Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100511/33/Bi/Hm

Linz, 15.07.1992

VwSen - 100511/33/Bi/Hm Linz, am 15. Juli 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des W F, R, A, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J L, S, E, vom 12. März 1992 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 7. Februar 1992, VerkR96/5316/1991, auf Grund des Ergebnisses der am 26. Mai 1992 begonnenen und am 9. Juli 1992 fortgesetzten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht:

1. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich des Schuldspruches, der verhängten Strafe sowie des vorgeschriebenen Kosten- und Barauslagenersatzes mit der Maßgabe bestätigt, daß die Tatzeit auf "gegen 18.30 Uhr" eingeschränkt wird.

2. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz den Betrag von 2.000 S (20 % der verhängten Geldstrafe) als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 24, 51 und 19 VStG, §§ 5 Abs.1, 5 Abs.9 und 99 Abs.1 lit.a StVO 1960. Zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit Straferkenntnis vom 7. Februar 1992, VerkR96/5316/1991, über Herrn W F, R, A, wegen der Übertretung gemäß § 5 Abs.1 i.V.m. § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 10.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen verhängt, weil er am 30. März 1991 in der Zeit zwischen ca. 18.00 Uhr und 18.30 Uhr den PKW der Marke Audi, mit dem Kennzeichen , auf der B Gemeindestraße von L kommend in Richtung T bis ca. 100 m vor dem Wohnhaus Nr. 5 in B gelenkt hat (Unfall), wobei er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befand.

Gleichzeitig wurde er zur Leistung eines Verfahrenskostenbeitrages erster Instanz von 1.000 S und zum Ersatz der Barauslagen für das Alkomatröhrchen von 10 S verpflichtet.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht, sodaß die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben ist. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden. Im Rahmen der am 26. Mai und 9. Juli 1992 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung wurden der Rechtsmittelwerber sowie die Zeugen Rev.Insp. J F, Bez.Insp. K M und J A vernommen, die beim Gemeindeamt T am 5. September 1991 aufgenommene Aussage der entschuldigt nicht erschienenen Zeugin M M wurde verlesen sowie ein medizinisches Sachverständigengutachten der Amtsärztin Dr. S K erstellt.

3. Der Rechtsmittelwerber führt in der Berufung aus, die Tatzeit auf eine halbe Stunde festzulegen, entspreche nicht den Verfahrensbestimmungen. Die Alkoholisierungssymptome seinen fast drei Stunden nach dem Unfall erst wahrgenommen worden und hinsichtlich ihres Beweiswertes eingeschränkt. Eine relevante Alkoholbeeinträchtigung zur Tatzeit habe nicht vorgelegen, weil er vor dem Unfall seit Mittag nur zwei Halbe Bier getrunken habe und der restliche Blutalkoholgehalt von einem Nachtrunk stammt, hinsichtlich dessen die Erstbehörde seinen Beweisanträgen keine Folge gegeben habe. Überdies sei die verhängte Strafe überhöht.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Hinsichtlich der Tatzeit hat der Zeuge J A angegeben, der Unfall habe sich in einer Entfernung von höchstens 250 m vom Haus B 48 entfernt ereignet, und der Beschuldigte sei zwischen 18.30 Uhr und 18.45 Uhr dorthingekommen. Gleiches ergibt sich aus der verlesenen Aussage der Zeugin M M vom 5. Sptember 1991, sodaß davon auszugehen ist, daß sich der Verkehrsunfall gegen 18.30 Uhr des 30. März 1991 ereignet hat.

4.2. Hinsichtlich der Nachtrunkbehauptung ist festzuhalten, daß die Zeugen A und M von einer Alkoholbeeinträchtigung nichts bemerkt haben und der Beschuldigte bei ihnen nichts Alkoholisches zu trinken bekommen hat. Beide Gendarmeriebeamte konnten sich nicht mehr daran erinnern, daß der Beschuldigte angegeben hätte, einen Nachtrunk in Form von drei Halben Bier nach dem Unfall zu Hause konsumiert zu haben, wobei insbesondere Bezirksinspektor M glaubwürdig bestätigte, daß im Fall einer Nachtrunkbehauptung diese dezidiert im Anzeigenbeiblatt festgehalten würde. Die Amtshandlung mit dem Beschuldigten sei ohne Zwischenfälle verlaufen und sowohl er als auch Rev.Insp. F konnten sich im Bezug auf die Trinkangaben nur mehr daran erinnern, daß der Beschuldigte angegeben hatte, bis ca. 18.00 Uhr in einem Gasthaus eine größere Menge Bier getrunken zu haben. Auf die Bekanntgabe des Alkomatmeßergebnisses habe der Beschuldigte in keiner Weise überrascht reagiert, wobei laut Aussage von Bez.Insp. M, Rev.Insp. F mit ihm die im Beiblatt zur Anzeige angeführten Rubriken durchging und ausfüllte. Insbesondere wurde dabei der Alkoholkonsum zwischen Mittag und 18.30 Uhr mit sechs Halben Bier angegeben und ein Nachtrunk verneint.

Der unabhängige Verwaltungssenat vertritt im Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Auffassung, daß es der allgemeinen Lebenserfahrung entspricht, daß ein Fahrzeuglenker bei Konfrontation mit dem Vorwurf, sein Fahrzeug in alkoholbeeinträchtigtem Zustand gelenkt zu haben, im Fall eines Nachtrunkes diesen sofort einwendet, um diesen zu entkräften (vgl. Erkenntis vom 12. Oktober 1970, 133/70). Der Rechtsmittelwerber hat während der Amtshandlung weder einen Nachtrunk behauptet noch das Ergebnis der Alkomatuntersuchung in irgendeiner Weise angezweifelt oder eine Blutuntersuchung verlangt, obwohl beim Inhaber einer Lenkerberechtigung vorausgesetzt werden muß, daß ihm die Konsequenzen eines Alkomatergebnisses mit und ohne Nachtrunk bewußt sind und er einen tatsächlich stattgefundenen Nachtrunk sofort einwendet.

Hinsichtlich der Trinkangaben legte der rechtsfreundliche Vertreter des Beschuldigten bei der Verhandlung am 9. Juli 1992 eine eidesstättische Erklärung der Wirtin des Gasthauses A in L, M S, vor, aus der hervorgeht, daß der Beschuldigte zwischen 17.00 Uhr und 18.00 Uhr des 30. März 1991 in ihrem Gasthaus eine Halbe Normalbier konsumiert habe und ihm keine Alkoholisierungssymptome aufgefallen seien. Darzu ist feszustellen, daß Gastwirte in der Regel bemüht sind, ihre Gäste nicht zu verlieren und schon deshalb verständlicherweise keine umfangreiche Zustandsbeschreibung des Rechtsmittelwerbers zu erwarten war. Daß weder der Wirtin noch den Zeugen M und A Anzeichen einer Alkoholbeeinträchtigung beim Rechtsmittelwerber aufgefallen sind, ist durchaus glaubwürdig.

Zumal beim Beschuldigten in der mündlichen Verhandlung tatsächlich leichte Sprachschwierigkeiten festzustellen waren und auch von den Gendarmeriebeamten nicht behauptet wurde, er hätte gelallt oder eine unsichere Gehweise gehabt. Da jedoch bereits Alkoholgeruch in der Atemluft für die Vermutung einer Alkoholbeeinträchtigung ausreicht und die Aufforderung zur Alkomatuntersuchung rechtfertigt, war diese als korrekt anzusehen.

Aus dem medizinischen Sachverständigengutachten, welches auf der Grundlage der Angaben des Rechtsmittelwerbers erstellt wurde, ergibt sich zweifelsfrei eine Diskrepanz zwischen dem umgerechneten Blutalkoholwert zum Zeitpunkt der Alkomatuntersuchung von ca. 1,1 Promille (daraus ergibt sich zur Unfallzeit ein BAG von ca. 1,3 Promille) und dem aus den Trinkangaben des Rechtsmittelwerbers errechneten Blutalkoholgehalt von ca. 0,7 Promille (unter Abzug des Nachtrunkes ca. 0,6 Promille zur Unfallzeit). Diese Diskrepanz laßt zweifelsfrei darauf schließen, daß die Angaben des Rechtsmittelwerbers zumindest unvollständig sind, wobei die Richtigkeit des Alkomatergebnisses weder von diesem unmittelbar nach der Untersuchung, noch im nunmehrigen Verfahren in Zweifel gezogen wurde. Der Beweis des Nachtrunks (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. April 1985, 85/02/0019) ist somit mißlungen.

Im Einklang mit den schlüssigen und nachvollziehbaren Aussagen der beiden Gendarmeriebeamten, die im Rahmen der mündlichen Verhandlung einen guten und glaubwürdigen Eindruck hinterließen, gelangt der unabhängige Verwaltungssenat zu der Auffassung, daß der Rechtsmittelwerber, hätte er tatsächlich die geschilderte Alkoholmenge als Nachtrunk zu sich genommen, dies sofort bei der Amtshandlung gegenüber den beiden Gendarmeriebeamten eingewendet hätte, zumal ihm die Folgen eines Nachtrunks durchaus bewußt sein mußten. Der nunmehr konstruierte Nachtrunk erklärt den Atemluftalkoholgehalt um 20.57 Uhr des 30. März 1991 in keiner Weise, allerdings konnten sich beide Gendarmeriebeamte erinnern, daß der Rechtsmittelwerber ihnen gegenüber von einem größeren Bierkonsum gegen 18.00 Uhr in einem Gasthaus in Laufenbach sprach, was auch mit den Beiblatt zur Anzeige, das gemäß seinen Angaben erstellt wurde, übereinstimmt. Aus diesem Grund ist davon auszugehen, daß ein Nachtrunk nicht stattgefunden hat, sodaß eine Alkoholbeeinträchtigung bereits zum Unfallzeitpunkt bestanden hat, wobei zwischen Unfall und Alkomatprobe bereits zweieinhalb Stunden vergangen waren, sodaß unter Zugrundelegung einer stündlichen Abbaurate von 0,1 Promille zur Lenkzeit ein BAG von ca. 1,35 Promille bestanden hat.

Der unabhängige Verwaltungssenat gelangt daher zu der Auffassung, daß der Rechtsmittelwerber den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

4.3. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß Abs.2 dieser Bestimmung sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Zunächst ist festzuhalten, daß der Strafrahmen des § 99 Abs.1 StVO von 8.000 S bis 50.000 S reicht, wodurch bereits vom Gesetzgeber ausgedrückt wurde, daß eine Mißachtung der Alkoholbestimmungen zu den rücksichtslosesten und gravierendsten Übertretungen der Straßenverkehrsordnung überhaupt gehört. Der Rechtsmittelwerber weist eine nicht einschlägige Vormerkung aus dem Jahr 1991 auf und ist sohin nicht mehr als verwaltungsstrafrechtlich unbescholten anzusehen. Mildernd war kein Umstand, erschwerend die Verursachung eines Verkehrsunfalles mit Sachschaden sowie der Umstand, daß der Rechtsmittelwerber den gesetzlichen Grenzwert nicht bloß geringfügig "übersehen", sondern offensichtlich im Bewußtsein, daß er noch einen PKW lenken, würde größere Mengen Alkohol konsumiert hat, was sich aus dem auf die Unfallzeit rückgerechneten Blutalkoholwert zweifelsfrei ergibt.

Die verhängte Strafe ist sowohl dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung angemessen, als auch entspricht sie den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen des Rechtsmittelwerbers (ca. 10.000 S netto monatlich, kein Vermögen, sorgepflichtig für die Gattin und zwei Kinder).

Die verhängte Strafe liegt im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens und ist im Hinblick auf ihren general- und vor allem spezialpräventiven Zweck gerechtfertigt.

4.4. Die Vorschreibung des Kostenersatzes für das Alkomatmundstück in Höhe von 10 S gründet sich auf die Bestimmung des § 5 Abs.9 StVO 1960, wonach im Fall der Feststellung einer Alkoholbeeinträchtigung bei einer Untersuchung nach Abs.2a lit.b leg.cit. die Kosten der Untersuchung vom Untersuchten zu tragen sind. Der vorgeschriebene Betrag ist sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach angemessen.

Zu II.:

Die Vorschreibung der Verfahrenskosten gründet sich auf die zitierten Gesetzesbestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

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