Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222385/2/Kl/Hu

Linz, 21.04.2010

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn x, vertreten durch x Rechtsanwälte GmbH, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 12. März 2010, BZ-Pol-10247-2009, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 12.3.2010, BZ-Pol-10247-2009, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 500 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 47 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z3 und § 81 Gewerbeordnung 1994 verhängt. Es wurde folgende Tat vorgeworfen:

"Die Betriebsanlage der x AG, x, ist am Standort x, mit folgenden gewerberechtlichen Bescheiden bewilligt worden:

·         Bescheid vom 07.09.1956, GE-2007-1956,

·         Bescheid vom 17.03.1961, GE-3025-1961,

·         Bescheid vom 25.02.1980, MA 2-GE-3050-1978,

·         Bescheid vom 02.12.1981, MA 2-GE-3043-1981,

·         Bescheid vom 15.06.1984, MA 2-GE-3044-1984,

·         Bescheid vom 13.04.1990, MA 2-GE-3138-1988 und GE-3149-1989,

·         Bescheid vom 19.01.1993, MA 2 GeBA-16-1992,

·         Bescheid vom 19.09.1994, MA 2-GeBA-57-1992 und MA 2-GeBA-77-1993,

·         Bescheid vom 23.03.1998, MA 2-GeBA-26-1997,

·         Bescheid vom 05.11.2003, BG-BA-82-2003 und

·         Bescheid vom 29.11.2007, BZ-BA-0064-2007

 

Einen wesentlichen Bestandteil des oa. Bescheides vom 19.09.1994, MA 2-GeBA-57-1992 und MA 2-GeBA-77-1993, bildet die Verhandlungsschrift vom 05.04.1994 samt Einreichunterlage 'Schalltechnisches Projekt LKW-Abstellplatz vom 18.10.93 (x)', in dem unter dem Punkt 'Beschreibung' (Seiten 5 und 6) Folgendes ausgeführt ist:

Hinsichtlich der Kühlaggregate ist anzumerken, dass diese laut Angaben der x GesmbH & Co KG am Parkplatz – 10 LKW-Abstellplätze östlich der an der B1 befindlichen Tankstelle und 10 LKW-Abstellplätze nördlich der xstraße – sowohl tags als auch nachts nicht betrieben werden dürfen.

 

Sie haben es als gewerberechtlicher Geschäftsführer und somit als iSd § 370 Abs.1 GewO 1994 verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher der x AG, x, zu vertreten, dass auf dem Freigelände der Betriebsanlage dieser Firma an oa. Adresse am 08.11.2009 Kühlaggregate wie folgt betrieben worden sind:

a)      zumindest von 07.30 Uhr bis 09.20 Uhr durch das Laufenlassen der Kühlaggregate beim LKW-Zug der Firma Augustin (tschechisches pol. Kennzeichen x der Zugmaschine und x des Auflegers) am Parkplatz Nord (nördlich des Mühlbaches) d.h. auf den östlich von der Tankstelle gelegenen LKW-Abstellplätzen.

b)      zumindest von 09.20 Uhr bis 11.30 Uhr durch das Laufenlassen des Kühlaggregates beim Aufleger der Firma x (pol. Kennzeichen x) am Parkplatz Nord (nördlich des Mühlbaches) d.h. auf den östlich von der Tankstelle gelegenen LKW-Abstellplätzen.

c)       zumindest von 07.30 Uhr bis 10.20 Uhr durch das Laufenlassen der Kühlaggregate beim LKW-Zug der Firma x (pol. Kennzeichen x des Auflegers) am Parkplatz Nord (nördlich des Mühlbaches) d.h. auf den östlich von der Tankstelle gelegenen LKW-Abstellplätzen.

 

Durch dieses o.a. Laufenlassen von Lastkraftwagen-Kühlaggregaten ist eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung abgeändert worden.

Diese Abänderung hatte zur Wahrung der im § 74 Abs.2 Z2 GewO 1994 umschriebenen Interessen – im gegenständlichen Falle wegen Belästigung der Nachbarn durch Lärm – jedenfalls einer Genehmigung bedurft."

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates der Betrieb der Kühlaggregate jedenfalls während der Tageszeit  zulässig sei. Der Betrieb der Kühlaggregate während der Tageszeit sei sohin vom Genehmigungskonsens erfasst, sodass die dem Einschreiter vorgehaltenen Tathandlungen keine verwaltungsstrafrechtliche Sanktion begründen können. Weiters werde gegen § 44a VStG verstoßen, in dem eine Umschreibung der Betriebsanlage fehle. Schließlich werde durch das Straferkenntnis gegen das Verbot der Doppelbestrafung verstoßen, zumal es sich um ein fortgesetztes Delikt handle, wobei bereits das Straferkenntnis vom 3.12.2009, BZ-Pol-10181-2009, den auch für das angefochtene Straferkenntnis maßgeblichen Tatzeitraum erfasst hat. Der genannte Bescheid umfasst Tathandlungen am 24.5.2009, 26.5.2009, 4.6.2009 und 7.6.2009. Die Geschäfts- und Ladetätigkeiten des Berufungswerbers seien vom 7.6.2009 bis 8.11.2009 unverändert in der Gestalt des vertretenen Konsensumfanges des Berufungswerbers fortgesetzt worden. Schließlich wurde noch ein Absehen von der Verhängung einer Strafe gemäß § 21 Abs.1 VStG beantragt.

 

3. Der Magistrat der Stadt Wels hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Weil bereits aus der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt die öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 366 Abs.1 Z3 Gewerbeordnung 1994 – GewO 1994, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§§ 81 f).

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat in dem zuletzt in einer Strafangelegenheit gegen den Berufungswerber ergangenen Erkenntnis vom 19. Jänner 2010, VwSen-222356/2/Kl/Pe, unter Einbeziehung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ausführlich die Merkmale eines fortgesetzten Deliktes nach der Lehre und Literatur dargelegt. Insbesondere wurde auch auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hingewiesen, wonach ungeachtet einer im Spruch des Strafbescheides der Behörde erster Instanz angeführten Tatzeit, alle Einzeltathandlungen bis zu der mit einer Zustellung erfolgten Fällung des Strafbescheides erster Instanz erfasst sind und daher wegen solcher Einzeltathandlungen nicht neuerlich gegen den selben Täter eine Strafe verhängt werden darf. Es sind daher mit dem zuletzt ergangenen Straferkenntnis der belangten Behörde vom 3.12.2009, BZ-Pol-10181-2009, sämtliche Einzeltathandlungen bis zur Erlassung dieses Straferkenntnisses, nämlich bis zur Zustellung dieses Straferkenntnisses mitumfasst, was bedeutet, dass auch eine nunmehr vorgeworfene Tathandlung vom 8.11.2009 noch vor der Erlassung des Straferkenntnisses vom 3.12.2009 liegt und daher von diesem Straferkenntnis miterfasst ist. Eine neuerliche Bestrafung wegen einer Tathandlung am 8.11.2009, die bereits von dem Straferkenntnis vom 3.12.2009 mitumfasst ist, verstößt gegen das Verbot der Doppelbestrafung. Es war daher aus diesem Grunde das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Aus verfahrensökonomischen Gründen wird die belangte Behörde nochmals darauf hingewiesen, dass erst eine Tathandlung, die der Täter nach dem Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses vom 12. März 2010, also nach dem 15.3.2010, an dem die Zustellung erfolgt ist, gesetzt hat, neuerlich einem Strafverfahren ausgesetzt werden kann, also ein Strafverfahren eingeleitet werden kann.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte, waren gemäß § 66 Abs.1 VStG keine Verfahrenskostenbeiträge aufzuerlegen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

Beschlagwortung: Erfassungswirkung, fortgesetztes Delikt

 

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