Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164921/2/Zo/Gr

Linz, 27.04.2010

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des X vertreten durch X, vom 09.03.2010 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau vom 24. Februar 2010, VerkR96-10542-2009 wegen einer Übertretung der StVO zu Recht erkannt:

 

 

I.            Die Berufung wird im Schuldspruch abgewiesen und der angefochtene Bescheid wird insoweit bestätigt.

 

II.        Hinsichtlich der Strafhöhe wird der Berufung Folge gegeben und von der Verhängung einer Strafe abgesehen

 

III.    Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I und II.: § 66 Abs..4 AVG iVm § 24, 51 Abs.1 und 21 Abs.1 VStG

Zu III: § 64 ff VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

Zu I und II:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 27. September 2009 um 12:15 Uhr in Friedburg/Lengau auf der Baier Landesstraße bei Kilometer 2,949 als Lenker eines Fahrrades ein anderes Fahrzeug rechts anstatt links überholt habe. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 15 Abs.1 StVO begangen, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 70 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenkostenbeitrages in Höhe von 7 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber aus, dass er lediglich deshalb rechts am PKW vorbeigefahren wäre, weil sich dieser zur Fahrbahnmitte hin eingereiht habe und immer langsamer geworden sei. Er sei deshalb der Meinung gewesen, dass der PKW nach links abbiegen wolle. Weiters habe der PKW-Lenker geraucht und telefoniert. Er habe am PKW vorbei fahren wollen, als dieser plötzlich und völlig unerwartet nach rechts abgebogen sei. Dabei sei es zum Zusammenstoß gekommen, bei welchem der Berufungswerber schwer verletzt wurde.

 

 

3. Der Bezirkshauptmann von Braunau hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Aus diesem ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt zur Gänze, weshalb eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung nicht erforderlich war.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Entsprechend dem im Akt befindlichen Unfallbericht sowie der Angaben des Herrn X und des Berufungswerbers lenkte Herr X zur Vorfallszeit seinen PKW auf der Baier Landesstraße in Richtung Kapellenstraße. Er wollte nach rechts in die dortige Kapellenstraße einbiegen und bemerkte den Radfahrer erst, als er zum Abbiegen ansetzte. Es kam zum Zusammenstoß, wobei der Radfahrer stürzte und sich eine Rippe brach.

 

Strittig ist, ob der Lenker des PKW rechts geblinkt hat oder nicht. Für die Beurteilung des gegenständlichen Falles ist dies aber nicht von entscheidender Bedeutung. Anzuführen ist noch, dass der PKW-Lenker während der Fahrt telefonierte.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht folgendes erwogen:

5.1. Gemäß § 15 Abs.1 StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges außer in den Fällen des Abs. 2 und 2a nur links überholen.

 

Gemäß § 15 Abs.2 StVO sind rechts zu überholen:

 

  1. Fahrzeuge deren Lenker die Absicht anzeigen, nach links einzubiegen oder zum linken Fahrbahnrand zuzufahren und die Fahrzeuge links eingeordnet haben,
  2.  Schienenfahrzeuge, ......

 

 

5.2. Sollte der PKW-Lenker tatsächlich rechts geblinkt haben, so hätte ihn der Berufungswerber auf keinen Fall rechts überholen dürfen. Falls er aber – wie der Berufungswerber angibt – nicht rechts geblinkt hat, bestand jedenfalls eine unklare Verkehrslage dahingehend, ob bzw. in welche Richtung der PKW-Fahrer abbiegen würde. Bei einer derart unübersichtlichen Verkehrslage wäre der Berufungswerber verpflichtet gewesen, mit dem PKW-Lenker Kontakt aufzunehmen bzw. allenfalls auf das Überholen zu verzichten.

 

Da der PKW-Lenker vor dem Abbiegemanöver auch nicht zur Gänze zum Stillstand gekommen war, handelt es sich um ein Überholen im Sinne des § 2 Z.29 StVO, nicht aber um ein Vorbeifahren. Der Berufungswerber hat daher die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung in objektiver Sicht zu verantworten.

 

Bezüglich seines Verschuldens liegt lediglich Fahrlässigkeit vor. Der Berufungswerber hat offensichtlich die konkrete Situation falsch interpretiert und sich deshalb zum Rechtsüberholen entschlossen. Bei der im objektiv zumutbaren Sorgfalt hätte er sein Fahrrad hinter dem PKW des Berufungswerbers anhalten und abwarten müssen, in welche Richtung dieser tatsächlich abbiegen wird. Andererseits hätten in einer derartigen Situation die meisten Radfahrer wohl gleich gehandelt wie der Berufungswerber, weshalb sein Sorgfaltsverstoß nur als geringfügig anzusehen ist.

 

Auch der Lenker des PKW hat beim Abbiegen nach rechts nicht die notwendige Sorgfalt aufgewendet, weil er offenkundig den Schulterblick nach rechts nicht bzw. nicht ausreichend durchgeführt hat. Für die verwaltungsstrafrechtliche Beurteilung des Verhaltens des Berufungswerbers kommt es jedoch nicht darauf an, wessen Verschulden am Verkehrsunfall überwiegt.

 

5.3. Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Die gegenständliche Übertretung hat ausschließlich negative Folgen für den Berufungswerber selbst gehabt. Dieser wurde beim Unfall schwer verletzt. Sonstige Unfallfolgen sind nicht bekannt, insbesondere gab der PKW-Lenker bei seiner Einvernahme der Polizei gegenüber an, dass an seinem Fahrzeug keine Schäden feststellbar sind. Wie bereits oben ausgeführt, ist das Verschulden des Berufungswerber als geringfügig anzusehen, weshalb gemäß § 21 Abs.1 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden konnte. Im Hinblick auf die schwere Verletzung des Berufungswerbers bedarf es auch keiner Ermahnung, um ihn in Zukunft von ähnlichen Übertretungen abzuhalten. Es ist davon auszugehen, dass die erlittenen schweren Verletzungen den Berufungswerber in Zukunft zu einem vorsichtigeren Verhalten motivieren werden. Sollte dies nicht der Fall sein, so könnte dieser "Strafzweck" auch nicht durch eine Ermahnung erzielt werden.

 

 

Zu III:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

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