Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550522/10/Kü/Ba VwSen-550524/6/Kü/Ba

Linz, 04.06.2010

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über den Antrag der X AG,  vertreten durch X Rechtsanwälte GmbH, X, vom 21. April 2010 auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung der Marktgemeinde X vom 14. April 2010 im Vergabeverfahren "Erweiterung der Straßenbeleuchtung X", nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 12. Mai 2010 zu Recht erkannt:

 

I.            Dem Antrag der X AG wird Folge gegeben und die Zuschlagsentscheidung der Marktgemeinde X vom 14. April 2010 für nichtig erklärt.

 

II.            Die Marktgemeinde X wird verpflichtet, der X AG die entrichteten Pauschalgebühren in Höhe von 900 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 1, 2, 3, 6, 7 und 23 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 – Oö. VergRSG 2006, LGBl. Nr. 130/2006 iVm §§ 2, 19, 98, 106 und 129 Bundesvergabegesetz 2006 – BVergG 2006, BGBl.I Nr. 17/2006 idgF.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Eingabe vom 21. April 2010 hat die X AG (im Folgenden: Antragstellerin) einen Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlags­entscheidung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Marktgemeinde X (im Folgenden: Auftraggeberin) die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungs­verfahren, zu untersagen, gestellt. Im Übrigen wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren beantragt.

 

Begründend führte die Antragstellerin eingangs hiezu aus, dass es sich gegenständlich um einen Beschaffungsvorgang im nicht offenen Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung betreffend Bauaufträge im Unterschwellenbereich handle. Der Ausschreibungsgegenstand umfasse die Auswechslung und Erweiterung der Straßen- und Ortsbeleuchtung in der Gemeinde X, konkret umfasse dies die Demontage lt. LV und ggf. deren Entsorgung, das Liefern und Montieren der Steuerschränke, der Leuchten lt. LV, die Überprüfung der durchgeführten Installation, Erdung, das Erstellen der Dokumentation lt. ÖVE EN 8001 P 61 (in den Einheitspreisen eingerechnet) und Grabungs- und Wiederherstellungsarbeiten lt. LV. Der Zuschlag erfolge nach dem Billigstbieterprinzip. Wesentlich sei, dass in Pos. 00300010Z (S.4) des Lang-LV ua für alle anzubietenden Leuchten ein CE-Prüfzeichen gefordert würde, um die EMV-Verträglichkeit nachzuweisen. Zusätzlich sei in den Pos. 113310C (S.30) und 113310D (S.31) des Lang-LV für die Ansatzleuchte LED 40W und die Ansatzleuchte LED 60W ua jeweils die Schutzklasse 2 gefordert. Darüber hinaus sei wesentlich, dass nach Pos. 113310 (S.28) des Lang-LV mit dem Angebot eine Musterberechnung für die angebotenen Leuchten abgegeben werden musste.

 

Am 16.3.2010 sei die Angebotsöffnung samt Verlesung der Netto-Angebotspreise erfolgt, wobei sich folgende verfahrensrelevante Bieterreihung ergeben habe:

1. X (142.006,63 Euro)

2. X (179.513 Euro)

3. X (191.548,15 Euro).

 

Mit Schreiben vom 14.4.2010 habe die Auftraggeberin mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, der X den Zuschlag zu erteilen.

 

Die Antragstellerin bekundete ihr Interesse am Vertragsabschluss und führte zum drohenden Schaden aus, dass ihr bislang Kosten für das Studium der Ausschreibungsunterlagen, die Vorbereitungsarbeiten, die Ressourcenerkundung und die Ausarbeitung der Angebote in Höhe von ca. 3.500 Euro sowie für die Rechtsvertretung in Höhe von 2.500 Euro erwachsen seien. Ebenso drohe der Verlust des entgangenen Gewinns in Höhe von 3% des Auftragswertes und der Verlust eines Referenzprojektes.

 

Im Übrigen erachte sich die Antragstellerin in ihren Rechten auf Gleichbehandlung aller Bieter, auf Beachtung der vergaberechtlichen Selbstbindung der Auftraggeberin an ihre eigenen Festlegungen in den Ausschreibungsunterlagen, darauf, in einem vergaberechtskonformen Vergabeverfahren den Zuschlag zu erlangen und auf Durchführung eines Vergabeverfahrens, das insbesondere den Grundsätzen des freien und lauteren Wettbewerbs sowie des Transparenzgebotes entspreche, verletzt.

 

Zu den festgestellten Vergabeverstößen führte die Antragstellerin näher aus, dass aufgrund der Anwesenheit eines Mitarbeiters bei der Angebotsöffnung wahrgenommen worden sei, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin LED-Leuchten LSL 30 angeboten habe. Der Hersteller dieser Leuchten sei die X X d.o.o. in Slowenien. Aus dem offiziellen Datenblatt der angebotenen LED-Leuchte LSL 30 ergebe sich, dass diese Leuchte lediglich über eine Schutzklasse 1 und nicht über eine Schutzklasse 2 verfüge. Das in der Elektrotechnik allgemein verwendete Symbol (Erdung) kennzeichne die Schutzklasse 1. Dem gegenüber würde für die Schutzklasse 2 allgemein als Symbol das Doppelquadrat verwendet; dieses Symbol finde sich jedoch nicht am Datenblatt für die LED-Leuchte LSL 30. Damit erfülle die von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin in den Pos. 113310C und 113310D des Lang-LV angebotene LED-Leuchte nicht die zwingenden technischen Mindest­anforderungen der Ausschreibungsunterlagen. Zudem seien die von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin angebotenen Leuchten derzeit ausschließlich mit der Schutzklasse 1 lieferbar; eine Lieferung mit der Schutzklasse 2 sei nicht möglich. Das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin sei daher aus diesem Grund auszuscheiden und die bekämpfte Zuschlagsentscheidung nichtig zu erklären. 

 

Zum Angebot des zweitgereihten Bieters wurde ausgeführt, dass dieses ebenfalls auszuscheiden sei. Nach der Pos. 113310 des Lang-LV habe nämlich die Auftraggeberin festgelegt, dass für ein ausschreibungsgemäßes Angebot eine ortsbezogene Musterberechnung zum Nachweis der lichttechnischen Gleichwertigkeit mit den ausgeschriebenen Parametern abzugeben sei. Bei der Angebotsöffnung sei verlesen und im Protokoll dokumentiert worden, dass die zweitgereihte Bieterin diese geforderte ortsbezogene Musterberechnung nicht mit dem Angebot abgegeben habe.

Zunächst sei festzuhalten, dass aufgrund dieser fehlenden Musterberechnung im Angebot unklar sei, ob die von der zweitgereihten Bieterin angebotenen Leuchten überhaupt ausschreibungskonform seien. Der diesbezügliche Nachweis in Form der Musterberechnung sei von der zweitgereihten Bieterin nicht erbracht worden. Darüber hinaus handle es sich dabei um einen unbehebbaren Mangel, weil die zweitgereihte Bieterin durch eine allfällige Mängelbehebung ihre materielle Wettbewerbsposition erheblich verbessern würde.

 

1.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat die Marktgemeinde X als Auftraggeberin am Verfahren beteiligt. In der Stellungnahme vom 26.4.2010, abgegeben von der vergebenden Stelle, wird festgehalten, dass das in Zweifel gezogene CE-Prüfzeichen sehr wohl auf der Leuchte angebracht gewesen sei und eine Leuchte als Anschauungsmaterial der Auftraggeberin zur Verfügung gestellt worden sei. Die Schutzklasse 2 sei als Option angeboten worden und im Angebot enthalten. In der Ausschreibung sei nicht darauf hingewiesen worden, dass das Fehlen einer ortsbezogenen Musterberechnung zwingend zum Ausscheiden führen würde. Daraus sei abzuleiten, dass bei fehlender Berechnung kein unbe­hebbarer Mangel, sondern ein behebbarer Mangel bestehe, da dem Bieter daraus keinerlei wirtschaftlicher Vorteil entstehe.

 

Aus dem Umstand, dass dem Angebot der X die geforderte Lichtberechnung nicht beigelegen sei, könne daher keine zwingende Ausscheidung abgeleitet werden, da dem Bieter durch eine nachträgliche Nach­reichung der Berechnung kein wirtschaftlicher Vorteil entstehe, da sowohl das Leuchtenfabrikat sowie der Leuchtentyp im Leistungsverzeichnis festgehalten seien. Diesbezüglich sei auch mit dem Bundesvergabeamt Kontakt aufgenommen worden. Des Weiteren sei das von der Firma X eingesetzte Produkt jenes, das dem Planer als Grundlage für die Ausschreibung gedient habe und sich auch als angehängtes Bild in der Ausschreibung wiedergefunden habe. Jedenfalls würden dem Planer die diesbezüglich eigenen, als auch die Berech­nungen des Importeurs der Ruud Leuchten vorliegen, somit könne auch die Ausschreibungskonformität der von der X angebotenen Leuchten bestätigt werden.

 

Zu bemerken sei, dass das von der Antragstellerin angebotene Produkt der Firma X keiner vertieften Angebotsprüfung unterzogen worden sei, da es für eine Zuschlagsentscheidung aus Preisgründen nicht in Frage gekommen sei. Es sei aber davon auszugehen, dass das angebotene Produkt bei einem Lichtpunkt­abstand von 32,6 m, dies sei der maximale Lichtpunktabstand der Anlage, nicht den Forderungen der Beleuchtungsklasse ME5 der ENB 13201 entspreche, da die angegebene Berechnung einen Lichtpunktabstand von 29 m aufweise und dabei gerade so die Beleuchtungsklasse ME5 erreiche.

 

Die aufgezeigten Rechtsverletzungen hätten daher nicht stattgefunden. Unwahr­scheinlich sei, dass Herr X im Zuge der Angebotsöffnung wahrnehmen habe können, dass die Leuchte LSL 30 angeboten würde. Die von den Verkaufs­mitarbeitern der Firma X bei der Messe Light und Building in Frankfurt getätigten Aussagen gegenüber Herrn X bezüglich Schutzklasse II würden nicht als Beweis gewertet werden können, dass diese Schutzklasse II an der LSL 30 nicht ausführbar sei. Dazu würde eine Erklärung der Firma X zu den im Internet herunterladbaren Datenblättern beigelegt.

 

1.3. Mit Eingabe vom 27.4.2010 wurden von der X als präsumtiver Zuschlagsempfängerin Einwendungen erhoben. Begründend wurde ausgeführt, dass das Vorbringen der Antragstellerin, wonach ihr bei der Angebotsöffnung anwesender Mitarbeiter wahrnehmen hätte können, dass von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin in den Positionen 113310C und 113310D das Produkt LSL 30 angeboten worden sei, völlig haltlos sei. Woher die Antragstellerin ihre Informationen über das von der präsumtiven Zuschlags­empfängerin angebotene Produkt habe, wäre daher gesondert zu hinterfragen.

 

Unabhängig davon treffe nicht zu, dass die von der präsumtiven Zuschlags­empfängerin angebotene Leuchte nicht über die in der Ausschreibung geforderte Schutzklasse II verfüge. Der Hersteller dieser Leuchte fertige und liefere diese –  über entsprechenden Kundenwunsch – sehr wohl auch mit Schutzklasse II, wie sich aus dem beiliegenden Datenblatt ergebe. Diese Leuchte erfülle sämtliche geforderten technischen Voraussetzungen, insbesondere auch die Schutz­klasse II, weshalb das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin zu Recht nicht ausgeschieden worden sei.

 

Unzutreffend sei das Vorbringen im Nachprüfungsantrag, wonach das Angebot des zweitgereihten Bieters auszuscheiden gewesen wäre. Die Position 113310 des Leistungsverzeichnisses enthalte die Parameter für den Nachweis der Gleichwertigkeit. Da nach dem Wissensstand der präsumtiven Zuschlagsempfän­gerin die zweitgereihte Bieterin ohnedies die beispielhaft ausgeschriebenen Leuchten angeboten habe, wäre sie sicherlich nicht verpflichtet gewesen, die Gleichwertigkeit der angebotenen Leuchten nachzuweisen. Darüber hinaus bestimme diese Position des Leistungsverzeichnisses keineswegs, dass diese Nachweise für die Gleichwertigkeit bereits in jedem Fall im Leistungsverzeichnis bzw. mit dem Angebot zu erbringen seien. Demzufolge wäre es auch dem zweit­gereihten Bieter ohne weiteres möglich gewesen, die entsprechenden Nachweise über die Gleichwertigkeit auf Verlangen des Auftraggebers nachzubringen, ohne dass das Fehlen des Gleichwertigkeitsnachweises im Angebot einen Ausscheidungsgrund darstellen würde. Aus diesem Grund hätte das Angebot der Antragstellerin selbst dann, wenn das Angebot der präsumtiven Zuschlags­empfängerin auszuscheiden gewesen wäre, keine Chance auf Erhalt des Zuschlages gehabt.

 

1.4. In einem weiteren Schriftsatz vom 6. Mai 2010 bestreitet die Antrag­stellerin die Ausführungen der Auftraggeberin sowie der präsumtiven Zuschlagsempfän­gerin. Aufgrund der Vorbringen der Auftraggeberin sowie der präsumtiven Zuschlagsempfängerin würde außer Streit stehen, dass die Leuchte LSL 30 angeboten worden sei, und würden daher die Wahrnehmungen von Herrn X im Zuge der Angebotsöffnung der Richtigkeit entsprechen.

 

Verwiesen würde nochmals auf Position 00310Z des Lang-LV, wonach festgelegt sei, dass sämtliche elektrischen Betriebsmittel das entsprechende ÖVE-Prüf­zeichen und das CE-Prüfzeichen für die EMV-Verträglichkeit aufweisen müssen.

 

Aus der vorgelegten Erklärung der X X d.o.o., dem Hersteller der angebotenen Leuchten, ergebe sich, dass zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe die angebotene Leuchte noch gar nicht produziert worden sei. Vielmehr würde erst aus Anlass der verfahrensgegenständlichen Ausschreibung als Erst- und Sonder­projekt die Standardtype LSL 30 im Auftragsfall auf Kundenwunsch mit Schutz­klasse II hergestellt.

 

Aus dieser Erklärung ergebe sich also, dass das Angebot der präsumtiven Zu­schlagsempfängerin keinesfalls ausschreibungskonform sei. Für die noch nicht produzierten Leuchten der Schutzklasse II würden kein ÖVE-Prüfzeichen und kein CE-Prüfzeichen samt CE-Konformitätsbescheinigung gemäß der sogenann­ten EU-Niederspannungsrichtlinie vorliegen. Nach Spruchpraxis der Vergabe­kontrollbehörden müssen aber solche Prüfzeichen bereits zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe vorliegen. Demnach würden nachträglich erstellte Prüfzeichen bewirken, dass die betreffenden Angebote nicht vergaberechtskonform seien und daher einen Ausscheidensgrund erfüllen würden. Im Übrigen würden solche ÖVE-Prüfzeichen und CE-Prüfzeichen samt CE-Konformitätsbescheinigung nicht einmal zum gegenwärtigen Zeitpunkt vorliegen; die bis dato vorgelegten – zum Teil auch nach Ende der Angebotsfrist datierenden – Datenblätter würden diese Anforderungen nicht erfüllen.

 

Diese Annahmen würden auch die Ausführungen der vergebenden Stelle vom 26.4.2006 bestätigen, wonach die Schutzklasse II als Option sehr wohl ange­boten worden sei. Da ganz offensichtlich die präsumtive Zuschlagsempfängerin derzeit die angebotene LED-Leuchte LSL 30 in der Standardausführung noch nicht mit Schutzklasse II produziere, sei die Ausführung in Schutzklasse II lediglich als Option angeboten worden, weil dies dem Kundenwunsch der Auf­traggeberin entspreche. Auch die präsumtive Zuschlagsempfängerin selbst bringe ausdrücklich vor, dass es sich bei diesem Modell der angebotenen Leuchte um eine Entwicklung handle. Darüber hinaus bringe die präsumtive Zuschlags­empfängerin vor, dass lediglich über entsprechenden Kundenwunsch eine Herstellung dieser Leuchte mit der Schutzklasse II möglich sei. Zudem habe die präsumtive Zuschlagsempfängerin mit ihrem Schriftsatz zwei verschiedene Datenblätter für die LED-Leuchte vorgelegt. Unklar sei, welcher Typ konkret angeboten worden sei. All dies zeige deutlich, dass das Angebot der präsumtiven Zuschlags­empfängerin nicht ausschreibungskonform sei, weil die zwingenden und be­standsfesten Festlegungen in Position 0030010Z des Lang-LV im Hinblick auf die geforderten ÖVE-Prüfzeichen und CE-Prüfzeichen samt CE-Konformitätsbe­scheinigung nicht erfüllt würden.

 

Zum Ausscheidensgrund des zweigereihten Bieters wird festgehalten, dass der zweitgereihten Bieterin durch die im Angebot fehlende Musterberechnung ein größerer Zeitraum zur Ausarbeitung des Angebotes eingeräumt würde. Dies gelte insbesondere deshalb, weil mit dem Erstellen der Musterberechnungen nicht unerheblicher Aufwand verbunden sei, der innerhalb der knappen Angebotsfrist von weniger als 14 Tagen zu erbringen gewesen sei. Folglich sei die fehlende Musterberechnung nach der Rechtsprechung ein unbehebbarer Angebotsmangel, sodass das Angebot der zweitgereihten Bieterin jedenfalls auszuscheiden gewesen wäre.

 

Nach dem Vorbringen der vergebenden Stelle stehe auch fest, dass die zweitge­reihte Bieterin bis dato keinen Mängelbehebungsauftrag zur Nachreichung dieser Musterberechnung erhalten habe. Ob daher dieser Mangel nach einem ent­sprechenden Mängelbehebungsauftrag von der zweitgereihten Bieterin behoben würde oder überhaupt behoben werden könne, stehe derzeit nicht fest. Folglich sei unklar, ob das Angebot der zweitgereihten Bieterin tatsächlich im Vergabe­verfahren verbleiben dürfe. Dies hänge davon ab, ob die zweitgereihte Bieterin nach einem allfälligen Mängelbehebungsauftrag die geforderte Musterberechnung tatsächlich nachreichen könne. Da dies aufgrund des derzeit noch nicht erfolgten Mängelbehebungsauftrages unklar sei, könne das Angebot der zweitgereihten Bieterin keinesfalls die Unzulässigkeit des Nachprüfungsantrages begründen.

 

Zum Vorwurf der fehlenden Antragslegitimation sei festzuhalten, dass im vorliegenden Fall – wie von der vergebenden Stelle ausdrücklich zugestanden würde – keine entsprechende Angebotsprüfung in Bezug auf das Angebot der Antragstellerin durchgeführt worden sei, und sich daher aus der Aktenlage nicht ergeben könne, das das Angebot auszuscheiden gewesen sei. Die vergebende Stelle äußere ohne inhaltliche Prüfung nur nicht nachvollziehbare Vermutungen, und zwar erstmals im Nachprüfungsverfahren; die Gründe dafür seien allzu leicht zu erkennen. Darüber hinaus würde die Prüfung dieser technischen Frage jedenfalls die Beiziehung eines Sachverständigen erfordern.

 

2. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Vergabeakt der Auftraggeberin sowie durch Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12. Mai 2010, an welcher Vertreter der Antrag­stellerin, der Auftraggeberin und der präsumtiven Zuschlagsempfängerin teilge­nommen haben.

 

2.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

Die Marktgemeinde X führt ein nicht offenes Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung betreffend die Errichtung einer Straßenbeleuchtungs­anlage in der Marktgemeinde X. Das gegenständliche Vorhaben stellt einen Bauauftrag im Unterschwellenbereich dar.

 

Nach der Beschreibung in den Ausschreibungsunterlagen stellt das Bauvorhaben die Auswechslung, Erweiterung der Straßen- bzw. Ortsbeleuchtung in X dar. Die Leistung wird beschrieben in der Demontage von alten Lichtpunkten und gegebenenfalls deren Entsorgung sowie von Setzen neuer Lichtpunkte in bestimmten Bereichen. Dieser Leistungsumfang wird ergänzt durch Liefern und Montieren der Steuerschränke und der Leuchten, Überprüfen der durchgeführten Installation und Erdung sowie Erstellen der Dokumentation sowie der Grabungs- und Wiederherstellungsarbeiten.

 

Die technischen Vorschriften der Position 0310C der Leistungsbeschreibung geben vor, dass die einschlägigen technischen Vorschriften, Normen und sonstigen Bestimmungen in der jeweils neuesten Ausgabe, wie z.B. ÖVE, ICE und DIN einzuhalten sind, soweit in den Spezifikationen und den anderen Vertragsunterlagen nicht anderes vorgesehen ist. Sämtliche zur Verwendung gelangenden elektrischen Betriebs­mittel, Schaltgeräte, Sicherungen, Steckdosen, Leuchten, Klemmen, Verteiler­konstruktionen etc. müssen das entsprechende ÖVE-Prüfzeichen und CE-Prüf­zeichen für die EMV-Verträglichkeit aufweisen.

 

Position 1133 enthält die allgemeinen Beschreibungen für Maste, Leuchten, Zubehör. Position 113310 beschreibt die für die Gleichwertigkeit maßgeb­lichen Parameter. Für den Bereich "lichttechnisch" ist Folgendes festgelegt:

"40W und 60 W Lichtpunkthöhe 7 m – Leuchtenabstand von 28 bis 32 m, Einhaltung der Beleuchtungsklasse ME5 gemäß EN 13201 Teil 1 bis 4. Eine ortsbezogene Musterberechnung gemäß ZN Nr.: 100208-Plan Ortsteil X. dwg zwischen Lichtpunkt H1.1.43 und H2.23 ist beizulegen."

 

In den folgenden Positionen 113310C sowie 113310D werden die Ansatzleuchten LED 40W bzw. 60W folgendermaßen beschrieben:

"LED Mast Ansatzleuchte aus Aluminium-Druckgussgehäuse, Beschichtung des Gehäuses in RAL 9006 (Kundenwunsch). Die Treiber sind in einem getrennten Bereich der Leuchte, die Bauweise ist selbstreinigend aufgebaut, inklusive bewegliches Anbaudrehgelenk, welches sich mindestens von 0 bis 5 Grad in Stufen verstellen lässt.

IP 66, Schutzklasse II, Überhitzungsschutz sich selbst begrenzend, kurzschluss­fest und überlastfest. Spannungsbereich (100 bis 277) +/- 10 %. 6.000 K, verfügbar 50 % Absenkung, asymmetrisch strahlend, der reduzierte Betrieb mittels zweiter Phase; Lebensdauer bei LEDs bei 25 % > 50.000 Stunden;"

 

Als Bieterlücke in diesen Positionen ist vorgesehen, dass vom Bieter das angebotene Fabrikat und der Typ der Leuchte genannt wird.

 

Von insgesamt sechs eingeladenen Bietern wurden innerhalb der Angebotsfrist Angebote abgegeben. Am 16.3.2010 hat die Angebotsöffnung stattgefunden und hat sich folgende Bieterreihung ergeben:

1.     X mit einem Gesamtpreis von 142.006,63 Euro

2.     X mit einem Gesamtpreis von 179.513,00 Euro und

3.     X AG mit einem Gesamtpreis von 191,548,15 Euro.

 

Von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin wurde in keiner der im Leistungsver­zeichnis vorgesehenen Bieterlücken Fabrikat und Type des angebotenen Produktes angeführt. So wurde auch in den Positionen 113310C und 113310D weder ein Fabrikat noch eine Type der angebotenen Leuchten LED 40W und 60W genannt. Auch im Bieterlückenprotokoll des Kurzleistungsverzeichnisses finden sich keine Angaben zum Fabrikat der angebotenen LED-Ansatzleuchten. Dem Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin liegt kein Anschreiben bei und findet sich in den Angebotsunterlagen nur eine Auflistung der abgegebenen Dokumente mit folgenden Positionen:

ausgepriesenes LV

erste und zweite Nachsendung

technische Datenblätter der technischen und dekorativen Leuchten

Energiekostenvergleich

Lichtberechnungen

Subunternehmererklärung.

 

Zu den dem Angebot angeschlossenen technischen Datenblättern ist festzu­halten, dass dieses Datenblatt die hochleistungsfähige LED-Leuchte LSL 30 der Firma X X darstellt. Die beiliegenden technischen Daten gelten für Typen 1800701, 1800703 und 1800705, wobei drei lieferbare Versionen  - ohne Reduzierung, mit 50 % Reduzierung (Verbrauch um 50 % Lichtstrom um 30 %) und dimbar im Bereich 0 bis 100 %  - angegeben sind.

 

Aufgrund des Umstandes, dass von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin keine Angaben in den Bieterlücken hinsichtlich der Ansatzleuchten gemacht wurden, wurde diese mit Schreiben vom 17. März 2010 von der vergebenden Stelle aufgefordert, das Bieterlückenprotokoll neben anderen Unterlagen vorzulegen. Dieser Aufforderung ist die präsumtive Zuschlagsempfängerin nachgekommen und wurde ein mit 26.3.2010 datiertes Bieterlückenprotokoll vorgelegt, in dem ausgewiesen ist, dass in den Positionen 113310C und 113310D das Fabrikat: X Type LSL 30 sowie LSL 30-Sonder angeboten werden.

 

Gemäß dem Angebotsprüfbericht der vergebenden Stelle wurden die einge­reichten Angebotsunterlagen auf Vollständigkeit und formale Richtigkeit sowie rechtsgültige Fertigung der Angebote geprüft. Im Prüfbericht ist festgehalten, dass sowohl von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin als auch der Antrag­stellerin die geforderten Unterlagen zum Angebot, und zwar Leistungsverzeich­nis (rechtsgültig unterfertigt), rechtliche Vertragsbestimmungen (rechtsgültig unterfertigt), Lichtberechnung, Energiekostentabelle (ausgefüllt), erste Nach­sendung (rechtsgültig unterfertigt) und zweite Nachsendung (rechtsgültig unter­fertigt) mit dem Angebot abgegeben wurden.

 

Das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin wurde einer vertieften Ange­botsprüfung unterzogen. Im Prüfbericht ist festgehalten, dass die Ansätze der Kalkulation und die Preisanteile in den Positionen, die einer vertieften Prüfung unterzogen worden sind, plausibel und nachvollziehbar erscheinen. Von der vergebenden Stelle wurde daher vorgeschlagen, der präsumtiven Zuschlags­empfängerin den Zuschlag zu erteilen.

 

Mit Schreiben vom 14. April 2010 wurde den Bietern im Verfahren die Zuschlags­entscheidung zugunsten der präsumtiven Zuschlagsempfängerin unter Bekannt­gabe der Vertragssumme mitgeteilt.

 

2.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin sowie dem Vergabebericht der vergebenden Stelle. Im Zuge der mündlichen Verhandlung wurde vom Vertreter der ver­gebenden Stelle nochmals bestätigt, dass im Angebot der präsumtiven Zuschlags­empfängerin vom 16.3.2010 die Bieterlücken nicht ausgefüllt waren und daher mit Email vom 17.3.2010 die Bieterin aufgefordert wurde, das Bieterlückenprotokoll vorzulegen.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 1 Abs.1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 (Oö. VergRSG 2006) regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesen (Vergabeverfahren), die gemäß Art.14b Abs.2 Z2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.

 

Gemäß Art.14b Abs.2 Z2 lit.a B-VG ist die Vollziehung Landessache hinsichtlich der Vergabe von Aufträgen durch die Gemeinde. Das gegenständliche Nachprüfungsverfahren unterliegt daher den Bestimmungen des Oö. VergRSG 2006.

 

Gemäß § 2 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 obliegt dem Unabhängigen Verwaltungssenat die Gewährung von Rechtsschutz gemäß § 1 Abs.1 leg.cit.

 

3.2.  Nach § 2 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 ist der unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z. 16 lit. a Bundesvergabegesetz 2006, BGBl. I Nr. 17/2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. von der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Gemäß § 3 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 kann ein Unternehmer bzw. eine Unternehmerin bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zur Widerrufserklärung die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern ein Interesse am Abschluss eines den bundesgesetzlichen Bestimmungen auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens unterliegenden Vertrages behauptet wird und durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

 

Gemäß § 7 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 hat der unabhängige Verwaltungssenat eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene gesondert anfechtbare Entscheidung eines Auftraggebers bzw. einer Auftraggeberin mit Bescheid für nichtig zu erklären, wenn

1.    sie oder eine ihr vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung den Antragsteller bzw. die Antragstellerin in dem von ihm bzw. von ihr nach § 5 Abs. 1 Z. 5 geltend gemachten Recht verletzt, und

2.    diese Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.

 

Gemäß § 2 Z16 lit.a sublit.aa BVergG 2006 ist die Zuschlagsentscheidung im offenen Verfahren eine gesondert anfechtbare Entscheidung.

 

Gemäß § 4 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 sind Anträge auf Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung binnen 14 Tagen ab dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller bzw. die Antragstellerin von der gesondert anfechtbaren Entscheidung Kenntnis erlangt hat oder erlangen hätte können, einzubringen.

 

Nach § 4 Abs.2 Z5 Oö. VergRSG 2006 verkürzt sich diese Frist nach Abs. 1 auf sieben Tage bei Durchführung eines Vergabeverfahrens im Unterschwellen­bereich.

 

Der Nachprüfungsantrag vom 21.4.2010 betreffend ein Bauvorhaben im Unterschwellenbereich richtet sich gegen die Zuschlagsentscheidung vom 14.4.2010 und wurde somit rechtzeitig eingebracht.

 

3.3. Gemäß § 6 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 sind Parteien des Nachprüfungsverfahrens jedenfalls der Antragsteller bzw. die Antragstellerin und der Auftraggeber bzw. die Auftraggeberin.

 

Nach § 6 Abs.2 leg. cit. sind Parteien ferner jene Unternehmer bzw. Unternehmerinnen, die durch die vom Antragsteller bzw. von der Antragstellerin begehrte Entscheidung unmittelbar in ihren rechtlich geschützten Interessen nachteilig berührt sein können (Antragsgegner bzw. Antragsgegnerinnen). Insbesondere ist im Fall der Bekämpfung der Zuschlagsentscheidung der für den Zuschlag in Aussicht genommene Bieter bzw. die für den Zuschlag in Aussicht genommene Bieterin Partei.

 

Der in einer Zuschlagsentscheidung für den Zuschlag in Aussicht genommene Bieter bzw. die für den Zuschlag in Aussicht genommene Bieterin verliert gemäß § 6 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 die Parteistellung, wenn er bzw. sie nicht binnen zwei Wochen ab Zustellung der Verständigung über die Einleitung des Nachprüfungsverfahrens (§ 18 Abs. 3) begründete Einwendungen gegen die vom Antragsteller bzw. von der Antragstellerin begehrte Entscheidung erhebt.

 

Die X "X" als präsumtive Zuschlagsempfängerin wurde vom Unabhängigen Verwaltungssenat mit Schreiben vom 21.4.2010 vom gegenständlichen Nachprüfungsantrag verständigt. Mit Schriftsatz vom 27.4.2010 und somit rechtzeitig, wurden von dieser begründete Einwendungen gegen die beantragte Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung erhoben.

 

Zu diesem, bereits oben wiedergegebenen Vorbringen ist festzustellen, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin rechtzeitig ihre nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates ausreichend begründeten subjektiven Interessen dargelegt hat, weshalb sie ihre Parteistellung im Verfahren gewahrt hat.

 

3.4. Zu den Einwänden der fehlenden Antragslegitimation der Antragstellerin, zumal diese als drittgereihte Bieterin nicht für den Zuschlag in Frage komme, ist auf die nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates zutreffenden Ausführungen im Punkt 2.3. des vorbereiteten Schriftsatzes der Antragstellerin vom 6. Mai 2010 zu verweisen. Laut dem von der Auftraggeberin vorgelegten Angebots­prüfbericht hat eine Prüfung des Angebotes der zweitgereihten Bieterin im Sinne der §§ 122ff BVergG 2006 bislang nicht stattgefunden. Einer vertieften Angebots­prüfung wurde bislang nur das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin unterzogen. Gemäß den vorgelegten Unterlagen -  insbesondere ergibt sich dies aus dem Protokoll über die Angebotsöffnung - wurde von der zweitgereihten Bieterin die in den Ausschreibungsunterlagen geforderte Lichtberechnung mit dem Angebot nicht vorgelegt. Zu erwähnen ist, dass die Ausschreibungsunterlagen nicht den Hinweis enthalten, dass die Nichtvorlage der Lichtberechnung mit dem Angebot bereits zum Ausscheiden desselben führt. Unbestritten ist, dass bislang die zweitgereihte Bieterin nicht aufgefordert wurde, die fehlende Lichtberechnung nachzureichen. Aufgrund der nicht durch­geführten Angebotsprüfung sowie der nicht erfolgten Aufforderung zur Nachreichung der Unterlagen, steht zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht fest, ob von der zweitgereihten Bieterin die Lichtberechnung bereits vor Abgabe des Angebotes erstellt wurde und übersehen wurde, diese dem Angebot anzuschließen, oder diese Lichtberechnung zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe nicht erstellt gewesen ist. Da allerdings bislang die zweitgereihte Bieterin nicht zur Nachreichung der Lichtberechnung aufgefordert wurde, kann zum gegen­wärtigen Zeitpunkt nicht beurteilt werden, ob die zweitgereihte Bieterin ein ausschreibungskonformes Angebot eingereicht hat oder einen Ausscheidungs­grund verwirklicht hat. Jedenfalls ist es nicht Aufgabe der Nachprüfungsbehörde, im Nachprüfungsverfahren fehlende Angebots­prüfungen nachzuholen. Die dargestellte Sachlage bedeutet allerdings, dass auch die drittgereihte Antrag­stellerin Chancen auf die Erteilung der Zuschlages hat, weshalb ihr von vornherein aus dem Umstand der Reihung der Bieter nach dem Angebotspreis die Antragslegitimation nicht abgesprochen werden kann.

 

Gleiches gilt auch für den von der vergebenden Stelle im Zuge der mündlichen Verhandlung erhobenen Einwand, dass die von der Antragstellerin vorgelegte Lichtberechnung zeigt, dass die von der Antragstellerin angebotenen Leuchten nicht die Beleuchtungsklasse ME5 bis 32 m einhalten. Die Auftraggeberin, vertreten durch die vergebende Stelle, bringt im Zuge der mündlichen Verhandlung vor, dass das Angebot der Antragstellerin auszuscheiden gewesen wäre. Diese Prüfung der vorgelegten Lichtberechnung wurde durch die vergebende Stelle allerdings erst nach dem Einbringen des Nachprüfungsantrages durch die Antragstellerin durchgeführt. Die Antragstellerin wendet gegen dieses Vorbringen ein, dass sie bislang in die Prüfung der Licht­berechnung nicht einbezogen war und diesbezüglich auch kein Aufklärungser­suchen der vergebenden Stelle eingelangt ist. Festzuhalten ist, dass es sich bei dem von der vergebenden Stelle ins Treffen geführten Angebots­mangel um eine technische Frage und keinen offensichtlichen Angebotsmangel im Angebot der Antragstellerin handelt. Wie die Antragstellerin bereits zutreffend in ihrem vorbereiteten Schriftsatz vom 6. Mai 2010 ausgeführt hat, hat der Verwaltungsgerichts­hof im Erkenntnis vom 18.3.2009, Zl. 2007/04/0095 unter Hinweis auf sein Erkenntnis vom 1.3.2005, Zl. 2003/04/0199 ausgesprochen, dass es nicht Aufgabe der Vergabekontrollbehörde ist, bei der Prüfung der Antragslegitimation die Plausibilität von Bieterangaben zu prüfen, wenn dazu die Heranziehung eines Sachverständigen erforderlich wäre. Der VwGH führt in diesem Erkenntnis weiters aus, dass die Verpflichtung der Behörde, bei Prüfung der Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrages einen von ihr erkannten und vom Auftraggeber nicht aufgegriffenen Ausschließungsgrund heranzuziehen, der Sicherung eines wirksamen und raschen Nachprüfungsverfahrens dient. Diesem Zweck würde es zuwiderlaufen, wenn die Nachprüfungsbehörde verpflichtet wäre, bei der Prüfung der Antragslegitimation auch solche Ausschließungsgründe aufzugreifen, die für sie nicht schon aufgrund der Akten des Vergabeverfahrens ersichtlich sind.

 

Wie bereits erwähnt, ergibt sich aus den von der Auftraggeberin vorgelegten Unter­lagen des Vergabeverfahrens nicht, dass eine technische Überprüfung des Angebots der Antragstellerin durchgeführt worden wäre. Aus den Akten des Vergabeverfahrens ergibt sich daher bislang kein Hinweis auf das Vorliegen eines Ausscheidensgrundes. Die vorgelegte Lichtberechnung kann in objektiver Hinsicht nur durch Beiziehung eines Fachkundigen überprüft werden, sodass zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Feststellung darüber getroffen werden kann, ob dieser Ausscheidensgrund tatsächlich vorliegt. Die Nachprüfungsbehörde ist daher im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht verpflichtet, im Zuge des Nachprüfungs­verfahrens durch technische Detailprüfungen allfällige Ausscheidensgründe aufzugreifen, weshalb im gegenständlichen Fall von einer Antragslegitimation der Antragstellerin auszugehen ist.

 

3.5. Gemäß § 106 Abs.7 BVergG 2006 kann der Bieter, wenn ausnahmsweise gemäß § 98 Abs. 7 und 8 die Ausschreibung eines bestimmten Erzeugnisses mit dem Zusatz "oder gleichwertig" erfolgt, in freien Zeilen (Bieterlücken) des Leistungsverzeichnisses ein gleichwertiges Erzeugnis angeben. Den Nachweis der Gleichwertigkeit hat der Bieter zu führen. Die in den Ausschreibungsunterlagen als Beispiele genannten Erzeugnisse gelten als angeboten, wenn vom Bieter keine anderen Erzeugnisse in die freien Zeilen des Leistungsverzeichnisses eingesetzt wurden. Wenn die vom Bieter genannten Erzeugnisse nach sachverständiger Prüfung den in den Ausschreibungsunterlagen angeführten Kriterien der Gleichwertigkeit nicht entsprechen, gilt das ausgeschriebene Erzeugnis nur dann als angeboten, wenn der Bieter dies in einem Begleitschreiben zum Angebot erklärt hat.

 

Gemäß § 129 Abs.1 Z7 BVergG 2006 hat der Auftraggeber vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung auf Grund des Ergebnisses der Prüfung den Ausschreibungsbestimmungen widersprechende Angebote, Teil-, Alternativ- und Abänderungsangebote, wenn sie nicht zugelassen wurden, nicht gleichwertige Alternativ- oder Abänderungsangebote und Alternativangebote, die die Mindestanforderungen nicht erfüllen, sowie fehlerhafte oder unvollständige Angebote, wenn deren Mängel nicht behoben wurden oder nicht behebbar sind, auszuscheiden.

 

Das von der Auftraggeberin ausgegebene Leistungsverzeichnis listet in den Positionen 113310C und 113310D technische Parameter für die Ansatzleuchten LED 40W bzw. 60W auf, ohne allerdings konkret ein beispielhaftes Erzeugnis zu benennen. Vielmehr wurde von den Vertretern der Auftraggeberin in der mündlichen Verhandlung dargestellt, dass die technischen Parameter von einem Leitprodukt entnommen sind. Das Leitprodukt wurde aber nicht genannt.

 

Fest steht auch, dass von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin in ihrem Angebot die in den erwähnten Positionen vorgegebenen Bieterlücken, die eine Benennung des angebotenen Fabrikats und des Typs vorsehen, nicht ausgefüllt wurden. Erst über Aufforderung durch die Auftraggeberin mit Email am Tag nach der Angebotsöffnung wurde von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin ein Bieterlückenprotokoll datiert mit 26.3.2010 vorgelegt, in dem die angebotene Leuchte mit LSL 30 genannt wird, eine nähere Typenbezeichnung ist in diesem Bieterlückenprotokoll nicht enthalten.

 

Die dem Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin beiliegenden Typenblätter für das Fabrikat LSL 30, welche von der Kommission entgegen § 118 Abs.4 BVergG 2006 bei der Öffnung der Angebote nicht so eindeutig gekennzeichnet wurden, dass ein nachträgliches Auswechseln feststellbar wäre, geben technische Daten für die Typen 1800701, 1800703 und 1800705 sowie für den Typ 500ma wieder. Die Typenblätter enthalten am Ende jeweils den Hinweis, dass drei Versionen lieferbar sind. Aufgrund des Umstandes, dass von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin die Bieterlücken in den Positionen 113310C und 113310D nicht ausgefüllt wurden, lässt sich im Nachprüfungsverfahren anhand der vorliegenden Unterlagen nicht feststellen, welches Fabrikat und insbesondere welcher Typ dieses Fabrikates angeboten wurde.

 

Der Umstand, dass von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin die Bieterlücken nicht ausgefüllt wurden, kann im Sinne des § 106 Abs.7 BVergG 2006 aber nicht dazu führen, dass die den Ausschreibungsunterlagen zugrunde liegenden Erzeugnisse als angeboten gelten, zumal in den Ausschreibungsunterlagen nur technische Parameter eines Produkts aufgelistet wurden, ohne dieses Produkt allerdings zu nennen. Die Rechtsfolge des § 106 Abs.7 BVergG 2006, wonach die ausgeschriebenen Erzeugnisse als angeboten gelten, falls die Bieterlücken nicht ausgefüllt werden, kann daher im gegenständlichen Fall nicht eintreten.

 

Das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin weist daher einen Mangel auf. Fehlerhafte Angebote sind gemäß § 129 Abs.1 Z 7 BVergG 2006 dann auszuscheiden, wenn deren Mangel nicht behoben wurde oder nicht behebbar ist.

 

Nach der mittlerweile ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Mängel als unbehebbar zu qualifizieren, die nach Angebotsöffnung zu einer Änderung der Wettbewerbsstellung der Bieter führen können. Bei der Abgrenzung zwischen behebbaren und unbehebbaren Mängeln ist nach der Rechtsprechung des VwGH darauf abzustellen, ob durch eine Mängelbehebung die Wettbewerbsstellung des Bieters gegenüber seinen Mitbewerbern (wenn auch nur mittelbar) materiell verbessert würde.

 

Die gegenständliche Ausschreibung legt fest, dass neben dem Fabrikat auch der Typ des angebotenen Produktes anzugeben ist. Die übermittelten Datenblätter nehmen aber insgesamt auf vier Typen der Leuchte LSL 30 Bezug. Mangels Benennung der konkreten Type könnte daher die präsumtive Zuschlagsempfängerin nach Angebotsöffnung und in Kenntnis ihrer Wettbewerbsposition festlegen, welcher Typ konkret ihrem Angebot zugrunde liegt. Dies bedeutet allerdings eine materielle Verbesserung ihrer Wettbewerbsstellung, da sie nach Angebotsöffnung noch reagieren könnte. Die in den Bieterlücken zu nennenden Fabrikate und Typen bestimmen die Qualität und damit auch den Wert des Angebotes und sind deswegen bereits zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe zu nennen. Insofern ist gegenständlich im Nichtausfüllen der Bieterlücken ein unbehebbarer Mangel zu sehen und wäre daher das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin auszuscheiden gewesen.

 

Einem Angebot, welches auszuscheiden ist, kann wirksam auch kein Zuschlag erteilt werden. Die Zuschlagsentscheidung der Auftraggeberin vom 14. April 2010 steht daher im Widerspruch zu den Bestimmungen des § 130 Abs.1 BVergG 2006, wonach den Angeboten, die nach dem Ausscheiden übrig bleiben, der Zuschlag gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot oder dem Angebot mit dem niedrigsten Preis zu erteilen ist. Da die Rechtswidrigkeit von Bedeutung für den Verfahrensausgang ist, war die Zuschlagsentscheidung für nichtig zu erklären.

 

4. Gemäß § 23 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 hat der Antragsteller bzw. die Antragstellerin, der bzw. die vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat wenn auch nur teilweise obsiegt, Anspruch auf Ersatz der gemäß § 22 entrichteten Gebühren durch den Auftraggeber bzw. die Auftraggeberin.

 

Gemäß § 23 Abs.2 Oö. VergRSG 2006 besteht ein Anspruch auf Ersatz der Gebühren für einen Antrag auf einstweilige Verfügung nur dann, wenn dem Nachprüfungsantrag (Hauptantrag) stattgegeben wird und dem Antrag auf einstweilige Verfügung stattgegeben wurde.

 

Von der Antragstellerin wurden 900 Euro an Pauschalgebühren geleistet. Davon entfallen 600 Euro auf den Hauptantrag und 300 Euro auf den Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung.

 

Da dem Nachprüfungsantrag stattzugeben war und mit Erkenntnis vom 27.4.2010, VwSen-550523/6, im gegenständlichen Verfahren über entsprechenden Antrag eine einstweilige Verfügung erlassen wurde, sind die gesetzlichen Voraussetzungen des § 23 Abs.1 bzw. Abs.2 Oö. VergRSG 2006 für die Zuerkennung des Gebührenersatzes erfüllt, weshalb der Kostenersatz zuzuerkennen war.

 

5. Im gegenständlichen Verfahren sind für die Antragstellerin Stempelgebühren in der Höhe von 49,40 Euro und für die X "X" für die Eingabe vom 27.4.2010 Stempelgebühren in Höhe von Euro 13,20 angefallen. Entsprechende Zahlscheine liegen bei.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger 

 

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