Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165027/5/Kof/Th

Linz, 20.05.2010

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des X, vertreten durch X gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 23.03.2010, VerkR96-7522-2009 wegen Übertretungen des GGBG, nach der am 20. Mai 2010 durchgeführten mündlichen Verhandlung einschließlich Verkündung des Erkenntnisses, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben, das erstinstanzliche Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.   Der Berufungswerber hat weder eine Geldstrafe, noch Verfahrenskosten zu bezahlen.

 

Rechtsgrundlagen:   § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG;  § 66 Abs.1 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die belangte Behörde hat über den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) das in
der Präambel zitierte Straferkenntnis – auszugsweise – wie folgt erlassen:

 

Sie haben die Beförderungseinheit gelenkt, ohne sich, obwohl es Ihnen zumutbar war, vor Antritt der Fahrt davon zu überzeugen, dass die Vorschriften des Gefahrgutbeförderungsgesetzes (GGBG) eingehalten werden.

Sie haben folgendes Gefahrgut befördert:  UN 1950,  

        4 Druckgaspackungen  á  2.000 ml,

        2 Druckgaspackungen  á  1.000 ml,

        3 Druckgaspackungen  á  2.250 ml.

 

 

 

1.     Es wurde festgestellt, dass Versandstücke nicht mit der UN-Nummer der enthaltenen Güter, welcher die Buchstaben UN voranzustellen sind, gekennzeichnet waren. Auf den angeführten 9 Druckgaspackungen fehlten die UN Nummer "UN 1950" mit den Buchstaben UN vorangestellt. Der festgestellte Mangel ist entsprechend den Bestimmungen und unter Berücksichtigung der besonderen Umstände der Beförderung in die Gefahrenkategorie I einzustufen.

         Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

         § 27 Abs.2 Z9 iVm § 13 Abs.2 Z3 GGBG

 

2.     Es wurde festgestellt, dass auf den Versandstücken die Gefahrzettel fehlten. Auf den angeführten 9 Druckgaspackungen fehlte der Gefahrzettel 2.1. bzw. 2.2. Der festgestellte Mangel ist entsprechend der Beförderung in die Gefahrenkategorie I einzustufen.

         Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

         § 27 Abs.2 Z9 iVm § 13 Abs.2 Z3 GGBG

 

3.     Es wurde festgestellt, dass Sie keine Feuerlöschmittel mitgeführt haben, obwohl jede Beförderungseinheit mit mindestens einem tragbaren Feuerlöschgerät für die Brandklassen A, B und C mit einem Mindestfassungsvermögen von 2 kg Pulver (oder einem entsprechenden Fassungsvermögen für ein anderes geeignetes Löschmittel) ausgerüstet sein muss, das geeignet ist, einen Brand des Motors oder des Fahrerhauses der Beförderungseinheit zu bekämpfen. Sie haben keinen Feuerlöscher mitgeführt. Der festgestellte Mangel ist entsprechend den Bestimmungen und unter Berücksichtigung der besonderen Umstände der Beförderung in die Gefahrenkategorie II einzustufen.

         Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

         § 27 Abs.2 Z9 iVm § 13 Abs.3 GGBG iVm 8.1.4.1 lit.a ADR

 

4.     Es wurde festgestellt, dass kein Beförderungspapier gemäß Abschnitt
5.4.1 ADR mitgeführt wurde, obwohl der Lenker bei der Beförderung Begleitpapiere und Ausstattungsgegenstände mitzuführen hat. Der festgestellte Mangel ist entsprechend den Bestimmungen und unter Berücksichtigung der besonderen Umstände der Beförderung in die Gefahrenkategorie I einzustufen.

          Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

          § 27 Abs.2 Z9 iVm § 13 Abs.2 Z3 GGBG

 

 

 

 

Tatort:  Gemeinde Braunau am Inn, Landesstraße Freiland,

             Fahrtrichtung Ried im Innkreis, Nr. 148 bei Strkm. 36,250

Tatzeit:  14.05.2009, 11.15 Uhr

Fahrzeug:  Kennzeichen PAN-....., LKW

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt:

 

Geldstrafe von       falls diese uneinbringlich ist,               gemäß

                               Ersatzfreiheitsstrafe von

 

zu 1.: 375 Euro            7 Tage                                            § 27 Abs.2 lit.a GGBG

zu 2.: 375 Euro            7 Tage                                            § 27 Abs.2 lit.a GGBG

zu 3.:   55 Euro         24 Stunden                           § 27 Abs.2 lit.b GGBG

zu 4.: 375 Euro            7 Tage                                           § 27 Abs.2 lit.a GGBG

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 VStG zu zahlen:

118 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet);

 

Der zu zahlende  Gesamtbetrag  (Strafe/Kosten) beträgt daher  1.298 Euro."

 

Gegen dieses Straferkenntnis – zugestellt am 26. März 2010 – hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 6. April 2010 erhoben.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 51c VStG) erwogen:

 

Am 20. Mai 2010 wurde beim UVS eine öffentliche mündliche Verhandlung (mVh) durchgeführt, an welcher der Bw, dessen Rechtsvertreter sowie der Zeuge,
Herr X, wohnhaft in K. (BRD) teilgenommen haben.

 

Stellungnahme des Bw:

Am 14. Mai 2009 war ich von der Firma X., Handelshaus in D- (PLZ) M. unterwegs zu einer Baustelle in Altötting.

 

Ich bin gelernter Maler und Lackierer und bin seit ca. 5 Jahren bei der Firma X. beschäftigt.

 

Zu meinem Aufgabenbereich in der Firma X. gehört unter anderem die Durchführung von Malereiarbeiten.

 

Ich war somit am 14. Mai 2009 am Vormittag zur besagten Baustelle unterwegs um dort Malereiarbeiten durchzuführen.

 

Zur Durchführung dieser Arbeiten benötigte ich die in der Anzeige bzw. im Straferkenntnis angeführten Druckgaspackungen Sprühkleber, PU-Schaum und Silikonspray.

 

Diese Materialien habe ich, nachdem ich auf dieser Baustelle angekommen bin, auch selbst verarbeitet.

 

Ich habe nur einen kleinen Abstecher nach Österreich durchgeführt, um dort eine "Brotzeit" einzunehmen.

Dabei kam es zur gegenständlichen Kontrolle.

 

Zeugenaussage des Herrn X:

Ich bin Inhaber einer kleinen Verputzfirma.

Die Firma X. und speziell der Bw führt für mich regelmäßig Malereiarbeiten durch.

Im gegenständlichen Fall habe ich der Firma X. bzw. dem Bw den Auftrag erteilt, auf einer Baustelle in Altötting derartige Malerarbeiten durchzuführen.

Die in der Anzeige bzw. im Straferkenntnis angeführten Materialien wurden für diese Malereiarbeiten benötigt.

 

Anmerkung:

Der Name des Bw wurde durch die Wendung "Bw" ersetzt.

 

 

Vorab war zu überprüfen, ob der gegenständliche Transport iSd 1.1.3.1 lit.c ADR der "Handwerkerbefreiung" unterliegt oder nicht.

 

Abgrenzung "Handwerkerbefreiung" einerseits   und  

                   "Interne Versorgung"   andererseits –

VwGH vom 20.07.2004, 2002/03/0214  und  vom 23.11.2009, 2009/03/0042.

 

Mengengrenze bzw. Höchstmenge: siehe UA 1.1.3.6 ADR

 

Werden gefährliche Güter von jener Person befördert, welche diese auf der Baustelle auch tatsächlich verarbeitet, so liegt keine interne Versorgung vor,
die Handwerkerbefreiung ist anzuwenden und der Transport fällt nicht unter
das ADR.

 

 

 

Handelt es sich jedoch um eine reine "Nachschublieferung", also um den Transport von gefährlichen Gütern zur Baustelle durch Personen, welche diese Güter in weiterer Folge auf der Baustelle nicht selbst verarbeiten, so liegt eine "interne Versorgung" vor, die Ausnahmebestimmung der Handwerkerbefreiung ist nicht anzuwenden und der Transport unterliegt dem ADR.

 

Bei der "Handwerkerbefreiung" handelt es sich somit nicht um eine Lieferung, sondern um eine Mitnahme von Gefahrgütern, die der Handwerker zum Ausführen seiner Tätigkeit beim Kunden benötigt.

 

Aus der Anzeige und dem erstinstanzlichen Straferkenntnis ergibt sich,
dass die vom Bw transportierte Menge iSd  UA 1.1.3.6.3 ADR weniger als den Grenzwert "20" betragen hat.

 

Sowohl der Bw selbst, als auch der Zeuge Herr X haben bei der mVh glaubwürdig dargelegt, dass der Bw die von ihm transportierten Materialien selbst verarbeitet hat.

 

Es handelte sich beim gegenständlichen Transport somit um eine Mitnahme von Gefahrgütern, welche der Bw zum Ausführen seiner Tätigkeit beim Kunden benötigt hat.  –  Dadurch ist die "Handwerkerbefreiung" anzuwenden und

                        der gegenständliche Transport fällt nicht unter das ADR!

 

Es war daher der Berufung stattzugeben;  das erstinstanzliche Straferkenntnis aufzuheben;  das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen;  auszusprechen, dass der Bw weder eine Geldstrafe, noch Verfahrenskosten zu bezahlen hat  und  spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden;  diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Mag. Josef Kofler

 

 

 

 

Beschlagwortung:

Handwerkerbefreiung;

 

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