Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222361/2/Bm/Rd/Sta VwSen-222362/2/Bm/Rd/Sta

Linz, 06.04.2010

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung der Frau x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmann­schaft Steyr-Land vom 11. Jänner 2010, Ge96-29/3-2009, Ge96-35/4-2009, wegen Verwaltungsübertretungen nach der Gewerbeordnung 1994 zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich der Verwaltungsübertretungen betreffend die Gewerbeordnung 1994 behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge hinsichtlich der Übertretungen nach der GewO 1994.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 11. Jänner 2010, Ge96-29/3-2009, Ge96-35/4-2009, wurden über die Berufungswerberin ua Geldstrafen von 2.000  Euro und 1.000 Euro, Ersatzfreiheitsstrafen von 6 Tagen und 3 Tagen, wegen Verwaltungsübertretungen gemäß § 366 Abs.1 Z2 GewO 1994 und § 367 Z25 GewO 1994 verhängt.

 

Nachstehender Schuldspruch wurde der Berufungswerberin im angefochtenen Straferkenntnis zur Last gelegt:

"Sie haben am 28. Jänner 2009 einen Antrag auf Erteilung der Betriebsanlagengenehmigung für einen Bäckerei-Produktionsbetrieb am Standort x, eingebracht. Der Einbringungstag war auch der Tag, an dem der insolvente Vorgängerbetrieb 'Bäckerei x' von der Gewerbebehörde geschlossen worden ist. Dieser Vorgängerbetrieb wurde in den ehemaligen Räumlichkeiten des Schlachthofes der Firma x (Grundstück Nr. x, KG x) ohne Genehmigung der Behörde errichtet und in der Folge zumindest im Zeitraum vom 21. April 2008 bis zum 28. Jänner 2009 (Tag der gewerbebehördlichen Betriebsschließung) auch ohne Genehmigung betrieben.

 

Sie haben diese Betriebsanlage vom Einreichungstag des Antrages am 28. Jänner 2009 bis zum heutigen Tag ohne im Besitz einer Betriebsanlagengenehmigung zu sein und trotz ausdrücklicher Untersagung der Aufnahme des Produktionsbetriebes ohne vorherige gewerbebehördliche Genehmigung, weiterbetrieben.

 

Sie haben daher zu verantworten, dass am Standort x, x eine gem. § 74 Abs.1 und 2 GewO 1994 genehmigungs­pflichtige, jedoch nicht genehmigte Betriebsanlage, seit 28. Jänner 2009 betrieben worden ist bzw ohne Unterbrechung bis zum heutigen Tag betrieben wird.

 

Die Genehmigungspflicht der genannten Betriebsanlage ergibt sich aus § 74 Abs.1 iVm Abs.2 GewO 1994, da sowohl durch die Errichtung als auch durch den Betrieb eines Bäckerei-Produktionsbetriebes nachteilige Einwirkungen iSv § 74 Abs.2 GewO nicht ausgeschlossen werden können.

 

Sie haben am 28. Jänner 2009 auch erstmals einen Antrag auf Erteilung der Gewerbeberechtigung eingebracht. Dieser Antrag wurde aber in den Folgetagen zweimal abgeändert und durch jeweils neue Anträge ersetzt. Der dritte Antrag war weder von Ihnen noch von dem von Ihnen benannten gewerberechtlichen Geschäftsführer, Ihren Gatten, Herrn x, unterschrieben und wurde Ihnen daher zwecks Unterschriftenleistung retourniert. Erst am 24. März 2009 wurde dieser Antrag mit den erforderlichen Unterschriften wieder vorgelegt und entstand somit die Gewerbeberechtigung am 24. März 2009.

 

Sie haben daher auch zu verantworten, dass Sie im Zeitraum von 28. Jänner 2009 bis 24. März 2009 ein Gewerbe ausgeübt haben, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

 

Gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass Sie  unmittelbar nach der Schließung des ohne gewerbe­behördliche Genehmigung errichteten und betriebenen Unternehmens sofort um die Erteilung einer Gewerbeberechtigung eingekommen sind, dass aber die Frage der Geschäftsführerbestellung dann längerer Zeit bedurfte, da Sie zunächst Ihren Sohn und dann Ihren Gatten als solchen angegeben haben, wird bezüglich dieser Verwaltungsübertretung nur eine Ermahnung ausgesprochen.

 

Aus dem gleichen Grund wird auch dafür, dass Sie im Zeitraum von 28. Jänner 2009 bis 24. März 2009 das Bäckereigewerbe ausgeübt haben, ohne vorher die behördliche Genehmigung der Bestellung Ihres Geschäftsführers erhalten zu haben, nur eine Ermahnung ausgesprochen.

 

Anders verhält es sich jedoch mit dem fortlaufenden Betrieb des Unternehmens:

 

Der x-Produktionsbetrieb wurde an folgenden Tagen nachweislich betrieben:

*       11. Februar 2009 um 3.45 Uhr (nachgewiesen durch eine Überprüfung       durch die Polizeiinspektion Garsten). Dabei wurden sieben beschäftigte   Personen angetroffen und  die Produktion war in vollem Betrieb.

*       13. Februar 2009 um 4.00 Uhr (nachgewiesen durch eine Überprüfung       durch die Polizeiinspektion Garsten). Dabei wurden sieben beschäftigte   Personen angetroffen und die Produktion war in vollem Betrieb.

*       10. Juli 2009 um 6.15 Uhr (nachgewiesen durch eine Überprüfung durch     die Polizeiinspektion Garsten). Dabei wurden sechs beschäftigte Personen         angetroffen und die Produktion war in vollem Betrieb.

 

Wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74 GewO 1994) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt, begeht eine Verwaltungsüber­tretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist (§ 366 Abs.1 Z2 GewO 1994).

 

Entsprechend Ihrer Gewerbeanmeldung ist seit 24. März 2009 Ihr Gatte, Herr x, geb. am x, als gewerberechtlicher Geschäftsführer tätig. Er ist daher gemäß § 39 Abs.1 GewO 1994 ab diesem Zeitpunkt für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften verantwortlich und hat in diesem Zusammenhang auf die fortgesetzten Verwaltungsübertretungen (Betreiben einer genehmigungspflichtigen Betriebsanlage ohne Genehmigung) zu verantworten.

 

Der Gewerbetreibende ist aber gem. § 370 Abs.3 GewO 1994 neben dem Geschäftsführer strafbar, wenn er die Verwaltungsübertretung wissentlich duldet. Aufgrund der Tatsache, dass Sie die gegenständliche Betriebsanlage bereits seit dem Tag der Schließung des Vorgängerbetriebes betreiben und somit einen lückenlosen Übergang des konsenslos errichteten und betriebenen Familienunternehmens in einen weiteren konsenslosen Betrieb verwirklicht haben,  dies trotz diverser behördlicher Aufforderungen, den Betrieb bis zum Vorliegen einer Betriebsanlagengenehmigung einzustellen! -, ist von einer wissentlichen Duldung der Verwaltungsübertretung gemäß § 370 Abs.3 GewO 1994 auszugehen."

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu die Herabsetzung der Geldstrafe, beantragt.

Begründend wurde Folgendes vorgebracht:

"Ich habe die mir zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen nicht begangen. Ich habe am Tag meines Betriebsbeginns mit 28.1.2009 umgehend um Erteilung der Betriebsanlagengenehmigung angesucht. Zu diesem Zeitpunkt war die Behörde schon seit langem mit der Erteilung dieser Genehmigung säumig und ist dies bis heute noch.  Sämtliche materiellen Voraussetzungen lagen damals, als auch heute zur Gänze vor. Die Behörde schafft es seit Jänner 2008 nicht das entsprechende Verfahren in erster Instanz abzuschließen. Dieser Umstand kann mir meines Erachtens daher nicht angelastet werden.

 

Ebenso vermeint die Behörde, dass die außen liegende Stiege nicht entspricht. Auch diese Rechtsansicht ist rechtsirrig. Die Stiege ist den entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen zum bedungenen Zweck ausreichend und wäre es ein Leichtes, wenn sich die Behörde von sich aus davon überzeugen würde. Auch dies kann meines Erachtens keinesfalls mir angelastet werden.        

 

Zusammengefasst liegen daher sämtliche entscheidungsrelevanten Unterlagen der Behörde vor, die daher Ihrerseits meines Erachtens säumig ist.

 

Die Höhe der Geldstrafe ist in Anbetracht meiner finanziellen Leistungsfähigkeit und meiner gänzlichen Unbescholtenheit wohl in keinem wie immer gearteten Rahmen angemessen."

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land als belangte Behörde hat die Berufung samt den bezughabenden Verwaltungsstrafakten vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die vorgelegten Verwaltungsstrafakte zu Ge96-29/3-2009 und Ge96-35/4-2009.

Weil der angefochtene Bescheid hinsichtlich der Verwaltungsübertretungen nach der GewO 1994 aufzuheben ist, entfällt eine mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z2 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

 

 

5.2. Vorliegende Tatvorwürfe entsprechen nicht dem Konkretisierungsgebot im Sinne des § 44a Z1 VStG.

 

5.2.1. Zum Vorwurf, dass am Standort x eine gemäß § 74 Abs.1 und 2 GewO 1994 genehmigungspflichtige, jedoch nicht genehmigte Betriebsanlage, seit 28. Jänner 2009 betrieben worden ist bzw ohne Unterbrechung bis zum heutigen Tag betrieben wird, wird ausgeführt:

 

Ein Schuldspruch nach § 366 Abs.1 Z2 GewO 1994 muss, um das Erfordernis des § 44a Z1 VStG zu erfüllen, auch jene Tatumstände enthalten, die eine Beurteilung dahingehend zulassen, ob die vorliegende Betriebsanlage die in § 74 Abs.2 genannten Interessen zu beeinträchtigen geeignet und daher genehmigungspflichtig ist (vgl. VwGH vom 22.12.1992, 91/04/0199).

 

Eine solche konkretisierte Umschreibung der Interessen, die durch die vorliegende Betriebsanlage beeinträchtigt werden können, ist dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nicht zu entnehmen.

 

Der Tatvorwurf geht zwar dahin, dass durch die Errichtung und den Betrieb eines Bäckerei-Produktionsbetriebes nachteilige Einwirkungen iSd § 74 Abs.2 GewO nicht ausgeschlossen werden können, allerdings handelt es sich dabei um die Gesetzeszitierung und wird nicht konkret ausgeführt, welche der im § 74 Abs.2 genannten Schutzinteressen durch welche Vorgänge in der Betriebsanlage berührt werden.

 

Entsprechende Ergänzungen konnten aufgrund bereits abgelaufener Verfolgungsverjährungsfrist auch nicht vom Oö. Verwaltungssenat vorgenommen werden. Es war daher das angefochtene Straferkenntnis in diesem Punkt aufzuheben und das diesbezügliche Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

5.2.2. Zum Vorwurf, wonach die Berufungswerberin im Zeitraum vom 28. Jänner 2009 bis 24. März 2009 ein Gewerbe ausgeübt hat, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben, ist auszuführen:

 

Der Verwaltungsstraftatbestand des § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 enthält ua das Tatbestandselement, das jemand "ein Gewerbe ausübt". Zur Verwirklichung des genannten Tatbestandes genügt es jedoch nicht, dass – aus der Sicht des Beschwerdefalles – eine Tätigkeit ausgeübt wird, die dem Tätigkeitsbereich eines Gewerbes vorbehalten ist, sondern müssen zudem auch die Merkmale der Gewerbsmäßigkeit im Sinne des § 1 Abs.2 GewO 1994 vorliegen (vgl. VwGH 15.9.1999, 99/04/0110).

 

Die im Spruch des angefochtenen Bescheides enthaltene Umschreibung der als erwiesen angenommen Tat (§ 44a Z1 VStG) geht dahin, dass die Beschuldigte es zu verantworten habe, dass sie im Zeitraum vom 28. Jänner 2009 bis 24. März 2009 ein Gewerbe ausgeübt habe, ohne die dafür erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben. Dieser Tatumschreibung lässt sich keine ausreichende Bezugnahme auf alle Merkmale der Gewerbsmäßigkeit im Sinne des § 1 Abs.2 GewO 1994 entnehmen. Es fehlt ein Ansatzpunkt dafür, dass die Tätigkeit in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen und ebenso, dass die Tätigkeit selbständig und regelmäßig, also zumindest mit Wiederholungsabsicht durchgeführt wurde.

 

Der Tatvorwurf entspricht somit nicht dem Konkretisierungsgebot gemäß § 44a Z1 VStG und konnten entsprechende Ergänzungen aufgrund bereits abgelaufener Verfolgungsverjährungsfrist auch vom Oö. Verwaltungssenat nicht vorgenommen werden. Das angefochtene Straferkenntnis war daher in diesem Punkt aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich einzustellen.

 

5.2.3. Zum Vorwurf, wonach die Berufungswerberin im Zeitraum vom 28. Jänner 2009 bis 24. März 2009 das Bäckereigewerbe ausgeübt hat, ohne vorher die behördliche Genehmigung der Bestellung ihres Geschäftsführers erhalten zu haben, wird ausgeführt:

  

Gemäß § 367 Z1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 2.180 Euro zu bestrafen ist, wer trotz der gemäß § 8 Abs.2 oder 3 oder gemäß § 9 oder gemäß § 16 Abs.1 bestehenden Verpflichtung zur Bestellung eines Geschäftsführers ein Gewerbe ausübt, ohne die Anzeige gemäß § 39 Abs.4 über die Bestellung eines dem § 39 Abs.2 entsprechenden Geschäftsführers erstattet zu haben.

 

Gemäß § 367 Z2 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 2.180 Euro zu bestrafen ist, wer trotz der gemäß § 8 Abs.2 oder 3 oder gemäß § 9 oder gemäß § 16 Abs.1  oder gemäß § 39 Abs.1 bestehenden Verpflichtung zur Bestellung eines Geschäftsführers eines der im § 95 angeführten Gewerbe ausübt, ohne die Genehmigung eines Geschäftsführers erhalten zu haben.

 

Der Tatvorwurf der belangten Behörde "..., dass Sie im Zeitraum von 28. Jänner 2009 bis 24. März 2009 das Bäckereigewerbe ausgeübt haben, ohne vorher die behördliche Genehmigung der Bestellung ihres Geschäftsführers erhalten zu haben", wurde im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses fälschlich unter die Strafbestimmung des § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 subsumiert (arg.: "... wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben"). Vielmehr wäre jedoch die Strafbestimmung des § 367 Z1 GewO 1994 heranzuziehen gewesen. § 367 Z1 GewO normiert nämlich, dass derjenige zu bestrafen ist, wer trotz der gemäß § 8 Abs.2 oder 3 oder gemäß § 9 oder gemäß § 16 Abs.1 bestehenden Verpflichtung zur Bestellung eines Geschäftsführers ein Gewerbe ausübt, ohne die Anzeige gemäß § 39 Abs.4 über die Bestellung eines dem § 39 Abs.2 entsprechenden Geschäftsführers erstattet zu haben.

 

Der Vorwurf, "die behördliche Genehmigung der Bestellung noch nicht erhalten zu haben", wäre dann unter § 367 Z2 GewO 1994 zu subsumieren, wenn es sich um ein Gewerbe iSd § 95 GewO 1994 handeln würde. Die Berufungswerberin übte allerdings kein reglementiertes Gewerbe iSd § 95 GewO 1994  aus, sondern eines nach § 94 leg.cit. (in der Aufzählung des § 95 GewO 1994 findet sich das Bäckergewerbe nicht),  weshalb für die Berufungswerberin eine Anzeigepflicht bezüglich Geschäftsführer bestand, aber nicht eine Genehmigung des benannten Geschäftsführers durch die belangte Behörde vor Ausübung des Gewerbes abwarten zu müssen.

 

Eine dahingehende fristgerechte Verfolgungshandlung ist dem vorgelegten Verwaltungsstrafakt nicht zu entnehmen, weshalb eine diesbezügliche Spruchkorrektur durch den Oö. Verwaltungssenat nicht vorzunehmen war.

 

5.2.4. Zum Vorwurf an die Berufungswerberin, sie habe die Verwaltungsübertretung des gewerberechtlichen Geschäftsführers, nämlich das Betreiben einer genehmigungspflichtigen Betriebsanlage ohne Genehmigung, wissentlich geduldet, ist auszuführen:

 

Hier kann eingangs auf die Ausführungen in Punkt 5.2.1. verwiesen werden, die auch für die von der belangten Behörde angenommene Beitragstäterschaft der Berufungswerberin zu treffen.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 7 VStG (§ 370 Abs.3 GewO 1994 kann als lex specialis zu dieser Bestimmung angesehen werden) ist es erforderlich, dass sowohl die Beihilfehandlung als auch die unmittelbare Tat (eben die Verwaltungsübertretung nach der GewO) nach Tatort, Tatzeit und Tathandlung konkretisiert wird. Diesem Gebot wird der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses ebenso wenig gerecht. Die diesbezüglichen Tatzeitangaben variieren und sind in sich nicht schlüssig. Zum einen sind Zeiträume genannt, wo der gewerberechtliche Geschäftsführer noch gar nicht bei der Behörde angezeigt war (11.2.2009, 13.2.2009), zum anderen findet sich eine sehr globale Tatzeitumschreibung ("lückenloser Übergang eines konsenslos errichteten und betriebenen Familienunternehmens in einen weiteren konsenslosen Betrieb").

 

Abschließend wird noch auf den Umstand hingewiesen, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes der Spruch auch die Tatzeit hinsichtlich der Begehung der Beihilfe (und nicht in Ansehung der Begehung der Tat durch den unmittelbaren Täter) anzuführen ist (vgl. VwGH 20.12.1995, 93/03/0166).      

 

Aus diesen Gründen war das Straferkenntnis auch in diesem Punkt zu beheben.

 

6. Hinsichtlich der Verwaltungsübertretung betreffend Arbeitnehmerschutz­vorschriften hat aufgrund der Geschäftsverteilung des Oö. Verwaltungssenates eine gesonderte Entscheidung zu ergehen.

 

7. Abschließend darf darauf hingewiesen werden, dass hinsichtlich der Spruchformulierungen bei mehreren Tatvorwürfen in Strafbescheiden eine punktuelle Aufzählung zweckmäßiger und übersichtlicher wäre und sohin für eine bessere Lesbarkeit sorgen würde.

Auch die Vermengung von Spruchbestandteilen und Begründungselementen sollte unterbleiben. In den Spruch eines Strafbescheides sollten nicht Ausführungen, die in die Begründung gehören, einfließen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

 

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