Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-231080/4/WEI/Ba

Linz, 16.04.2010

B E S C H L U S S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß aus Anlass der für x, geb. x, x, von x, x, per Telefax am 7. Jänner 2010 eingebrachten Berufung gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 11. Dezember 2009, Zl. Sich 96-4076-2009, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Meldegesetz 1991 beschlossen:

 

 

Die Berufung wird als unzulässig zurückgewiesen.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG;

 

 

B e g r ü n d u n g:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 11. Dezember 2009 wurde x, geb. x, wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

"Sie haben Ihren Nebenwohnsitz in x vor dem 31.10.2008 aufgegeben und es zumindest bis zum 03.02.2009 unterlassen, sich beim Meldeamt der Marktgemeinde x polizeilich abzumelden, obwohl, wer seine Unterkunft in einer Wohnung aufgibt, sich innerhalb von 3 Tagen davor oder danach abzumelden hat."

 

Dadurch erachtete die belangte Behörde § 22 Abs 1 Z 1 iVm § 4 Abs 1 Meldegesetz 1991 als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe in Höhe von 60 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden.

 

2.1. Das angefochtene Straferkenntnis wurde Herrn x nach dem aktenkundigen Zustellnachweis (RSa-Brief) unter seiner Zustelladresse in x durch Hinterlegung am 24. Dezember 2009 (Beginn der Abholfrist) nach vergeblichem Zustellversuch am Vortag zugestellt. Gegen das Straferkenntnis richtet sich die von x für seinen Sohn x am 7. Jänner 2010 per Telefax eingebrachte Berufung, mit der auch eine Vollmacht vom 2. Jänner 2010 mit folgendem Inhalt vorgelegt wurde:

 

"Vollmacht:

 

Betreff: Schreiben der BH Braunau vom 11.12.2009 Sich 96-4076-2009

 

Erteile ich meinen Vater x mich bei Behörden und Ämter

allumfassend zu vertreten.

(Es geht um den x Altes Grundbuch x.)

 

 

x

Unterschrift eh."

 

Die von x eingebrachte Berufung lautet wie folgt:

 

"Betreff: Geschäftszeichen Sich-96-4076-2009 in Sachen x geb. x, x

 

Aufgrund der Vollmacht von meinem Sohn x vom 2.01.2010

Wird Einspruch in der o.a. Sachlage erhoben.

Dies wird wie folgt begründet:

Nehme Bezug auf das Schreiben vom 1.09.2009 der Kanzlei x bezogen

auf das Schreiben vom 20.07.2009 da ich tatsächlich im Bereich der

Geschäftsschließung und des Vermögens nicht besachwaltert bin.

Da das Konkursgericht an der Entscheidung der Verwaltungsbehörden gebunden

ist steht ein Zusammenhang der Befangenheit der RA Kanzlei x und des

jetzigen Bürgermeisters x (nachweisbar).

Ich weise darauf hin das, eine an das Bezirksgericht x

Vollmachtsbekanntgabe vom 4.12.2009 vorausging.

Meine Angelegenheiten vertritt im gesamten (Zusammenhang) RA Kanzlei

x.

Ich erwähne nochmals ausdrücklich das das o.a. Schreiben wird berufen und zu

Gänze zurückgewiesen.

 

Hochachtungsvoll- Glück auf! Der Bergbauberechtigte

x

(eh. Unterschrift)

Beilagen wie erwähnt."

 

2.2. Der Berufung wurden weitere Schreiben angeschlossen. Dem Schreiben von Frau Dr. x von x, Rechtsanwälte GmbH in x, vom 1. September 2009 an x ist zu entnehmen, dass Mag. x, x in der genannten Rechtsanwälte GmbH, als Sachwalter für die Vertretung vor Ämtern und Behörden und nicht als Verfahrenshelfer bestellt wurde und dass x für den Bereich Geschäftsschließung und Vermögen nicht besachwaltert sei, sodass er jederzeit einen Anwalt beauftragen könne. Es wird weiter darauf hingewiesen, dass Verfahrenshilfeanträge vom Gericht nicht bewilligt wurden. Von der genannten Kanzlei würden kein Rückabwicklungsantrag oder eine Löschungsklage oder gar Strafanzeigen erstattet werden.

 

Aus weiter übermittelten Schreiben vom November 2009 geht hervor, dass Herr Mag. x, Rechtsanwalt in x die Vertretung von x und x in Rechtsstreitigkeiten mit der Sparkasse x AG und im Bereich Geschäftsschließung (Schottergewinnung) und Vermögen (Konkurs) übernommen hat. Dieser hat auch in der Pflegschaftssache des x zu Zl. x dem Bezirksgericht x am 4. Dezember 2009 auf elektronischem Weg bekannt gegeben, mit der rechtsfreundlichen Vertretung betraut worden zu sein.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat hat durch sein zuständiges Mitglied mit dem Sachwalter Mag. x von der genannten Rechtsanwälte GmbH telefonischen Kontakt aufgenommen, um nähere Informationen in der Sachwalterfrage einzuholen. Die Bezug habenden Gerichtsbeschlüsse wurden per Telefax übermittelt. Aus diesen ist folgender wesentliche Sachverhalt abzuleiten:

 

Aus dem Beschluss des Bezirksgerichts x vom 11. Mai 2009, Zl. x, geht hervor, dass Rechtsanwalt Dr. x seines Amtes enthoben und Herr x Mag. x zum neuen Verfahrenssachwalter sowie einstweiligem Sachwalter für den Betroffenen x, geb. x, bestellt wurde. Die zu besorgenden Angelegenheiten werden dabei wie folgt umschrieben:

 

"Vertretung vor Gerichten, Behörden und Sozialversicherungsträgern, insbesondere im Verfahren 2 E 1143/05v"

 

Mit Beschluss des Landesgerichts x als Rekursgericht vom 19. August 2009, Zl. 6 R 244/09p, wurde dem Rekurs des Betroffenen x gegen den oben zitierten Beschluss des Bezirksgerichts x keine Folge gegeben und der ordentliche Revisionsrekurs nach § 62 Abs 1 AußStrG für nicht zulässig erklärt.

 

Aus der Begründung des Rekursgerichtes ergibt sich, dass x Mag. x bereits mit Beschluss vom 26. August 2008 sowohl zum Verfahrenssachwalter nach § 119 AußStrG als auch zum einstweiligen Sachwalter des Betroffenen iSd § 120 AußStrG für die Vertretung vor Gerichten, Behörden und Sozialversicherungsträgern sowie insbesondere im Zwangsversteigerungsverfahren zu 2 E 1143/05v des Bezirksgerichts x bestellt worden war. Da x in der Folge Rechtsanwalt Dr. x mit seiner Vertretung bevollmächtigte, wurde der bestellte Sachwalter Mag. x seines Amtes enthoben und an seiner Stelle Dr. x mit unverändertem Aufgabenbereich bestellt. Die mit Gerichtsbeschluss vom 11. Mai 2009 erfolgte Wiederbestellung des Mag. x war wegen Auflösung des Vollmachtsverhältnisses zu Dr. x durch den Betroffenen erforderlich.

 

In weiterer Folge wurde mit Beschluss des Bezirksgerichts x vom 22. Dezember 2009, Zl. 4 P 30/08p, eine Umbestellung vorgenommen und künftig Herr Mag. x (Anm.: richtig wohl x), x, zum neuen Verfahrenssachwalter und einstweiligen Sachwalter mit unverändertem Aufgabenbereich für dringende Angelegenheiten (Vertretung des Betroffenen vor Gerichten, Behörden und Sozialversicherungsträgern, insbesondere im Verfahren 2 E 1143/05v des BG x) bestellt. Dieser Beschluss langte in der Kanzlei x am 22. Jänner 2010 ein. Die Enthebung des alten Sachwalters Mag. x wurde damit wirksam. In der Begründung wird auf § 119 AußStrG, wonach der Verfahrenssachwalter zu entheben ist, sobald die betroffene Person einen geeigneten Vertreter gewählt hat, hingewiesen. Dies habe der Betroffene getan, weshalb nunmehr der gewählte Vertreter als Verfahrenssachwalter und einstweiliger Sachwalter für dringende Angelegenheiten zu bestellen gewesen sei.

 

Zusammenfassend steht damit fest, dass für x schon ununterbrochen seit dem Beschluss des Bezirksgerichts x vom 26. August 2008 ein Sachwalter für die Vertretung vor Gerichten, Behörden und Sozialversicherungsträgern bestellt worden ist.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt und auf Grund der ergänzenden Erhebung festgestellt, dass die gegenständliche Eingabe des x unwirksam und daher schon nach der Aktenlage ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen ist.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 9 AVG ist die persönliche Rechts- und Handlungsfähigkeit nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen, wenn in den Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmt ist. Dabei gilt der Grundsatz, dass die Rechtsfähigkeit die Parteifähigkeit und die Handlungsfähigkeit die Prozessfähigkeit begründet (vgl Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht8 [2003], Rz 131). Das Fehlen der Prozessfähigkeit ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmen (vgl mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004], 214, Anm 3, 224 f, E 27a und E 27c zu § 9 AVG).

 

Für die Beurteilung der Handlungsfähigkeit (Prozessfähigkeit) einer behinderten Person ist der Gerichtsbeschluss über die Bestellung des Sachwalters (§ 273 Abs 3 ABGB entspricht nunmehr seit der Neufassung durch das SWRÄG 2006, BGBl I Nr. 92/2006, dem § 268 Abs 3 ABGB) bedeutsam (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, 254, Anm 2 zu § 11 AVG). Gemäß § 280 Abs 1 ABGB kann die behinderte Person innerhalb des Wirkungskreises des Sachwalters ohne dessen ausdrückliche oder stillschweigende Einwilligung rechtsgeschäftlich weder verfügen noch sich verpflichten.

 

Die Sachwalterbestellung wirkt für die Zeit ab ihrer Erlassung insofern konstitutiv, als die Prozessfähigkeit und Handlungsfähigkeit in dem umschriebenen Ausmaß nicht mehr gegeben ist. Hinsichtlich des vorangegangenen Zeitraums ist zu prüfen, ob der Betroffene nicht mehr prozessfähig gewesen ist und damit nicht mehr in der Lage war, Bedeutung und Tragweite der prozessualen Vorgänge zu erkennen und sich den diesbezüglichen Anforderungen entsprechend zu verhalten (vgl Nachw aus der Judikatur bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, 223 f, E 25b, E 25g und E25h zu § 9 AVG).

 

Mangelnde Prozessfähigkeit führt zur Unwirksamkeit verfahrensrechtlicher Akte (vgl mwN Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht8 Rz 135). War eine nicht voll handlungsfähige Person in einem Verwaltungsverfahren durch ihren gesetzlichen Vertreter nicht vertreten, so kann der ergangene Bescheid dieser Person gegenüber nicht rechtswirksam werden (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, 225, E 28 zu § 9 AVG).

 

4.2. Gemäß § 10 Abs 1 AVG können sich Beteiligte und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Schreitet eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ein, so ersetzt die Berufung auf die ihr erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis. Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis richten sich nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen (§ 10 Abs 2 AVG).

 

Nach dem ersten Satz des § 10 Abs 1 AVG können also nur eigenberechtigte Personen Vertreter sein. Eigenberechtigung setzt die volle Handlungsfähigkeit voraus, die in Österreich nach § 21 ABGB normalerweise ab Vollendung des 18. Lebensjahres gegeben ist (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, 232, Anm 6 zu § 10 AVG). Als geeignete Machthaber kommen daher eigenberechtigte Personen in Betracht, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, soweit sie nicht psychisch krank oder geistig behindert sind. Die Erteilung einer Vollmacht an nicht (uneingeschränkt) eigenberechtigte Personen ist schon im Innenverhältnis rechtlich unmöglich (vgl Hengstschläger/Leeb, Kommentar zum AVG, 1. Teilband [2004], Rz 5 zu § 10). Eine solche Bevollmächtigung kann schon nicht rechtswirksam entstehen. Sie ist im Unterschied von der Bevollmächtigung eines Winkelschreibers, der nach § 10 Abs 3 AVG als Bevollmächtigter nur nicht zuzulassen ist, von vornherein nichtig.

 

4.3. Dem als Vertreter seines Sohnes auftretenden x ist schon seit dem Jahre 2008 für die Vertretung vor Gerichten und Behörden ein Sachwalter bestellt worden. Er ist demnach nur eingeschränkt handlungsfähig. Es fehlt ihm die Prozessfähigkeit und damit auch die volle Eigenberechtigung. Es erscheint wohl für jedermann einleuchtend, dass jemand nicht wirksam zum gewillkürten Vertreter in einem Verfahren bestellt werden kann, der selbst mangels entsprechender Handlungs- und Prozessfähigkeit im Verfahren vor Gerichten und Behörden einen Sachwalter benötigt.

 

Die Bevollmächtigung des nicht prozessfähigen x war nicht möglich und daher von vornherein unwirksam. Dass er im Bereich Geschäftsschließung und Vermögen weiterhin handlungsfähig ist und Rechtsanwälte beauftragen kann, vermag daran nichts zu ändern. Die von x eingebrachte Eingabe ist ohne wirksame Bevollmächtigung verfasst worden und kann daher seinem Sohn x nicht als Berufung zugerechnet werden. Die Eingabe eines Prozessunfähigen konnte keine Rechtswirkungen erzeugen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. W e i ß

 

 

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