Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165162/2/Br/Th

Linz, 17.06.2010

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der  Frau X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems vom 20.5.2010, VerkR96-2191-2010, zu Recht:

 

 

I.       Die Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben als gemäß § 21 VStG eine Ermahung ausgesprochen wird.

 

II.     Es entfallen demnach Verfahrenskostenbeiträge.

 

   

     Rechtsgrundlagen:

Zu I.:    § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl. Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009 - AVG iVm § 21, § 24,  § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch, BGBl. I Nr. 135/2009 VStG.

Zu II.:  § 65 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis über die Berufungswerberin gemäß § 99 Abs.3 lit.a iVm §  29 Abs.1 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 60 Euro und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden verhängt, weil sie am 22.12.2009, um 10:42 Uhr, in Windischgarsten, Bahnhofstraße 4, im Bereich eines Halte- u. Parkverbotes mit Ausnahme für „stark gehbehinderte Personen“ abgestellt habe, obwohl das Fahrzeug (ein X) nicht mit einem Ausweis iSd § 29b Abs.4 StVO gekennzeichnet war.

 

1.1. Die Behörde erster Instanz begründete die Entscheidung mit folgenden Ausführungen:

Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass die Ihnen zur Last gelegte Verwaltungsübertretung durch die dienstliche Wahrnehmung eines Wacheorganes des Österreichischen Wachdienstes als erwiesen anzusehen ist.

 

In Ihren Einspruchsangaben vom 28.3.2010 äußerten Sie sich, vertreten durch Ihre Sachwalterin Frau X, im wesentlichen dahingehend, dass Sie in der DIG-Tagesheimstätte in X beschäftigt seien und dadurch, dass der Tagesheimstättenbus auf dem Behindertenparkplatz stehen dürfe, sie sich offensichtlich im Irrtum darüber befanden, dass auch Sie auf diesem Parkplatz stehen dürften.

 

Auf Grund der Aktenlage steht folgender relevanter Sachverhalt fest:

 

Zum Zeitpunkt der dienstlichen Wahrnehmung des Wacheorganes, der Ihr Kraftfahrzeug um 10.42 Uhr kontrollierte und das Organmandat ausstellte, war Ihr vierrädriges Leichtkraftfahrzeug, Marke X, ohne Kennzeichen, im Bereich des Verbotszeichens "Halten und Parken verboten" ausgenommen "stark gehbehinderte Personen" abgestellt, obwohl das Fahrzeug nicht mit einem Ausweis gemäß § 29 b Abs. 4 StVO gekennzeichnet war.

 

Dieser Umstand wird von Ihnen auch nicht bestritten.

 

Die vom Mitarbeiter des ÖWD X, Dienstnummer X ausgestellte Organverfügung wurde von Ihnen nicht einbezahlt.

 

In freier Beweiswürdigung ging die Behörde davon aus, dass Sie die Ihnen zur Last angelastete Verwaltungsübertretung begangen haben.

 

Es bedarf keiner eingehenderen Begründung, dass Behindertenparkplätze deshalb geschaffen wurden, um dauernd stark gehbehinderten Personen die Teilnahme am Individualverkehr möglichst zu erleichtern. Durch das Abstellen Ihres Fahrzeuges auf einem Behindertenparkplatz wurden die vorhin genannten Verkehrsteilnehmer gehindert, den für sie bestimmten Parkraum zu benützen. Im Nahbereich des Behindertenparkplatzes gab es jedoch noch genügend andere Stellen, an denen ein Kraftfahrzeug - ohne gegen ein gesetzliches Verbot zu verstoßen  - abgestellt [gemeint wohl: werden] hätte können.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann unter Notstand im Sinne des § 6 VStG nur ein Fall der Kollision von Pflichten und Rechten verstanden werden, indem jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr einzig und allein dadurch retten kann, daß er eine im allgemeinen strafbare Handlung begeht; es muß sich um eine unmittelbar drohende Gefahr für das Leben, die Freiheit oder das Vermögen handeln (VwGH 27.5.1987, 87/03/0112, 17.2.1992, 91/19/0328 ua.).

 

Eine solche Notstandssituation lag in der von Ihnen im Einspruch vom 28.3.2010 geschilderten Situation nicht vor.

 

 

Aus dem Akt ist nicht ersichtlich, ob die Tat irgendwelche Schädigungen hervorgerufen hat. Allerdings ist das geschützte Interesse, nämlich die Freihaltung von Parkflächen für behinderte Kraftfahrer, jedenfalls abstrakt gefährdet worden, weil eben ein Parkplatz für diese Personengruppe nicht mehr zur Verfügung stand.

 

Gemäß § 24 Abs.1 lit.a StVO ist im Bereich des Vorschriftszeichens "Halten und Parken verboten" das Halten und Parken nach Maßgabe der Bestimmungen des § 52 Z13b verboten.

 

Nach § 29b Abs.1 StVO hat die Behörde Personen, die dauernd stark gehbehindert sind, auf deren Ansuchen einen Ausweis über diesen Umstand auszufolgen.

 

Inhaber eines Ausweises gemäß Abs.1 dürfen (unter anderem) auf Straßenstellen, für die durch das Straßenverkehrszeichen "Halten und Parken verboten" ein Halte- und Parkverbot kundgemacht ist .... zum Aus- oder Einsteigen einschließlich des Aus- oder Einladens der für den Ausweisinhaber nötigen Behelfe .... für die Dauer dieser Tätigkeiten halten (§ 29b Abs.2 StVO)

 

Die Nichteinhaltung von Halte- und Parkverboten mit der Ausnahme für dauernd stark gehbehinderte Personen stellt eine gravierende Übertretung der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften dar, zumal diese Verkehrsflächen Personen vorbehalten sein sollen, die aufgrund ihrer Gehbehinderung nur eine eingeschränkte Mobilität haben. Dem Verstellen einer solchen Fläche haftet daher in der Regel ein größerer Unrechtsgehalt an, als dem Missachten eines sonstigen beschilderten Halte- und Parkverbotes.

 

Die Behörde ist daher zu der Ansicht gelangt, dass mit der Höhe der verhängten Geldstrafe noch das Auslangen gefunden werden kann, um diesem Zweck zu entsprechen. Angesichts der relativen Geringfügigkeit der Geldstrafe ist auf Ihre persönlichen Verhältnisse nicht näher einzugehen, da von vornherein erwartet werden kann, dass Sie zur Bezahlung derselben ohne weiteres in der Lage sein werden.

 

Ein Absehen von der Strafe gemäß § 21 Abs. 1 VStG kommt im gegenständlichen Fall deshalb nicht in Betracht, da von einer aufmerksamen Verkehrsteilnehmerin, auch wenn es sich um eine junge Frau mit leichten Beeinträchtigungen handelt, durchaus erwartet werden darf, dass sie rechtmäßig aufgestellte Straßenverkehrszeichen beachtet.

 

Da Sie gemäß § 5 VStG nicht Glaubhaft machen konnten, dass Sie an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft, war daher spruchgemäß zu entscheiden und die verhängte Geldstrafe unter Bedachtnahme auf § 19 VStG festzusetzen, wobei Ihnen der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zugute kommt.

 

Der Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens ist gesetzlich begründet.“

 

 

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerberin mit ihrer fristgerecht durch ihre ausgewiesene Rechtsvertreterschaft erhobenen Berufung.

Darin wird auf ihre leichte Beeinträchtigung durch ein sogenanntes Down-Syndrom hingewiesen. Aus diesem Grunde sei sich auch in der DIG-Tagesstätte in X beschäftigt. Sie habe sich im Irrtum über die Bedeutung der Ausnahme vom Halte- u. Parkverbot befunden, weil auch der Tagesstättenbus auf diesem Behindertenparkplatz stehen dürfe. Ihre Mutter und Sachwalterin, Frau X, habe sie zwischenzeitig auf dieses Verbot hingewiesen, sodass letztlich angesichts des geringen Verschuldens mit einer bloßen Ermahnung das Auslangen gefunden werden könne.

 

2.1. Dieser Sichtweise kann gefolgt werden.

 

 

3. Die Behörde erster Instanz hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hat, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verfahrensakt. Daraus ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt. Eine Berufungsverhandlung konnte mit Blick auf § 51e Abs.3 Z1, Z2 u. Z3 VStG);

 

 

4. Beweislage:

Hinsichtlich des Tatvorwurfes kann auf die unstrittige Aktenlage verwiesen werden.

Zur Person der Berufungswerberin kann deren Beeinträchtigung durch Trisomie 21  (Down-Syndrom) evident gelten, was der Berufungsbehörde aus dem h. Verfahren, welches mit Erk. vom 21. Dezember 2007, VwSen-521756/19/Br/Ps, nach einer am 19.11.2007 abgeführten Berufungsverhandlung mit Fahrprobe, bekannt ist.

Im Rahmen des damaligen Verfahrens musste das wider sie erstinstanzlich ausgesprochene Verbot zum Lenken von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen bestätigt werden. Die Belassung des ihr erteilt gewesenen sogenannten Mopedfahrausweises musste ihr demnach mit Blick auf ihr Hanycap versagt bleiben. Dieses Handycap wurde insbesondere in der psychomotorischen Verlangsamung der Berufungswerberin erblickt (Quelle: die dem o.a. Verfahren einbezogenen psychiatrischen Gutachten).

Diesbezüglich ist die an den Verwaltungsgerichtshof gerichtete Beschwerde noch offen.

Die Berufungswerberin bedient sich nunmehr offenbar eines Fahrzeuges welches ohne einer Berechtigung gelenkt werden darf, wobei die Anzeige nach einem Kennzeichen  erfolgte, wobei dieses sich vermutlich nicht am Fahrzeug angebracht befunden haben dürfte.

Vor diesem Hintergrund folgt die Berufungsbehörde der Darstellung der Berufungswerberin wonach sie sich betreffend die Ausnahme vom Verbot im Irrtum befand. Dieser Irrtum vermag wohl nicht als entschuldigender Rechtsirrtum gewertet werden. Sehr wohl kann dieser  jedoch auf geringem Verschulden basierend erachtet werden. Gemäß der Aktenlage ist die Berufungswerberin bislang noch nie mit einer Verwaltungsübertretung auffällig geworden.

Die Berufungsbehörde schließt sich daher der Überzeugung an, wonach die Mutter und Sachwalterin  der Berufungswerberin einen entsprechend positiven Einfluss ausüben wird, sodass es letztlich zur Abhaltung derartiger Fehlverhalten der Verhängung keiner Strafe bedarf um die Berufungswerberin von einem abermaligen derartigen Fehlverhalten abzuhalten. Es kann mit einer bloßen Ermahung das Auslangen gefunden werden um die Berufungswerberin auch seitens der Behörde, neben deren Mutter als Sachwalterin auf ihr offenbar einmaliges Fehlverhalten gebührend aufmerksam zu machen.

Aus der Anzeige ist nicht ersichtlich, dass etwa eine stark Gehbehinderte Person vom Fehlverhalten der Berufungswerberin tangiert worden wäre.

 

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Umstände, welche das Verschulden des Berufungswerbers gänzlich ausschließen würden liegen wohl nicht vor, weshalb gemäß § 5 Abs.1 VStG von fahrlässigem Verhalten auszugehen ist.

Die Verwaltungsübertretung wurde hier von einem Organ der Straßenaufsicht im Zuge der Verkehrsüberwachung festgestellt. Das angebrachte Organmandat wurde letztlich von der Berufungswerberin nicht einbezahlt. 

Das mit dieser vermutlich erst- u. einmaligen Übertretung konkret nachteiligte Folgen verbunden gewesen wären kann der Anzeige nicht entnommen werden.

Der Berufungswerberin durfte aufgrund des Umstandes, dass auch der Behindertenbus dort abgestellt wird – entgegen ihrer Auffassung -  nicht darauf schließen, dass das Abstellen auch ihres Fahrzeuges an dieser Stelle erlaubt wäre. Es ist ihr aber dennoch nur ein geringes Verschulden anzulasten. Im Hinblick darauf, dass die Berufungswerberin bisher unbescholten ist und keinerlei Erschwerungsgründe vorliegen, konnte gemäß § 21 Abs.1 VStG von der Verhängung einer Strafe Abstand genommen werden.

Die Ermahnung erschien erforderlich, um die Berufungswerberin eindringlich darauf hinzuweisen, dass das Abstellen von Pkw an jener Straßenstelle nicht zulässig ist und sie in Zukunft davon abzuhalten (vgl. auch h. Erk. v. 24.5.2004, VwSen-109968).

 

II. Der Entfall von Verfahrenskosten stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen  diesen  Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der  Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von  220 Euro  zu entrichten.

 

 

 

Dr.  B l e i e r

 

 

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