Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522481/13/Zo/Jo

Linz, 05.05.2010

 

                                                                                                                                                        

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des X, vom 22.12.2009, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 16.12.2009, Zl. 445046/2009 wegen  Einschränkung der Lenkberechtigung  zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird teilweise stattgegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass der Berufungswerber am 03.06., 03.09. und 03.12.2010 (jeweils mit einer Toleranzfrist von einer Woche) einen aktuellen CDT-Wert der Führerscheinbehörde vorzulegen hat.

 

Die Befristung bis 03.12.2010 sowie die Nachuntersuchung beim Amtsarzt bis zu diesem Tag werden aufgehoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a Abs.1 AVG iVm §§ 24 Abs.1 und 13 Abs.5 FSG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat dem Berufungswerber mit dem angefochtenen Bescheid die Lenkberechtigung für die Klasse B erteilt, wobei folgende Einschränkungen vorgeschrieben wurden:

-         alle drei Monate einen CD-Transferrin unaufgefordert bei der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land (Führerscheinstelle) vorlegen, das ist jeweils am 03.03., 03.06., 03.09. und 03.12.2010

-         Nachuntersuchung beim Amtsarzt bis 03.12.2010

-         befristet bis einschließlich 03.12.2010.

 

Weiters wurde der Berufungswerber aufgefordert, den Führerschein unverzüglich – längstens zwei Wochen ab Zustellung des Bescheides – bei der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land zur Eintragung der Befristung vorzulegen.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber aus, dass er ohnedies einen CDT-Wert fristgerecht vorgelegt habe. Aus diesem hätten sich äußerst gute Werte ergeben, woraus sich ableiten lasse, dass er keinerlei Alkoholprobleme habe. Die vorgeschriebenen Abgabetermine des CDT-Wertes seien darüber hinaus gesetzlich nicht vorgesehen. Derart kurzfristige Vorlagetermine seien unzulässig. Der Umstand, dass er in einem erheblich alkoholisierten Zustand einen PKW gelenkt habe, erlaube nicht die Befristung der Lenkberechtigung für ein Jahr.

 

Das Gutachten des Amtsarztes sei unschlüssig und es lasse sich daraus nicht ableiten, weshalb er gefährdet sei, wiederum in betrunkenem Zustand einen PKW zu lenken. Weder im Gutachten noch im Bescheid sei nachvollziehbar begründet, weshalb bei ihm konkret zu befürchten sei, dass er weiterhin in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand Kraftfahrzeuge lenken werde.

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes komme es nicht darauf an, ob er seine Alkoholkonsumgewohnheiten ändern werde oder nicht, sondern ausschließlich darauf, ob konkret zu befürchten ist, dass er auch in Zukunft Alkoholkonsum und das Lenken von Kraftfahrzeugen nicht werde trennen können. Es gebe bei ihm keinen konkreten Hinweis auf einen gehäuften Alkoholmissbrauch.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Wels-Land hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Einholung einer amtsärztlichen Stellungnahme der Landessanitätsdirektion und Wahrung des Parteiengehörs.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Dem Berufungswerber wurde mit Bescheid vom 04.08.2009 wegen eines Alkoholdeliktes die Lenkberechtigung für die Dauer von vier Monaten entzogen. Mit diesem Bescheid wurde auch angeordnet, dass der Berufungswerber vor der Wiedererteilung der Lenkberechtigung ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen beizubringen hat. Grundlage für diesen Bescheid war, dass der Berufungswerber am 03.08.2009 um 17.49 Uhr einen PKW in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand von 0,98 mg/l gelenkt hatte.

 

Am 03.12.2009 erstattete der Amtsarzt der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land ein Gutachten, wonach die gesundheitliche Eignung des Berufungswerbers zum Lenken von Kraftfahrzeugen nur unter den im Spruch des angefochtenen Bescheides angeführten Einschränkungen gegeben sei. Grundlage dieses Gutachtens waren einerseits unauffällige Laborwerte vom 06.11. bzw. 27.11.2009 sowie das Ergebnis einer verkehrspsychologischen Untersuchung vom 06.10.2009. Diese Untersuchung ergab zusammengefasst, dass die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit ausreichend gegeben ist. Bezüglich der Persönlichkeitsuntersuchung ergaben sich keine erhöhte Tendenzen zu Fehlanpassungen an soziale Systeme. In den alkoholspezifischen Testuntersuchungen sowie der alkoholbezogenen Exploration fanden sich partiell Hinweise auf eine erhöhte Alkoholgefährdung bzw. auf generelle Alkoholkonsummuster, welche die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung beeinträchtigen. Ein möglicherweise bereits gesundheitsschädigender Alkoholkonsum konnte nicht ausgeschlossen werden. Die Ergebnisse des "KFA-Tests" sowie des "Cage-Tests" ergaben keine Alkoholgefährdung, beim "Audit-Test" erreichte der Berufungswerber jedoch einen Rohwert von 7, was bedeutet, dass der Alkoholkonsum des Berufungswerbers ein Ausmaß erreicht hat, welches gesundheitsschädlich sein könnte.

 

Der Verkehrspsychologe kam zusammengefasst zum Ergebnis, dass beim Berufungswerber Strategien zur Bewältigung von zukünftigen Trink-Fahrkonflikten ansatzweise erkennbar seien, wobei diese wahrscheinlich vordergründig durch das Führerscheinentzugsverfahren motiviert seien. Eine langfristige und stabile Verhaltensänderung konnte nicht festgestellt werden. Dementsprechend sei die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung knapp ausreichend gegeben und der Verkehrspsychologe empfahl eine zeitliche Befristung auf ein Jahr, um der Gefahr eines schädlichen Missbrauches vorbeugen zu können sowie ein psychologisches Kontrollgespräch in einem Jahr, um die anhaltende Wirksamkeit der verkehrspsychologischen Intervention kontrollieren zu können. Weiters seien regelmäßige Kontrollen der alkoholrelevanten Laborwerte und der Leberwerte notwendig, um zukünftig einen gesundheitsschädlichen Alkoholkonsum mit höchster Wahrscheinlichkeit ausschließen zu können.

 

Ein Amtsarzt der Landessanitätsdirektion führte dazu in seiner Stellungnahme vom 23.03.2010 aus, dass sich aus den bisherigen Laborbefunden lediglich ergebe, dass maximal in den letzten zwei Monaten vor den Untersuchungen kein übermäßiger Alkoholkonsum stattgefunden habe. Nach Ansicht dieses Amtsarztes waren die in der VPU empfohlenen Einschränkungen aufgrund der Hinweise auf erhöhte Alkoholgefährdung bzw. auf generelle Alkoholkonsummuster schlüssig begründet. Bei einem Alkoholdelikt von über 1,6 ‰ sei nach der einschlägigen Fachliteratur die Annahme eines chronischen Alkoholkonsums mit besonderer Gewöhnung und Verlust der kritischen Einschätzung des Verkehrsrisikos gerechtfertigt. Auch wenn die erforderliche Bereitschaft zur Verkehrsanpassung vorliege, sei diese in vielen Fällen durch das Führerscheinentzugsverfahren motiviert, es müsse aber im Hinblick auf das Bedingungsgefüge der Alkoholproblematik innerhalb des ersten Jahres von einer erhöhten Rückfallquote ausgegangen werden. Zur Klärung der Frage, ob konkrete Hinweise auf eine Alkoholabhängigkeit oder einen gehäuften Alkoholmissbrauch vorliegen würden, sei eine ergänzende fachärztliche psychiatrische Stellungnahme notwendig.

 

Der Berufungswerber führte dazu in seinem Schreiben vom 22.04.2010 aus, dass keine konkreten Hinweise auf eine Alkoholabhängigkeit oder einen gehäuften Alkoholmissbrauch vorliegen würden. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei eine Befristung wegen eines einzigen Alkoholdeliktes mit einem hohen Alkoholisierungsgrad nicht gerechtfertigt. Dies umso weniger, als bei ihm die CDT-Werte im Normbereich liegen. Für eine derartige Befristung seien konkrete Feststellungen über Konsumfrequenzen und Konsumzeiträume notwendig, bei ihm würde jedoch kein "Daueralkoholkonsum" vorliegen. Es dürfe daher auch keine negative Prognose erstellt werden. Auch die Ausführungen der Psychologin seien sicher nicht ausreichend, um seine Lenkberechtigung zu befristen.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1.     die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2.     die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diesfalls ist gemäß § 13 Abs. 5 ein neuer Führerschein auszustellen.

 

5.2. Weder aus der verkehrspsychologischen Untersuchung, dem erstinstanzlichen Gutachten noch der im Berufungsverfahren eingeholten Stellungnahme ergeben sich konkrete Hinweise auf eine Alkoholabhängigkeit bzw. einen gehäuften Missbrauch iSd § 14 Abs.1 bzw. 14 Abs.5 FSG-GV. Nach den Leitlinien für die gesundheitliche Eignung von KFZ-Lenkern, Stand 2006, ist die Einholung einer fachärztlichen psychiatrischen Stellungnahme in jedem Fall einer hohen Alkoholisierung (über 1,6 ‰) sachlich jedenfalls nicht gerechtfertigt (siehe Fußnote 110 zu Kapitel 3.9.2). Es war daher im vorliegenden Fall nicht notwendig, eine derartige Stellungnahme einzuholen.

 

Für die Beurteilung der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung kommt es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Zusammenhang mit Alkohol nicht darauf an, ob der Betreffende Alkohol konsumiert oder völlig abstinent ist. Die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung kann nur dann verneint werden, wenn die Ergebnisse der verkehrspsychologischen Untersuchung darauf schließen lassen, dass der Untersuchte nicht Willens oder nicht in der Lage sei, sein Verhalten im Bezug auf Alkoholkonsum an die Erfordernisse des Straßenverkehrs anzupassen (siehe zB VwGH vom 25.02.2003, Zl. 2002/11/0126). Die verkehrspsychologische Untersuchung hat bei einer grundsätzlich unauffälligen Persönlichkeit bei drei Testverfahren zur Überprüfung des Alkoholkonsums bzw. der Alkoholgefährdung zwei normgerechte Ergebnisse (KFA und Cage) ergeben. Der "Audit-Test" ergab jedoch, dass der Alkoholkonsum des Berufungswerbers ein Ausmaß erreicht hat, das bereits gesundheitsschädlich sein könnte. Der Verkehrspsychologe spricht daher auch von partiellen Hinweisen auf eine erhöhte Alkoholgefährdung bzw. generelle Alkoholkonsummuster.

 

Die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung ist beim Berufungswerber derzeit gegeben. Der Schluss, wonach sie aber nur eingeschränkt vorhanden ist, ist allerdings im Hinblick auf die oben angeführten Untersuchungsergebnisse und unter Berücksichtigung des konkreten Vorfalles, welcher die Untersuchung letztlich ausgelöst hatte, gut nachvollziehbar. Es kann nicht übersehen werden, dass sich der Berufungswerber damals bereits nachmittags in einem schwer alkoholisiertem Zustand (fast 2 ‰) befunden hat und sich dennoch dazu entschlossen hat, seinen PKW zu lenken. Bereits damals war er offenbar nicht in der Lage, sein Verhalten im Bezug auf Alkohol an die Erfordernisse des Straßenverkehrs anzupassen. Auch die verkehrspsychologische Untersuchung ergab diesbezüglich konkrete weitere Anhaltspunkte (Audit). Die Kontrolle des Alkoholkonsums des Berufungswerbers für einen gewissen Zeitraum erscheint daher gerechtfertigt, um einen Rückfall zu vermeiden. Dazu ist allerdings die dreimalige Vorlage von Laborwerten ausreichend, weil bereits aus diesen Schlüsse auf das Trinkverhalten des Berufungswerbers gezogen werden können. Sollten diese Werte unauffällig sein, ist eine Nachuntersuchung durch den Amtsarzt nicht erforderlich, bei auffälligen Werten kann eine neuerliche Untersuchung ohnedies von der Führerscheinbehörde angeordnet werden.

 

Die Befristung der Lenkberechtigung ist hingegen nach der auch vom Vertreter des Berufungswerbers angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht gerechtfertigt, weil zum jetzigen Zeitpunkt nicht davon auszugehen ist, dass die gesundheitliche Eignung des Berufungswerbers bzw. seine Bereitschaft zur Verkehrsanpassung nur für eine bestimmte Zeit gegeben sei und mit einer Verschlechterung geradezu gerechnet werden müsse.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

 

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