Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-310389/2/Kü/Ba

Linz, 23.04.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung des Herrn X, X, vom 12. Jänner 2010 gegen Spruch­punkt 1) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 30. Dezember 2009, UR96-100-2008, wegen Übertretung des Abfallwirtschafts­gesetzes 2002  zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straf­erkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z 3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: § 66 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Im Spruchpunkt 1) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 30. Dezember 2009, UR96-100-2008, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 79 Abs.2 Z 11 iVm § 43 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) und Spruchabschnitt III B), Punkt 5. des Bescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 17.12.2004, UR-305524/30-2004-Js/La, eine Geldstrafe von    1.800 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 84 Stunden verhängt.

 

Diesem Straferkenntnis lag folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das gem. § 9 Abs. 1 VStG.1991 zur Vertretung nach außen berufene verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche Organ der X GmbH mit Sitz in X, X, Gde. X, diese ist Betreiberin einer Biogasanlage auf den Grundstücken Nr. X und X, KG. X, Gemeinde X, nicht dafür Sorge getragen, dass die Vorschriften des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (AWG 2002) eingehalten wurden.

Im Rahmen der Anlagenüberprüfung am 10.04.2007 wurden mehrere Mängel festgehalten.

1)    Mit Schreiben des Amtes der OÖ. Landesregierung, Umweltrechtsabteilung, vom 21.05.2007, ZI. UR-2006-3660/34-MA, wurde die Nachreichung des messtechnischen Nachweises bis spätestens 18.06.2007 - wie in Spruchabschnitt III B), Punkt 5., des Bescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 17.12.2004, ZL. UR-305524/30-2004-Js/La, vorgeschrieben - aufgetragen. Dieser messtechnische Nachweis wurde bis heute nicht vorgelegt."

 

2. Dagegen richtet sich die fristgerecht vom Bw eingebrachte Berufung, mit der begründend ausgeführt wird, dass bereits bei einer Vorsprache darauf hingewiesen worden sei, dass alle Befunde bei der Biogasanlage aufliegen würden. In der Beilage wurde nochmals eine Kopie der Lärmmessung mit der Beurteilung der Messergebnisse der ÖNORM S 5400 und der ÖNORM S 5007 vorgelegt. Hingewiesen wurde auf das Ergebnis der Lärmmessung, das ausführt, dass die im Bescheid UR-305524-Js/La vom 17.12.2004 geforderten Grenzwerte in allen Belangen unterschritten würden. Zum Erreichen der erforderlichen Werte seien die Rührwerke mit Lärmschutzwänden eingehaust.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit Schreiben vom 20. Jänner 2010 die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht­nahme. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.2 VStG entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit der Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 79 Abs.2 Z 11 AWG 2002 begeht eine Verwaltungsübertretung – sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungs­strafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist – wer die gemäß § 43 Abs.4, § 44, § 54 Abs.2 oder § 58 Abs.2 vorgeschriebenen Auflagen, Bedingungen oder Befristungen oder die Auflagen, Bedingungen oder Befristungen der gemäß § 77 übergeleiteten Bescheide oder die gemäß § 48 Abs.1 vorgeschriebenen Befristungen nicht einhält, die mit Geldstrafe von 360 bis 7.270 Euro zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 1.800 Euro bedroht.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1)  die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2)  die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden  Punkt  1)  anlangt,   sind  entsprechende,   dh,   in  Beziehung  zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht   etwa   durch   bloße   paragraphenmäßige   Zitierung   von   Gebots-   oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares   Festhalten   der   Identität  der  Tat)   muss   im   Spruch   des Straferkenntnisses   dem    Beschuldigten   die   Tat    insoweit   in    konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

5.2. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 17. De­zember 2004, UR-305524/30-2004, wurde der X GmbH, X, die abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Biogasanlage auf näher bezeichneten Grundstücken der KG. X in der Gemeinde X erteilt. Unter III B) Nebenbestimmungen aus Sicht der Schalltechnik wurden in den unter Punkten 1. bis 4. maximale Schall­druckpegel bei bestimmten Anlagenkomponenten vorgeschrieben. Unter Punkt 5. wurde festgehalten, dass über die Einhaltung der in den Auflagenpunkten 1. bis 4. gestellten Forderungen ein messtechnischer Nachweis durch eine dafür befugte Prüfanstalt zu erstellen ist und dieser Bericht der Behörde unaufgefordert und unverzüglich, längstens jedoch binnen drei Monaten nach der Inbetriebnahme vorzulegen ist.

 

Im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (z.B. 20.9.1994, 94/04/0041, 26.4.1994, 93/04/0244, u.a.) entspricht ein Bescheid, der in Ansehung der einen Teil des Straftatbestandes bildenden Auflagen des Betriebsanlagenge­nehmigungs­bescheides keine wörtliche Anführung enthält, durch die schon aus dem Spruch die Zuordnung des Tatverhaltens und zwar der Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, insofern nicht dem Sprucherfordernis des § 44a Z 1 VStG. Der bloße Hinweis auf ziffernmäßig bezeichnete Auflagen des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides ist nicht als ausreichend anzusehen, da sich die entsprechende Tatzuordnung in Ansehung der in Betracht kommenden Tatbestandsmerkmale aus dem Spruch des Straferkenntnisses – unabhängig von in diesem Zusammenhang erforderlichen Begründungsdarlegungen – selbst ergeben muss.

 

Der Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses enthält ausschließlich den Hinweis auf Spruchabschnitt III B) 5. des näher bezeichneten Bescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich, ohne jegliche Beschreibung des Regelungsinhaltes dieser Nebenbestimmung und somit auch keine entsprechende Tatzuordnung in Ansehung der in Betracht kommenden Tatbestandsmerkmale. Auch der Hinweis auf das Schreiben des Amtes der Oö. Landesregierung, Umweltrechtsabteilung, vom 21.5.2007, Zl. UR-2006-3660/34-MA, im Spruchab­schnitt ändert an dieser Tatsache nichts, da dem Bw eine Verwaltungsüber­tretung gemäß § 79 Abs.2 Z 11 AWG 2002 und somit die Nichteinhaltung einer näher bezeichneten Auflage angelastet wird. Durch die rein ziffernmäßig erfolgte Zitierung der entsprechenden vom Bw nicht eingehaltenen Auflage, erfolgt in Ansehung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keine den Sprucherforder­nissen des § 44a Z 1 VStG genügende Tatanlastung.

 

In diesem Zusammenhang ist auch zu bemerken, dass sich aus dem Akteninhalt ergibt, dass vom Bw bereits im Rahmen der Beschuldigteneinvernahme am 6. Oktober 2008 ein vom Technischen Büro für Energietechnik, Dipl.Ing. X erstellter Bericht über Lärmemissionsmessung bei der Biogasanlage der X GmbH in X in X, vorgelegt wurde. Von der Behörde erster Instanz wurde die mit dem Bw aufgenommene Niederschrift samt der Beilage dem Landeshauptmann von Oberösterreich mit Schreiben vom 20. Februar 2009 vorgelegt. Der Vorwurf im Spruchpunkt 1) des gegenständ­lichen Straferkenntnisses, wonach ein messtechnischer Nachweis bis dato, somit bis zum Datum des Straferkenntnisses 30.12.2009 nicht vorgelegt worden sei, entspricht somit gemäß der Aktenlage nicht den Tatsachen. Unabhängig davon ist die Frage, ob durch den vorgelegten Bericht über die Lärmemissionsmessung vollinhaltlich den Auflagepunkten III C) 1. bis 4. des abfallwirtschaftsrechtlichen Genehmigungsbescheides vom 17.12.2004 im Hinblick auf vom beigezogenen Amtssachverständigen zur Erklärung des Berichtes noch erforderliche Beschreibungen entsprochen wurde oder nicht.

 

Abschließend ist zu erwähnen, dass von der Bezirkshaupt­mannschaft Vöcklabruck bereits mit Straferkenntnis vom 9. Februar 2009, Zl. UR96-107-2008, gegen den Bw wegen Nichterfüllung des gleichen Auflage­punktes eine Geldstrafe ausgesprochen wurde, welche im Zuge des Berufungs­verfahrens vom Unabhängigen Verwaltungssenat mit Erkenntnis vom 10. Juli 2009, VwSen-310373/10, in eine Ermahnung umgewandelt wurde. Mithin steht fest, dass der Bw wegen Nichtvorlage des geforderten messtechnischen Nach­weises über die Einhaltung der Auflagen aus Sicht der Schalltechnik bereits rechtskräftig bestraft wurde. Im Hinblick auf das Datum dieses erstinstanz­lichen Straferkenntnisses vom 9. Februar 2009 ist jedenfalls eine Erfassungswirkung bezogen auf eine zur Last gelegte Nichtvorlage des gleichen messtechnischen Nachweises gegeben. Auch auf diesen Umstand wird im gegenständlichen Straf­erkenntnis bezogen auf eine vorwerfbare Tatzeit in keiner Weise Rücksicht genommen.

 

Insgesamt ist somit davon auszugehen, dass der Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses nicht den Anforderungen des § 44a Z 1 VStG entspricht sowie im Hinblick auf den – im Übrigen nicht näher beschriebenen Tatzeitraum – von einer Doppelbestrafung des Bw auszugehen ist. In diesem Sinne war daher der Berufung Folge zu geben, das gegenständliche Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte und das Strafverfahren eingestellt wurde, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum