Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-401063/7/SR/Sta

Linz, 14.05.2010

 

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Beschwerde des x, alias xs, geboren am x, Staatsangehöriger von x, derzeit Polizeianhaltezentrum Wels (PAZ), vertreten durch die Rechtsanwaltsgemeinschaft x, x, wegen Rechtswidrigkeit der Anhaltung in Schubhaft seit dem 7. Mai 2010 um 17.00 Uhr durch den Polizeidirektor der Stadt Linz im PAZ Wels zu Recht erkannt:

 

 

I.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wird festgestellt, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

II.     Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Polizeidirektor der Stadt Linz) Kosten in der Höhe von insgesamt 426,20 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 Abs. 1 und 83 Abs. 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 135/2009) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG und der UVS-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456/2008.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht auf Grund der Aktenlage und der Gegenschrift in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde von folgendem Sachverhalt aus:

 

1.1. x, alias x, geboren am x, Staatsangehöriger von x (im Folgenden: Bf), reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 23. Juli 2004 einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz (im Folgenden: Asylantrag).

 

Am 27. Juli 2004 sowie am 08. September 2004 wurde der Bf vor dem Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle West (EAST-West), und in weiterer Folge am 13. April 2005 und am 31. August 2005 vor dem Bundesasylamt, Außenstelle Linz (BAL), niederschriftlich einvernommen. Zur Verfolgungssituation im Herkunftsland brachte der Bf vor, dass er einen Polizisten im Zuge einer Auseinandersetzung schwer verletzt und ihm anschließend ein "x" geholfen habe, sich an verschiedenen Orten in x zu verstecken, um schließlich aus x zu flüchten. Er gehöre der Gruppe der Massob an und die Familie des verletzten Polizisten sowie die ganze Polizei habe ihn u.a. mit Voodoo gesucht.

 

1.2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 26. September 2005, Zahl 04 15.032-BAL, wurde der Asylantrag mangels Glaubwürdigkeit des Vorbringens gemäß § 7 AsylG 1997, BGBl. I. Nr. 76/1997 idgF, abgewiesen, die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Nigeria gemäß § 8 Abs. 1 leg. cit. für zulässig erklärt und der Bf gemäß § 8 Abs. 2 leg. cit. aus dem österreichischen Bundesgebiet nach x ausgewiesen.

 

Die dagegen fristgerecht erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates (UBAS) vom 29. Dezember 2005, Zahl 264.955/0-XIV/08/05, mangels Glaubhaftigkeit des erstatteten Vorbringens gemäß §§ 7, 8 Abs. 1 und Abs. 2 AsylG 1997 abgewiesen.

 

Der abweisende Bescheid des UBAS wurde dem Bf am 04. Jänner 2006 im Wege der Hinterlegung beim örtlich zuständigen Postamt ordnungsgemäß zugestellt und erwuchs mit diesem Tag in Rechtskraft.

 

Die dagegen eingebrachte Beschwerde lehnte der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 09. September 2008, Zahl 2006/20/0053-7, ab.

1.3. Aufgrund des Ladungsbescheides vom 14. Oktober 2008 teilte Rechtsanwalt Mag. X der belangten Behörde seine Bevollmächtigung mit und gab in der Folge mit Schreiben vom 6. November 2008 bekannt, dass der Bf krankheitsbedingt der Ladung für den 7. November 2008 nicht nachkommen könne.

 

Der neuerlichen Ladung am 15. Dezember 2008 kam der Bf wiederum krankheitsbedingt nicht nach. Die entsprechende Mitteilung erfolgte am 14. Dezember 2008 durch seinen Rechtsvertreter.

 

Die fremdenpolizeiliche Kontrolle am 15. Dezember 2008 verlief ergebnislos, da bei der versuchten Nachschau in der Wohnung des Bf die Wohnungstüre nicht geöffnet wurde.

 

1.4. Mit Schreiben vom 15. Dezember 2008 ersuchte die belangte Behörde das BMI um Erwirkung eines Heimreisezertifikates für den Bf bei der nigerianischen Botschaft.

 

1.5. Nach Zustellung eines weiteren Ladungsbescheides am 16. Jänner 2009 gab der Rechtsvertreter am 19. Jänner 2009 die Vollmachtsauflösung bekannt. Der nunmehr dem Bf zu eigenen Handen zugestellte Ladungsbescheid wurde vom Bf nicht behoben und am 6. Februar 2009 gab Rechtsanwalt x neuerlich seine Bevollmächtigung bekannt. In einem weiteren Schreiben vom selben Tag teilte der Rechtsvertreter der belangten Behörde mit, dass der Bf die Aufnahmeprüfung an der Anton Bruckner Privatuniversität bestanden habe. Daher werde ersucht, dem Bf Zeit zu geben, damit er die Formalitäten in Österreich regeln könne und um vom Ausland einen Antrag auf Gewährung eines Aufenthaltstitels als Student einbringen zu können. 

 

1.6. Am 8. Februar 2009 versuchte der Bf mit dem österreichischen Reisepass, lautend auf x nach x auszureisen. Bei der Beschuldigtenvernehmung am 8. Februar 2009 gab der Bf an, dass ihm der Rechtsanwalt mitgeteilt habe, dass die Polizei seine Abschiebung beabsichtige. Daraufhin habe er x um Hilfe gebeten und versucht mit dessen Reisepass nach x auszureisen.

 

Wegen dieses Vergehens verurteilte das LG Linz (Urteil vom 13. Juli 2009, Zahl 24 Hv 87/09p) den Bf  nach § 231 Abs. 1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von vier Wochen.

 

1.7. Dem Ladungsbescheid vom 20. Jänner 2009 kam der Bf nach. Er erschien in Begleitung von x und dem Rechtsanwalt x. Während der Datenaufnahme brachte der Bf vor, dass er sich für die Aufnahme bei der Anton Bruckner Privatuniversität einen Reisepass bei der nigerianischen Botschaft besorgen und anschließend freiwillig aus Österreich ausreisen werde. Sein nigerianischer Reisepass befinde sich bei der deutschen Exfreundin.

 

1.8. Mit Schreiben vom 12. Februar 2009 ersuchte die belangte Behörde das BMI um Erwirkung eines Heimreisezertifikates.

 

1.9. Der Antrag des Bf auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus humanitären Gründen wurde mit Schreiben vom 10. März 2009 vom Magistrat der Landeshauptstadt Linz an die belangte Behörde weitergeleitet.

 

In der Folge wurde der Antrag der Sicherheitsdirektion Oberösterreich (SIDOö) vorgelegt. Mit Schreiben vom 6. April 2009, P3/4520/09, teilte die SIDOö mit, dass der Antrag nicht befürwortet werde. Auch nach der neuerlichen Befassung mit dem Antrag gelangte die SIDOö am 2. Juli 2009 zu keinem anderen Ergebnis.

 

1.10. Am 3. September 2009 wurde der Bf um 07.25 Uhr in Linz festgenommen, um 14.00 Uhr der nigerianischen Botschaft in Wien vorgeführt und nach der Rückkehr um 16.30 Uhr wieder entlassen.

 

1.11. Mit Schreiben vom 6. Oktober 2009 übermittelte das BMI der belangten Behörde das von der nigerianischen Botschaft am 5. Oktober 2009 ausgestellte Heimreisezertifikat.

 

1.12. Mit Schreiben vom 9. Oktober 2009 meldete die belangte Behörde den Bf für die Charterrückschiebung am 21. Oktober 2009 an.

 

1.13. Mit Bescheid vom 12. Oktober 2009, AZ 1053434/FRB, ordnete die belangte Behörde gemäß § 77 FPG ein gelinderes Mittel an. Danach wurde der Bf verpflichtet, sich jeden Tag bei der Polizeiinspektion x zu melden. Der Meldepflicht kam der Bf lediglich drei Tage (vom 14. bis 16. Oktober 2009) nach.

 

1.14. Am 21. Oktober 2009 reiste der Bf unter Gebrauch eines fremden Ausweises nach Italien und versuchte per Flugzeug von Rom nach Toronto zu gelangen. Das Vergehen wurde von den italienischen Behörden in Rom wahrgenommen und der Bf wurde am 23. Oktober 2009 nach Österreich (Wien-Schwechat) abgeschoben. Bei der Befragung gab der Bf nach mehreren widersprüchlichen Aussagen an, dass er in Österreich studiert habe, seine Aufenthaltsberechtigung bald ablaufe und er sich deshalb entschlossen habe, nach Kanada zu reisen.

 

1.15. Nach seiner Ankunft in Schwechat wurde dem Bf die im Bescheid der belangten Behörde vom 12. Oktober 2009, Zl. 1053423/FRB, angeordnete Meldeverpflichtung zur Kenntnis gebracht und ihm aufgetragen, dieser nachzukommen.

 

1.16. Gegen diesen Bescheid hat der Rechtsvertreter innerhalb offener Frist Berufung erhoben. Eine Berufungsentscheidung ist bis dato nicht ergangen.

 

Der Bf hat der Meldeverpflichtung, abgesehen von einigen Ausnahmen, bis zum 21. November 2009 entsprochen.

 

1.17. Am 27. Oktober 2009 sprach der Bf mit seiner Lebensgefährtin bei der belangten Behörde vor und ersuchte um ein Absehen von der Abschiebung, da er Mitte Dezember 2009 Österreich freiwillig verlassen werde. Bei der Vorsprache wurde dem Bf mitgeteilt, dass er der täglichen Meldepflicht weiterhin nachzukommen habe.

 

Am 17. November gab der Verein x bekannt, dass der Bf freiwillig ausreise und auch das Flugticket selber bezahlen werde. Der Vereinsmitarbeiterin wurde mitgeteilt, dass erst nach Vorlage der Buchungsbestätigung von der beabsichtigten Charterabschiebung am 1. Dezember 2009 Abstand genommen werde. Nach dem Einlangen der Buchungsbestätigung für einen Flug am 24. November 2009 nach Lagos veranlasste die belangte Behörde am 18. November 2009 die Stornierung der Charterabschiebung.

 

1.18. Mit Schriftsatz vom 24. November 2009 teilte der Verein x der belangten Behörde mit, dass x dem Verein bekanntgegeben habe, dass der Bf die Wohnung ohne ihr eine Nachricht zu hinterlassen verlassen und der Bf vermutlich wieder einmal auf eigene Faust das Land verlassen habe. Ob der Bf über einen nigerianischen Reisepass verfüge konnte die Lebensgefährtin nicht angeben, ihr sei jedenfalls bekannt, dass ihm aufgrund der Ausstellung des Heimreisezertifikates die Reisepassausstellung verweigert worden sei. Das Flugticket habe x erst am Montag den 23. November 2009 bezahlen wollen.

 

1.19. Am 25. November 2009 veranlasste die belangte Behörde die polizeiliche Abmeldung des Bf.

 

1.20. Im Zuge einer fremdenpolizeilichen Erhebung sprachen Organe der belangten Behörde bei x, der "Lebensgefährtin" des Bf in deren Wohnung in x, x, vor. Gegenüber den einschreitenden Beamten bestritt x vorerst die Anwesenheit des Bf. Während der Amtshandlung nahmen die einschreitenden Beamten den ihnen unbekannten Bf hinter der Küchentür wahr. Über Befragen gab dieser an, dass er x heiße und kein Identitätsdokument bei sich habe.

Die Erhebungen im Anschluss an die Festnahme wegen des Verdachtes des illegalen Aufenthaltes ergaben die Identität des Bf und das Vorliegen eines Festnahmeauftrages der belangten Behörde.

 

1.21. Bei der fremdenpolizeilichen Befragung am 22. April 2010 sagte der Bf aus, dass er im November 2009 bei x ausgezogen sei und sich an unterschiedlichen Orten in Österreich aufgehalten habe. Am 21. April 2010 sei er aus Wien gekommen, habe die Wohnung von x aufgesucht und die Nacht auf den 22. April 2010 bei ihr verbracht.

Beim Verein x habe er sich zur freiwilligen Rückkehr angemeldet, obwohl er nicht vorgehabt habe, tatsächlich auszureisen.

 

1.22. Nachdem der Bf am 22. April 2010 einen zweiten Asylantrag (AI 10 03.469) gestellt hatte, fand an diesem Tage die niederschriftliche Erstbefragung gemäß § 19 Abs. 1 AsylG statt. Dabei gab der Bf an, dass er von November 2009 bis März 2010 in Ungarn aufhältig gewesen sei, um von dort aus ein Studentenvisum für Österreich zu erhalten. Ausgereist sei er deshalb, da er abgeschoben werden sollte.

Zur weiteren Asylantragstellung befragt, gab der Bf an, dass sich nichts geändert habe und er in x noch immer gefährdet sei. Mitte 2009 habe er erfahren, dass jene Person, die ihm bei der Flucht aus x geholfen hätte, Anfang 2009 erschossen worden sei. Nach dessen Ermordung sei auch die Familie des Bf von ihrem Wohnort geflohen. Da in x sein Leben in Gefahr sei, könne er dorthin nicht zurückkehren.

 

1.23. Am 23. und 26. April 2010 wurde dem Bf schriftlich zur Kenntnis gebracht, dass gemäß §§ 29 Abs. 3 Z. 4 und Z. 6 AsylG 2005 beabsichtigt sei, seinen Asylantrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sowie seinen faktischen Abschiebeschutz aufzuheben. Die Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs. 3 AsylG wurde vom Bf am 23. April 2010 um 14.00 Uhr eigenhändig übernommen. Die Mitteilung, dass beabsichtigt sei, den faktischen Abschiebeschutz aufzuheben, wurde dem Bf am 26. April 2010 nachweislich zur Kenntnis gebracht.

 

1.24. Mit Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 23. April 2010, AZ 1053423/FRB, wurde über den Bf zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG bzw. zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft gemäß 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 AVG 1991 angeordnet und verhängt.

 

Nach Wiedergabe der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und der Darstellung des relevanten Sachverhaltes legte die belangte Behörde den konkreten Sicherungsbedarf dar, zeigte auf, warum die Anordnung gelinderer Mittel nicht ausreiche und die Anhaltung in Schubhaft verhältnismäßig sei.

 

Der Schubhaftbescheid wurde dem Bf am 23. April 2010 um 14.15 Uhr ausgefolgt und die Übernahme von ihm bestätigt. Im Anschluss daran wurde der Bf in das PAZ Wels eingeliefert.

 

1.25. Bei der niederschriftlichen Einvernahme am 27. April 2010 vor der EAST-West gab der Bf in Anwesenheit eines  Rechtsberaters  sowie einer Vertrauensperson an, dass sein Hauptproblem in x noch aufrecht sei. Anschließend wiederholte er sein erstattetes Vorbringen. Ergänzend brachte der Bf vor, dass seine Familie und besagter Freund Drohbriefe erhalten hätten. Darin sei verlangt worden, ihn auszuliefern, andernfalls würden die angeführten Personen getötet. Weiters sagte der Bf, dass er im Oktober 2009 zuerst freiwillig nach x zurückkehren habe wollen, da ihm gesagt worden wäre, er sollte von dort aus einen Antrag auf ein Studentenvisum stellen. Schließlich sei er doch nicht zurückgegangen, da er realisiert hätte, dass sein Leben in Gefahr wäre. Zu seiner privaten Situation in Österreich führte der Bf aus, dass er mit seiner "Lebensgefährtin" in gemeinsamen Haushalt wohnte, Deutschkurse besuche und an der Universität studiert habe. Auch habe er zwei Jahre in einem Verein Fußball gespielt und an mehreren Konzerten mit seiner Gospelband teilgenommen. Zudem leide er an Rheuma und habe Probleme mit den Bandscheiben, dem rechten Knie sowie mit dem Herz und den Lungen. Deshalb hätte er bereits im Jahr 2005 operiert werden sollen. Jedoch habe er in derselben Woche seinen negativen Bescheid erhalten und habe er sich daher darum kümmern müssen, weshalb er nicht operiert worden wäre. Er sei auch im Jahr 2006 untersucht worden, wobei Krebsspuren entdeckt worden wären. Einen diesbezüglichen Eingriff habe er allerdings aus Angst verweigert.

 

Im Rahmen der Einvernahme legte der Bf eine Anmeldebestätigung zur Selbstversicherung bei der oberösterreichischen Gebietskrankenkasse, drei Teilnahmebestätigungen zu Deutschkursen, eine Unterstützungserklärung der Sportunion x einen Aufnahmevertrag zwischen der Anton-Bruckner-Privatuniversität und ihm, zwei Schreiben von Professoren der Anton-Bruckner-Privatuniversität, einen Studentenausweis der Anton-Bruckner-Privatuniversität, sowie eine Unterschriftenliste zur Erlangung eines humanitären Aufenthaltsrechtes in Österreich vor. Weiters legte der Bf einen orthopädischen Befund des AKH Linz vom 06. April 2009 vor, wonach eine Retropatellararthrose diagnostiziert worden sei.

 

Im Zuge der am 27. April 2010 stattgefundenen niederschriftlichen Einvernahme hob die EAST-West den faktischen Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG auf.

 

1.26. Die EAST-West hat gemäß § 22 Abs. 10 AsylG die Bezug habenden Verwaltungsakten dem Asylgerichtshof übermittelt. Unmittelbar nach dem Einlangen am 30. April 2010 bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Asylgerichtshofes wurde die EAST-West vom Eingang informiert.

 

1.27. Gegen den mündlich verkündeten Bescheid erhob der nunmehrige Rechtsvertreter des Bf mit Schriftsatz vom 30. April 2010 Beschwerde an den Asylgerichtshof.

 

Einleitend wurde die ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides beantragt. Nach Darstellung des Privat- und Familienlebens, der sprachlichen und der "beruflichen" Integration zeigte der Rechtsvertreter die "Versuche" des Bf auf, seinen illegalen Aufenthalt zu legalisieren.

Abschließend führte der Bf in rechtlicher Hinsicht aus, dass sich die relevante Sach- und Rechtslage seit der Entscheidung des UBAS vom 29. Dezember 2005 grundlegend geändert habe. § 12a AsylG würde ein völlig rechtliches Neuland darstellen, die von der Behörde intendierte Ausweisung greife äußerst intensiv in die durch Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten Rechtsgüter des Bf ein und diesem müsse gemäß Art. 13 EMRK das Recht zukommen, gegen eine derartige Entscheidung ein wirksames Rechtsmittel bei einer nationalen Instanz einlegen zu können.

 

1.28. Mit Beschluss vom 3. Mai 2010, Zl. A6 264.955-2/2010/3E, beurteilte der Asylgerichtshof die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 1 Z. 1,2 und 3 iVm § 41a AsylG als rechtmäßig.

 

Dagegen erhob der Bf mit Schriftsatz vom 6. Mai 2010 Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und beantragte u.a. die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

 

Mit Beschluss vom 7. Mai 2010, U 1046/10-3, gab der Verfassungsgerichtshof dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung Folge.

 

1.29. Nach Beschlusszustellung ersuchte der Bf die belangte Behörde im Schreiben vom 7. Mai 2010 um "Aufschiebung der Schubhaft". Als Beilage wurde der belangten Behörde der Beschluss des Verfassungsgerichtshofes zur Kenntnis gebracht.

 

1.30. Aufgrund des Ersuchens teilte die belangte Behörde dem Rechtsvertreter des Bf mit, dass zwar infolge des Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes "von einer Abschiebung zum gegenwärtigen Zeitpunkt abzusehen" sei, die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG weiterhin aufrecht bleibe.

 

1.31 Laut ZMR Anfrage vom 21. April 2010 war der Bf seit seiner Einreise in Österreich bis zum 26. November 2009 beinahe durchgehend polizeilich gemeldet. Ab dem 19. Mai 2009 war der Bf an der Adresse seiner "Lebensgefährtin" gemeldet.

 

1.32 Aus dem Betreuungsinformationssystem (Abfrage vom 12. Oktober 2009) ergibt sich, dass dem Bf seit seiner Ankunft in Österreich jedenfalls bis zum Juli 2009 die vorübergehende Grundsversorgung gewährt worden ist.

 

2. Mit Schriftsatz vom 10. Mai 2010, gerichtet an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, eingelangt per Fax am 10. Mai 2010, erhob der Bf, vertreten durch seinen Rechtsvertreter "Beschwerde gegen die Anhaltung in Schubhaft über den Zeitpunkt 07.05.2010, 17.00 Uhr, hinausgehend" und beantragt neben der Kosten erschließbar die Rechtswidrigerklärung der Anhaltung ab dem genannten Zeitpunkt und den Ausspruch, dass "der Bf auch in Zukunft nicht mehr in Schubhaft angehalten werden darf".

 

In den Ausführungen zum Sachverhalt (Seiten 2 bis 10) ging der Rechtsvertreter u.a. auch auf die illegalen Ausreiseversuche (Punkte 8 und 9) des Bf ein und legte im Punkt 10 dar, dass dieser im November 2009 bereit gewesen wäre, freiwillig nach Nigeria auszureisen. Über den Verein x habe der Bf bereits den entsprechenden Flug gebucht. Infolge alarmierender Nachrichten habe der Bf den Rückflug nicht anzutreten gewagt. Anschließend habe der Bf im "Raum Oberösterreich-Linz bei verschiedenen Freunden mit wechselnden Aufenthaltsorten gelebt, weil er in großer Sorge vor einer Festnahme und Abschiebung gewesen sei. Vor allem habe er sich bei seiner Lebensgefährtin x in deren Wohnung versteckt aufgehalten. Nach der Festnahme habe der Bf am selben Tag einen Asylantrag gestellt. Die dabei vorgebrachte Behauptung, sich von November 2009 bis März 2010 in Ungarn aufgehalten zu haben, entspreche nicht den Tatsachen. Der Bf dachte, dass es im Asylverfahren günstiger wäre, den illegalen Aufenthalt im Bundesgebiet zu verschweigen und darüber hinaus habe er die Lebensgefährtin nicht belasten wollen.

 

Nach Wiedergabe der vom Rechtsvertreter gesetzten Vertretungsschritte wies dieser darauf hin, dass sich der Bf im Hinblick auf § 11 Abs. 1 Z. 3 NAG entschlossen habe, freiwillig nach x auszureisen, um der "18-monatigen Titelsperre" zu entgehen und der entsprechende Rückflug für Montag den 10. Mai 2010 gebucht worden sei. Nach Zustellung des Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes (Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung) habe er, der Rechtsvertreter, den Flug storniert.

 

Zur Rechtswidrigkeit der Anhaltung ab dem bezeichneten Zeitpunkt (7. Mai 2010, 17.00 Uhr) führte der Rechtsvertreter aus, dass der "Haftgrund zur Sicherung der Erlassung einer Ausweisung absurd" sei, da "bereits eine rechtskräftige und durchsetzbare Ausweisung" vorliege und außerdem eine negative Entscheidung über den Asylfolgeantrag zur Folge habe, dass eine neuerliche Ausweisung erlassen werden müsse. Aufgrund des Schriftverkehrs mit der belangen Behörde gehe der Rechtsvertreter nunmehr davon aus, dass ausschließlich der Haftgrund "Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG angenommen" werde. Der Haftgrund "Sicherung der Abschiebung" liege unter keinen Umständen mehr vor, da "für den Bf eine realistische Aussicht und Chance" bestehe, "dass das derzeit vor dem Verfassungsgerichtshof anhängige Verfahren zum Ergebnis führen wird, dass eine Ausweisung des Bf nach x aufgrund der in § 10 Abs. 2 Z. 2 AsylG angeführten Kriterien auf Dauer unzulässig ist". Niemand wisse, wie das Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ausgehen bzw. wann mit einer Entscheidung "in der Sache" durch diesen zu rechnen sei. "Der Verfassungsgerichtshof entscheide in Sessionen, sodass ein Zeitraum von einem halben Jahr, einem dreiviertel Jahr oder auch einem Jahr vergehen" könne, bis ein Erkenntnis oder ein Beschluss vorliege. Während dieser Zeit könne der Bf nicht vorbeugend in Schubhaft gehalten werden.

 

Unter Punkt 2.2 (Seite 12 der Beschwerdeschrift) führte der Rechtsvertreter aus:

"Es wird von der Rechtsvertreter des Bf gar nicht in Zweifel gezogen, dass im Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaft-Bescheides bis zum 07.05.2010 die rechtlichen Voraussetzungen für einen derartigen Bescheid gegeben gewesen sind und bis zu diesem Zeitpunkt – aufgrund des bisherigen Verhaltens des Bf – ein Haftgrund nicht durch gelindere Mittel substituierbar war."

 

In der Folge stellt der Rechtsvertreter die Behauptung auf, dass eine völlig neue Situation eingetreten sei und bringt vor, dass der Bf vor der Beschlussfassung des Verfassungsgerichtshofes zur freiwilligen Ausreise bereit gewesen sei und aufgrund des Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes die Gefahr eines Untertauchens des Bf nicht mehr bestehe, weil dieser "bis zur Endentscheidung über die Beschwerde des Bf vom 06.05.2010" (Beschwerdeverfahren U 1046/10-3) nicht abgeschoben werden dürfe.

 

Im Falle der Enthaftung würde der Bf bei seiner "Lebensgefährtin" Aufenthalt nehmen, sich dort anmelden und im Falle der Erlassung eines Bescheides nach   § 77 FPG der Meldeverpflichtung nachkommen. Eine tägliche Meldeverpflichtung sei jedenfalls unverhältnismäßig.

 

Der Beschwerdeschrift schließt der Rechtsvertreter 15 Beilagen an.

 

3.1.1. Mit Schreiben vom 11. Mai 2010 übermittelte die belangte Behörde per Boten den Fremdenakt in Kopie und erstattete eine Gegenschrift. Der Vorlageakt langte am 11. Mai 2010 um 16.15 Uhr beim Oö. Verwaltungssenat ein.

 

Abstellend auf den relevanten Sachverhalt erachtete die belangte Behörde den Schubhaftbescheid und die Anhaltung entgegen der Beschwerdeausführungen für rechtmäßig.

 

Zum bereits aus der Beschwerde und den Beilagen bekannten Sachverhalt brachte die belangte Behörde ergänzend vor, dass bereits im September 2009 für den Bf ein nigerianisches Heimreisezertifikat erlangt werden konnte. Um die Abschiebung zu sichern, sei als gelinderes Mittel die tägliche Meldepflicht des Bf bescheidmäßig angeordnet worden. Die vom Bundesministerium für Inneres (im Folgenden BMI) für 21. Oktober 2009 geplante Charterrückführung sei storniert, die nächste Charterrückführung für 1. Dezember 2009 geplant und der Bf hiefür angemeldet worden. Zwischenzeitig habe sich der Bf beim Verein x als freiwilliger Rückkehrer angemeldet. Da der Bf seine Rückkehrwilligkeit in der Art vortäuschte, indem er eine Buchungsbestätigung über einen Flug am 24. November 2009 nach x vorlegte, sei er seitens der belangten Behörde von der Charterliste gestrichen worden, um ihm die freiwillige Ausreise zu ermöglichen. Kurz vor dem Abflugtermin habe der Bf die gelinderen Mittel nicht mehr eingehalten und sei untergetaucht. Aufgrund dieses Verhaltens habe die belangte Behörde einen Festnahmeauftrag gemäß § 74 Abs. 2 Z. 1 FPG erlassen. Im Zuge einer durchgeführten Nachschau in der Wohnung der "Lebensgefährtin" sei der Bf, versteckt hinter der Küchentür, wahrgenommen worden. Da er sich nicht ausweisen (wollte oder) konnte, sei zum Zwecke der Identitätsfeststellung die Festnahme des Bf erfolgt. In Kenntnis der wahren Identität des Bf sei der Festnahmeauftrag der belangten Behörde vollzogen worden. Nach Stellung eines Asylfolgeantrages, der Verständigung des Bundesasylamtes, dass ein Ausweisungsverfahren eingeleitet worden ist und nach der Schubhaftverhängung habe sich der Bf beim Verein Menschrechte Österreich gemeldet und bekannt gegeben, dass er freiwillig nach x zurückkehre möchte. Der für 10. Mai 2010 geplante Flug habe storniert werden müssen, da der Bf in Kenntnis des Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes von der freiwilligen Ausreise nach x Abstand genommen habe.

Zum bestehenden Sicherungsbedürfnis wies die belangte Behörde auf die mehrfachen Versuche des Bf hin, sich den fremdenpolizeilichen Maßnahmen zu entziehen. Die Täuschungshandlungen des Bf würden sich "wie ein roter Faden" durch das Leben des Bf in Österreich ziehen. Neben der Ausreiseunwilligkeit des Bf sei dieser weder sozial verankert, mehrfach straffällig geworden und auch aktenkundig keiner legalen Beschäftigung nachgegangen. In der Zeit von 2004 bis 2009 habe er laufend Unterstützungszahlungen aus der Grundversorgung bezogen.

Der Beschluss des Verfassungsgerichtshofes hindere lediglich die sofortige Abschiebung während des laufenden Asylverfahrens. Entgegen den Beschwerdebehauptungen gelte es das laufende Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung zu sichern.

Nach Ausführungen und der Auseinandersetzung mit den einschlägigen Normen und der vorliegenden besonderen rechtlichen Konstellation ging die belangte Behörde von der Rechtmäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft aus, wies auf das Vorliegen des nigerianischen Heimreisezertifikates hin und zeigte auf, dass sie bemüht sei, die Schubhaft so kurz als möglich zu halten.

 

Abschließend wurde die kostenpflichtige Abweisung der Schubhaftbeschwerde beantragt.

 

3.1.2. Mit Fax vom 12. Mai 2010 brachte der Rechtsvertreter des Bf eine "Dringliche Beschwerdeergänzung" ein.

Inhaltlich setzte sich der Rechtsvertreter mit § 12a Abs. AsylG auseinander und stellte Überlegungen zur weiteren Vorgangsweise des Verfassungsgerichtshofes an. Darauf aufbauend kam der Rechtsvertreter zum Ergebnis, dass es "schubhaftrechtlich nicht rechtmäßig" sein könne, den Bf nunmehr "vorsorglich" in Haft zu halten, obgleich völlig ungewiss sei, welchen Gang und Ausgang das Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof nehmen und wie lange das Verfahren dauern werde.

Für den Rechtsvertreter sei es undenkbar, dass es rechtmäßig sein könnte, den Bf für die Dauer des Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof – egal, was letztendlich durch dieses Verfahren im Ergebnis herauskomme – einfach "vorsorglich" in Schubhaft zu halten, um sodann – sollte das Verfahren für den Bf negativ ausgehen – gesichert zu haben, dass sich der Bf dem (neuerlichen) asylbehördlichen Ausweisungsverfahren sowie allenfalls einer Abschiebungsmaßnahme nicht entziehen könne.

 

3.1.3. Mit Fax vom 12. Mai 2010, 18.46 Uhr, eingelangt am 14. Mai 2010, übermittelte der Rechtsvertreter des Bf die Verfügung des Verfassungsgerichtshofes vom 10. Mai 2010, mit der der Asylgerichtshof um Aktenübermittlung ersucht worden war.

 

3.1.4. Mit Fax vom 14. Mai 2010, 08.57 Uhr, erstattete der Rechtsvertreter eine ergänzende Mitteilung. Unter Bezugnahme auf die bereits zuvor übermittelten Beschwerdeergänzungen brachte der Rechtsvertreter vor, dass sich der Verfassungsgerichtshof "diese Beschwerdesache genau ansehen" werde. Im vorliegenden Fall spreche alles dafür, dass das Verfahren auf jeden Fall längere Zeit in Anspruch nehmen werde und eine Verfahrensdauer von einem halben bis zu einem Jahr realistisch sei. Es könne daher nicht sein, dass der Bf bis dahin "vorsorglich" und "vorbeugend" in Schubhaft angehalten werde.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt, die Beschwerdeschrift und die Beschwerdeergänzungen festgestellt, dass bereits aus der Aktenlage der Sachverhalt hinlänglich geklärt ist. Da im Wesentlichen Rechtsfragen zu klären waren, konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1.1. Nach § 82 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009 (im Folgenden: FPG), hat der Fremde das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn er

1. nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2. unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde oder

3. gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Nach § 83 Abs. 1 FPG ist zur Entscheidung über eine Beschwerde gemäß § 82 Abs. 1 Z. 2 oder 3 der unabhängige Verwaltungssenat zuständig in dessen Sprengel die Behörde ihren Sitz hat, welche die Anhaltung oder die Schubhaft angeordnet hat. In den Fällen des § 82 Abs. 1 Z. 1 richtet sich die Zuständigkeit nach dem Ort der Festnahme.

 

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (vgl. § 83 Abs. 4 FPG).

 

4.1.2. Dem Bf wurde am 23. April 2010 um 14.15 Uhr der Schubhaftbescheid der belangten Behörde ausgefolgt, anschließend wurde er in das PAZ Wels verbracht und seither wird er in Schubhaft angehalten.  

 

Seine Beschwerde ist zulässig aber unbegründet.

 

4.2.1. Gemäß § 76 Abs. 1 FPG 2005 können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft nur verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Nach § 76 Abs. 2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zweck der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§ 53 oder 54) oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (§ 60) verhängt worden ist oder

4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Gemäß § 80 Abs 1 FPG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Sie darf gemäß § 80 Abs 2 FPG nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Mit Ausnahme der Fälle des § 80 Abs 3 und 4 FPG darf die Schubhaft nicht länger als 2 Monate dauern.

 

Die Schubhaft ist nach dem § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.

 

4.2.2. Der faktische Abschiebeschutz bzw. der faktische Abschiebeschutz bei Folgeanträgen wird im Asylgesetz in den §§ 12 und 12a geregelt. Das Aufenthaltsrecht eines Asylwerbers, dessen Verfahren zugelassen ist, erfährt im § 13 eine Regelung.

 

Nach § 12 Abs. 1 AsylG kann ein Fremder, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, außer in den Fällen des § 12a, bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung, bis zur Gegenstandslosigkeit des Verfahrens oder nach einer Einstellung bis zu dem Zeitpunkt, an dem eine Forstsetzung des Verfahrens gemäß § 24 Abs. 2 nicht mehr zulässig ist, weder zurückgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben werden (faktischer Abschiebeschutz); § 32 bleibt unberührt. Sein Aufenthalt im Bundesgebiet ist geduldet. Ein auf Grund anderer Bundesgesetze bestehendes Aufenthaltsrecht bleibt unberührt. § 36 Abs. 4 gilt.

 

Gemäß § 12a Abs. 2 AsylG kann das Bundesasylamt den faktischen Abschiebeschutz eines Fremden, der einen Folgeantrag gemäß § 2 Abs. 1. Z. 23 gestellt hat, aufheben, wenn

1.      gegen ihn eine aufrechte Ausweisung besteht,

2.      der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes eingetreten ist, und

3.      die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens und der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Nach § 22 Abs. 10 AsylG ergehen Entscheidungen des Bundesasylamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Asylgerichtshof unverzüglich von Amts wegen zur Überprüfung gemäß § 41a zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an den Asylgerichtshof; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat der Asylgerichtshof im Rahmen der Überprüfung gemäß   § 41a mit Beschluss zu entscheiden.

 

Gemäß § 41a Abs. 1 AsylG ist eine Entscheidung des Bundesasylamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§12a Abs. 2) vom Asylgerichtshof unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.      § 40 gilt sinngemäß. § 66 Abs. 2 AVG ist nicht anzuwenden.

Nach § 41a Abs. 2 AsylG sind die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß        § 12a Abs. 2 und eine aufrechte Ausweisung mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Ausweisung umsetzenden Abschiebung ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Asylgerichtshofes zuzuwarten. Der Asylgerichtshof hat das Bundesasylamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im  Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

Gemäß § 41a Abs. 3 AsylG hat der Asylgerichtshof über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 binnen acht Wochen zu entscheiden.

 

4.3. Im Hinblick auf § 83 Abs. 4 FPG ist der Unabhängige Verwaltungssenat gehalten, eine umfassendere Beurteilung vorzunehmen.

 

4.3.1. Bei Vorliegen sämtlicher formeller Voraussetzungen für die konkret in Aussicht genommene aufenthaltsbeendende Maßnahme kann die Schubhaft jedenfalls auf § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG gestützt werden.

 

Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist bei Eingriffen in das Recht auf persönliche Freiheit stets das unmittelbar anwendbare Gebot der Verhältnismäßigkeit zu beachten und die zuständige Fremdenpolizeibehörde hat in jedem Fall eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Verfahrens und der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof folgert daraus, dass die die Schubhaft anordnende Behörde nachvollziehbar darzulegen hat, inwiefern die Anordnung der Schubhaft erforderlich ist, um den Sicherungszweck zu erreichen. In diesem Sinn seien auch die Überlegungen anzustellen, ob dem Sicherungszweck bereits durch die Anwendung gelinderer Mittel gemäß § 77 FPG entsprochen werden kann (siehe VwSen-401019/5/Wei/Se mit zahlreichen Verweisen). Im Erkenntnis vom
30. August 2007 hat der Verwaltungsgerichtshof zudem ausgeführt, dass dies im Ergebnis bedeute, dass die Schubhaft auch dann, wenn sie auf einen der Tatbestände des § 76 FPG gestützt werden soll, stets nur die ultima ratio sein darf.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verlangt die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit einer Schubhaft nach § 76 Abs. 2 FPG eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Außerlandesschaffung und dem privaten Interesse an der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen. Dabei ist der Frage nach dem Sicherungsbedürfnis nachzugehen, was die gerechtfertigte Annahme voraussetzt, der Fremde werde sich dem Verfahren oder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen oder diese Maßnahmen zumindest wesentlich erschweren.

 

So hat der Verwaltungsgerichtshof z.B. in seinem Erkenntnis vom 28.6.2007, Zl. 2004/21/0003, einer Schubhaftbeschwerde unter Hinweis auf seine mit der dg. Entscheidung vom 22.6.2006, Zl. 2006/21/0081, geänderte Rechtsprechung, wonach allein das Vorliegen einer vollstreckbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme sowie von strafgerichtlichen Verurteilungen (weil die Inschubhaftnahme nicht der Aufdeckung, Verhinderung oder Sanktionierung von Straftaten dienen darf; vgl. VfSlg 13715/1994; VwGH vom 22.11.2007, Zl. 2006/21/0189; VwGH 28.5.2008, Zl. 2007/21/0246) und einer fehlenden Ausreisewilligkeit (insbesondere, solange noch nicht feststeht, ob die Abschiebung zulässig und die Ausreise zu überwachen ist sowie ein konkreter Sicherungsbedarf besteht) für die Tragfähigkeit der Prognose, dass sich der Asylwerber dem weiteren fremdenpolizeilichen Verfahren entziehen werde, nicht mehr hinreichen, stattgegeben. 

 

Zur fehlenden Ausreisewilligkeit eines Fremden führt der Verwaltungsgerichtshof nunmehr in ständiger Rechtsprechung aus, dass diese für sich allein nicht die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung rechtfertigt. Es ist nämlich in einem zweiten Schritt die Frage des Bestehens eines Sicherungsbedarfes zu prüfen, der insbesondere im Fall mangelnder sozialer Verankerung im Inland in Betracht kommt (vgl ua. VwGH 8.9.2005, Zl. 2005/21/0301; VwGH 22.6.2006, Zl. 2006/21/0081; VwGH 27.3.2007, Zl. 2005/21/0381; VwGH 28.6.2007, Zl. 2005/21/0288; VwGH 30.8.2007, Zl. 2006/21/0107; VwGH 28.5.2008, Zl. 2007/21/0246; VwGH 17.3.2009, Zl. 2007/21/0542; VwGH 25.3.2010, Zl. 2009/21/0121; VwGH 25.3.2010, Zl. 2009/21/0276).

 

Ebenso darf die Schubhaft nicht als eine präventive Vorbereitungshandlung zu einer erfolgreichen Durchführung der Abschiebung (siehe VwGH vom
26. September 2007, Zl. 2004/21/0150) zum Einsatz gebracht werden. 

 

Darüber hinaus ist eine generalisierende Betrachtungsweise von vornherein unzulässig. Beispielsweise darf aus dem Nichtvorhandensein von Bargeld nicht schon "unter Zugrundelegung allgemeiner Erfahrungssätze" (siehe VwGH vom 24. 10.2007, 2006/21/0067) a priori darauf geschlossen werden, dass sich der Fremde, würde er in Freiheit belassen, die erforderlichen Mittel durch illegale Arbeit beschaffen wird.

 

4.3.2. Die belangte Behörde hat die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Zif. 2 FPG zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung bzw. zur Sicherung der Abschiebung angeordnet und verhängt.

 

Unstrittig steht fest, dass dem Bf vor der Schubhaftverhängung die Mitteilung des Bundesasylamtes gemäß § 29 Abs. 3 Z. 5 AsylG ausgefolgt und ihm nach den Bestimmungen des AsylG 2005 die Einleitung des Ausweisungsverfahren mitgeteilt worden ist.    

 

4.3.2.1. Die Verhängung der Schubhaft ist nach den angeführten Bestimmungen nur bei Vorliegen des Sicherungsbedarfes und der Verhältnismäßigkeit zulässig.

 

Im Erkenntnis vom 30.8.2007, Zl. 2006/21/0107, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass bei fehlenden Ausführungen zum Sicherungsbedarf und bei gänzlichem Fehlen nachvollziehbarer Begründungselemente von der Rechtswidrigkeit des angeordneten Freiheitsentzuges auszugehen sei.

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof jüngst in seinem Erkenntnis vom 25. März 2010, Zl. 2009/21/0276, unter Hinweis auf die ständige höchstgerichtliche Rechtsprechung, ausgesprochen hat, verlangt die Zulässigkeit der Schubhaft über die Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen (§ 76 FPG) hinaus ihre Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit, zu deren Beurteilung eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung der Außerlandesschaffung (Aufenthaltsbeendigung) und dem privaten Interesse an der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen ist. Bei dieser Prüfung ist unter dem Gesichtspunkt des öffentlichen Interesses vor allem der Frage nachzugehen, ob im jeweils vorliegenden Einzelfall ein Sicherungsbedürfnis gegeben ist. Das setzt die gerechtfertigte Annahme voraus, der Fremde werde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bzw. nach deren Vorliegen der Abschiebung (insbesondere) durch Untertauchen entziehen oder sie zumindest wesentlich erschweren. Neben der Ausreiseunwilligkeit muss der Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein. Für die Bejahung des Sicherungsbedarfes kommen im Anwendungsbereich des § 76 Abs. 1 FPG insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens des Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfs freilich auch sein "bisheriges Verhalten" in Betracht zu ziehen (vgl. VwGH 17.3.2009, Zl. 2007/21/0542 mit weiteren Nennungen).

 

Aus dem auch bereits von der belangten Behörde umfassend festgestellten Sachverhalt ist, wie nachfolgend dargelegt, das Vorliegen eines Sicherungsbedarfes unabdingbar abzuleiten.

 

Vorausschickend ist festzuhalten, dass selbst der Rechtsvertreter des Bf die Erlassung des Schubhaftbescheides und die bis 7. Mai 2010, 17.00 Uhr, andauernde Anhaltung für rechtmäßig erachtet und die Anordnung eines gelinderen Mittels für diesen Zeitraum als nicht zulässig betrachtet hat (siehe Beschwerdeschrift Seite 12 Punkt 2.2).

 

Wie bereits ausgeführt, ist der entscheidungsrelevante Sachverhalt unstrittig. Die vom Rechtsvertreter vorgenommene Bewertung des Sachverhaltes und die aus dem Verhalten des Bf gezogenen Schlüsse stehen im klaren Widerspruch zu den Schlussfolgerungen der belangten Behörde.

 

Der Rechtsvertreter versucht in umfangreichen Ausführungen, die sich teilweise wiederholend in zahlreichen Schriftsätzen ("Schubhaftbeschwerde", Beschwerde an den Asylgerichtshof, Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof) finden und die geeignet sind, die familiäre, soziale und schulische Integration derart in den Vordergrund zu stellen, um den Blick auf das tatsächlich entscheidungsrelevante Verhalten des Bf zu verschleiern.

 

Bei der beinahe geschönt anmutenden Darstellung des sozialen Umfeldes des Bf darf nicht außer Acht gelassen werden, dass Teile des Beschwerdevorbringens in eindeutigem Widerspruch zu den niederschriftlich festgehaltenen Aussagen des Bf und seinem gelebten Verhalten stehen.

 

So will der Rechtsvertreter glaubhaft machen, dass der Bf wiederholt bereit war, freiwillig das Bundesgebiet zu verlassen, um mittels Antragstellung aus einem Drittstaat bzw. dem Herkunftsstaat den Aufenthaltsstatus im Bundesgebiet legalisieren zu können und um der "18-monatigen Titelsperre" zu entgehen.

 

Entgegen dem Beschwerdevorbringen zeichnet der vorliegende Fremdenakt und der daraus erschließbare relevante Sachverhalt ein anderes Bild.

 

Das (erste) Asylverfahren des Bf ist bereits mit der Zustellung des vom UBAS erlassenen Bescheides am 4. Jänner 2006 rechtskräftig beendet worden. Auch wenn der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 9. September 2008 abgelehnt hat, kann sich der Bf nicht darauf berufen, während dieser Zeitspanne über einen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet verfügt zu haben, zumal der Verwaltungsgerichtshof weder nach der Aktenlage noch nach dem Beschwerdevorbringen der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt hat. Hätte der Bf tatsächlich freiwillig ausreisen und eine rechtmäßige Wiedereinreise vorbereiten wollen, wäre ihm ausreichend Zeit dafür zur Verfügung gestanden. Selbst nach Kenntnisnahme des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes ist der Bf nicht von sich aus tätig geworden und entgegen der bestehenden Ausreiseverpflichtung vorerst im Bundesgebiet verblieben. Um einer zwangsbewehrten Abschiebung in den Herkunftsstaat zu entgehen hat der Bf mehrere illegale Ausreiseversuche (Kanada, Italien) unternommen und sich dabei österreichischer Reisedokumente bedient, die nicht auf seinen Namen ausgestellt waren. Wegen des erstmaligen Gebrauches fremder Ausweise (Tatzeit 8. Februar 2009) verurteilte das LG Linz den Bf nach  § 231/1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 4 Wochen, bedingt auf 2 Jahre (Urteil vom 13. Juli 2009, Zl. 24 Hv 87/2009p). Da der Bf weiterhin keineswegs geneigt war, seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen, wurde er zum Zwecke der Erlangung eines Heimreisezertifikates am 3. September 2009 festgenommen und der nigerianischen Botschaft in Wien vorgeführt. Im Hinblick auf die polizeiliche Meldung des Bf bei seiner Freundin/Lebensgefährtin nahm die belangte Behörde von der Schubhaftverhängung Abstand und ordnete lediglich ein gelinderes Mittel (tägliche Meldung) an. Der Bf ist der Meldeverpflichtung nur dreimal nachgekommen. Im Wissen, dass der belangten Behörde ein Heimreisezertifikat übermittelt werde und die tägliche Meldung dazu diene, seine Abschiebung unmittelbar nach dem Einlangen des Heimreisezertifikates zu gewährleisten, tauchte der Bf unter, reiste am 21. Oktober 2009 mit der Bahn nach Italien und versuchte unter Gebrauch eines fremden Reisedokumentes via Rom nach Kanada auszureisen, um so seiner Abschiebung zu entgehen. Nach der Festnahme in Italien und der Rückschiebung am 23. Oktober 2009 beließ es die belangte Behörde beim gelinderen Mittel, bereitete nach Erlangung des nigerianischen Heimreisezertifikates die Abschiebung vor und fixierte den Abflugtermin. In Kenntnis dieser Vorbereitungshandlungen bekundete der Bf wiederum seine Bereitschaft, freiwillig ausreisen zu wollen. Zu diesem Zweck trat er an den Verein x heran und gemeinsam mit diesem wurde der Abflugtermin vereinbart. Wie die folgende Vorgangsweise des Bf und auch seine Verantwortung gegenüber der belangten Behörde zeigt, hatte der Bf tatsächlich keinesfalls beabsichtigt, freiwillig auszureisen. Mit seiner Bereitschaft wollte er nur die zwangsbewehrte Abschiebung verhindern. Dies gelang ihm vorerst auch, da die belangte Behörde, auf die Ankündigung vertrauend, von der geplanten Charterabschiebung Abstand nahm. Um nach außen ein rechtskonformes Verhalten zu demonstrieren, leistete der Bf vorerst den behördlichen Anordnungen (gelinderes Mittel – Meldepflicht) Folge. Zwei Tage vor der geplanten "freiwilligen Rückkehr" – Abflugtermin am 24. November 2009 – tauchte der Bf unter. Diese Vorgangsweise zeigt deutlich auf, dass der Bf keineswegs gewillt ist, in seinen Herkunftsstaat zurückzukehren. Inwieweit ihn dabei seine "Lebensgefährtin" dabei unterstützt bzw. unterstützt hat, lässt sich dem vorliegenden Akt nicht entnehmen. Unbestritten ist jedenfalls, dass sie den Verein x davon informiert hat, dass der Bf seinen Koffer und sein Mobiltelefon mitgenommen und die gemeinsame Wohnung verlassen habe. Weiters äußerte sie dabei die Vermutung, dass der Bf wieder einmal das Land auf eigene Faust verlassen wolle. Ein nigerianischer Reisepass sei ihm aufgrund der Ausstellung des Heimreisezertifikates nicht ausgestellt worden. Entgegen der Beschwerdeausführungen erwähnt die "Lebensgefährtin" mit keinem Wort, dass die Abstandnahme von der Rückkehr ihren Grund darin hatte, weil der Bf "alarmierende Nachrichten aus Nigeria erhalten" habe und er deswegen in großer Sorge gewesen sei (Beschwerde Seite 6 Punkt 10). Folgte man den Beschwerdeausführungen – äußerst enge Beziehung zwischen dem Bf und seiner Lebensgefährtin – ist unverständlich, dass der Bf seiner "Lebensgefährtin" die "wahren Gründe" seiner Abstandnahme nicht mitgeteilt und kommentarlos ("ohne eine Nachricht zu hinterlassen" – E-Mail vom 24. November 2009 vom Verein x an die belangte Behörde) die Wohnung verlassen hat. Dass mit den zeitlich nicht einzuordnenden bekanntgewordenen "Nachfluchtgründen" das Untertauchen des Bf begründet werden soll, ist offensichtlich. Hätte der rechtsfreundlich vertretene Bf tatsächlich von derartigen "Nachfluchtgründen" erfahren, wäre ihm zuzumuten gewesen, dass er seinen Rechtsvertreter informiert und unverzüglich ein Asylantrag eingebracht wird. Von den sogenannten Nachfluchtgründen hat der Bf aber bei der Stellung des Folgeantrages selbst noch nichts gewusst. Dieser erfolgte im Zuge der fremdenpolizeilichen Befragung am 22. April 2010 um 11.10 Uhr und zwar unmittelbar nachdem dem Bf zur Kenntnis gebracht worden war, dass seine Abschiebung nach x beabsichtigt sei. Auch noch bei der anschließenden Erstbefragung durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes blieb der Bf dabei, dass der einzige Grund der Antragsstellung die bevorstehende Abschiebung nach x sei, sich die Verfolgungsgründe in x nicht geändert hätten und er noch immer gefährdet sei. Erst über Nachfragen gab der Bf Umstände bekannt, die sich Anfang 2009 ereignet hätten. Von einer neuerlichen Asylantragstellung habe er Abstand genommen, da er in Linz ein Bleiberecht erlangen wollte. Dieses Vorbringen steht im Widerspruch zu den Beschwerdeausführungen und bestätigt, dass das Untertauchen am 22. November 2009 nicht wegen kurz zuvor bekanntgewordener "Nachfluchtgründe" erfolgt ist. Obwohl der Bf bei der Erstbefragung das Untertauchen und den Aufenthaltswechsel nach Ungarn damit begründet hat, um einer Abschiebung nach x zu entgehen, hat sein Rechtsvertreter den Aufenthalt in Ungarn in Abrede gestellt, die Aussage des Bf als nicht den Tatsachen entsprechend bezeichnet und die Vornahme der Falschaussage damit zu begründen versucht, dass sich der Bf damit nur eine günstigere Ausgangsposition im Asylverfahren verschaffen wollte. Unabhängig davon, ob sich der Bf nun im angesprochenen Zeitraum illegal in Ungarn oder versteckt bei seiner Lebensgefährtin in Österreich aufgehalten hat, zeigt das Verhalten klar auf, dass der Bf eine Abschiebung mit allen Mitteln zu verhindern sucht. Dass der Bf keinen offenen und aufrichtigen Umgang mit den Behörden pflegt, lässt auch sein Verhalten in der Wohnung der Lebensgefährtin erkennen. So hat er sich gegenüber den einschreitenden Beamten als "x" ausgegeben um seine tatsächliche Identität zu verheimlichen.

Stellt man auf die Aussagen des Bf ab, die er gegenüber den einschreitenden Beamten getätigt hat und die niederschriftlich aufgenommen worden sind, ist erkennbar, dass der Ausreiseversuch von Österreich nach Kanada und jener, der über Rom nach Kanada vorgenommen werden sollte, nicht der Legalisierung des Aufenthaltes in Österreich durch eine Auslandsantragstellung dienen sollte (E-Mail 23. Oktober 2009 vom Verbindungsbüro der Kanadischen Grenzschutzbehörde an das BMI: "Nach einigen verschiedenen Versionen gab er letztendlich an, in Österreich zu studieren und da sein Status in Österreich auslaufe wollte er nach Kanada.").

 

Dass die neuerliche Kontaktaufnahme mit dem Verein x zum Zwecke der freiwilligen Rückkehr nach x (Erklärung zur freiwilligen Rückkehr in das Herkunftsland – unterfertigt vom Bf am 4. Mai 2010) lediglich dazu dienen sollte, dass Unbill der Schubhaft abzuwehren bzw. diese zu verkürzen lässt sich aus der folgenden Reaktion des Bf ersehen. Unmittelbar nach Kenntnis der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch den Verfassungsgerichtshof (Beschwerdeverfahren betreffend Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes) ließ der Bf durch seinen Rechtsvertreter den für den 10. Mai 2010 gebuchten Flug noch am 7. Mai 2010 stornieren (Beschwerdeschrift Seite 10).

 

Insgesamt betrachtet zeigt das Verhalten des Bf auf, dass er nicht gewillt ist, sich der österreichischen Rechtsordnung zu unterwerfen und er konsequent seine ursprüngliche Absicht – ständiger Aufenthalt in Österreich – verfolgt.

Von der umfassenden Integration, so wie der Bf in der Beschwerdeschrift und den weiteren beigelegten Schriftsätzen ausgeführt, kann keinesfalls gesprochen werden, da sich der Bf teilweise monatelang im Untergrund aufgehalten und Behördenkontakte gemieden hat. 

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass dem Bf nicht nur die erkennbare Ausreiseverweigerung vorzuhalten ist, sondern durch das von ihm über einen weiten Zeitraum gesetzte und erprobte Verhalten ein Untertauchen in die Illegalität zu befürchten war und auch ist.

Mit dem Beschwerdevorbringen kann der Bf nicht nachvollziehbar und überzeugend darlegen, dass ein konkretes Sicherheitsbedürfnis nicht bestehe. Stellt man den bestehenden sozialen Bindungen das bisherige Fehlverhalten und die aktenkundigen Täuschungshandlungen des Bf gegenüber, ist eindeutig ersichtlich, dass der Bf weder Österreich freiwillig verlassen noch sich dem derzeitigen Verfahren stellen und den erforderlichen fremdenpolizeilichen Maßnahmen ohne weiteres fügen werde.

4.3.2.2. Entgegen der Ansicht des Rechtsvertreters wird der Bf nicht "vorsorglich" und auch nicht "vorbeugend" in Schubhaft angehalten. Die Anhaltung des Bf dient derzeit ausschließlich dazu, das Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung nach den Bestimmungen des AsylG zu sichern und ein neuerliches Untertauchen des Bf zu verhindern.

Der Beschluss des Verfassungsgerichtshofes hat keine Auswirkungen auf die Schubhaft. Selbst wenn man davon ausginge, dass mit der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die in § 41a Abs. 2 AsylG vorgesehene Durchsetzbarkeit und Durchführbarkeit vorübergehend suspendiert wäre, d.h. dem Bf der faktische Abschiebeschutz aufgrund des weiteren Asylantrages (Asylfolgeantrages) gemäß § 12 AsylG zukomme, ändere der Beschluss aber nichts daran, dass der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12 Abs. 1 AsylG u.a. bei der Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung endet. Laut Aktenlage ist die Erlassung einer zurückweisenden Entscheidung (§ 68 AVG) verbunden mit einer Ausweisungsentscheidung beabsichtigt und steht eine solche unmittelbar bevor. Die belangte Behörde hat wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass derzeit die Anhaltung zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung dient und nicht wie der Rechtsvertreter meint, zur vorsorglichen und vorbeugenden Verwahrung, um das Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof abzuwarten.

Aufgrund des bisherigen Verhaltens des Bf ist die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen, dass der mit der Sicherungsmaßnahme verfolgte Zweck nicht auch durch die Anordnung gelinderer Mittel erreicht werden kann.

 

Der konkrete Sicherungsbedarf ist somit gegeben und die Anwendung gelinderer Mittel ausgeschlossen.  

 

4.3.2.3. Die Verhängung und Aufrechterhaltung der Schubhaft ist im konkreten Fall auch verhältnismäßig, denn dem Recht des Bf auf Schutz der persönlichen Freiheit steht das dieses überwiegende Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen und damit an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung gegenüber. Um dieses Ziel zu gewährleisten, war der Eingriff in das Recht des Bf auf den Schutz der persönlichen Freiheit erforderlich. Die belangte Behörde hat das bisherige Verfahren zielstrebig und unter Bedachtnahme darauf geführt, dass die knapp drei Wochen andauernde Schubhaft so kurz wie möglich gehalten wird.

 

Der gegenläufigen Einwendung des Bf war nicht zu folgen.

 

4.4. Im Ergebnis erweist sich daher der Schubhaftbescheid und die Anhaltung in Schubhaft als rechtmäßig, weshalb die vorliegende Beschwerde gemäß § 83 FPG i.V.m. § 67c Abs. 3 AVG als unbegründet abzuweisen und gleichzeitig festzustellen war, dass die für die Anhaltung des Bf in Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum gegenwärtigen Zeitpunkt weiterhin vorliegen.

 

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bund als Rechtsträger der belangten Behörde (Verfahrenspartei: Polizeidirektor von Linz) nach § 79a Abs. 1 und 4 AVG i.V.m. § 1 Z. 3 und 4 der Aufwandsersatzverordnung UVS, BGBl.Nr. II 456/2008, antragsgemäß ein Aufwandsersatz in Höhe von insgesamt 426,20 Euro (57,40 Euro für den Vorlageaufwand und 368,80 Euro für den Schriftsatzaufwand) zuzusprechen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Eingabegebühren in Höhe von 186,40 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

Mag. Stierschneider

 

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum