Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100470/24/Fra/Ka

Linz, 30.07.1992

VwSen - 100470/24/Fra/Ka Linz, am 30.Juli 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 3. Kammer unter dem Vorsitz von Dr. Ilse Klempt und den Berichter Dr. Johann Fragner sowie den Beisitzer Mag. Michael Gallnbrunner über die Berufung des G H, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. F B gegen das Faktum 6 (§ 5 Abs.2 i.V.m. § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 19.2.1992, VerkR-96/397-1991, nach den am 2. Juni 1992 und am 17. Juli 1992 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlungen, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z.1 und 3 VStG.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Strafkostenbeiträgen erster und zweiter Instanz.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat mit Straferkenntnis vom 19.2.1992, VerkR96/397/1991, über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretungen nach 1. § 20 Abs.2 StVO 1960, 2. § 16 Abs.1 lit.a StVO 1960, 3. § 57a Abs.1 KFG 1967, 4. § 102 Abs.5 lit.a KFG 1967 und 6. § 5 Abs.2 i.V.m. § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 Strafen verhängt. Ferner wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Strafverfahren in Höhe von 10% der Strafen verpflichtet.

I.2. Gegen dieses Straferkenntnis wurde rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Rechtsinstitut der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da hinsichtlich der Fakten 1, 2 und 4 (das Faktum 3 wurde nicht angefochten und hinsichtlich des Faktums 5 erfolgte keine Bestrafung), durch ein Einzelmitglied zu entscheiden, da jeweils nicht 10.000 S übersteigende Geldstrafen verhängt wurden. Hinsichtlich des Faktums 6 (§ 5 Abs.2 i.V.m. § 99 Abs.2 lit.b StVO 1960) - hat eine Kammer des unabhängigen Verwaltungssenates zu entscheiden, da diesbezüglich eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde (§ 51c VStG).

I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat am 2. Juni 1992 und am 17. Juli 1992 öffentliche mündliche Verhandlungen durchgeführt. Bei diesen Verhandlungen wurden sowohl die Meldungsleger Insp. W R sowie Insp. R K, beide beschäftigt bei der Bundespolizeidirektion Linz, als auch die vom Beschuldigten namhaft gemachten Entlastungszeugen W P, M sowie Ch P,L, zeugenschaftlich zur Sache vernommen. Weiters wurde der Beschuldigte einer Einvernahme unterzogen. Die Erstbehörde nahm an dieser Verhandlung - entschuldigt - nicht teil. Eine weitere Beweisaufnahme erfolgte durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

I.3.1. Die Erstbehörde hat aufgrund der Anzeige der Bundespolizeidirektion Linz vom 3.11.1992 - weitere Beweismittel lagen ihr nicht vor - angenommen, daß der Beschuldigte am 2.11.1991 um 17.05 Uhr in L, den Alkotest verweigert hat. Der Anzeige ist weiters zu entnehmen, daß die mit dem Beschuldigten durchgeführte Amtshandlung um 17.40 Uhr beendet wurde. Aufgrund der zum Teil widersprüchlichen Aussagen der Meldungsleger vor dem unabhängigen Verwaltungssenat konnte nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit erwiesen werden, wann die Amtshandlung betreffend die Verweigerung des Alkotests - tatsächlich beendet wurde. Da die Aufforderung zum Alkotest lediglich einen Aspekt dieser umfangreichen Amtshandlung beeinhaltete, konnte nicht mehr rekonstruiert werden, wann die betreffende Amtshandlung beendet war. Es kann jedenfalls aufgrund der bei den Verhandlungen getätigten Aussagen nicht ausgeschlossen werden, daß dem Beschuldigten das Ende der Amtshandlung, und zwar auch betreffend die Verweigerung des Alkotestes, erst zum Zeitpunkt des Endes der gesamten Amtshandlung - also um 17.40 Uhr - mitgeteilt wurde.

Dies hat rechtlich zur Folge, daß, falls man von der erwiesenen Verweigerung ausgeht, der Alkotest nicht um 17.05 Uhr, sondern um 17.40 Uhr verweigert wurde. Es wird diesbezüglich auf die einschlägige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach dann, wenn der Betroffene nach einer erstmaligen Aufforderung zum Alkotest, welcher er nicht Folge leistet, die Amtshandlung nicht für beendet erklärt wird, sondern diese durch Stellung eines neuerlichen (auch mehrfachen) Begehrens fortgesetzt wird, sich dies als einheitliches Geschehen darstellt, was bedeutet, daß der Betroffene, solange die Amtshandlung nicht geschlossen wird, den Test ablegen kann, ohne sich strafbar zu machen (vgl. VwGH vom 19.10.1988, 88/02/0074). Im gegenständlichen Fall ist lediglich erwiesen, daß die gesamte Amtshandlung um 17.40 Uhr für beendet erklärt wurde. Da - wie ausgeführt - sich dieses Beenden auch auf die Verweigerung des Alkotestes bezogen haben konnte, entspricht der Tatvorwurf nicht den Anforderungen des § 44a Z.1 VStG hinsichtlich der Umschreibung der Tatzeit. Es ist darauf hinzuweisen, daß nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die unrichtige Angabe einer Tatzeit das Straferkenntnis mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Bei Übertretungen nach § 99 Abs.1 lit.b i.V.m. § 5 Abs.2 StVO 1960 ist verhältnismäßig streng vorzugehen, wobei eine Tatzeit von beispielsweise 10 Minuten schon zu unscharf ist.

I.3.2. Das angefochtene Straferkenntnis war auch aus folgenden Gründen zu beheben:

Der Spruch eines Straferkenntnisses hat, wenn er nicht auf Einstellung lautet, gemäß § 44a Z.1 VStG die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses enthält nun überhaupt keine Tat, sondern lediglich die nach § 44a Z.2 und Z.3 VStG anzuführenden Verwaltungsvorschriften sowie die verhängten Strafen und die angewendeten Gesetzesbestimmungen. Aufgrund der zwingenden Norm des § 44a Z.1 leg.cit. hält es der unabhängige Verwaltungssenat für unzulässig, hinsichtlich der als erwiesen angenommene Taten im Spruch des Straferkenntnisses lediglich auf die Zitierung der Tat in früheren Verfolgungshandlungen zu verweisen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t 6

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