Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164986/2/Fra/Ka

Linz, 12.04.2010

 

Mitglied, Berichter/in, Bearbeiter/in:                                                                                                                               Zimmer, Rückfragen:

Johann Fragner, Dr., Hofrat                                                                               2A18, Tel. Kl. 15593

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn x gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 15.3.2010, VerkR96-401-2010, betreffend Übertretung des § 4 Abs.2 StVO 1960, zu Recht erkannt:

 

I. Die Berufung wird hinsichtlich des Schuldspruches als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis insoferne bestätigt.

Der Berufung wird hinsichtlich der Strafe insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 180 Euro herabgesetzt wird; falls diese uneinbringlich ist, wird eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden festgesetzt.

 

II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat keinen Kostenbeitrag zu entrichten. Für das Verfahren erster Instanz ermäßigt sich der Kostenbeitrag auf 10 % der neu bemessenen Strafe (18 Euro).

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG; §§ 16 und 19 VStG

zu II.: §§ 64 und 65 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 4 Abs.2 2. Satz StVO 1960 gemäß § 99 Abs.2 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 365 Euro (EFS 5 Tage) verhängt, weil er als Lenker des PKW´s mit dem Kz.: x  VW Scirocco, rot, am 6.5.2009 um 03.05 Uhr in der Gemeinde Tragwein, Landesstraße Freiland, Ortschaftsbereich Mitstlberg, Königswiesener Straße, FR Tragwein Nr.124 bei km.7.753, mit einem Verkehrsunfall mit Personenschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden ist und nicht sofort die nächste Sicherheitsdienststelle verständigt hat.

 

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

 

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Perg – als nunmehr belangte Behörde - legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vor, der, weil eine 2.000  Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c erster Satz VStG).

 

I.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

I.3.1. Gemäß § 4 Abs. 1 StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht,

a)    wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten,

b)    wenn als Folge des Verkehrsunfalles Schäden für Personen oder Sachen zu befürchten sind, die zur Vermeidung solcher Schäden notwendigen Maßnahmen zu treffen,

c)     an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken.

 

Gemäß § 4 Abs. 2 StVO haben die im Abs. 1 genannten Personen Hilfe zu leisten, wenn bei einem Verkehrsunfall Personen verletzt worden sind; sind sie dazu nicht fähig, so haben sie unverzüglich für fremde Hilfe zu sorgen. Ferner haben sie die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle sofort zu verständigen.

 

I.3.2. Unstrittig ist, dass der Bw an der im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angeführten Örtlichkeit zum angeführten Zeitpunkt als Lenker des in Rede stehenden PKW´s an einem Verkehrsunfall mit Personenschaden in ursächlichem Zusammenhang stand und nicht sofort die nächste Sicherheitsdienststelle verständigt hat. Laut Aktenlage wurde sowohl der Bw als auch der am Beifahrersitz mitfahrende x bei diesem Verkehrsunfall leicht verletzt. Der Bw hat sohin im Sinne der übertretenen Bestimmung tatbildlich gehandelt. Die Frage ist, ob er diese Verwaltungsübertretung auch zu verantworten hat, also schuldhaft gehandelt hat. Der Bw wendet diesbezüglich ein, dass er sich infolge einer Gehirnerschütterung im Schockzustand befunden habe und deshalb nicht in der Lage gewesen sei, die Polizei zu verständigen, ehe diese von anderen Passanten gerufen wurde. Diesem Einwand ist zu entgegnen, dass der Bw laut Protokoll betreffend Beschuldigtenvernehmung, aufgenommen am 8.5.2009 vom Bezirkspolizeikommando Freistadt, PI Bad Zell (GZ: C1/3152/2009-sta), ua angegeben hat, als er im Unfallwrack aufwachte, x neben ihm gelegen und sich nicht gerührt hat. Er habe die Rettung verständigen wollen, habe jedoch kein Handy gefunden.  Er habe die Scheibe der Beifahrertür eingetreten und sei aus dem schwer beschädigten Fahrzeug geklettert. x sei nach kurzer Zeit aufgewacht und ebenfalls aus dem PKW geklettert. Sie seien an der B 124 entlang zum Haus x gegangen und haben telefonisch seine Mutter verständigt. Seine Mutter habe sie abgeholt und zu x gebracht. x sei von x ambulant behandelt worden. Seine Mutter habe sie dann nach Hause gebracht. Er sei ausgestiegen und wollte zu seiner Schwester gehen, die ca. 2,5 km Luftlinie von ihm entfernt wohne. Er habe seine Ruhe haben wollen, weil seine Mutter mit ihm geschimpft habe, denn er hatte in letzter zwei Unfälle. Da er beim Gehen Schmerzen hatte, habe er sich zu einem Baum gelegt und sei eingeschlafen. Weil die Schmerzen größer geworden seien, sei er am Abend nach Hause gegangen, wo er um ca. 17.30 angekommen sei. Er habe nach dem Unfall einen Schock gehabt, da er zuerst glaubte, dass x tot sei. Er habe sofort die Rettung verständigen wollen. Als er dann zu sich kam, sei er froh gewesen, dass nicht mehr passiert war. Er habe nicht mehr daran gedacht, den Verkehrsunfall bei der Polizei zu melden.

 

Die belangte Behörde hat dem Bw mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 16.2.2010, VerkR96-401-2010, dem Bw das Verhandlungsprotokoll vom 8.5.2009 zur Kenntnis gebracht. Der Bw hat dagegen keinen inhaltlichen Einwand vorgebracht, sodass von der Richtigkeit der protokollierten Aussagen auszugehen ist. Zutreffend ist, dass der Bw laut Verletzungsanzeige des Allgemeinen Unfallkrankenhauses Linz vom 7.5.2009 beim gegenständlichen Verkehrsunfall eine Gehirnerschütterung erlitten hat. Die Behauptung des Bw, er habe die Polizei deshalb nicht verständigen können, weil er sich im Schockzustand befunden habe, ist jedoch im Hinblick auf seine oa Aussagen vom 8.5.2005 nicht nachvollziehbar und nicht schlüssig. Wenn nämlich der Bw zuerst die Rettung verständigen wollte, dies jedoch nur deshalb misslungen ist, da er kein Handy gefunden hat, in der Folge mit Herrn x aus dem PKW geklettert und zum Hause x  gegangen ist, von wo er telefonisch seine Mutter verständigt hat, ergibt sich aufgrund dieses Verhaltens kein Anhaltspunkt dafür,  dass er nicht in der Lage gewesen sein sollte, die nächste Sicherheitsdienststelle zu verständigen. Dies hätte er auch vom Haus x aus machen können. Im Übrigen hat der Bw im oa Protokoll auch angegeben "nicht mehr daran gedacht zu haben, den Verkehrsunfall bei der Polizei zu melden". Im Übrigen kann nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung ein sogenannter "Unfallschock" nur in besonders gelagerten Fällen und bei gravierenden psychischen Ausnahmesituationen das Unterlassen eines pflichtgemäßen Verhaltens entschuldigen. Einem dispositionsfähig gebliebenen Unfallbeteiligten ist trotz eines sogenannten "Unfallschrecks" in Verbindung mit einer begreiflichen affektiven Erschütterung pflichtgemäßes Verhaltens zumutbar, weil von einem Kraftfahrer, welche die Risken einer Teilnahme am Straßenverkehr auf sich nimmt, ein solches Maß an Charakter - und Willensstärke zu verlangen ist, dass er den Schreck über den Unfall und die etwa drohenden Folgen zu überwinden vermag (VwGH 11.12.1978, 23/78).

 

Aufgrund des oa beschriebenen Verhaltens des Bw nach dem Verkehrsunfall kann daher nicht von einem Unfallschock im medizinischen Sinne ausgegangen werden, weshalb sein Verhalten nicht entschuldigt werden kann und er den ihm zur Last gelegten Tatbestand zu verantworten hat.

 

I.3.3. Strafbemessung

 

Der Aktenlage kann nicht entnommen werden, dass der Bw Verwaltungsstrafvormerkungen aufweist, weshalb von seiner verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit auszugehen ist. Dies ist als Milderungsgrund anzuerkennen. Erschwerende Umstände sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Die belangte Behörde hat die soziale und wirtschaftliche Situation des Bw wie folgt geschätzt (monatliches Einkommen: 600 Euro, kein Vermögen, keine Sorgepflichten). Der Bw ist laut eigenen Angaben seit Februar 2009 arbeitslos. Im Hinblick auf diese prekäre soziale und wirtschaftliche Situation des Bw, aufgrund des Umstandes, dass er verwaltungsstrafrechtlich unbescholten ist sowie aufgrund der nach dem Verkehrsunfall sicherlich bei ihm vorgelegenen psychischen Ausnahmesituation war eine Herabsetzung der Strafe um rund 50 % vertretbar. Einer weiteren Herabsetzung stehen präventive Überlegungen entgegen. Der Bw ist darauf hinzuweisen, dass die nunmehr bemessene Strafe im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens liegt und die maximal mögliche Höchststrafe lediglich zu rund 8,26 % ausgeschöpft wurde.

 

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

zu II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr. Johann Fragner

 

 

 

 

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