Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-522552/3/Bi/Th

Linz, 19.04.2010

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn X, vom 7. April 2010 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf/Krems vom
30. März 2010, VerkR21-101-2010, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) gemäß §§ 30b Abs.5 und 29 Abs.3 FSG die von der BPD Wien/VA am 30. März 1998, Zl.0141836, für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung ab dem Datum der Bescheidzustellung bis zur Befolgung der mit Bescheid der Erstinstanz vom 1.12.2009, VerkR21-492-2009, angeordneten Maßnahme (Perfektionsfahrt) entzogen, wobei angeordnet wurde, dass der Führerschein unverzüglich bei der Erstinstanz oder der PI X abzuliefern sei. Gemäß § 64 Abs.2 AVG wurde einer dagegen gerichteten Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt. 

Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 3. April 2010.

 

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, bei der Zustellung des Bescheides habe er nicht mehr in X gewohnt und ihm sei auch nicht bekannt, dass ein RSa-Brief für ihn abgegeben worden sei.

Weiters hätten ihn keine Bescheide bezüglich der Vormerkungen in seinem Führerschein erreicht. Er werde die angeordnete Perfektionsfahrt so schnell wie möglich nachholen und ersuche um Bescheidaufhebung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass der Bw mit – in Rechtskraft erwachsener – Strafver­fügung des Bezirkshauptmann­es von Linz-Land vom 21.11.2008, VerkR96-53660-2008, ua wegen Übertretung gemäß 2) §§ 102 Abs.1 iVm 4 Abs.2 und 134 Abs.1 KFG 1967 schuldig erkannt und bestraft wurde, weil er sich als Lenker des Pkw X vor Antritt der Fahrt, obwohl es ihm zumutbar war, nicht davon überzeugt hat, dass das von ihm verwendete Fahrzeug den Vorschriften des KFG entspricht, weil am 6. Oktober 2008, 13.45 Uhr, in Ansfelden auf der Westautobahn A1, Richtungsfahrbahn Salzburg bei km 174.060, festgestellt wurde, dass die für die verkehrs- und betriebs­sichere Verwendung des angeführten Fahrzeuges maßgebenden Teile nicht den Vorschriften des KFG entsprochen hätten, obwohl Kraftfahrzeuge und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein müssten, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßen­benützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütt­erungen noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftver­un­reinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstehen. Es waren nicht typisierte Teile angebracht, nämlich ein Sportfahrwerk eingebaut und Sommerreifen mit der Dimension 215/40/17 mit Distanzscheiben montiert.

Bei der Anhaltung wurde festgestellt, dass die montierten Reifen am Kotflügel streiften, wobei bereits Schnitte und ein Gummiabrieb an einem Reifen fest­zu­stellen waren. Die Weiterfahrt nach Deutschland wurde nach dem Reifenwechsel und nach Ausbau der Distanzscheiben gestattet. 

Die Strafverfügung, die einen ausdrücklichen Hinweis auf die Eintragung einer Vormerkung im FSG enthält, wurde dem Bw laut RSa-Rückschein an die Adresse in X zugestellt und laut Unterschrift am 29. November 2009 von ihm eigenhändig übernommen. Auf dieser Grundlage erfolgte die erste Vormerkung im FSR.

 

Weiters lässt sich aus dem vorgelegten Verfahrensakt der Erstinstanz ersehen, dass der Bw mit – ebenfalls in Rechtskraft erwachsener – Strafverfügung des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf/Krems vom 15. September 2009, VerkR96-12279-2009, wegen Übertretungen gemäß 1) und 2) je §§ 102 Abs.1 iVm
7 Abs.1 und 134  Abs.1 KFG 1967 und § 4 Abs.4 KDV schuldig erkannt und bestraft wurde, weil er sich als Lenker des Pkw X vor Antritt der Fahrt, obwohl es ihm zumutbar war, nicht davon überzeugt hat, dass das von ihm verwendete Fahrzeug den Vorschriften des KFG entspricht, weil am 12. September 2009, 10.18 Uhr, in Ried/Traunkreis auf der A9 Pyhrnautobahn bei km 4.200, Fahrtrichtung Graz, festgestellt wurde, dass beim genannten Fahrzeug der rechte und der linke Vorderradreifen in der Mitte der Lauffläche (3/4 der Lauf­flächenbreite) nicht mehr die erforderliche Profiltiefe von 1,6 mm aufwiesen. Dazu ergibt sich aus der Anzeige, dass der Reifen Dunlop 205/40 ZR17 83W an der Innenseite auf ca 4 cm keine messbare Profiltiefe mehr aufwies und die
1. Rille stellenweise eine Profiltiefe von nur 0,5 mm hatte. Auf der Innen- und der Außen­seite war in einer Länge von ca 5-7 cm bereits das darunterliegende Gewebe sichtbar.  

Die Strafverfügung, die einen ausdrücklichen Hinweis auf die Eintragung einer Vormerkung im FSR enthält, wurde dem Bw an die Adresse in X zugestellt und laut Unterschrift am RSa-Rückschein am 26. September 2009 eigenhändig von ihm übernommen. Auf dieser Grundlage erfolgt die 2. Vormerkung im FSG.

 

Mit – ebenfalls in Rechtskraft erwachsenem – Bescheid der Erstinstanz vom
1. Dezember 2009, VerkR21-492-2009, wurde dem Bw gemäß § 30b Abs.1 und 3 FSG aufgetragen, innerhalb von drei Monaten ab Rechtskraft dieses Bescheides eine Perfektionsfahrt gemäß § 13a FSG-DV zu absolvieren und gemäß § 30b Abs.4 FSG darüber eine Bestätigung der Ein­richtung, bei der diese Perfektions­fahrt absolviert wurde, vorzulegen. Der Bescheid wurde laut RSa-Rückschein an den Bw per Adresse in X gerichtet und laut Unterschrift am
7. Dezember 2009 vom Bw eigenhändig übernommen. Damit ist von der Zustellung auszugehen, zumal auch im ZMR diese Adresse immer noch als Hauptwohnsitz des Bw aufscheint; außerdem gelten mit der tatsächlichen eigenhändigen Übernahme des Schriftstückes alle eventuellen Zustellmängel als saniert. Damit begann auch am 7. Dezember 2009 die drei­monatige Frist für die Absolvierung der vorgeschriebenen Maßnahme zu laufen, jedoch wurde bislang keine Bestätigung darüber vorgelegt, sodass der nunmehr angefochtene Bescheid der Erst­instanz vom 30. März 2010 erging. Dieser wurde dem Bw am
3. April 2009 an der Adresse in X von Beamten der PI X persönlich übergeben, womit ebenfalls alle eventuell bestanden habenden Zustell­mängel saniert sind.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 30a Abs.1 FSG ist, wenn ein Kraftfahrzeuglenker eines der in Abs.2 angeführten Delikte begangen hat, unabhängig von einer verhängten Ver­waltungs­strafe, einer etwaigen Entziehung der Lenkberechtigung oder sonstiger angeordneter Maßnahmen eine Vormerkung im Örtlichen Führerschein­register einzutragen. Die Vormerkung ist auch dann einzutragen, wenn das in Abs. 2 genannte Delikt den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung verwirklicht. Für die Vornahme der Eintragung ist die Rechtskraft des gerichtlichen oder des Verwaltungsstrafverfahrens abzuwarten. Die Eintragung der Vormerkung ist von der das Verwaltungsstrafverfahren führenden Behörde, im Fall einer gerichtlichen Verurteilung von der Behörde des Hauptwohnsitzes vorzunehmen und gilt ab dem Zeitpunkt der Deliktsetzung. Der Lenker ist über die Eintragung und den sich daraus möglicherweise ergebenden Folgen durch einen Hinweis im erstinstanzlichen Strafbescheid zu informieren.

Gemäß Abs.2 sind ua gemäß Z12 vorzumerken: Übertretungen des § 102 Abs.1 KFG 1967, wenn ein Fahrzeug gelenkt wird, dessen technischer Zustand oder dessen nicht entsprechend gesicherte Beladung eine Gefährdung der Verkehrs­sicherheit darstellt, sofern die technischen Mängel oder die nicht entsprechend gesicherte Beladung dem Lenker vor Fahrtantritt auffallen hätten müssen.

Gemäß Abs.5 ist, wenn sich ergibt, dass eine Vormerkung gemäß Abs.1 zu Unrecht erfolgte, diese Eintragung unverzüglich zu löschen.

 

Gemäß § 30b Abs.1 Z2 FSG ist unbeschadet einer etwaigen Entziehung anlässlich einer zweiten zu berücksichtigenden Vormerkung wegen eines der in § 30a Abs.2 genannten Delikte eine besondere Maßnahme gemäß Abs.3 anzuordnen, wenn wegen des ersten Deliktes nicht bereits eine Maßnahme gemäß Z1 angeordnet wurde. Gemäß Abs.3 kommen als besondere Maßnahme die Teilnahme an
1. Nachschulungen, 2. Perfektionsfahrten, 3. an einem Fahrsicherheitstraining,
4. an Vorträgen oder Seminaren über geeignete Ladungssicherungsmaßnahmen, 5. Unter­weisung in lebensrettenden Sofortmaßnahmen oder 6. Kurse über geeig­nete Maßnahmen zur Kindersicherung in Betracht. Die zu absolvierende Maß­nahme ist von der Behörde festzusetzen, wobei darauf Bedacht zu nehmen ist, dass die Maßnahme geeignet ist, im Wesentlichen den Unrechtsgehalt der gesetzten Delikte aufzuarbeiten. Es ist jene Maßnahme zu wählen, die für den Betroffenen am besten geeignet ist, sich mit seinem Fehlverhalten auseinander­zusetzen, sich die Gefahren im Straßenverkehr bewusst zu machen und durch entsprechende Bewusstseinsbildung, auch im Hinblick auf die Notwendigkeit einer Unfall vermeidenden defensiven Fahrweise und die fahrphysikalischen Grenzen beim Betrieb eines Kraftfahrzeuges, einen Rückfall in weitere Verkehrs­verstöße zu vermeiden.

Gemäß Abs.4 hat der von der Anordnung der besonderen Maßnahme Betroffene der Behörde eine Bestätigung jener Einrichtung, bei der die besondere Maß­nahme absolviert wurde, über die Teilnahme und seine Mitarbeit vorzulegen.

Gemäß Abs.5 dieser Bestimmung ist, wenn die Anordnung der Teilnahme an besonderen Maßnahmen gemäß Abs. 1 innerhalb der von der Behörde festge­setzten Frist nicht befolgt oder bei diesen Maßnahmen die Mitarbeit unterlassen wurde, die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

 

Die oben zitierten Strafverfügungen wegen Übertretungen gemäß § 102 Abs.1 KFG 1967 wurden dem Bw eigenhändig zugestellt, wobei in beiden Fällen kein Zweifel besteht, dass der Bw jeweils ein Kraftfahrzeug gelenkt hat, dessen technischer Zustand eine Gefährdung der Verkehrssicherheit darstellte, wobei der jeweilige technische Mangel – am 6. Oktober 2008 die Verwendung eines Sportfahrwerkes, die dazu führte, dass die Reifen am Kotflügel streiften, dh beim Einschlagen des Lenkrades die Freigängigkeit nicht mehr gegeben war; am 12. September 2009 die Verwendung von massiv auf einem großen Teil der Lauffläche in solchem Ausmaß beschädigten Reifen, das bereits das Gewebe sichtbar war - dem Bw vor Fahrtantritt mit Sicherheit auffallen musste.

 

Der Bw war durch die eigenhändige Übernahme der Strafverfügungen und des Bescheides, mit dem die Perfektionsfahrt als Maßnahme iSd § 30b angeordnet wurde, ohne jeden Zweifel in Kenntnis seiner Verpflichtung zur Befolgung der Anordnung. Auch die ihm von der Erstinstanz eingeräumte Frist von drei Monaten war in organisatorischer Hinsicht lang genug, um eine solche Anordnung auch befolgen zu können. Der Bw hat diese Frist ignoriert. Die nunmehrige Entziehung der Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung war die gesetzlich gebotene Folge dieses Verhaltens, wobei der Behörde damit kein Ermessen eingeräumt war. 

 

Gemäß § 64 Abs.2 AVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung einer Berufung ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Auch diese Voraussetzung war zweifellos gegeben.

Mit Fax vom 15. April 2010 wurde die Bestätigung der Fahrschule X vom 12. April 2010 vorgelegt, wonach der Bw die vorgeschriebene Perfektions­fahrt  absolviert hat.

Damit war spruchgemäß zu entscheiden. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.


Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

Beschlagwortung:

2 Vormerkungen wegen § 102 Abs.1 KFG, Voraussetzung für die Anordnung einer Perfektionsfahrt gegeben und rechtskräftiger Bescheid ignoriert -> Entziehung der Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung verpflichtend -> bestätigt

am 19.04.2010 vorgelegt -> Aufhebung.

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum