. Dezember 2009 festgesetzt. Die Messung ergab eine gemessene Geschwindigkeit von 118 km/h. Abzüglich der in Betracht kommenden Messtoleranz verblieb eine tatsächlich vorwerfbare Fahrgeschwindigkeit von 112 km/h, dies entspricht einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 52 km/h.

 

2.6. In freier Beweiswürdigung hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich Folgendes erwogen:

 

Dass die Berufungswerberin den PKW mit dem Kennzeichen X zur vorgeworfenen Tatzeit am vorgeworfenen Tatort gelenkt hat, wird nicht bestritten.

 

Die Messung der Fahrgeschwindigkeit des betreffenden von der Berufungswerberin gelenkten PKWs erfolgte mit einem stationären Messgerät der Type MUVR 6FA. Hiebei handelt es sich nach verwaltungsgerichtlicher Rechtssprechung um ein absolut taugliches Beweismittel zur Feststellung einer von einem Fahrzeug eingehaltene Fahrgeschwindigkeit. Für die Radaranlage lag im Tatzeitpunkt eine gültige Eichung vor. Der betreffende Eichschein mit der Nr. 1857 des Bundesamtes für Eich- u. Vermessungswesen vom 24. November 2006 trägt die Identifikation 1857 und bezieht sich daher auf das bei der Radarmessung verwendete Messgerät MUVR 6FA 1857. Auf der Grund der Eichung ist auch die Funktionsfähigkeit des Gerätes bei der Messung belegt, zumal keine Umstände hervorgekommen sind bzw. von der Berufungswerberin vorgebracht wurden, die diesbezüglich Zweifel erregen könnten.

 

Die Messung betraf dem Radarlichtbild zu Folge auch unzweifelhaft den von der Berufungswerberin gelenkten PKW. Es bestehen keine Zweifel daran, dass die Geschwindigkeitsmessung und das zu Grunde liegende Radarfoto dem von der Berufungswerberin gelenkten PKW zuzurechnen sind.

 

Entsprechend der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 02. September 2008, GZ: VerkR01-1900-2008, wurden gemäß § 43 Abs.1a StVO zur Durchführung von Bauarbeiten (Generalerneuerung der A1 Regau-Seewalchen) die aus den Plänen Bauphasen 1-6 ersichtlichen Verkehrsbeschränkungen, Verkehrsgebote und -verbote für die Zeiträume, die aus dem beigeschlossenen Bescheid vom 02. September 2008, GZ: VerkR01-1900-2-2008, hervorgehen, verordnet. Im Bescheid vom 2. September 2008 sind unter Punkt 35 die Bauphasen 1-6 mit ihrem jeweiligen zeitlichen Geltungsbereich angeordnet. Für den konkreten Tatzeitpunkt am 10. Jänner 2009 kommt Phase 3, welche in der Zeit vom 25. September 2008 bis 18. Juni 2009 von km 235.933 bis 222.281 gültig war, in Betracht. Aus dem vorliegenden Planausschnitt der Bauphase 3, der als wesentlicher Bestandteil der Verordnung deklariert wurde, ist ersichtlich, dass im Bereich des vorgeworfenen Tatortes in Fahrtrichtung Wien die erlaubte Höchstgeschwindigkeit mit 60 km/h festgesetzt war.

 

Nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich wurde die Geschwindigkeitsbeschränkung rechtskonform verordnet. Es ist weder aus den Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung noch aus den Verfassungsvorschriften abzuleiten, dass es dem Verordnungsgeber verwehrt wäre, den Inhalt von geschwindigkeitsbeschränkenden Verordnungen durch die Verweisung auf in Plänen enthalte Verkehrszeichen zum Ausdruck zu bringen. Der Berufungsbehörde ist aus mehreren bereits durchgeführten Berufungsverfahren betreffend den ggstl. Bauabschnitt bekannt, dass entsprechend einem Aktenvermerk des Bauführers die Verkehrszeichen betreffend die Bauphase 3 auch entsprechend aufgestellt waren, sodass auch für allfällige Kundmachungsmängel nicht der geringste Anhaltspunkt besteht.

 

Weder im erstbehördlichen Verwaltungsstrafverfahren noch im Berufungsverfahren sind Hinweise hervorgetreten, die Zweifel am Messergebnis rechtfertigen könnten. Die Berufungswerberin konnte sich in jede Richtung verteidigen, letztlich konnte sie aber keine konkrete die Messung widerlegenden Argumente vorbringen. Zum Vorbringen betreffend der Verordnung des Landes Oberösterreich (gemeint wohl der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck) vom 3. März 2009 wonach die Geschwindigkeitsbeschränkung von 60 km/h auf der Richtungsfahrbahn im Bereich Seewalchen anstatt bei Streckenkilometer 234.358 erst bei Streckenkilometer 234.8 beginne wird festgestellt, dass diese Verordnung zur Tatzeit am 10. Jänner 2009 noch nicht in Kraft war und auch keine rückwirkende Anordnung erfolgte. Am 10. Jänner 2009 stand die Verordnung vom 02. September 2008 in Geltung und es umfasste diese hinsichtlich der Geschwindigkeitsbschränkung auch den Bereich des vorgeworfenen Tatortes.

 

Zum Vorbringen gemäß Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 02. September 2008 sei die Geschwindigkeit im Gegenverkehr auf 80 km/h beschränkt gewesen, dennoch werde der Beschuldigten eine Geschwindigkeitsüberschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h vorgeworfen, wird festgehalten, dass diese 80 km/h Beschränkung im Bereich des vorgeworfenen Tatortes in Geltung stand.

 

Die Frage, inwieweit die kurzfristige Geschwindigkeitsüberschreitung als Schuldeingeständnis gewertet wurde oder nicht, ist für die vorliegende Entscheidung nicht von Relevanz.

 

Zum Vorbringen, die Einzeichnung der Radarbox bei Streckenkilometer 234.183 im Baustellenplan sei widersprüchlich, weil die Radarbox auf der rechten Seite eingezeichnet ist, während das Radarlichtbild offenbar von einem stationären Radargerät aus, welches linksseitig angebracht ist, erfolgte, wird festgestellt, dass die Einzeichnung der Radarbox im Baustellenplan keine normative Wirkung entfaltet. Maßgeblich ist, dass das Messgerät ordnungsgemäß aufgestellt war, dies wird nicht in Frage gestellt.

 

Auch mit dem Vorbringen, auf dem Radarlichtbild sei eindeutig ersichtlich, dass die Anfertigung des Radarlichtbilds vor der angeordneten Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h erfolgte, ist nichts zu gewinnen. Wie aus dem betreffenden Bauplan für die Phase 3 hervorgeht, handelt es sich bei dem am Radarfoto abgebildeten Verkehrszeichen um eine informative Wiederholung der Aufstellung. Der Beginn der Geschwindigkeitsbeschränkung ist im Radarfoto nicht ersichtlich, zumal es sich um eine Heckmessung gehandelt hat und sich der Beschränkungsbeginn schon vorher befunden hat.

 

Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass die der Berufungswerberin zu Last gelegte Geschwindigkeitsüberschreitung dem Grunde nach als erwiesen anzusehen ist.

 

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

3.1. In rechtlicher Beurteilung des – unter 2.5. dargelegten – Sachverhaltes ist auszuführen, dass gemäß § 52 lit.a Z.10a StVO 1960 das Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" anzeigt, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

 

3.2. Entsprechend den Feststellungen zum Sachverhalt und den dargestellten Überlegungen im Rahmen der freien Beweiswürdigung lenkte die Berufungswerberin am 10. Jänner 2009 um 09:08 Uhr den tatgegenständlichen PKW im Bereich des vorgeworfenen Tatortes, wobei dessen Geschwindigkeit beim Passieren des Straßenkilometer 234.183 (Fahrtrichtung Wien) mittels ordnungsgemäß geeichter Radaranlage MUVR 6FA 1857 mit 118 km/h gemessen wurde. Nach Abzug der entsprechenden Messtoleranz war die Berufungswerberin mit einer Geschwindigkeit von 112 km/h unterwegs und überschritt somit die in diesem Straßenabschnitt zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 52 km/h. Die Verordnung der Geschwindigkeitsbeschränkung ist rechtlich korrekt und wurde gesetzmäßig – durch die entsprechenden Verkehrszeichen – kundgemacht. Die Berufungswerberin hat damit den objektiven Tatbestand der ihr zu Last gelegten Verwaltungsübertretung nach § 52 lit.a Z.10a StVO 1960 erfüllt. Umstände, welche ihr Verschulden ausschließen könnten, sind im Verfahren nicht hervorgekommen, sodass ihr gemäß § 5 Abs.1 VStG zumindest fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen ist. Sie hat damit auch die subjektive Tatseite der gegenständlichen Übertretung verwirklicht.

 

3.3. Grundlage für die Bemessung der Strafe ist gemäß § 19 Abs.1 VStG stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Nach § 99 Abs.2c Z.9 StVO in der zum Begehungszeitpunkt geltenden Fassung begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 2180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis 6 Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 50 km/h überschreitet.

 

Im Rahmen der Strafbemessung ist zu berücksichtigen, dass die gesetzlichen Bestimmungen hinsichtlich der Fahrgeschwindigkeit der Sicherung des Straßenverkehrs dienen. Geschwindigkeitsüberschreitungen erhöhen generell die Gefahren des Straßenverkehrs, stellen potenzielle Gefährdungen des Lebens und der Gesundheit von Menschen dar, sind eine der häufigsten Ursachen für schwere Verkehrsunfälle mit Sach- und Personenschäden und zählen daher – insbesondere Überschreitungen im höheren Ausmaß – zu den schwersten und gröbsten Verstößen gegen die verkehrsrechtlichen Bestimmungen. Zum Schutze von Leben und Gesundheit der Verkehrsteilnehmer bedarf es sowohl aus spezial- als auch generalpräventiven Überlegungen spürbarer Strafen, um sowohl die Berufungswerberin selbst, als auch die Allgemeinheit darauf hinzuweisen, dass die Einhaltung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit im Straßenverkehr von wesentlicher Bedeutung ist.

 

Im Hinblick auf die erhebliche Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um mehr als 80 Prozent ist der Unrechtsgehalt der von der Berufungswerberin begangenen Übertretung als ausgesprochen hoch einzuschätzen.

 

Wenn auch die belangte Behörde hinsichtlich Strafbemessung keine Begründung gegeben hat, erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, dass unter Berücksichtigung des gesetzlichen Strafrahmens bzw. des gravierenden Ausmaßes der Geschwindigkeitsüberschreitung auch bei der Annahme ungünstigster sozialer Verhältnisse bzw. der Berücksichtigung der im Zusammenhang mit der Pflegebedürftigkeit der Mutter vorgebrachten Argumente und auch in Annahme der bisherigen verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck sowohl hinsichtlich der Geld- als auch der Ersatzfreiheitsstrafe vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich sieht, insbesondere auch in Anbetracht der erwähnten spezial- und generalpräventiven Gründe, keine Veranlassung, die Strafen herabzusetzen.

 

3.4. Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiters Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbeutend ist. Sie kann den Beschuldigten gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Maßgeblich für die Anwendung dieser Bestimmung ist, dass einerseits das Verschulden geringfügig ist und andererseits die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Beide Übertretungen müssen kumulativ vorliegen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vertritt die Auffassung, dass unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände im vorliegenden Falle ein bloß geringfügiges Verschulden nicht festgestellt werden kann. Somit liegen die Voraussetzungen für die Anwendung des § 21 Abs.1 VStG im vorliegenden Falle nicht vor.

 

4. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Alfred Kisch

 

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