Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164989/8/Bi/Th

Linz, 04.06.2010

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn X, vertreten durch Herrn RA X, vom 1. April 2010 gegen Punkt 2) des Straferkenntnisses des Bezirkshaupt­mannes von Urfahr-Umgebung vom 16. März 2010, VerkR96-6631-2009, wegen Übertretung der StVO 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 5. Mai 2010 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis im Anfechtungsumfang behoben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, , 51i, 45 Abs.1 Z1 und 3 und 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Punkt 2) des oben bezeichneten Straferkenntnisses wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 18 Abs.1 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 100 Euro (33 Stunden EFS) verhängt, weil er am 1. Dezember 2009, 14.52 Uhr, in der Gemeinde Ottensheim, B127 Rohrbacher Straße bei km 9.6, Haltestellenbereich Ottensheim Mitte, in Fahrt­richtung Rohrbach als Lenker des Pkw X zu einem vor ihm am gleichen Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten habe, dass ein rechtzeitiges Anhalten jederzeit möglich gewesen wäre, wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst worden wäre, da er bei einer Fahrgeschwindigkeit von ca 60 km/h zum Vorderfahrzeug lediglich einen Abstand von ca 5 m eingehalten habe.     

Gleichzeitig wurde ihm ein anteiliger Verfahrenskostenbeitrag von 10 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 5. Mai 2010 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw, seines Rechtsvertreters RA X und des Meldungslegers GI X (Ml) durchgeführt. Der Vertreter der Erstinstanz war entschuldigt. Auf die mündliche Verkündung der Berufungsentscheidung wurde verzichtet. 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, der ihm vorgeworfene Tiefenabstand sei vom Ml geschätzt worden, wobei zur maßgeblichen Zeit starkes Verkehrs­aufkommen geherrscht habe und die Sicht durch Regen und Dämmerung beeinträchtigt gewesen sei. Aus der damaligen Position des Ml sei bei den gegebenen Bedingungen weder eine Schätzung der von ihm eingehaltenen Geschwindigkeit noch des Abstandes zu seinem Vorderfahrzeug exakt möglich gewesen. Er habe laut Tacho eine Geschwindigkeit von knapp über 50 km/h eingehalten und sei mit einem Abstand von ca 3 Pkw-Längen nachgefahren. Er fahre dort immer vorsichtig, weil mit einbiegenden Fahrzeugen zu rechnen sei. Beantragt wird Verfahrenseinstellung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung beim damaligen Standort des Ml bei der Kreuzung B127 – Förgenfeldstraße. Festgestellt wurde, dass sich dort keine Bushaltestelle – diese ist weiter vorne in Richtung Linz bei km 9.1 – jedoch rechts in Richtung Ottensheim ein Beschleunigungsstreifen befindet.

Die Sicht des Ml, der sich im genannten Kreuzungsbereich als Lenker eines Streifenfahrzeuges etwa 10 m hinter der Haltelinie der Förgenfeldstraße befand, war nach links durch eine Fichtenhecke auf ca 50 m eingeschränkt.

 

In der Berufungsverhandlung erklärte der Bw, er sei zunächst hinter dem Pkw nachgefahren, der aber vor der Kreuzung, ohne zu blinken, langsamer geworden sei, sodass er gemeint habe, der Lenker wolle nach rechts einbiegen. Er habe diesen daher überholen wollen und bereits zum Überholen angesetzt, weshalb sich der Nachfahrabstand verkleinert habe. Als der Lenker dann doch nach Passieren der Kreuzung auf der B127 beschleunigend weitergefahren sei, sei er hinten geblieben und habe ebenfalls wieder auf ca 70 km/h gemäß der dortigen Geschwindig­keits­beschränkung beschleunigt.

 

Der Ml konnte sich in der Berufungsverhandlung auf keine Geschwindigkeit des vom Bw in einer aufgelockerten Kolonne gelenkten Pkw festlegen, konnte sich aber auch nicht daran erinnern, dass der Pkw vor dem Bw langsamer geworden wäre, als ob er einbiegen wolle, und dass sich dadurch der Abstand des vorderen Fahrzeuges zu dessen vorderem Fahrzeug vergrößert hätte. Er konnte lediglich den geringen Nachfahrabstand des Bw bestätigen, den er mit einer halben Fahr­zeug­länge, dh ca 5 m, angab. Die Abstände bei der Weiterfahrt nach der Kreuzung seien nicht, wie der Bw geschildert hat, auffällig verändert (im Sinne von vergrößert) worden, sondern gleich geblieben. Der Ml bestätigte, dass eine Nachfahrt bei einer wie der vom Bw geschilderten Situation nicht erfolgt wäre. Das Streifenfahrzeug sei mit Blaulicht leicht auf die B127 über den Beschleunigungs­streifen hinausgekommen; die direkte Nachfahrt hinter dem Pkw des Bw sei ab der 2. Ampel in Ottensheim erfolgt, die Anhaltung bei der Haltestelle Ottensheim Mitte gewesen, dh auf Höhe des Lagerhauses.     

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 18 Abs.1 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand zum nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

 

Das Beweisverfahren hat ergeben, dass der Ml seine Beobachtungen vom Standort bei der Kreuzung B127 – Förgenfeldstraße gemacht hat, dh ca bei km 9.350 der B127. Danach hat er die Nachfahrt über den Beschleunigungsstreifen mit Blaulicht gestartet und sich in die Kolonne eingereiht, dh der Nachfahr­abstand des Bw bei km 9.6 – das ist das Ende der Förgenfeldsiedlung – war für ihn nicht sichtbar; ebensowenig die Nachfahrsituation vor km 9.3 wegen des massiv eingeschränkten Sichtbereichs. Es ist daher nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit auszuschließen, dass sich die Nachfahrsituation tatsächlich so zugetragen hat, wie vom Bw geschildert. Abgesehen davon ist der Tatvorwurf hinsichtlich Tatort unzutreffend und bereits Verjährung eingetreten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden, wobei naturgemäß Verfahrens­kosten­beiträge nicht anfallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

Beschlagwortung:

 

Nachfahrabstand aus vermeintlicher Überholsituation heraus nicht sicher beweisbar; Tatort unrichtig + Verjährung eingetreten > Einstellung

 

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