Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164965/8/Ki/Gr

Linz, 04.05.2010

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des X, vom 16. März 2010 gegen den Bescheid (Ermahnung) der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 23. Februar 2010, VerkR96-54452-2009, wegen einer Übertretung der StVO 1960 nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 4. Mai 2010 durch Verkündung zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, der angefochtene Bescheid wird behoben und das Verfahren eingestellt.

 

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I: §§ 24, 45 Abs.1 Z.1 und 51 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG

Zu II: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1.  Mit Bescheid vom 23. Februar 2010, VerkR-96-54452-2009, hat die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 10. November 2009 um 15:30 Uhr in der Gemeinde X im X eine Straße zu anderen Zwecken als solchen des Straßenverkehrs benutzt, obwohl er dafür keine Bewilligung der Behörde besessen habe. Er habe Gemüsecontainer aufgestellt, wobei der Gehweg auf der X unbenutzbar war. Er habe dadurch § 82 Abs.1 StVO 1960 verletzt.

Gemäß § 21 VStG wurde jedoch von der Verhängung einer Strafe abgesehen und eine Ermahnung erteilt.

 

1.2. Der Rechtsmittelwerber hat durch einen Vertreter am 16. März 2010 mündlich bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land Berufung erhoben und bestritten, die Gemüsecontainer aufgestellt zu haben. Er ersuche daher das Verfahren einzustellen.

 

2.1 Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 29. März 2010 vorgelegt.

 

2.2. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ist gemäß § 51 Abs.1 VStG gegeben. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das laut Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

2.3. Die Berufung wurde innerhalb der 2-wöchigen Rechtsmittelfrist bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land eingebracht und sie ist daher rechtzeitig.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 4. Mai 2010. An dieser Verhandlung hat lediglich ein Vertreter des Berufungswerbers -  die Vollmacht wurde bei Beginn der Verhandlung vorgelegt – teilgenommen. Die belangte Behörde hat sich entschuldigt, der als Zeuge geladene Meldungsleger ist nicht erschienen. Laut Auskunft der Polizeiinspektion St. Florian (E-Mail vom 4. Mai 2010) hat sich der Polizeibeamte am 3. Mai um 07:00 Uhr vorerst auf unbestimmte Zeit wegen Erkrankung dienstunfähig gemeldet.

 

Aus dem vorliegenden Akt ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde liegt:

 

Laut Anzeige der Polizeiinspektion St. Florian (Meldungsleger AI. X) vom 11. November 2009 soll der Berufungswerber am 10. November 2009 um 15:30 Uhr im Bereich des vorgeworfenen Tatortes eine Straße zu anderen Zwecken als solchen des Straßenverkehrs benutzt haben, obwohl er dafür keine Bewilligung der Behörde besessen hat. Er habe Gemüsecontainer aufgestellt, wodurch der Gehweg auf der X an mehreren Stellen unbenutzbar gewesen sein soll.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat zunächst gegen den Berufungswerber eine Strafverfügung (VerkR96-54452-2009 vom 10. Dezember 2009) erlassen und über ihn eine Geld bzw. Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.

 

Diese Strafverfügung wurde vom Rechtsmittelwerber beeinsprucht und es hat die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land das ordentliche Ermittlungsverfahren eingeleitet.

 

Im Zuge dieses Verfahrens wurde auch der Meldungsleger zeugenschaftlich einvernommen, welcher am 21. Jänner 2010 zu Protokoll gab, dass auf Grund laufender Beschwerden von Anrainern und Benützern der X er in Kenntnis gesetzt wurde, dass durch das Aufstellen der Gemüsecontainer auf dem Gehweg der X dieser an mehreren Stellen unbenutzbar sei und die Fußgänger auf die Fahrbahn ausweichen müssten. Der gesetzmäßige Zustand sei am 10. November 2009 um 15:30 Uhr und auch bei einer neuerlichen Nachschau am 11. November 2009 um 08:10 Uhr festgestellt worden. Der Berufungswerber hat im Zuge des Verfahrens den Tatvorwurf bestritten, letztlich hat die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land den nunmehr angefochtenen Bescheid erlassen.

 

Laut einem Bericht der Polizeiinspektion St. Florian vom 23. März 2010 sei von Anrainern und der Gemeinde bestätigt worden, dass die verfahrensgegenständlichen Gemüsecontainern eindeutig dem Besitz oder zumindest der Verwendung des Beschuldigten zuzurechnen wären.

 

Im Zuge der mündlichen Berufungsverhandlung bestritt der Vertreter des Berufungswerbers, dass die verfahrensgegenständlichen Gemüsecontainer von Herrn X aufgestellt wurden.

 

2.6 In freier Beweiswürdigung stellt der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich fest, dass die der Bestrafung zu Grunde liegenden im erstinstanzlichen Verfahren festgestellten belastenden Umstände im Hinblick auf den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme im Berufungsverfahren nicht berücksichtigt werden können.

 

Der als Zeuge eingeladene Meldungsleger ist seinen Angaben zu Folge deshalb zur Verhandlung nicht erschienen, da er dienstunfähig war, dies hat er bereits am 3. Mai 2010 seiner Dienststelle mitgeteilt, die Mitteilung an den Unabhängigen Verwaltungssenat erfolgte erst am Verhandlungstag vor Beginn der mündlichen Berufungsverhandlung. Ebenso ist auch die belangte Behörde nicht erschienen.

 

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z.1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Dies bedeutet, dass eine Bestrafung bzw. ein Schuldspruch nur dann zulässig ist, wenn nach Aufnahme sämtlicher Beweise die Tat dem Beschuldigten mit einer zur Bestrafung führenden Sicherheit nachgewiesen werden kann, anderenfalls ist nach dem Grundsatz "in dubio pro reo", welcher auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden ist, das Verfahren einzustellen.

 

Im vorliegenden Falle bestreitet der Berufungswerber sowohl im erstinstanzlichen Verfahren als auch im Berufungsverfahren, dass er die Kisten im Bereich der Fahrbahn abgestellt hat bzw. diese Kisten nicht von ihm wären.

 

Der als Zeuge geladene Meldungsleger, welcher dazu im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung hätte Angaben machen können, ist kurzfristig wegen behaupteter Dienstunfähigkeit zur Verhandlung nicht erschienen, sodass dessen Einvernahme nicht möglich war, ebenso konnte sich die belangte Behörde nicht äußern, da diese sich für die Teilnahme an der Verhandlung entschuldigt hat.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vertritt die Auffassung, dass auch im Verwaltungsstrafverfahren sich die Behörde von Rücksichten auf möglichste Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis zu leiten lassen hat (§ 39 Abs.2 iVm § 24 VStG).

 

Die Anwendung dieser Bestimmung im Verwaltungsstrafverfahren lässt sich ableiten aus § 21 Abs.1a VStG, wonach die Behörde von der Einleitung und der Durchführung eines Strafverfahrens absehen kann, wenn die Verfolgung aussichtslos erscheint oder der hiefür erforderliche Aufwand in einem Missverhältnis zum Grad und zur Bedeutung der in der Verwaltungsübertretung liegenden Verletzung öffentlicher Interessen steht.

 

Wie bereits dargelegt wurde, gilt im Berufungsverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat der Grundsatz der Unmittelbarkeit, weshalb eine zeugenschaftliche Einvernahme des Meldungslegers zur Feststellung des dem Schuldspruch zu Grunde liegenden Sachverhaltes unabdingbar gewesen wäre.

 

 

Der Meldungsleger hat sich jedoch mit der Begründung einer Dienstunfähigkeit entschuldigt, wobei diese laut der Auskunft der Polizeiinspektion St. Florian bereits am 3. Mai 2010 um 07:00 Uhr früh bekannt gegeben wurde. Tatsächlich wurde der Unabhängige Verwaltungssenat erst am Tag der mündlichen Verhandlung vor Verhandlungsbeginn über diesen Umstand informiert. Darüber hinaus ist auch die belangte Behörde nicht zur Verhandlung erschienen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich stellt in diesem Zusammenhang fest, dass im konkreten Falle die Vertagung der Verhandlung einerseits aus ökonomischen Gründen nicht zweckdienlich war und dieser Umstand überdies eine unzumutbare Belastung für den Rechtsmittelwerber, welchen am Nichtzustandekommen eines entsprechenden Beweisergebnisses kein Verschulden trifft, darstellen würde.

 

Unter Beachtung des im Art. 9 Abs.5 OÖ. Landes-Verfassungsgesetz festgelegten Grundsatzes, wonach sich die Verwaltung vor allem als Dienst an den Menschen zu verstehen hat und sie dabei zu gesetzmäßigem, sparsamen, wirtschaftlichem und zielorientiertem Handeln verpflichtet ist und darüber hinaus Maßnahmen zur Förderung der Bürgernähe zu setzen sind, erscheint es dem erkennenden Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenats nicht mehr als  vertretbar, eine Vertagung der mündlichen Berufungsverhandlung vorzunehmen.

 

Nachdem somit nicht hinreichend nachgewiesen werden kann, dass die gegenständlichen Gemüsecontainer tatsächlich vom Beschuldigten im Bereich des festgestellten Tatortes abgestellt wurden, war der Berufung Folge zu geben, der angefochtene Bescheid zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

4. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.




Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Alfred Kisch

 

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