Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252231/2/WEI/Mu/Ba

Linz, 25.05.2010

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die auf den Strafausspruch beschränkte Berufung des Finanzamtes X, X, X, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 28. Juli 2009, GZ 0031232/2009 (mitbeteiligte Partei: X, X, X), wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) zu Recht erkannt:

 

 

I.     Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als die Geldstrafe mit 900 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe mit 139 Stunden neu festgesetzt wird; im Übrigen wird diese hingegen abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.   Der vom Bestraften zu leistende Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz erhöht sich auf 90 Euro. Im Berufungsverfahren über die Amtsberufung entfällt ein weiterer Kostenbeitrag.

Rechtsgrundlagen:

§§ 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz – 1991 – AVG; § 64 Abs. 1 und 2 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 28. Juli 2009, Zl. 0031232/2009, wurde die mitbeteiligte Partei wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

"I.       Tatbeschreibung:

Sie haben als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG, am 14.05.2009, die unten angeführten Personen, als Dienstnehmer, in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt (€ 9,00 pro Stunde), auf dem Anwesen in X, X, mit Maurerarbeiten beschäftigt.

·         X X X, geb. X,

·         X X, geb. X,

·         X X, geb. X

Obwohl diese Dienstnehmer nicht von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen und daher in der Kranken- Unfall- und Pensionsversicherung vollversichert sind, wurde hierüber eine, zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete, Meldung, bei der OÖ. Gebietskrankenkasse, 4020 Linz, Gruberstraße 77, als zuständiger Sozialversicherungsträger, nicht vor Aufnahme der Tätigkeit, erstattet.

Sie haben somit gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflichten des § 33 Abs. 1 ASVG verstoßen und, da sie für die Erfüllung dieser Meldepflichten keinen Bevollmächtigten bestellt haben, dies auch verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten.

 

II.      Verletzte Verwaltungsvorschriften in der jeweils gültigen Fassung:

 

§ 33/1 und 1a iVm § 111 ASVG

 

..."

 

Wegen der so angelasteten Verwaltungsübertretungen verhängte die belangte Behörde über die mitbeteiligte Partei eine Geldstrafe in Höhe von 500 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 77 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden 50 Euro (10% der Geldstrafe) vorgeschrieben.

 

In der Begründung führte die belangte Behörde zum Sachverhalt aus, dass die der mitbeteiligten Partei angelastete Tat von einem Organ des Finanzamtes X bei einer Kontrolle am 14. Mai 2009 gegen 13.00 Uhr festgestellt worden sei. Dieser Anzeige sei zum einen eine mit dem Beschuldigten aufgenommene Niederschrift sowie zum anderen seien drei Personenblätter der Beschäftigten und Fotos beigelegt worden.

 

Mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 17. Juli 2009 sei gegen die mitbeteiligte Partei das ordentliche Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet worden. Diese habe in der Folge in ihrer Stellungnahme vorgebracht, dass sie die drei polnischen Staatsangehörigen bei der Autobahntankstelle X kennen gelernt habe. Im Gespräch haben diese erfahren, dass die mitbeteiligte Partei mit ihren Söhnen beim Haus Pflasterungen vorgenommen habe und sie dabei beim Ausfugen Schwierigkeiten gehabt haben. Nachdem diese drei ausländischen Personen erst am nächsten Tag nach Polen zurückreisen wollten, haben sich diese bereiterklärt, zu helfen. Für diese Arbeit sei sodann ein halber Tag in Anspruch genommen und als Lohn 9 Euro pro Stunde vereinbart worden. Darüber hinaus haben die drei Arbeiter kostenlos eine Nacht am landwirtschaftlichen Anwesen verbringen können. Aufgrund der kurzen Tätigkeit dieser Beschäftigten sei zu wenig bedacht worden, dass diese auch anzumelden gewesen wären, weshalb die mitbeteiligte Partei in ihrer Stellungnahme, diese Übertretung begangen zu haben, eingestanden habe. Aufgrund des Geständnisses sei daraufhin ersucht worden, bei der Strafbemessung die Unbescholtenheit sowie die dieser Stellungnahme beigelegten Schriftstücke, nämlich, zwei Pensionsabschnitte, die Niederschrift des Finanzamtes, zwei Pachtverträge und die Abgabenerklärung, zu berücksichtigen.

 

Für die erkennende Behörde sei daher der im Spruch dargestellte Sachverhalt aufgrund der Aktenlage sowie des Ergebnisses des durchgeführten Beweisver­fahrens erwiesen.

 

Nach Darstellung der verletzten Verwaltungsvorschriften stellte die belangte Behörde fest, dass der gegenständliche Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretung somit in objektiver Hinsicht erfüllt sei.

 

Unter Hinweis auf § 5 Abs. 1 VStG wird weiters hinsichtlich des Verschulden ausgeführt, dass es sich bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung um ein Ungehorsamkeitsdelikt gehandelt habe und die Rechtfertigungsgründe der mitbeteiligten Partei nicht ausgereicht hätten, um ihre Schuldlosigkeit glaubhaft zu machen.

 

Im Zuge der Strafbemessung sei die bisherige Unbescholtenheit, die Einsichtigkeit und das Schuldeingeständnis als strafmildernd, während hingegen die Beschäftigung von drei Personen als straferschwerend zu werten gewesen sei. Bei der Berücksichtigung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse sei von einem monatlichen Nettoeinkommen von 1.500 Euro und dem Nichtvorliegen von Sorgepflichten ausgegangen worden.

 

1.2. Gegen dieses der Amtspartei am 13. August 2009 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitige Berufung vom 19. August 2009, die am 24. August 2009 bei der belangten Behörde einlangte.

 

Darin wird vorgebracht, dass über die mitbeteiligte Partei im Spruch des angefochtenen Straferkenntnis nur eine Gesamtstrafe verhängt worden sei, obwohl bei dieser Kontrolle drei unangemeldete Arbeitnehmer angetroffen worden seien, weshalb im gegenständlichen Fall tatsächlich drei gesonderte zu ahndende Delikte vorliegen. In diesem Zusammenhang verweist die Amtspartei auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und der Unabhängigen Verwaltungssenate, die die gegenständliche Bestimmung so ausgelegt haben, dass jede nicht angemeldete Person zu einer separaten Verwaltungsübertretung führt, auch wenn diese Übertretungen in einem Verfahren abgewickelt werden.

 

2.1. Der Magistrat der Landeshauptstadt Linz, Bezirksverwaltungsamt, hat mit Vorlageschreiben vom 8. September 2009 die Berufung der Amtspartei dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich unter Anschluss eines vollständigen Ausdruckes ihres elektronisch geführten Aktes mit dem Ersuchen um Entscheidung übermittelt.

 

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates der Landeshauptstadt Linz zu Zl. 0031232/2009; da sich bereits aus diesem der entscheidungsrelevante Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 2 Z. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (in der Folge: VStG) von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2.3. Nach § 51c VStG hat der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

2.4. Da sich die gegenständliche Berufung ausschließlich gegen das Strafausmaß richtet, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und unangreifbar, sodass auf Grund dieser spezifischen Konstellation hier ausnahmsweise eine formelle Wahrnehmung der nachmaligen Unzuständigkeit der Erstbehörde durch den Oö. Verwaltungssenat nicht mehr in Betracht kommt.

3. Über die vorliegende Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG, BGBl. Nr. 189/1955, in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung pflichtversichert, wenn nicht bestimmte Ausnahmen von dieser Vollversicherungspflicht bestehen.

 

Dienstnehmer ist gemäß § 4 Abs. 2 ASVG, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden. Die Unterlassung dieser Meldung ist gemäß § 111 ASVG strafbar.

 

Nach § 111 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 ASVG meldepflichtige Person (Stelle) entgegen den Vorschriften des ASVG u.a. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet. Eine derartige Ordnungswidrigkeit ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen und zwar mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro (bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen), sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 VStG kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln die Geldstrafe bis zu 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Gemäß § 28 Abs. 1 lit. a Ausländerbeschäftigungsgesetz – AuslBG, BGBl Nr. 218/1975, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine „Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt“ (§ 8 Abs. 3 Z. 3 NAG) oder ein Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EG“ (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde; und zwar bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigten beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis zu 50.000 Euro.

 

3.2. Im gegenständlichen Fall hat die mitbeteiligte Partei am 14. Mai 2009 drei Personen beschäftigt, ohne diese vor Arbeitsantritt als Arbeitnehmer zumindest mit den Mindestangaben zur Pflichtversicherung aus der Krankenversicherung beim zuständigen Sozialversicherungsträger anzumelden. Wegen dieser Übertretung wurde über die mitbeteiligte Partei von der belangten Behörde für die drei beschäftigten Arbeitnehmer eine Geldstrafe in Höhe von 500 Euro verhängt.

 

Fraglich ist somit, ob nach dem ASVG – gleichermaßen, wie nach dem AuslBG – je nicht gemeldeter Person ein Delikt anzunehmen ist oder die unterlassene Meldung mehrerer gleichzeitig beschäftigter Personen ein Delikt bildet und die Anzahl der Beschäftigten im Rahmen der Strafhöhe berücksichtigt werden muss.

 

Nach § 111 Abs. 1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 ASVG Meldungen oder Anzeigen (jeweils Mehrzahl) nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet. Im Abs. 2 dieser Bestimmung ist normiert, dass die Ordnungswidrigkeit (Einzahl) nach Abs. 1 von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen ist und zwar, mit einer Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro. Eine Wortinterpretation dieser Bestimmung legt es somit - indem von „Meldungen“ oder „Anzeigen“ in der Mehrzahl gesprochen wird, die allerdings nur eine Ordnungswidrigkeit bilden – nahe, dass die unterlassene Meldung mehrerer gleichzeitig beschäftigter Personen nur ein Delikt darstellt.

 

Eine dem AuslBG vergleichbare Regelung, wonach eine Bestrafung für jeden beschäftigten Ausländer vorgesehen ist – diese Regelung im AuslBG erfolgte gerade in der Absicht, hier eine Mehrfachbestrafung festzulegen (siehe Regierungsvorlage 449 BlgNR. XVII. GP, S. 15) –, findet sich in der Strafbestimmung des § 111 Abs. 1 und 2 ASVG nicht. Auch aus den Erläuterungen zu § 111 ASVG (vgl. dazu 77 BlgNR., XXIII. GP, S. 4) ergibt sich nicht, dass für jede nicht angemeldete Person eine Bestrafung erfolgen soll (in diesem Sinn auch die teleologische Argumentation von Franz Schrank, Neue Melde- und Sanktionsprobleme im ASVG, ZAS 2008, S. 8).

Nach § 113 Abs. 1 Z. 1 ASVG können den in § 111 Abs. 1 leg. cit. genannten Personen Beitragszuschläge vorgeschrieben werden, wenn die Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht vor Arbeitsantritt erstattet wurde. § 113 Abs. 2 ASVG normiert weiters, dass sich im Fall des Abs. 1 Z. 1 der Beitragszuschlag nach einer unmittelbaren Betretung im Sinne des § 111a aus zwei Teilbeträgen zusammen setzt, mit denen die Kosten für die gesonderte Bearbeitung und für den Prüfeinsatz pauschal abgegolten werden. Der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung beläuft sich auf 500 € je nicht vor Arbeitsantritt angemeldeter Person; der Teilbetrag für den Prüfeinsatz beläuft sich pauschal auf 800 €.

Der Gesetzgeber gibt insbesondere auch durch die zeitgleiche Neugestaltung der §§ 33, 111 und 113 ASVG deutlich zu erkennen, dass es im Rahmen der Strafbestimmung primär offenbar nicht darauf ankommt, wie viele meldepflichtige Personen nicht zeitgerecht gemeldet wurden. Völlig unzweifelhaft wird § 33 ASVG auch dann übertreten, wenn "bloß" eine pflichtversicherte Person nicht gemeldet wird. Die Anzahl der ungemeldet gebliebenen Pflichtversicherten wird hingegen nach derzeitiger Rechtslage lediglich im Regelungsregime des § 113 schlagend. Zusätzlich zu dem pro Prüfeinsatz einmaligen Grundbetrag von 800 € tritt je nicht gemeldetem Arbeitnehmer ein Zuschlag von 500 € hinzu. Mangels jedweder Hinweise – sei es im Gesetzestext, sei es in den Materialien (siehe EB RV 77 BlgNR 18. GP 4) – kann aus Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates der Gesetzgebung nicht unterstellt werden die Anzahl der ungemeldet gebliebenen Pflichtversicherten mehrfach strafrechtlich sanktionieren zu wollen. Auch in der Literatur finden sich – soweit ersichtlich – nur die Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates teilende Ansichten (siehe Schrank, Neue Melde- und Sanktionsprobleme im ASVG, ZAS 2008/2, 8).

Die Anzahl der nicht gemeldeten Personen kann/muss jedoch im Rahmen der Strafbemessung gewertet werden. § 111 Abs. 2 ASVG sieht bei erstmaligen Übertretungen einen – doch bereits recht empfindlichen – Strafrahmen von 730 € bis zu 2.180 €, im Wiederholungsfall gar einen Strafrahmen von 2.180 € bis zu 5.000 € vor. Mit den zusätzlich zu leistenden Beitragszuschlägen des § 113 ASVG werden die Beitragsinteressen der Versicherungsgemeinschaft damit zweifelsfrei ausreichend gesichert. Die von der Amtspartei vertretene Rechtsansicht dürfte somit auch der Intention der Strafandrohung der §§ 33 i.V.m. 111 ASVG zuwiderlaufen. Nur konsequent scheint in der Folge auch die Normierung eines – deutlich – höheren Strafrahmens für Wiederholungstäter.

 

Der Oö. Verwaltungssenat steht daher wie bisher (vgl. z.B. zuletzt VwSen-252287/2/Gf/Mu vom 27. November 2009) auf dem Standpunkt, dass jedenfalls in jenen Konstellationen, in denen die pflichtwidrige Nichtmeldung der Dienstnehmer objektiv besehen insofern eine Einheit darstellt, als zu einem bestimmten Kontrollzeitpunkt (oder während ein und desselben Tatzeitraumes) mehrere Dienstnehmer, die eine gleichartige (oder notwendig aufeinander abgestimmte) Tätigkeit verrichtet haben, bei demselben Dienstgeber beschäftigt waren, ohne von diesem zuvor beim Sozialversicherungsträger angemeldet worden zu sein, lediglich eine Gesamtstrafe verhängt werden kann. Es ist sohin aus dogmatischer Sicht nicht davon auszugehen, dass in einem derartigen Fall ein und derselbe Tatbestand mehrmals verwirklicht wurde; vielmehr ist das gesetzlich verpönte Unterlassen der Anmeldung lediglich einmal, wenngleich auch in Bezug auf mehrere Dienstnehmer, begangen worden. Wie bereits ausgeführt, stellt letzterer Aspekt einen im Zuge der Strafbemessung gemäß § 19 VStG zu berücksichtigenden Erschwerungsgrund dar (vgl. VwSen-251903/2/Wei/Se vom 17. September 2009).

 

Dagegen kann eine gesonderte mehrfache Bestrafung nur dann erfolgen, wenn die zuvor genannten Kriterien (selber Kontrollzeitpunkt/Tatzeitraum, gleichartige bzw. notwendig aufeinander abgestimmte Tätigkeit, selber Dienstgeber) nicht kumulativ erfüllt sind.

 

Die Amtspartei hat im Berufungsschriftsatz die von der belangten Behörde herangezogenen Milderungsgründe (und die vorgenommene außerordentliche Strafmilderung) nicht in Frage gestellt und ausschließlich gerügt, dass nicht drei Geldstrafen (nämlich pro unterlassener Meldung eine Geldstrafe) verhängt worden sind.

 

Im Ergebnis ist die belangte Behörde zutreffend davon ausgegangen, dass sie lediglich eine Gesamtstrafe verhängen durfte, weil die mitbeteiligte Partei als Dienstgeber zu ein und demselben Kontrollzeitpunkt (14. Mai 2009) drei Personen (mit Maurerarbeiten) beschäftigt hatte, ohne diese zuvor beim Sozialversicherungsträger angemeldet zu haben.

 

Der Berufung kommt aber insofern Berechtigung zu, als die belangte Behörde in Bezug auf die Strafbemessung explizit festgestellt hat, dass die bisherige Unbescholtenheit, die Einsichtigkeit und das Schuldeingeständnis der mitbeteiligten Partei strafmildernd, allerdings die Beschäftigung von drei Personen als straferschwerend zu werten war.

 

Trotz der vorliegenden Milderungsgründe konnte in diesem Fall im Hinblick auf den Erschwerungsgrund die Mindeststrafe nicht unterschritten werden; im Ergebnis kann jedoch auch unter Bedachtnahme auf die besonderen Umstände dieses Falles sowie unter general- und spezialpräventiven Zweck mit der Verhängung der Mindeststrafe nicht das Auslangen gefunden werden. 

 

4.3. Der gegenständlichen Berufung war daher gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG insoweit stattzugeben, als die Geldstrafe mit 900 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe mit 139 Stunden neu festzusetzen war; im Übrigen war diese hingegen als unbegründet abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

 

5. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt die Auffassung, dass der unabhängige Verwaltungssenat bei Amtsberufungen im Sinne des Wesens des § 66 Abs. 4 AVG die Aufgabe und Stellung einer erstinstanzlichen Strafverfolgungsbehörde zu übernehmen habe (vgl Nachw bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2, E 115 zu § 51 VStG). Außerdem tritt nach herrschender Auffassung die Sachentscheidung der Berufungsbehörde an die Stelle des unterinstanzlichen Bescheides bzw verdrängt diesen in seiner Wirkung (vgl mwN Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht8 [2003] Rz 543; Hauer/Leukauf, Handbuch6, Anm 14 zu § 66 AVG).

 

Deshalb hat der unabhängige Verwaltungssenat, der aus Anlass einer Amtsberufung eine höhere Strafe verhängt hat, auch an Stelle der Unterbehörde eine neue Kostenentscheidung für das Strafverfahren erster Instanz gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG zu treffen. Hingegen können dem Bestraften für das Berufungsverfahren keine Kosten vorgeschrieben werden ,wenn er nicht auch Berufungswerber war (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch6, Anm 3a und E 4a u E 4b zu § 64 VStG).

 

Im Ergebnis war daher als Annex zum Strafausspruch auch der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz anzuheben und mit 10 % der verhängten Geldstrafe, sohin mit 90 Euro, zu bestimmen.

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  W e i ß

 

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