Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164893/2/Fra/Ka

Linz, 20.05.2010

 

Mitglied, Berichter/in, Bearbeiter/in:                                                                                                                               Zimmer, Rückfragen:

Johann Fragner, Dr., Hofrat                                                                               2A18, Tel. Kl. 15593

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung der Frau x gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 17.2.2010, Zl. S-45970/09VP, betreffend Übertretung des § 9 Abs.2 StVO 1960, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; die Berufungswerberin hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu entrichten.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z1 VStG; § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über die Berufungswerberin (Bw) wegen Übertretung des § 9 Abs.2 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.2c Z1 leg.cit. eine Geldstrafe von 100 Euro (EFS 50 Stunden) verhängt, weil sie als Lenkerin des PKW, x am 16.10.2009 um 14.20 Uhr in Linz, Herrenstraße, von der Spittelwiese kommend am Schutzweg im Bereich der Kreuzung Herrenstraße-Rudigierstraße einem Fußgänger auf dem Schutzweg, der diesen vorschriftsmäßig benützt hat, das ungehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn nicht ermöglichte und diesen dabei gefährdet hat.

 

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung. Die Bundespolizeidirektion Linz – als nunmehr belangte Behörde - legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 2.000  Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c erster Satz VStG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1. Aus der Aktenlage ergibt sich, dass die Bw beim gegenständlichen Vorfall mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stand.

 

Der Beteiligte, Herr x, gab bei seiner Zeugeneinvernahme am 19.10.2009 beim Stadtpolizeikommando Linz an, dass er am 16.10.2009 gegen 14.20 Uhr zu Fuß den Schutzweg bei der Kreuzung Herrenstraße/Rudigierstraße, Richtung Neuer Dom überqueren wollte. Bevor er den Schutzweg betreten konnte, habe er anhalten müssen, da zwei Fahrzeuge diesen ohne anzuhalten überfuhren. Da er nach diesen beiden Fahrzeugen kein weiteres erblickte, habe er seinen Fuß auf den Schutzweg gesetzt, um diesen zu überqueren. Er habe sich ca. im ersten Drittel des Schutzweges befunden, als er unmittelbar vor ihm auf dem Schutzweg die Frontseite des PKW, x, gelenkt von Mag. x, erblickte.  Er habe mit der rechten Hand den PKW gestreift. Wo genau, könne er nicht mehr angeben. Er sei durch die Streifung nicht zu Sturz gekommen. Frau x habe sofort angehalten und ihm gegenüber angegeben, dass sie ihn nicht gesehen hatte. Sie hatte ein krankes Kind im Fahrzeug. x habe auch gefragt, ob er verletzt sei. Er habe angegeben, dass er Schmerzen an der rechten Hand verspüre. x habe darauf die Polizei verständigt.  

 

Die Bw gab bei ihrer Einvernahme am 19.10.2009 vor dem Stadtpolizeikommando Linz an, am 16.10.2009 gegen 14.20 Uhr ihren PKW x in Linz auf der Herrenstraße von der Spittelwiese kommend in Richtung Rudigierstraße, in welche sie nach links abbiegen wollte, gelenkt zu haben. Hinter ihr auf der Rückbank sei ihr Sohn, x, geb. 16.1.2009, gesessen. Sie seien beide angegurtet gewesen. Ihr Sohn sei zusätzlich in einem Kindersitz gesessen. Ihr Fahrzeug sei mit Abblendlicht beleuchtet gewesen. Vor ihr seien zwei Fahrzeuge gefahren, sodass sie Schrittgeschwindigkeit fuhr. Als sie sich dem Schutzweg bei der Kreuzung Herrenstraße/Rudigierstraße näherte, habe sie bemerkt, dass vor dem Schutzweg am Gehsteig ein Mann steht. Für sie sei aufgrund der Haltung des Mannes nicht erkennbar gewesen, ob er auf jemanden wartet oder den Schutzweg überqueren will. Die beiden Fahrzeuge vor ihr überfuhren den Schutzweg und sie folgte diesen. Auf den Mann habe sie vorerst nicht mehr geachtet. Sie habe sich auf Höhe des Schutzweges befunden,  als sie auf einmal im Bereich des linken Seitenfensters den Mann x bemerkte.  Sie habe sofort angehalten und ihn gefragt, ob ihm etwas passiert sei. x habe sofort zu schreien angefangen. Ein vernünftiges Gespräch sei nicht möglich gewesen. Sie fragte mehrmals, ob er verletzt sei. Auf ihre Frage habe sie keine Antwort erhalten. Sie habe das Fahrzeug von der Unfallstelle entfernt. Da x noch immer cholerisch reagierte und ihr gedroht habe, dass er Anzeige erstatten werde, verständigte sie die Polizei. Sie habe dann x das Telefon übergeben und das Gespräch nicht mitverfolgt. Sie habe auch keinen Anstoß gehört oder verspürt. Ihr Sohn und sie seien durch den Verkehrsunfall nicht verletzt worden.  

 

3.2. In ihrem Rechtsmittel bringt die Bw ua vor, dass sie aufgrund der von ihr ohnehin eingehaltenen Schrittgeschwindigkeit sich jedenfalls mit einer angepassten Geschwindigkeit dem Schutzweg genähert habe und es zur ggst. Berührung nur deshalb gekommen sei, weil x den Schutzweg, ohne dass dies erkennbar gewesen wäre, plötzlich betreten hat. Es habe daher keine Situation gemäß § 9 Abs.2 StVO 1960 vorgelegen. Vielmehr sei es so gewesen, dass der Fußgänger selbst nach seiner eigenen Darstellung am Gehsteig stand und in dieser Position verharrend zwei vor ihr fahrende Fahrzeuge den Schutzweg passieren ließ. Da er nach diesen beiden Fahrzeugen kein weiteres Fahrzeug erblickt hatte, hätte er seinen Fuß auf dem Schutzweg gesetzt und diesen überqueren wollen. Daraus ergebe sich, dass eben der beteiligte Fußgänger nicht auf den Verkehr geachtet und entgegen der Verpflichtung im Sinne des § 9 Abs.2 StVO 1960 nicht vor ihr in unmittelbarer Annäherung befindlichen Fahrzeugen den Schutzweg zu betreten, dies dennoch getan hat. Der Zeuge x habe sie einfach übersehen und es sei nur dadurch zu der ggst. angeblichen Berührung zwischen seiner rechten Hand und der Frontpartie des von ihr gelenkte PKW´s gekommen. Diese Berührung habe praktisch innerhalb des ersten Meters des Schutzweges stattgefunden, wobei sie den von ihr gelenkten PKW ohnehin sofort aus der zuvor eingehaltenen Schrittgeschwindigkeit angehalten hatte. Nachdem der Zeuge x auf dem Gehsteig verharrend zwei vor ihr fahrende Fahrzeuge passieren ließ, konnte und musste sie keinesfalls damit rechnen, dass dieser plötzlich und unvorhersehbar aufgrund mangelnder Beobachtung des Verkehrsgeschehens vor ihr den Schutzweg betrete und sie dadurch zu einem abrupten Bremsen nötigen würde. Trotz des Umstandes, dass der Zeuge X, nachdem er sie offenbar völlig übersehen hat, plötzlich und unerwartet den Schutzweg betreten hat, sei es ihr aufgrund ihrer ohnehin äußerst geringen Geschwindigkeit bei Annäherung an den Schutzweg gelungen, das von ihr gelenkte Fahrzeuge sofort zum Stillstand zu bringen.

 

Unabhängig davon, dass nicht sie einen Fußgeher, der einen Schutzweg vorschriftsmäßig benützt hat, das ungehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn ermöglicht hätte, sondern vielmehr dieser aufgrund eines Beobachtungsfehlers das von ihr gelenkte Fahrzeug übersehen habe und vorrangbrechend vor dem von ihr gelenkten Fahrzeug plötzlich einen Schritt in Richtung Schutzweg gemacht hat, wäre auch der Strafausschließungsgrund gemäß § 99 Abs.6 lit.a StVO 1960 gegeben.

 

3.3. Unabhängig von den oa Sachverhaltsdarstellungen der Bw (die allenfalls durch Einholung eines KFZ-technischen Sachverständigengutachtens zu verifizieren wären) ist sie mit dem Argument, es liege ein Strafausschließungsgrund gemäß § 99 Abs.6 lit.a StVO 1960 vor, im Ergebnis im Recht.

 

Nach dieser Bestimmung liegt eine Verwaltungsübertretung nicht vor, wenn durch die Tat lediglich Sachschaden entstanden ist und die Bestimmungen über das Verhalten bei einem Verkehrsunfall eingehalten worden sind und nicht eine Übertretung nach Abs.1a und Abs.1b vorliegt.

 

Unbestritten ist, dass gegenständlich nicht eine Übertretung nach § 99 Abs.1a und Abs.1b StVO 1960 vorliegt. Weiters ist unstrittig, dass beim ggst. Verkehrsunfall auch kein Sachschaden verursacht wurde. Die Frage ist, ob ein Personenschaden vorliegt und ob allenfalls § 99 Abs.6 lit.a StVO 1960 analog anzuwenden ist. Die Bw vertritt jedenfalls diese Auffassung. Sie bringt vor, dass, selbst wenn der Zeuge im Sinne seiner Behauptung etwa 30 bis 45 Minuten in seiner Gesundheit "beeinträchtigt" gewesen wäre, dies lediglich eine "Bagatellverletzung" darstelle. Laut Aktenlage begab sich der Beteiligte x in keine ärztliche Behandlung. Er behauptete, dass er ca. 30 bis 45 Minuten in seiner  Gesundheit beeinträchtigt war. Festzustellen ist, dass im medizinischen Sinne  keine Verletzung des beteiligten  x objektiviert ist. Ob eine 30 bis 45 Minuten dauernde nicht näher definierte "Beeinträchtigung" als Personenverletzung bezeichnet werden kann, ist im Nachhinein nicht mehr feststellbar. Faktum ist auch, dass nicht der Beteiligte, sondern die Bw von sich aus die Polizei vom Verkehrsunfall verständigt hat. Da beim ggst. Verkehrsunfall kein Sachschaden entstanden ist, wird in analoger Anwendung des § 99 Abs.6 lit.a StVO 1960 von der verwaltungsstrafrechtlichen Straffreiheit der Bw ausgegangen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

 

3. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Johann Fragner

 

 

 

 

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