Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150760/5/Re/Hue

Linz, 14.04.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Werner Reichenberger über die Be­rufung des x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 15. Dezember 2009, Zl. VerkR96-15147-2009, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 zu Recht erkannt:

I.                  Die Berufung wird dem Grunde nach abgewiesen. Die Ersatzfreiheitsstrafe wird auf 34 Stunden herabgesetzt.  

II.              Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.  

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 16 Abs. 2, 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 300 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 120  Stunden verhängt, weil er als Lenker des Kfz mit dem behördlichen Kennzeichen x am 11. Oktober 2009 um 11.20 Uhr die A9 Pyhrnautobahn bei ABKm 47,500 benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der zeitabhängigen Maut unterliege, welche vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten sei. Es sei am Kfz eine Mautvignette angebracht gewesen, welche den Schriftzug "ungültig" aufgewiesen habe.

 

2. In der Berufung brachte der Bw vor, dass nach Begutachtung der Vignette sowohl der x, die Stadtpolizei x als auch der Anwalt des Bw zum Schluss gekommen seien, dass die Vignette zwar einen "kleinen Schaden" im Mittelteil aufweise, die Gültigkeit jedoch noch gegeben sei. Es wurde ersucht, zum Abgleich der Daten die Nummer der beanstandeten Vignette mitzuteilen. Dies sei auch im Interesse der Behörde, da ansonsten der Anschein entstehen könne, dass es sich nicht um die selbe Vignette handle. Sobald die Vignettennummer bekannt gegeben worden sei, werde der Bw bzw. sein Anwalt ein offizielles Gutachten erstellen (lassen).

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der x vom 20. Oktober 2010 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Demnach sei am Kfz keine gültige Mautvignette angebracht gewesen, da diese den Schriftzug "ungültig" aufgewiesen habe. Gem. § 19 Abs. 2 BStMG sei dem Bw die Ersatzmaut angeboten worden, was jedoch vom Lenker abgelehnt worden sei. Zusätzlich findet sich in der Anzeige folgende Information: "Der unter ´Darstellung der Tat` angeführte Sachverhalt wurde von GrInsp x und GrInsp x der API x während des Verkehrsüberwachungsdienstes festgestellt. x wurde wegen Geschwindigkeitsüberschreitung auf der A9 zur Lenker- und Fahrzeugkontrolle angehalten. Bei Begutachtung der angebrachten Autobahnvignette wurde festgestellt, dass im Bereich rechts oben die Schrift ´UNGÜLTIG` lesbar war und dadurch das ursprünglich aufgedruckte Wort ´Nutzungsentgelt` unleserlich gemacht wurde. Dies deutet daraufhin, dass die Vignette bereits an einem anderen Fahrzeug angebracht war, von dort wieder abgelöst wurde und erneut aufgeklebt wurde. Weiters würde die Neuanmeldung des Fahrzeuges am 17.06.2009 (Fahrzeugwechsel) möglicherweise auf eine missbräuchliche Verwendung der Vignette hinweisen. Die Vignette wurde fotografiert. Die Lichtbildbeilage wird im postalischen Wege übermittelt. Der Lenker, welcher während der gesamten Amtshandlung sehr ungehalten war, war nicht zahlungswillig und forderte die Anzeigeerstattung. Weiters wurde ihm auf Verlangen die Dienstnummer beider Beamter ausgehändigt."

Laut Anzeige wurde vom Bw noch folgende Aussage getätigt: "Wenn Sie das behaupten, dass sie ungültig ist, wird es wohl so sein."

 

Mittels Schreiben des Anzeigelegers vom selben Tag wurden 3 Beweisfotos an die Erstbehörde übermittelt.

 

Nach Strafverfügung vom 2. November 2009 brachte der Bw verfahrensgegenständlich vor, dass er seine Vignette ordnungsgemäß erworben und vorschriftsmäßig auf der Windschutzscheibe angebracht habe. Er könne sich noch daran erinnern, dass er beim Ankleben "zu hoch war" und daher die Vignette auf einer halben Seite wieder entfernt habe. Aus diesem Grund könne er sich den Einwand der Polizisten "vorstellen". Die Rechnung über den Vignettenkauf könne vorgelegt werden.

Von den sehr gereizten Beamten sei ihm erst nach der dritten Aufforderung der Dienstausweis mit den Worten "Wissens was, Ihnen zeige ich Ihnen sogar" vorgelegt worden.

 

Anlässlich einer zeugenschaftlichen Einvernahme von GI x am 16. November 2009 sagte dieser Folgendes aus: "Ich verweise vollinhaltlich auf die vorgelegte Anzeige. Bei Begutachtung der Vignette wurde festgestellt, dass im Bereich rechts oben die Schrift ´UNGÜLTIG` deutlich sichtbar abgelesen werden konnte. Dies wurde auch von meinem Kollegen GrInsp x festgestellt. Diese Aufschrift wird grundsätzlich dann sichtbar, wenn die Vignette aufgeklebt und wieder abgelöst wird. In welcher Form die Vignette vom Angezeigten angebracht wurde entzieht sich meiner Kenntnis. Bei der Amtshandlung wurde von x auch darauf nicht eingegangen".

 

Dazu wurde vom Bw – trotz eingeräumter Möglichkeit – keine Stellungnahme abgegeben.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

4. Mit Schreiben vom 12. Jänner 2010 wurde dem Bw seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates die gewünschte Auskunft hinsichtlich der Nummer der beanstandeten Vignette erteilt. Gleichzeitig erging der Hinweis, dass dem Oö. Verwaltungssenat aufgrund der Aktenlage die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung entbehrlich erscheint. Bei anderer Ansicht möge der Bw  dies innerhalb Frist mitteilen.

 

Daraufhin teilte der Bw dem Unabhängigen Verwaltungssenat am 26. Jänner 2010 telefonisch mit, dass seiner Ansicht nach die Amtshandlung der Polizisten ungebührlich abgelaufen sei und er aus diesem Grund ein Rechtsmittel gegen den Strafbescheid eingelegt habe. Ihm sei bekannt, dass seitens der Polizisten Fotoaufnahmen der Vignette angefertigt worden seien. Schon aus Kostengründen halte der Bw die Durchführung einer Berufungsverhandlung für nicht erforderlich.

 

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

5.1. Gemäß § 10 Abs. 1 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 BStMG ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

Punkt 7.1 der Mautordnung besagt u.a., dass an jedem mautpflichtigen Kraftfahrzeug vor Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes eine gültige der jeweiligen Fahrzeugkategorie entsprechende Vignette ordnungsgemäß (unter Verwendung des originären Vignettenklebers) anzubringen ist. Die Vignette ist – nach Ablösen der Trägerfolie – unbeschädigt und direkt so auf die Innenseite der Windschutzscheibe anzukleben, dass sie von außen gut sicht- und kontrollierbar ist (z.B. kein Ankleben hinter einem dunklen Tönungsstreifen).

Das Ablösen und Umkleben einer bereits geklebten gültigen Vignette, jede andere als in dieser Mautordnung zugelassene Mehrfachverwendung der Vignette oder eine chemische oder auch technische Manipulation des originären Vignetten­ klebers derart, dass bei Ablösen der Vignette deren Selbstzerstörungseffekt verhindert wird, ist unzulässig und verwirkt den Nachweis der ordnungsgemäßen Mautentrichtung.

 

Gemäß § 20 Abs. 1 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 Euro bis 3.000 Euro zu bestrafen.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 250 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Die Mautaufsichtsorgane sind ermächtigt, anlässlich der Betretung bei Verwaltungsübertretungen gem. § 20 mündlich den Lenker zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern. Die Organe der Straßenaufsicht sind ermächtigt, anlässlich der Betretung bei Verwaltungsübertretungen gem. § 20 Abs. 1 den Lenker mündlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern. Der Aufforderung wird entsprochen, wenn der Lenker unverzüglich die entsprechende Ersatzmaut zahlt. Hierüber ist eine Bescheinung auszustellen (Abs. 2).

Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht
(Abs. 6).

 

5.2. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht ist von der Richtigkeit der Sachverhaltsannahme des angefochtenen Straferkenntnisses auszugehen, wonach die Ungültigkeitsmerkmale der Vignette sichtbar waren. Dies ergibt sich nicht nur aus der notorischen Tatsache, dass Vignetten gezielt so hergestellt sind, dass bei ihrem Ablösen von der Windschutzscheibe die Ungültigkeitsmerkmale sichtbar werden und aus der Zeugenaussage des Anzeigelegers vom 16. November 2009 sondern auch aus der Tatsache, dass der Bw das "Umkleben" der Vignette (und sogar ihre Beschädigung) selbst behauptet (vgl. die Formulierung "Ich kann mich noch erinnern das ich beim Ankleben zu hoch war und daher die Vignette auf einer halben Seite wieder entfernte." im Einspruch vom 4. November 2009 sowie die Formulierung "Aufgrund der Begutachtung [...] sind wir zu dem Schluss gekommen das die Vignette einen kleinen Schaden im Mittelteil aufweist [...]" in der Berufung vom 21. Dezember 2009). Schlussendlich bewiesen wird das Hervortreten von Ungültigkeitsmerkmalen bei der Mautvignette durch die drei vorliegenden Beweisfotos.

 

Der Inhalt der Berufung reduziert sich damit auf die Rechtsfrage, ob die Strafbestimmung des § 20 Abs. 1 BStMG auch dann zum Tragen kommt, wenn – wie hier – der Kauf der Vignette glaubhaft gemacht wird. Die Frage ist zu bejahen: Gem. Punkt 7.1 der Mautordnung ist die Maut nur dann iSd § 15 Abs. 1 Z9 BStMG vorschriftsmäßig entrichtet, wenn vor Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes eine gültige Vignette ordnungsgemäß (unter Verwendung des originären Vignettenklebers) angebracht worden ist, wobei ein Ablösen und Umkleben einer bereits geklebten gültigen Vignette den Nachweis der ordnungsgemäßen Mautenrichtung verwirkt. Dass Letzteres gegenständlich der Fall war, hat der Bw selbst eingeräumt (Argument des "Umklebens" der Vignette).

 

Wenn der Bw das Verhalten der kontrollierenden Polizisten kritisiert, ist zu erwidern, dass ein (hier behauptetes) unfreundliches Auftreten der Organe einen Kraftfahrzeuglenker nicht von seinen Verpflichtungen (wie im gegenständlichen Fall: das ordnungsgemäße Anbringen einer gültigen Mautvignette vor Befahren einer Mautstrecke) befreien kann (vgl. zu einem ähnlich gelagerten Fall VwGH 89/18/0152 v. 11.5.1990).

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver – und da keine Entschuldigungs­gründe ersichtlich sind – auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Nicht entschuldigend würde eine Unkenntnis der Anbringungsvorschriften für Vignetten wirken, da nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für Kraftfahrer die Verpflichtung besteht, sich über die Rechtsvorschriften, die er bei der Teilnahme am Straßenverkehr in Österreich zu befolgen hat, ausreichend zu unterrichten. Im Zweifel sei zugunsten des Bw von Fahrlässigkeit ausgegangen, nämlich in dem Sinne, dass ihm nicht zu Bewusstsein gekommen ist, dass ein Umkleben (Mehrfachverwendung) von Vignetten nicht zulässig ist.

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis ohnehin die gesetzliche Mindestgeldstrafe verhängt wurde. Überwiegende Milderungsgründe iSd § 20 VStG sind nicht hervorgekommen. Der bloße Umstand, dass für eine zur Tatzeit ungültige Vignette dereinst der Kaufpreis bezahlt wurde, reicht für ein Unterschreiten der Mindeststrafe nicht aus. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt sein könnte. Insbesondere ist der Schuldgehalt nicht geringfügig zu veranschlagen, da (spätestens) aufgrund der Ungültigkeitsmerkmale der Vignette, die beim Umkleben zum Vorschein gekommen sind, dem Bw klar zu Bewusstsein hätte kommen müssen, dass die Vignette ungültig ist. Bei Anwendung derselben Strafbemessungsgründe war die Ersatzfreiheitsstrafe auf 34 Stunden herabzusetzen. Dadurch entfällt die Vorschreibung der Kosten für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat.   

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Reichenberger

 

 

 

 

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