Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100482/20/Sch/Rd

Linz, 11.08.1992

VwSen - 100482/20/Sch/Rd Linz, am 11. August 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Mitglied Dr. Gustav Schön über die Berufung des J S vom 20. März 1992 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 28. Februar 1992, VerkR96-15780-1991 (Fakten 1., 2., 3. sowie 5. und 6.), zu Recht:

I. Der Berufung wird bezüglich der Fakten 1., 2. und 3. Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis in diesen Punkten behoben und das Verfahren diesbezüglich eingestellt. Hinsichtlich der Fakten 5. und 6. wird die auf das Strafausmaß beschränkte Berufung abgewiesen und werden die verhängten Strafen bestätigt.

II. Bezüglich des eingestellten Verfahrens (Fakten 1., 2. und 3.) entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Strafkostenbeiträge. Der Berufungswerber hat hinsichtlich des abweisenden Teils der Entscheidung (Fakten 5. und 6.) zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz einen Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren in der Höhe von insgesamt 40 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu leisten.

Rechtsgrundlagen: Zu I.: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z.1 und Z.3 sowie § 19 VStG. Zu II.: §§ 64 und 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.: 1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit Straferkenntnis vom 28. Februar 1992, VerkR96-15780-1991, über Herrn J S, R, F u.a. wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1.) § 20 Abs.1 i.V.m. § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960, 2.) § 7 Abs.1 StVO 1960, 3.) § 26 Abs.5 StVO 1960, 5.) § 102 Abs.5 lit.a KFG 1967 und 6.) § 102 Abs.5 lit.b KFG 1967 Geldstrafen von 1.) 2.500 S, 2.) 500 S, 3.) 500 S, 5.) 100 S und 6.) 100 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1.) 84 Stunden, 2.) 24 Stunden, 3.) 24 Stunden, 5.) 6 Stunden und 6.) 6 Stunden verhängt, weil er am 22. August 1991 gegen 20.00 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen O auf der F Landesstraße durch das Ortsgebiet von F in Richtung V und anschließend auf dem Güterweg A in Richtung R bis etwa 500m nach der Ortschaft A, Gemeindegebiet F, gelenkt hat, und zwar 1.) bei der Fahrt durch das Ortsgebiet von A mit seinem PKW eine den Straßen- und Sichtverhältnissen nicht angepaßte, weit überhöhte Geschwindigkeit von mindestens 90 km/h eingehalten hat, obwohl die erlaubte Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet von A 50 km/h betrug; der besagte Güterweg ist dort eng, kurvenreich und unübersichtlich, zahlreiche Ausfahrten von Gehöften münden in diesen und zum Vorfallszeitpunkt hielten sich im Abstand von 3 bis 5m neben der Fahrbahn mehrere spielende Kinder auf, weshalb er dadurch in besonders rücksichtsloser Weise und unter besonders gefährlichen Verhältnissen gegen die Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung verstoßen hat. Bei den geschilderten Verhältnissen wäre eine Fahrgeschwindigkeit von höchstens 30 km/h angepaßt gewesen. Dabei unterließ er es auch, 2.) sein Fahrzeug soweit rechts zu lenken, wie ihm dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer und ohne Gefährdung von Sachen möglich gewesen wären, indem er abwechselnd äußerst links, dann wieder ganz rechts fuhr, und 3.) dem ihm mit Blaulicht und Folgetonhorn nachfahrenden Einsatzfahrzeug der Gendarmerie Platz zu machen. 5.) Bei der Fahrt unterließ er es weiters, den Führerschein sowie 6.) den Zulassungsschein mitzuführen und die Dokumente den Straßenaufsichtsorganen auf Verlangen zur Überprüfung auszuhändigen.

Überdies wurde er zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von insgesamt 370 S verpflichtet.

Von der Wiedergabe des dem Berufungswerber ebenfalls zur Last gelegten Faktums 4. wurde abgesehen, da hierüber aufgrund der gegebenen Kammerzuständigkeit eine gesonderte Entscheidung erging (VwSen-100481/37/Sch/Rd vom 21. Juli 1992).

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben, wobei sich die Berufung hinsichtlich der Fakten 5. und 6. lediglich auf das Strafausmaß bezog. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Mitglied zu entscheiden. Am 1. Juli 1992 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung abgeführt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat folgendes erwogen:

Zu den Verwaltungsübertretungen gemäß §§ 20 Abs.1 i.V.m. 99 Abs.2 lit.c, 7 Abs.1 und 26 Abs.5 StVO 1960 (Fakten 1., 2. und 3.): Die einzige Verfolgungshandlung, die von der Erstbehörde innerhalb der Frist des § 31 Abs.2 VStG getätigt wurde und die, die dem Berufungswerber zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen detailliert inhaltlich anführt, ist die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 28. November 1991. Entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Tatvorwurf nach § 20 Abs.1 StVO 1960 auch Angaben darüber zu enthalten, welche Geschwindigkeit angemessen gewesen wäre. Diesbezügliche Ausführungen enthält die obzitierte Aufforderung zur Rechtfertigung jedoch nicht, vielmehr wird erst im angefochtenen Straferkenntnis eine angemessene Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h angeführt. Abgesehen davon, daß der unabhängige Verwaltungssenat aufgrund der Aktenlage nicht nachvollziehen kann, woher die Erstbehörde diese Geschwindigkeitsangabe hat, wo doch, offensichtlich von der Erstbehörde selbst, für das dortige Ortschaftsgebiet eine erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h verordnet wurde, ist hinsichtlich dieses Faktums eine Ergänzung nicht zulässig gewesen, da zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses die Verfolgungsverjährungsfrist bereits abgelaufen war.

Diese Ausführungen gelten im wesentlichen auch hinsichtlich Faktum 2. Auch hier deckt sich die Formulierung in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 28. November 1991 nicht mit jener im Spruch des angeführten Straferkenntnisses. Die Behörde ist außerhalb der Frist des § 31 Abs.2 VStG auf einen völlig anderen Tatvorwurf "umgestiegen" (von § 7 Abs.2 auf § 7 Abs.1 StVO 1960).

Im Zuge der Berufungsverhandlung vom 1. Juli 1992 stellte sich heraus, daß die Nachfahrt durch die Gendarmeriebeamten etwa eine Wegstrecke von 1,5km umfaßte. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hält die Aussagen der zeugenschaftlich einvernommenen Meldungsleger über das Fahrverhalten des Berufungswerbers durchaus für glaubwürdig, im Hinblick auf das Konkretisierungsgebot des § 44a Z.1 VStG und die entsprechende Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wäre es aber aufgrund der relativ langen Fahrtstrecke erforderlich gewesen, jene Örtlichkeit(en) näher zu bestimmen, bei denen der Berufungswerber den nachfahrenden Gendarmeriebeamten mit ihrem Einsatzfahrzeug nicht Platz gemacht ha t. Aufgrund des von den Meldungslegern geschilderten Sachverhaltes scheint es nicht den Tatsachen zu entsprechen, daß der Berufungswerber die gesamte Fahrtstrecke über dem nachfahrenden Einsatzfahrzeug nicht Platz gemacht hat. Vielmehr dürfte dies aufgrund der Gegebenheiten teilweise gar nicht möglich gewesen sein.

Das angefochtene Straferkenntnis war daher aus den oben angeführten Gründen im Hinblick auf diese Tatvorwürfe (Fakten 1., 2. und 3.) zu beheben und das Verfahren diesbezüglich einzustellen.

Zu den Verwaltungsübertretungen gemäß § 102 Abs.5 lit.a und § 102 Abs.5 lit.b KFG 1967 (Fakten 5. und 6.):

Eingangs ist diesbezüglich anzuführen, daß die Berufung keine näheren Angaben darüber enthält, warum die festgesetzten Strafhöhen von jeweils 100 S als zu hoch anzusehen wären. Nach Ansicht des unabhängigen Verwaltungssenates hat die Erstbehörde keinesfalls überhöhte Strafen verhängt. Zum einen ist auf den im Kraftfahrgesetz 1967 vorgesehenen Strafrahmen von bis zu 30.000 S zu verweisen. Die verhängten Geldstrafen liegen also im untersten Bereich des Strafrahmens. Zum anderen dürfte nach dem Ergebnis der Berufungsverhandlung der Berufungswerber nicht versehentlich einmal ohne Führerschein bzw. Zulassungsschein gefahren sein, vielmehr konnte er diese Dokumente trotz einer offensichtlichen Suche bei ihm zu Hause nicht finden, sodaß nicht von einem geringen Verschulden des Berufungswerbers auszugehen war. Dieser Umstand verhinderte auch eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG. Milderungsgründe und Erschwerungsgründe lagen nicht vor. Auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Berufungswerbers war im Hinblick auf die Geringfügigkeit der verhängten Strafen nicht näher einzugehen.

Zu II.: Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig. Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat: Dr. S c h ö n

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