Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252224/32/Py/Hu

Linz, 06.05.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des x, vertreten durch x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 30. Juli 2009, GZ: Sich96-505-2007-KG, wegen einer Übertretung nach dem Ausländerbeschäftigungs­gesetz (AuslBG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 25. März 2010 zu Recht erkannt:

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  § 66 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 30. Juli 2009, GZ: Sich96-505-2007-KG, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw)  wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl.Nr. 218/1975 sowie § 9 Abs.1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG) eine Geldstrafe in Höhe von 1.500 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 110 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 150 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben als unbeschränkt haftender Gesellschafter der x mit dem Sitz in x verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass die x am 15.10.2007 um ca. 11.00 Uhr in x den türkischen Staatsbürger x mit Dachdeckertätigkeit in verschmutzter Arbeitskleidung auf der Baustelle 'Lagerhaus' in x, unberechtigt beschäftigt hat, da weder Ihnen für diese Beschäftigung eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde, noch die Beschäftigten eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine 'Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt' oder einen 'Daueraufenthalt – EG' oder einen Niederlassungsnachweis besaßen."

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe der Rechtsgrundlagen und des Verfahrensganges an, dass sich schon aus dem Wortlaut der dem Bw vom Arbeitsmarktservice ausgestellten Bestätigung vom 17. September 2001 ergebe, dass sich diese Bestätigung, wonach Herr x nicht dem Geltungsbereich des Ausländerbeschäftigungsgesetzes unterliegt, lediglich auf den Zeitpunkt der Ausstellung bezieht. Diese arbeitsmarktrechtliche Befreiung habe Herr x mit der Scheidung der Ehe verloren. Darüber hinaus habe er zum Zeitpunkt der Kontrolle über kein Aufenthaltsrecht nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz verfügt, sondern sei lediglich als Asylwerber vorgemerkt. Da sein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet lediglich vorübergehend war, könnten die Rechte des Assoziationsabkommens nicht herangezogen werden, weshalb die Beschäftigung zum Zeitpunkt der Kontrolle unrechtmäßig war.

 

Zur verhängten Strafhöhe wird festgehalten, dass als mildernd die Unbescholtenheit des Bw gewertet werde, erschwerende Umstände seien nicht festgestellt worden.

 

2. Dagegen wurde rechtzeitig vom Bw im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung Berufung erhoben und vorgebracht, dass Herr x über Jahre hinweg dem regulären Arbeitsmarkt angehörte und ihm damit die Rechte nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei Nr. 1/80 zukommen. Dies deshalb, da er mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet war und ihm aufgrund dessen auch eine Bestätigung des Arbeitsmarktservices Linz ausgestellt wurde, wonach er keiner Beschäftigungsbewilligung bedarf. Während des Zeitraumes, in dem er mit der österreichischen Staatsbürgerin verheiratet war, sei ihm auch ein unmittelbar auf EU-Recht basierendes Niederlassungsrecht zugekommen, sodass er in Österreich legal aufhältig und nicht nur zur vorübergehenden Aufenthalt aufgrund des Asylverfahrens berechtigt war. Das Asylverfahren wurde im Übrigen bereits mit Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 22.1.2004 rechtskräftig negativ abgeschlossen.

 

In der Berufung wird weiter ausgeführt, dass sich Herr x beim AMS Perg erkundigt habe, ob er weiter arbeiten dürfe, was ihm bestätigt wurde. Erst im Zuge der Kontrolle vom 15. Oktober 2007 sei dem Bw bekannt geworden, dass Herr x auch eine Niederlassungsbewilligung benötigt hätte. Abgesehen davon, dass Herr x ohnehin in den Anwendungsbereich des Assoziationsabkommens falle, treffe den Bw auch keinerlei Verschulden bzw. lediglich ein geringes Verschulden, sodass auch im Hinblick auf die Bestimmung des § 21 VStG gegenständliches Straferkenntnis nicht hätte erlassen werden müssen.

 

3. Die belangte Behörde legte die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat mit Schreiben vom 28. August 2009 zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist dieser zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht, Einholung einer Stellungnahme des Arbeitsmarktservices Perg, Einsicht in den fremdenpolizeilichen Akt der BH Perg betreffend Herrn x, x sowie Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 25. März 2010. An dieser nahmen der Bw mit seinem Rechtsvertreter teil. Die belangte Behörde ließ sich für die Verhandlung entschuldigen, seitens der ordnungsgemäß geladenen Organpartei nahm kein Vertreter / keine Vertreterin an der Verhandlung teil. Als Zeuge wurde Herr x einvernommen. Die ebenfalls zur Verhandlung geladene Zeugin x ließ sich aus Krankheitsgründen entschuldigen, der geladene Zeuge x hat die an ihn gerichtete Ladung nicht behoben. Zudem wurde am 22. April 2010 ein Versicherungsdatenauszug betreffend Herrn x, Vers.Nr. x, eingeholt.

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Bw war zum Tatzeitpunkt handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma x.

 

Am 15. Oktober 2007 beschäftigte die Firma x den türkischen Staatsbürger x, geb. am x. Der Ausländer wurde anlässlich einer Kontrolle nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz bei Dachdeckerarbeiten angetroffen.

 

Herr x stellte erstmals am 4. Oktober 1995 als Minderjähriger im Wege der österreichischen Botschaft in Ankara einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltsrechts. Dieser Antrag wird mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 28. August 2001 abgelehnt.

 

Mit Schreiben vom 17.9.2001 bestätigte das Arbeitsmarktservice Linz Herrn x, dass er zum Zeitpunkt der Ausstellung dieser Bestätigung aufgrund § 1 Abs.2 lit.l AuslBG nicht dem Geltungsbereich des Ausländerbeschäftigungsgesetzes unterliegt und daher keine dort vorgesehenen Berechtigungen für die Arbeitsaufnahme im Bundesgebiet braucht. In der Folge war Herr x ab 12. Februar 2002 – unterbrochen von kurzen Zeiten in denen Arbeitslosengeld bezogen wurde – durchgehend in Österreich als Arbeiter bei verschiedenen Unternehmen beschäftigt.

 

Am 11. Dezember 2001 schloss Herr x vor dem Standesamt Mauthausen, eingetragen im Familienbuch unter Nr. x, mit der österreichischen Staatsangehörigen x eine Ehe, die mit Beschluss des Bezirksgerichtes Linz vom 14. November 2006, x gemäß § 55a EheG einvernehmlich geschieden wurde.

 

Im Verfahren konnte nicht zweifelsfrei geklärt werden, ob es sich bei der von Herrn x mit Frau x eingegangenen Ehe lediglich um eine Scheinehe handelte.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt, dem fremdenpolizeilichen Akt der Bezirkshauptmannschaft Perg zu x und dem Ergebnis der mündlichen Berufungsverhandlung vom 25. März 2010.

 

Aus dem fremdenpolizeilichen Akt betreffend Herrn x ist ersichtlich, dass das Vorliegen einer Scheinehe sowohl von Herrn x als auch von Frau x immer bestritten wurde. Die Fremdenbehörden stützen ihre Entscheidung im wesentlichen auf die, ebenfalls im Akt einliegenden Zeugenaussagen, wonach Frau x für das Eingehen der Ehe eine finanzielle Gegenleistung erhalten hat. Das gegen Herrn x aufgrund der Annahme einer Scheinehe erlassene Aufenthaltsverbot wurde – nach Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes – mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für Oberösterreich vom 1. September 2006, St 136/03, behoben, die rechtskräftige Feststellung, wonach es sich bei der gegenständlichen Ehe um eine Scheinehe gehandelt hat, lag somit nicht vor, zumal auch die Ehe nicht für nichtig erklärt, sondern mit Beschluss des Bezirksgerichtes Linz vom 14. November 2006 einvernehmlich geschieden wurde.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat versuchte daher diese als Vorfrage für die Inanspruchnahme von Rechten aus dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei zu beurteilende Sachlage im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung zu klären. In dieser bestätigte sowohl der einvernommene Bw als auch der unter Wahrheitspflicht einvernommene Zeuge x, dass es sich bei der zwischen Herrn x und Frau x eingegangenen Ehe nicht um eine Scheinehe gehandelt hat. Diese Angaben bestätigte auch Frau x anlässlich ihrer Einvernahme am 6. März 2002 vor der Bundespolizeidirektion Linz. Dem gegenüber stehen die im fremdenpolizeilichen Akt einliegenden Zeugenaussagen, wonach Frau x für das Eingehen der Ehe eine finanzielle Gegenleistung erhalten hat und die Ehe zum Zweck der Erreichung eines entsprechenden Aufenthaltsstatus für Herrn x geschlossen wurde. Eine Befragung zu diesem Widerspruch war jedoch trotz ordnungsgemäßer Ladung der Zeugen x im Rahmen des Berufungsverfahrens nicht möglich.

 

5. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 1 Abs.2 lit.l des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG), BGBl.Nr. 218/1975 idF BGBl.I/Nr. 101/2005, sind die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes nicht anzuwenden auf freizügigkeitsberechtigte EWR-Bürger, deren drittstaatsangehörige Ehegatten und Kinder (einschließlich Adoptiv- und Stiefkinder), die noch nicht 21. Jahre alt sind oder denen der EWR-Bürger oder der Ehegatte Unterhalt gewährt, sowie drittstaatsangehörigen Eltern des EWR-Bürgers und seines Ehegatten, denen der EWR-Bürger oder der Ehegatte Unterhalt gewährt, sofern sie zur Niederlassung nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl.I/Nr. 100/2005, berechtigt sind.

 

Gemäß § 4c AuslBG ist für türkische Staatsangehörige eine Beschäftigungsbewilligung von Amts wegen zu erteilen oder zu verlängern, wenn sie die Voraussetzungen nach Art. 6 Abs.1 erster und zweiter Unterabsatz oder nach Art. 7 erster Unterabsatz oder nach Art. 7 letzter Satz oder nach Art. 9 des Beschlusses des Assoziationsrates EWG-Türkei, ARB-Nr. 1/1980 erfüllen.

 

Gemäß § 4c Abs.2 ist türkischen Staatsangehörigen von Amts wegen ein Befreiungsschein auszustellen oder zu verlängern, wenn sie die Voraussetzungen nach Art. 6 Abs.1 dritter Unterabsatz oder nach Art. 7 zweiter Unterabsatz des ARB-Nr. 1/1980 erfüllen.

 

Art. 6 des Beschlusses Nr. 1/1980 des Assoziationsrates über die Entwicklung der Assoziation vom 19.9.1980 (Assoziationsratsbeschluss EWR – Türkei – ARB 1/1980) legt fest wie folgt:

 

Vorbehaltlich der Bestimmungen in Art. 7 über den freien Zugang der Familienangehörigen zur Beschäftigung hat der türkische Arbeitnehmer, der dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedsstaates angehört, in diesem Mitgliedsstaat

-         nach einem Jahr ordnungsgemäßer Beschäftigung Anspruch auf Erneuerung seiner Aufenthaltserlaubnis bei dem gleichen Arbeitgeber, wenn er über einen Arbeitsplatz verfügt;

-         nach drei Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung – vorbehaltlich des den Arbeitnehmern aus den Mitgliedsstaaten der Gemeinschaft einzuräumenden Vorrangs – das Recht, sich für den gleichen Beruf bei einem Arbeitgeber seiner Wahl auf ein unter normalen Bedingungen unterbreitetes und bei den Arbeitsämtern dieses Mitgliedsstaates eingetragenes Stellenangebot zu bewerben;

-         nach vier Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung freien Zugang zu jeder von ihm gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis.

 

Gemäß § 49 Abs.1 Fremdengesetz 1997, BGBl. I Nr. 75/1997 idF BGBl. I Nr. 100/2005 genießen Angehörige von Österreichern gemäß § 47 Abs.3, die Staatsangehörige eines Drittstaates sind, Niederlassungsfreiheit; für sie gelten, sofern im Folgenden nicht anderes gesagt wird, die Bestimmungen für begünstigte Drittstaatsangehöriger nach dem ersten Abschnitt. Solche Fremde können Anträge auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung im Inland stellen. Die Gültigkeitsdauer der ihnen die beiden ersten Male erteilten Niederlassungsbewilligung beträgt jeweils ein Jahr.

 

Gemäß § 81 Abs.1 des Bundesgesetzes über die Niederlassung und den Aufenthalt in Österreich (Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz – NAG) sind Verfahren auf Erteilung von Aufenthalts- und Niederlassungsberechtigungen, die bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes (gemäß § 82 Abs.1 leg.cit. mit 1. Jänner 2006) anhängig sind, nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu Ende zu führen.

 

Gemäß § 38 AVG, der gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsverfahren anzuwenden ist, ist die Behörde, sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfrage von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Behörde bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

5.2. Im gegenständlichen Straferkenntnis wird dem Bw die unberechtigte Beschäftigung des türkischen Staatsangehörigen x am 15. Oktober 2007 durch die Firma x zur Last gelegt. In der dazu eingebrachten Berufung führt der Bw aus, dass Herrn x die Rechte nach dem Assoziationsratsbeschluss (ARB) zukommen und seine Beschäftigung somit rechtmäßig war.

 

Herr x ehelichte am 11. Dezember 2001 die österreichische Staatsangehörige x. Diese Ehe wurde mit Beschluss des Bezirksgerichtes Linz vom 14. November 2006 rechtskräftig durch einvernehmliche Scheidung aufgelöst.

 

Mit Schreiben vom 17. September 2001 bestätigte das Arbeitsmarktservice Linz Herrn x, dass er vom Geltungsbereich des Ausländerbeschäftigungsgesetzes ausgenommen ist und für die Arbeitsaufnahme im Bundesgebiet keine der dort vorgesehenen Berechtigungen benötigt.

 

In der Folge war Herr x jedenfalls seit 12. Februar 2002 in Österreich bei verschiedenen Unternehmen – ausgenommen kurze Zeiten, in denen Arbeitslosengeld bezogen wurde – beschäftigt.

 

Aufgrund des Verdachts des Vorliegens einer Scheinehe wurde von der Bezirkshauptmannschaft Perg am 5. Mai 2003 über Herrn x ein befristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Der dagegen eingebrachten Berufung wurde seitens der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich mit Bescheid vom 25. September 2003 keine Folge gegeben. Gegen diesen Bescheid brachte Herr x eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ein, dem mit Beschluss vom 28. Oktober 2003 die aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde. Am 30. November 2005 behob der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion, woraufhin mit Bescheid vom  1. September 2006, St 136/03, seitens der Sicherheitsdirektion Oberösterreich der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 5. März 2003, mit dem ein mit fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot über Herrn x für das Bundesgebiet der Republik Österreich erlassen wurde, behoben wurde.

 

Im Ergebnis ergibt sich somit, dass zu keinem Zeitpunkt das Vorliegen einer Scheinehe zwischen Herrn x und Frau x rechtskräftig bestätigt wurde, sondern die Ehe erst am 14. November 2006 einvernehmlich aufgelöst wurde. Das Vorliegen einer Scheinehe war daher im vorliegenden Fall vom Unabhängigen Verwaltungssenat als Vorfrage zu beurteilen, da dies für die Beurteilung der Frage, ob die von Herrn x während der Dauer seiner Ehe erworbenen Beschäftigungszeiten im Rahmen einer gesicherten Position auf dem österreichischen Arbeitsmarkt erlangt wurden und ihm somit die Rechte im Sinn des Assoziationsratsbeschlusses zukommen, von wesentlicher Bedeutung ist.

 

Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens konnte – trotz eingehender Würdigung aller für die Frage heranzuziehenden Beweismittel – nicht zweifelsfrei festgestellt werden dass Herr x und Frau x lediglich eine Scheinehe eingingen. Für den Tatbestand einer Aufenthaltsehe ist maßgeblich, ob der Fremde die Ehe in missbräuchlicher Absicht geschossen und mit dem Ehepartner ein gemeinsames Familienleben iSd Art. ( MRK nie geführt hat (vgl. VwGH v. 3.4.2009, 2008/22/0596). Auch aus dem Beschluss über die einvernehmlich Scheidung kann nicht abgeleitet werden, dass keine Scheinehe vorgelegen ist (vgl. VwGH v. 24.9.2009, 2007/18/0674). Zwar spricht insbesondere die im fremdenpolizeilichen Akt einliegende Aussage des Zeugen x für das Vorliegen einer Scheinehe, jedoch gaben sowohl Frau x selbst als auch Herr x an, es habe sich um eine Liebesheirat gehandelt und sei ein gemeinsames Familienleben geführt worden. Diese Angaben wurden von Herrn x als unter Wahrheitspflicht einvernommene Zeuge in der mündlichen Berufungsverhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ausdrücklich bestätigt. Auch die im fremdenpolizeilichen Akt einliegenden Berichte der in der Wohnung Nachschau haltenden Beamten der Bundespolizeidirektion Linz aus dem Jahr 2002 konnten diesbezüglich keine eindeutige Klarheit schaffen.

 

Das Vorliegen einer Scheinehe konnte daher im Rahmen des Berufungsverfahrens nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden. Zwar sind die von den Fremdenbehörden vorgenommenen Verfahrensschritte nachvollziehbar und durch entsprechende Beweismittel unterlegt, der Unabhängige Verwaltungssenat konnte jedoch aufgrund der ihm im vorliegenden Verwaltungsstrafverfahren zur Verfügung stehenden Beweismittel nicht mit der für eine Verurteilung des Bw ausreichenden Sicherheit vom Vorliegen einer Scheinehe zwischen Herrn x und Frau x ausgehen, weshalb im Zweifel davon auszugehen ist, dass die während seiner aufrechten Ehe mit einer Österreicherin von Herrn x erworbenen Beschäftigungszeiten seine Ansprüche nach dem Assoziationsratsbeschluss EWR-Türkei rechtfertigen.

 

Im Hinblick auf die Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs.2 EMRK, wonach bis zum gesetzlichen Nachweis seiner Schuld vermutet wird, dass der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist, war daher mangels ausreichender Beweise für einen Schuldspruch des Bw spruchgemäß zu entscheiden.

 

6. Da die Berufung Erfolg hatte, waren die Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat gemäß § 65 VStG dem Bw nicht aufzuerlegen. Aufgrund der Aufhebung der verhängten Strafe entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Andrea Panny

 

 

 

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