Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-240738/2/Gf/Mu

Linz, 16.06.2010

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung der x, vertreten durch RA x, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 29. März 2010, GZ SanRB96-166-2009, wegen zwei Übertretungen des Tabakgesetzes zu Recht erkannt:

I.     Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II.   Die Berufungswerberin hat weder einen Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 29. März 2010, GZ SanRB96-166-2009, wurde über die Rechtsmittelwerberin zum einen
eine Geldstrafe in Höhe von 500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 50 Stunden) und zum anderen eine Geldstrafe in Höhe von 800 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden) verhängt, weil sie es als handelsrechtliche Geschäftsführerin einer GmbH, die Inhaberin eines Gastronomiebetriebes sei, zu verantworten habe, "dass für den als 'x' bezeichneten Bereich des Teils des öffentlichen Ortes 'x' auf das Rauchverbot nicht hinreichend hingewiesen und damit nicht dafür Sorge getragen wurde, dass ..... trotz des bestehenden generellen Rauchverbotes durch Gäste des Betriebes nicht geraucht wird", denn zum einen hätten am 12. Oktober 2009 gegen 12.30 Uhr und zum anderen am 4. Dezember 2009 gegen 14.55 Uhr jeweils "Gäste an den Tischen, die zur x 'x' gehören, geraucht", wobei sie zu diesen Tatzeitpunkten "das Rauchen der Gäste nicht unterbunden bzw. unterbinden lassen" habe. Dadurch habe sie jeweils eine Übertretung des § 13 Abs. 1 i.V.m. § 13c Abs. 1 Z. 2 und § 13c Abs. 2 Z. 3 des Tabakgesetzes, BGBl.Nr. 431/1995, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I  120/2008 (im Folgenden: TabakG), begangen, weshalb sie nach § 14 Abs. 4 TabakG zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass die der Beschwerdeführerin angelastete Tat auf Grund der Anzeige einer Privatperson und des von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung seien keine Milderungsgründe hervorgekommen, während die zu zwei verschiedenen Tatzeitpunkten begangene und somit vorliegende Wiederholung der strafbaren Handlungen als erschwerend zu werten gewesen sei. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen.

1.2. Gegen dieses ihr am 30. März 2010 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 9. April 2010 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

Darin bringt die Rechtsmittelwerberin vor, dass sie nur für das von ihr betriebene Lokal, nicht aber für die außerhalb desselben befindliche Einkaufsstraße (sog. "Shopping-Mall") des Einkaufzentrums verantwortlich sei. Denn sie sei nicht "Inhaberin" derselben, weshalb sie gegen keine der in § 13c Abs. 1 und 2 TabakG normierten Obliegenheiten verstoßen habe. Zudem könne trotz des Umstandes, dass ein Lokal gegenüber der Mall „offen“ sei, die Maßgeblichkeit der Ausnahmebestimmung des § 13a Abs. 3 TabakG nicht zweifelhaft sein. Nachdem das Rauchverbot gemäß § 13 Abs. 1 TabakG „in Räumen öffentlicher Orte“ bestehe, sei außerdem nicht die Öffentlichkeit eines Ortes, sondern das Tatbestandsmerkmal des „Raumes“ maßgebend. Aufgrund des Luftangebotes im Einkaufszentrum selbst sei dieses aber mit einem Ort „im Freien“ vergleichbar, weshalb der Bereich der Mall kein Raum in einem öffentlichen Ort sei. Darüber hinaus treffe das Rauchverbot primär den Raucher selbst. Weiters wird vorgebracht, dass die von ihr im erstinstanzlichen Verfahren beigebrachten Beweismittel nicht berücksichtigt worden seien, weshalb im gegenständlichen Fall gravierende Verfahrensmängel vorlägen. Abschließend wird darauf hingewiesen, dass nur ein geringes Verschulden vorliege, weil die vorgeworfene Tat ohne Folgen geblieben sei, da sich kein Nichtraucher beeinträchtigt gefühlt habe, sodass insgesamt auch die Voraussetzungen des § 21 VStG erfüllt seien.

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu eine Herabsetzung der Strafhöhe bzw. ein Absehen von der Strafe beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Linz-Land zu GZ SanRB96-166-2009; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen schon gemäß § 51e Abs. 2 Z. 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Weil in dem diesem Verfahren zu Grunde liegenden Straferkenntnis auch keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war im Rechtsmittelverfahren ein Einzelmitglied zur Entscheidung zuständig (vgl. § 51c VStG).

3. Über die vorliegende Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 14 Abs. 4 i.V.m. § 13c Abs. 1 Z. 2, § 13 Abs. 1 und § 13c Abs. 2 Z. 3 TabakG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 2.000 Euro zu bestrafen, der als Inhaber von Räumen eines öffentlichen Ortes gemäß § 13 Abs. 1 TabakG nicht dafür Sorge trägt, dass in diesen Räumen eines öffentlichen Ortes nicht geraucht wird.

Nach § 14 Abs. 4 i.V.m. § 13c Abs. 1 Z. 3, § 13a Abs. 1 Z. 1 und § 13c Abs. 2 Z. 4 TabakG begeht u.a. auch derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 2.000 Euro zu bestrafen, der als Inhaber eines Gastgewerbetriebes i.S.d. § 13a Abs. 1 TabakG nicht dafür Sorge trägt, dass in den der Verabreichung von Speisen oder Getränken an Gäste dienenden Räumen (= lt. Überschrift zu § 13a TabakG: Räumen der Gastronomie), soweit nicht gemäß § 13a Abs. 2 bis Abs. 4 TabakG eine Ausnahme vom Rauchverbot besteht, nicht geraucht wird.

3.2. Während also die erstere Strafnorm ein absolutes, strafbewehrtes Verbot statuiert, erweist sich dem gegenüber Letztere insofern bloß als relativ, als diese (zahlreiche) Ausnahmen zulässt. Im Übrigen entsprechen jedoch beide Delikte insofern ein und demselben Typus, als tatbestandsmäßig ein "Rauchverbot ..... gilt" und dieses formal jeweils auf den Begriff "Räume" abstellt. Offensichtlich ist mit diesem Terminus inhaltlich jedoch jeweils Unterschiedliches gemeint: Während § 13a TabakG, wie dies insbesondere aus dessen Abs. 2 und 3 deutlich wird, in seiner Zielsetzung davon ausgeht, dass unter den "Räumen der Gastronomie" – gleichsam in einem engeren Sinn – nur solche zu verstehen sind, die nach allen Seiten (und allenfalls auch nach oben) abgeschlossen bzw. zumindest mittels einer rauchdichten Tür abschließbar sind (vgl. § 13a Abs. 2 TabakG: "wenn gewährleistet ist, dass der Tabakrauch nicht in die mit Rauchverbot belegten Räumlichkeiten dringt"), liegt dem § 13 Abs. 1 TabakG in einem weiteren Sinn die Vorstellung eines Raumes zu Grunde, der sich außerhalb eines nach allen Seiten abgeschlossenen Raumes befindet bzw. befinden kann und über den der Inhaber verfügungsberechtigt ist.

Insbesondere am Beispiel eines überdachten, mehrgeschossigen Einkaufszentrums (wie es auch dem gegenständlichen Fall zu Grunde liegt) erläutert verkörpern daher das Einkaufzentrum als Ganzes einerseits sowie jene Räume, die sich außerhalb von abgegrenzten (d.h. abgeschlossenen bzw. abschließbaren) Gastgewerbebetrieben befinden, andererseits jeweils die "Räume öffentlicher Orte" i.S.d. § 13 Abs. 1 TabakG, hingegen die der Gastronomie dienenden, allseits umschlossenen Einheiten jene unter § 13a Abs. 1 TabakG zu subsumierenden Räume.

Diese idealtypische Abgrenzung verschwimmt allerdings dann, wenn ein Gastronomiebetrieb (auch bzw. ausschließlich) aus Räumen, die nicht nach allen Seiten abgegrenzt sind, besteht, d.h nur (bzw. sowohl) über Räume i.S.d. § 13 Abs. 1 TabakG (als auch über Räume i.S.d. § 13a Abs. 1 TabakG) verfügt.

3.3. Dies ändert jedoch nichts daran, dass auch in diesem Fall hinsichtlich der Tatanlastung – im Hinblick auf die nur in Bezug auf Räume i.S.d. § 13a TabakG, nicht jedoch auch für Räume i.S.d. § 13 Abs. 1 TabakG bestehenden Ausnahmen gemäß § 13a Abs. 2 bis 4 TabakG – strikt zwischen diesen beiden Delikten zu differenzieren ist. 

In Verbindung damit, dass § 44a Z. 1 VStG nämlich als einen allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsstrafverfahrens festlegt, dass der Spruch des Straferkenntnisses den Tatvorwurf genau zu bezeichnen hat – dazu gehört insbesondere eine möglichst präzise Angabe von Tatort und Tatzeit, sodass kein Zweifel darüber bestehen kann, wofür der Beschuldigte bestraft worden ist, um den Täter rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. die Nachweise bei W. Hauer – O. Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, Wien 2004, S. 1520 ff, m.w.N.) – ist daher, um gerade einem Gastgewerbetreibenden einen effektiven Schutz vor einer Doppelbestrafung zu gewährleisten, eine dementsprechend exakte Spruchkonkretisierung zu fordern.

Wenn sich das strafbare Verhalten daher in einem überdachten Einkaufszentrum zugetragen hat und der Tatort dort derart ausgestaltet ist, dass der Gastgewerbetreibende einerseits über ein als solches räumlich abgegrenzt wahrnehmbares "eigentliches" Gastlokal (= abgeschlossener Raum i.S.d. § 13a Abs. 1 TabakG) verfügt und andererseits auch außerhalb desselben zu diesem Lokal gehörige (Sessel und) Tische aufgestellt sind, die vom eigentlichen Lokal durch eine sog. "Einkaufsstraße" ("Shopping Mall") getrennt sind, dann kann nach der dem TabakG offensichtlich zu Grunde liegenden Konzeption hinsichtlich der Verletzung des Rauchverbots an außerhalb des eigentlichen Lokals befindlichen Tischen jedenfalls nur eine Bestrafung wegen des Allgemeindeliktes des § 14 Abs. 4 i.V.m. § 13c Abs. 1 Z. 2 TabakG (öffentlicher Ort), nicht jedoch auch eine Bestrafung wegen des Sonderdeliktes des § 14 Abs. 4 i.V.m. § 13c Abs. 1 und § 13a Abs. 1 bis 4 TabakG (Raum eines Gastgewerbebetriebes) erfolgen.

In diesem Zusammenhang hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 1. Oktober 2009, B 776/09, ausgesprochen, dass Räume "nach dem allgemein gebräuchlichen Begriffsverständnis dreidimensional eingegrenzte Bereiche" sind. Wenngleich diese Begründung in Wahrheit unscharf ist – weil unter einem Raum gerade nach dem allgemein gebräuchlichen Begriffsverständnis auch genau das Gegenteil verstanden werden kann: in Analogie zu einer Geraden und einer Ebene stellt der Raum nämlich die unbegrenzte Einheit dar, während dem gegenüber der Punkt, die Fläche bzw. der Körper jeweils die konträren, dimensional limitierten Erscheinungsformen bilden –, bleibt im Ergebnis dennoch kein Zweifel, dass der VfGH unter den spezifischen "Räumen öffentlicher Orte" (i.S.d. § 13 Abs. 1 TabakG – denn nur darauf bezieht sich die Festlegung des VfGH in dem vorangeführten Erkenntnis !) eine nach drei Dimensionen eingegrenzte Einheit verstanden wissen will.

Daraus folgt aber für den hier in Rede stehenden Problemkreis, dass das in § 13a TabakG geregelte Gastgewerbelokal gleichsam einen "Raum im Raum" verkörpert, wenn sich jenes in einem überdachten (und sohin selbst den Begriff des Raumes erfüllenden) Einkaufszentrum befindet, wobei hierfür a priori sowohl eine Bestrafung wegen des Sonderdelikts gemäß § 14 Abs. 4 i.V.m. § 13c Abs. 1 und § 13a Abs. 1 bis 4 TabakG als auch eine Bestrafung wegen des Allgemeindelikts nach § 14 i.V.m. § 13c Abs. 1 Z. 2 TabakG in Betracht kommt.

Da beiden Strafbestimmungen jedoch offenkundig dieselbe Intention zu Grunde liegt (Schutz vor Passivrauchen in Räumen), ist jedoch im Hinblick auf Art. 4 des 7. ZPMRK eine Kumulation dieser Strafen gemäß § 22 VStG unzulässig.

Um einen Konventions- bzw. Verfassungsverstoß hintanzuhalten, ist es daher im Hinblick auf § 44a Z. 1 VStG in jenen Fällen, in denen der Beschuldigte ein solcher Inhaber eines in einem überdachten Einkaufszentrum befindlichen Gastgewerbebetriebes ist, der auch Tische außerhalb seines "eigentlichen" Lokals aufgestellt hat, entweder erforderlich, im Spruch des Straferkenntnisses die Tat dahin zu konkretisieren, ob jene Tische, an denen gegen das Rauchverbot verstoßen wurde, innerhalb oder außerhalb des "eigentlichen" (abgeschlossenen, d.h. dreidimensional abgrenzbaren Raumes im Raum) Lokals aufgestellt waren oder es bedarf dann, wenn ein solcher abgeschlossener Lokalbereich z.B. deshalb nicht existiert, weil die Räume der Gastronomie i.S.d. § 13a Abs. 1 TabakG nach außen hin – d.h. zumindest nach einer Seite hin – offen ausgestaltet sind, eben der expliziten (negativen) Feststellung im Spruch des Straferkenntnisses, dass der Tatort nicht den Begriff des Raumes i.S.d. § 13a Abs. 1 TabakG erfüllt.   

3.4. Im gegenständlichen Fall wurde im Spruch als Tatort zunächst allgemein der „als 'x' bezeichnete Bereich des Teils des Raumes des öffentlichen Ortes 'x'“ angeführt und dieser sodann im Spruchpunkt 1. und. 2 durch die Angabe „an den Tischen, die zur Pizzeria gehören“ näher spezifiziert.

Allein daraus, aber auch in Verbindung mit der Begründung geht jedoch nicht hervor, ob es sich um einen (allgemeinen) Raum i.S.d. § 13 Abs. 1 TabakG oder ob es – bzw. dass es sich explizit nicht – um einen (spezifischen) Raum i.S.d. § 13a Abs. 1 TabakG handelte; in der Folge fehlt auch eine Konkretisierung dahin, ob sich die Tische innerhalb oder außerhalb des "eigentlichen" Lokales im zuvor angeführten Sinne befanden (ganz abgesehen davon, dass auch das essentielle Tatbestandsmerkmal "überdacht" in Verbindung mit "Einkaufszentrum" fehlt).

3.5. Neben diesen Spruchmängeln lässt sich seitens der belangten Behörde auch durch kein aus dem Akt ersichtliches Beweismittel belegen, dass die Beschwerdeführerin zweifelsfrei auch als Inhaberin beider Bereiche – nämlich des "eigentlichen" Lokals und der diesem gegenüberliegenden, durch einen Weg getrennten   Tischgruppe – angesehen werden kann.

Damit wurde aber zugleich auch dem verwaltungsstrafrechtlichen Mindeststandard hinsichtlich Tatbestandsermittlung und Beweissicherung nicht entsprochen (was offenbar vornehmlich darauf zurückzuführen ist, dass die Anzeigeerstattung hier nicht durch ein im Hinblick auf die Erfordernisse des § 44a Z. 1 VStG geschultes Sicherheitsorgan, sondern durch eine Privatperson erfolgte).

3.6. Weil eine Spruchkorrektur im vorliegenden Fall schon wegen der zwischenzeitlich eingetretenen Verfolgungsverjährung nicht in Betracht kam, war der gegenständlichen Berufung sohin gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG schon aus diesen Gründen stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG einzustellen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Berufungswerberin nach § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  G r o f

Rechtssatz:

 

VwSen-240738/2/Gf/Mu vom 16. Juni 2010:

 

Art. 4 7.ZPMRK; § 13 TabakG; § 13a TabakG; § 13c TabakG; § 14 Abs. 4 TabakG; § 44a Z. 1 VStG

 

* Gemäß § 14 Abs. 4 i.V.m. § 13c Abs. 1 Z. 2, § 13 Abs. 1 und § 13c Abs. 2 Z. 3 TabakG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 2.000 Euro zu bestrafen, der als Inhaber von Räumen eines öffentlichen Ortes gemäß § 13 Abs. 1 TabakG nicht dafür Sorge trägt, dass in diesen Räumen eines öffentlichen Ortes nicht geraucht wird.

Nach § 14 Abs. 4 i.V.m. § 13c Abs. 1 Z. 3, § 13a Abs. 1 Z. 1 und § 13c Abs. 2 Z. 4 TabakG begeht u.a. auch derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 2.000 Euro zu bestrafen, der als Inhaber eines Gastgewerbetriebes i.S.d. § 13a Abs. 1 TabakG nicht dafür Sorge trägt, dass in den der Verabreichung von Speisen oder Getränken an Gäste dienenden Räumen (= lt. Überschrift zu § 13a TabakG: Räumen der Gastronomie), soweit nicht gemäß § 13a Abs. 2 bis Abs. 4 TabakG eine Ausnahme vom Rauchverbot besteht, nicht geraucht wird.

* Während also die erstere Strafnorm ein absolutes, strafbewehrtes Verbot statuiert, erweist sich dem gegenüber Letztere insofern bloß als relativ, als diese (zahlreiche) Ausnahmen zulässt. Im Übrigen entsprechen jedoch beide Delikte insofern ein und demselben Typus, als tatbestandsmäßig ein "Rauchverbot ..... gilt" und dieses formal jeweils auf den Begriff "Räume" abstellt. Offensichtlich ist mit diesem Terminus inhaltlich jedoch jeweils Unterschiedliches gemeint: Während § 13a TabakG, wie dies insbesondere aus dessen Abs. 2 und 3 deutlich wird, in seiner Zielsetzung davon ausgeht, dass unter den "Räumen der Gastronomie" – gleichsam in einem engeren Sinn – nur solche zu verstehen sind, die nach allen Seiten (und allenfalls auch nach oben) abgeschlossen bzw. zumindest mittels einer rauchdichten Tür abschließbar sind (vgl. § 13a Abs. 2 TabakG: "wenn gewährleistet ist, dass der Tabakrauch nicht in die mit Rauchverbot belegten Räumlichkeiten dringt"), liegt dem § 13 Abs. 1 TabakG in einem weiteren Sinn die Vorstellung eines Raumes zu Grunde, der sich außerhalb eines nach allen Seiten abgeschlossenen Raumes befindet bzw. befinden kann und über den der Inhaber verfügungsberechtigt ist.

Insbesondere am Beispiel eines überdachten, mehrgeschossigen Einkaufszentrums (wie es auch dem gegenständlichen Fall zu Grunde liegt) erläutert verkörpern daher das Einkaufzentrum als Ganzes einerseits sowie jene Räume, die sich außerhalb von abgegrenzten (d.h. abgeschlossenen bzw. abschließbaren) Gastgewerbebetrieben befinden, andererseits jeweils die "Räume öffentlicher Orte" i.S.d. § 13 Abs. 1 TabakG, hingegen die der Gastronomie dienenden, allseits umschlossenen Einheiten jene unter § 13a Abs. 1 TabakG zu subsumierenden Räume.

Diese idealtypische Abgrenzung verschwimmt allerdings dann, wenn ein Gastronomiebetrieb (auch bzw. ausschließlich) aus Räumen, die nicht nach allen Seiten abgegrenzt sind, besteht, d.h nur (bzw. sowohl) über Räume i.S.d. § 13 Abs. 1 TabakG (als auch über Räume i.S.d. § 13a Abs. 1 TabakG) verfügt.

* Dies ändert jedoch nichts daran, dass auch in diesem Fall hinsichtlich der Tatanlastung – im Hinblick auf die nur in Bezug auf Räume i.S.d. § 13a TabakG, nicht jedoch auch für Räume i.S.d. § 13 Abs. 1 TabakG bestehenden Ausnahmen gemäß § 13a Abs. 2 bis 4 TabakG – strikt zwischen diesen beiden Delikten zu differenzieren ist. 

In Verbindung damit, dass § 44a Z. 1 VStG nämlich als einen allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsstrafverfahrens festlegt, dass der Spruch des Straferkenntnisses den Tatvorwurf genau zu bezeichnen hat – dazu gehört insbesondere eine möglichst präzise Angabe von Tatort und Tatzeit, sodass kein Zweifel darüber bestehen kann, wofür der Beschuldigte bestraft worden ist, um den Täter rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. die Nachweise bei W. Hauer – O. Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, Wien 2004, S. 1520 ff, m.w.N.) – ist daher, um gerade einem Gastgewerbetreibenden einen effektiven Schutz vor einer Doppelbestrafung zu gewährleisten, eine dementsprechend exakte Spruchkonkretisierung zu fordern.

Wenn sich das strafbare Verhalten daher in einem überdachten Einkaufszentrum zugetragen hat und der Tatort dort derart ausgestaltet ist, dass der Gastgewerbetreibende einerseits über ein als solches räumlich abgegrenzt wahrnehmbares "eigentliches" Gastlokal (= abgeschlossener Raum i.S.d. § 13a Abs. 1 TabakG) verfügt und andererseits auch außerhalb desselben zu diesem Lokal gehörige (Sessel und) Tische aufgestellt sind, die vom eigentlichen Lokal durch eine sog. "Einkaufsstraße" ("Shopping Mall") getrennt sind, dann kann nach der dem TabakG offensichtlich zu Grunde liegenden Konzeption hinsichtlich der Verletzung des Rauchverbots an außerhalb des eigentlichen Lokals befindlichen Tischen jedenfalls nur eine Bestrafung wegen des Allgemeindeliktes des § 14 Abs. 4 i.V.m. § 13c Abs. 1 Z. 2 TabakG (öffentlicher Ort), nicht jedoch auch eine Bestrafung wegen des Sonderdeliktes des § 14 Abs. 4 i.V.m. § 13c Abs. 1 und § 13a Abs. 1 bis 4 TabakG (Raum eines Gastgewerbebetriebes) erfolgen.

In diesem Zusammenhang hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 1. Oktober 2009, B 776/09, ausgesprochen, dass Räume "nach dem allgemein gebräuchlichen Begriffsverständnis dreidimensional eingegrenzte Bereiche" sind. Wenngleich diese Begründung in Wahrheit unscharf ist – weil unter einem Raum gerade nach dem allgemein gebräuchlichen Begriffsverständnis auch genau das Gegenteil verstanden werden kann: in Analogie zu einer Geraden und einer Ebene stellt der Raum nämlich die unbegrenzte Einheit dar, während dem gegenüber der Punkt, die Fläche bzw. der Körper jeweils die konträren, dimensional limitierten Erscheinungsformen bilden –, bleibt im Ergebnis dennoch kein Zweifel, dass der VfGH unter den spezifischen "Räumen öffentlicher Orte" (i.S.d. § 13 Abs. 1 TabakG – denn nur darauf bezieht sich die Festlegung des VfGH in dem vorangeführten Erkenntnis !) eine nach drei Dimensionen eingegrenzte Einheit verstanden wissen will.

Daraus folgt aber für den hier in Rede stehenden Problemkreis, dass das in § 13a TabakG geregelte Gastgewerbelokal gleichsam einen "Raum im Raum" verkörpert, wenn sich jenes in einem überdachten (und sohin selbst den Begriff des Raumes erfüllenden) Einkaufszentrum befindet, wobei hierfür a priori sowohl eine Bestrafung wegen des Sonderdelikts gemäß § 14 Abs. 4 i.V.m. § 13c Abs. 1 und § 13a Abs. 1 bis 4 TabakG als auch eine Bestrafung wegen des Allgemeindelikts nach § 14 i.V.m. § 13c Abs. 1 Z. 2 TabakG in Betracht kommt.

Da beiden Strafbestimmungen jedoch offenkundig dieselbe Intention zu Grunde liegt (Schutz vor Passivrauchen in Räumen), ist jedoch im Hinblick auf Art. 4 des 7. ZPMRK eine Kumulation dieser Strafen gemäß § 22 VStG unzulässig.

Um einen Konventions- bzw. Verfassungsverstoß hintanzuhalten, ist es daher im Hinblick auf § 44a Z. 1 VStG in jenen Fällen, in denen der Beschuldigte ein solcher Inhaber eines in einem überdachten Einkaufszentrum befindlichen Gastgewerbebetriebes ist, der auch Tische außerhalb seines "eigentlichen" Lokals aufgestellt hat, entweder erforderlich, im Spruch des Straferkenntnisses die Tat dahin zu konkretisieren, ob jene Tische, an denen gegen das Rauchverbot verstoßen wurde, innerhalb oder außerhalb des "eigentlichen" (abgeschlossenen, d.h. dreidimensional abgrenzbaren Raumes im Raum) Lokals aufgestellt waren oder es bedarf dann, wenn ein solcher abgeschlossener Lokalbereich z.B. deshalb nicht existiert, weil die Räume der Gastronomie i.S.d. § 13a Abs. 1 TabakG nach außen hin – d.h. zumindest nach einer Seite hin – offen ausgestaltet sind, eben der expliziten (negativen) Feststellung im Spruch des Straferkenntnisses, dass der Tatort nicht den Begriff des Raumes i.S.d. § 13a Abs. 1 TabakG erfüllt.  

* Im gegenständlichen Fall wurde im Spruch als Tatort zunächst allgemein der „als 'x' bezeichnete Bereich des Teils des Raumes des öffentlichen Ortes 'x'“ angeführt und dieser sodann im Spruchpunkt 1. und. 2 durch die Angabe „an den Tischen, die zur x gehören“ näher spezifiziert.

Allein daraus, aber auch in Verbindung mit der Begründung geht jedoch nicht hervor, ob es sich um einen (allgemeinen) Raum i.S.d. § 13 Abs. 1 TabakG oder ob es – bzw. dass es sich explizit nicht – um einen (spezifischen) Raum i.S.d. § 13a Abs. 1 TabakG handelte; in der Folge fehlt auch eine Konkretisierung dahin, ob sich die Tische innerhalb oder außerhalb des "eigentlichen" Lokales im zuvor angeführten Sinne befanden (ganz abgesehen davon, dass auch das essentielle Tatbestandsmerkmal "überdacht" in Verbindung mit "Einkaufszentrum" fehlt).

* Neben diesen Spruchmängeln lässt sich seitens der belangten Behörde auch durch kein aus dem Akt ersichtliches Beweismittel belegen, dass die Beschwerdeführerin zweifelsfrei auch als Inhaberin beider Bereiche – nämlich des "eigentlichen" Lokals und der diesem gegenüberliegenden, durch einen Weg getrennten   Tischgruppe – angesehen werden kann.

Damit wurde aber zugleich auch dem verwaltungsstrafrechtlichen Mindeststandard hinsichtlich Tatbestandsermittlung und Beweissicherung nicht entsprochen (was offenbar vornehmlich darauf zurückzuführen ist, dass die Anzeigeerstattung hier nicht durch ein im Hinblick auf die Erfordernisse des § 44a Z. 1 VStG geschultes Sicherheitsorgan, sondern durch eine Privatperson erfolgte).

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum