Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252199/14/Kü/Pe/Ba

Linz, 07.05.2010

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die auf das Strafausmaß eingeschränkte Berufung von Frau X X, vertreten durch Rechtsanwalt X, X, gegen das Strafer­kenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 8.7.2009, SV96-160-2007, wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 28.4.2010, zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängten Geldstrafen auf je 500 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafen auf je 17 Stunden herabgesetzt werden.

 

II.              Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der Behörde erster Instanz wird auf insgesamt 100 Euro herabgesetzt. Die Berufungswerberin hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:     § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19, 20 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.:    §§ 64 und 65 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 8.7.2009, SV96-160-2007, wurden über die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit. a AuslBG zwei Geldstrafen in der Höhe von je 1.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit derselben jeweils Ersatzfreiheitsstrafen in der Dauer von 36 Stunden verhängt, weil sie als Arbeitgeberin strafrechtlich zu verantworten habe, dass sie zumindest im Zeitraum von 21.8.2007 bis 1.10.2007, 9.30 Uhr die polnischen Staatsangehörigen Herrn X X, geb. am X und Herrn X X, geb. am X, indem diese bei ihrer Landwirtschaft in X, X als Erntehelfer betreten worden seien, jedenfalls im Sinne des 1152 ABGB entgeltlich beschäftigt habe, obwohl für diese Ausländer weder eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt worden sei noch diese Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine „Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt“ oder ein Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EG“ oder einen Niederlassungsnachweis besessen haben.

 

2. Dagegen wurde rechtzeitig vom ausgewiesenen Rechtsvertreter der Bw Berufung erhoben und begründend ausgeführt, dass der objektive Tatbestand nicht bestritten werde. Zum Tathergang wurde festgehalten, dass der Sohn der Bw die Beantragung der Beschäftigungsbewilligungen für die gegenständlichen Ausländer hätte durchführen sollen. Die Bw sei davon ausgegangen, dass der Sohn die zu erledigenden Aufgaben, wie z.B. Beantragung einer Beschäftigungsbewilligung, wie in der Vergangenheit auch, erledige, was jedoch aufgrund einer für die Bw nicht erkennbaren Burnout-Erkrankung unterblieben sei. Im Nachhinein habe sich herausgestellt, dass für die Ausländer keine Beschäftigungsbewilligung vorgelegen sei, da die Anträge vom erkrankten Sohn versehentlich an die falsche Adresse gesendet worden seien. Es sei daher festzuhalten, dass die Bw kein Verschulden treffe. Weiters wurde ausgeführt, dass die verhängten Geldstrafen überhöht seien, da die Bw unbescholten sei und im Nachhinein unverzüglich um die entsprechenden Bewilligungen angesucht habe, welche auch erteilt worden seien. Sie habe sämtliche Abgaben und Steuerrückstände inkl. Zuschlägen betreffend die polnischen Staatsangehörigen nachbezahlt.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 27.7.2009 vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 28.4.2010, an welcher die Bw und ihr Rechtsvertreter, sowie ein Vertreter der Organpartei teilgenommen haben. Im Zuge der mündlichen Verhandlung wurde nach Erörterung der Sachlage von der Bw die vorliegende Berufung auf das Strafausmaß eingeschränkt und die außerordentliche Strafmilderung nach § 20 VStG beantragt. Vom anwesenden Vertreter der Finanzverwaltung wurde im Hinblick auf die Einschränkung der Berufung, ebenfalls die Anwendung des § 20 VStG beantragt.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Zunächst ist festzuhalten, dass die Berufung auf das Strafausmaß eingeschränkt wurde und der Schuldspruch damit in Rechtskraft erwachsen ist. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Entscheidung der Erstbehörde ist daher entbehrlich.

 

5.2. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, in wie weit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu  nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.

 

Festzustellen ist, dass die von der Bw in der Berufung vorgebrachten und in der mündlichen Verhandlung wiederholten Milderungsgründe der Unbescholtenheit zum Tatzeitpunkt, das Eingeständnis des objektiven Tatbestandes sowie den Umstand, dass sämtliche Abgaben und Steuerrückstände samt Zuschlägen nachbezahlt wurden, als gegeben zu erachten sind.

 

Darüber hinaus ist auf die lange Verfahrensdauer hinzuweisen. Diesbezüglich hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 26. Juni 2008, Zl. B304/07 ausgesprochen, dass die Angemessenheit der Verfahrensdauer nach der Rechtsprechung des EGMR nicht abstrakt, sondern im Lichte der besonderen Umstände jedes einzelnen Falles zu beurteilen ist. Die besonderen Umstände des Einzelfalles ergeben sich aus dem Verhältnis und der Wechselwirkung verschiedener Faktoren. Neben Faktoren, welche die Verfahrensdauer beeinflussen, nämlich die Schwierigkeit des Falles, das Verhalten des Beschwerdeführers und das Verhalten der staatlichen Behörden in dem bemängelten Verfahren, ist auch die Bedeutung der Sache für den Beschwerdeführer relevant (vgl. VfSlg. 17.307/2004; 17.582/2005, 17.644/2005). Nicht eine lange Verfahrensdauer schlechthin führt zu einer Verletzung, sondern nur eine Verzögerung, die auf Versäumnis der staatlichen Organe zurückzuführen ist. Der Rechtsprechung des EGMR ist daher keine fixe Obergrenze für die Angemessenheit der Verfahrensdauer zu entnehmen, ab deren Überschreitung jedenfalls eine Verletzung des Art.6 Abs.1 EMRK anzunehmen wäre (vgl. VfSlg. 16.385/2001 mH auf die Rechtsprechung des EGMR).

 

Im gegenständlichen Verfahren sind seit der Tatbegehung und der Erlassung des Erkenntnisses des Oö. Verwaltungssenates mehr als 2 Jahre vergangen, sodass von keiner iSd Art.6 Abs.1 EMRK zu qualifizierenden noch gänzlich angemessenen Verfahrensdauer auszugehen war. Dieser Umstand war daher als Milderungsgrund iSd § 24 Abs.2 StGB bei der Strafbemessung entsprechend zu werten.

 

Auf Grund der besonderen Umstände des vorliegenden Falles geht der Unabhängige Verwaltungssenat davon aus, dass die Milderungsgründe beträchtlich überwiegen, zumal Erschwerungsgründe im gegenständlichen Verfahren nicht hervorgekommen sind. Es erscheint daher gerechtfertigt, die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe im höchstmöglichen Ausmaß zu reduzieren.

 

Eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG scheidet aus, da von einem geringfügigen Verschulden der Bw nicht ausgegangen werden kann, zumal sie in ihrem landwirtschaftlichen Betrieb überhaupt kein Kontrollsystem zur Einhaltung der Vorschriften des AuslBG eingerichtet hat.

 

Es war somit wie im Spruch zu entscheiden.

 

6. Aufgrund des Umstandes, dass die verhängte Geldstrafe herabgesetzt wurde, war auch der Beitrag zu den Verfahrenskosten der ersten Instanz, welcher gemäß § 64 VStG 10 % der verhängten Geldstrafe beträgt, entsprechend herab zu setzen. Da die Berufung teilweise Erfolg hatte, waren die Kosten des Berufungsverfahrens gemäß § 65 VStG der Bw nicht aufzuerlegen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

 

 

 

 

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