Linz, 21.06.2010
E r k e n n t n i s
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung von x vom 23. Juni 2009, x vom 29. Juni 2009 sowie x und x vom 22. Juni 2009 bzw. 30. Juni 2009, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 12. Juni 2009, Ge20-8245-51-2009, betreffend die Erteilung einer Betriebsanlagenänderungsgenehmigung gemäß § 81 GewO 1994, zu Recht erkannt:
Den Berufungen wird keine Folge gegeben und der bekämpfte Genehmigungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 12. Juni 2009, Ge20-8245-51-2009, wird bestätigt.
Rechtsgrundlagen:
§§ 66 Abs.4, 67a Abs.1 und 67d des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 idgF (AVG)
§§ 359a und 81 Gewerbeordnung 1994 idgF (GewO 1994).
Entscheidungsgründe:
1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem Bescheid vom 12. Juni 2009, Ge20-8245-51-2009, über Antrag der x, x, die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung für die Änderung der bestehenden Betriebsanlage im Standort x, durch Errichtung und Betrieb von zwei Siliziumraffinieröfen zu Versuchszwecken samt Gasversorgung unter Vorschreibung von Auflagen erteilt. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, die Durchführung des Ermittlungsverfahrens, insbesondere die Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 7. April 2009 sowie Einholung mehrerer technischer und auch eines medizinischen Gutachtens hätten ergeben, dass nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten sei, dass durch die Errichtung der Anlage bei Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalls voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs.2 Z1 GewO 1994 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs.2 Z2 bis 5 GewO 1994 auf ein zumutbares Maß beschränkt würden.
Insbesondere wird in der Begründung auf die abgegebenen Sachverständigengutachten aus den Bereichen Lärmtechnik, Luftreinhaltung und Chemie sowie Medizin verwiesen und werden diese dort zum Teil wiedergegeben. Demnach ergebe sich unter Berücksichtigung und Feststellungen zu den Lärmimmissionen, wobei zur Überprüfung der Angaben des schalltechnischen Einreichprojektes auch eigene ergänzende Lärmmessungen durch den Amtssachverständigen des Bezirksbauamtes Linz durchgeführt wurden, dass eine Anhebung der Umgebungslärmpegel durch die Anlagen mit Ausnahme des Rechenpunktes RP 1 OG nicht zu erwarten sei. Bei dem letztgenannten Rechenpunkt RP 1 OG ergebe sich in der ungünstigsten Stunde eine Anhebung um 0,8 dB. Bei diesem Geräusch handle es sich um ein relativ gleichmäßiges Rauschen eines Ventilators bei der Rückkühlanlage.
Der luftreinhaltetechnische Amtssachverständige kommt in seinem bei der mündlichen Verhandlung am 7.4.2009 abgegebenen Gutachten zum Ergebnis, dass bei Einhaltung der gleichzeitig vorgeschlagenen und in den nunmehr bekämpften Bescheid Eingang gefundenen Auflagen keine Bedenken gegen die Erteilung der gewerbebehördlichen Genehmigung bestehen und der diesen zu Grunde gelegte Projekts- und Messwert von 30 mg/m³ Chlorwasserstoff (HCl) nicht überschritten werde. Auflagenmäßig sei weiters sichergestellt, dass dieser Grenzwert gemessen und das Messergebnis der Behörde zur Kenntnis gebracht wird und zwar von einem nicht betriebsinternen Prüfer bzw. einem derartigen Prüfungsinstitut. Demnach wurden aus der Emission von Chlorwasserstoff bzw. in Bezug auf die Lärmimmissionen keine unzumutbaren Belästigungen und auch keine Gesundheitsgefährdung abgeleitet. In Bezug auf Vorbringen betreffend Chlorsilanen wird auf den vorgeschriebenen Nachweis des Nichtemittierens derselben verwiesen.
2. Gegen diesen Bescheid haben x, x sowie x, alle x, mit den oben zitierten Schriftsätzen Berufung erhoben. Dies im Wesentlichen mit nachstehenden Vorbringen:
2.1. Berufung x
Den Einwendungen sei ungenügend Rechnung getragen worden. Während des Verfahrens hätten sich die Grundlagen geändert (Schadstoffemission-Diskussion), ohne die Beteiligten zu informieren. Die Genehmigung sei erteilt worden, obwohl Prüfergebnisse von fachlicher Aussagekraft ausstünden. Die Anlage sei bereits ohne Genehmigung in Betrieb gegangen.
2.2. Berufung x:
Da bereits seit Jahrzehnten immer neuerliche Erweiterungen behördlich genehmigt würden, werde beantragt, bereits ergangene Bescheide zu berücksichtigen und den derzeitigen Stand der Belästigungen als Obergrenze festzuschreiben. Andernfalls wären Einwendungen sinnlos, da mit jedem Bescheid allgemeine Werte, wie zB Umgebungslärm, Verkehrslärm usw. jedes Mal hochgeschoben und als Ist-Zustand der Beurteilung herangezogen würden. Es solle eine Vereinbarung zwischen Nachbarn und Konsenswerberin abgeschlossen werden, in der eine Höchstgrenze der Beeinflussung des Wohngebietes festgeschrieben und somit Rechtsfrieden hergestellt würde. Diese Vereinbarung sei bei neuerlichen Anträgen der Konsenswerberin zu berücksichtigen. Die Widmung Betriebsbaugebiet sei für einen Betrieb der Größenordnung der Firma x als schwer industrielles Unternehmen nicht ausreichend und daher neben Wohn- und Siedlungsgebieten nicht zulässig. Beantragt werde die Zurverfügungstellung eines selbst gewählten gerichtlich beeideten Sachverständigen, da auch die Bezirkshauptmannschaft die Anlage nicht von sich aus beurteilen könne und Rat bei Sachverständigen außerhalb des Amtes suche. Anrainer müssten Freizeit und Energie für behördliche Verhandlungen opfern, dazu kämen Vermögensschäden und Schäden an der Gesundheit. Sein Wohnhaus läge im Wohngebiet und sei lange vor der Ansiedlung der Firma x errichtet worden. Gefährliche Stoffe und Abluftanlagen mit einer Emission bis zu 97 dB in unmittelbarer Nähe eines Wohngebietes seien nicht angebracht. Die Anlage sei bereits vor Genehmigung betrieben worden. Eine allfällige Erkrankung erst Jahre später sei daher nicht mehr zuordenbar. Der Betrieb müsste daher sofort untersagt werden. Der zu Grunde liegende Ist-Zustand würde mit jeder zusätzlichen Genehmigung "nach oben" verschoben. Die Situation würde sich daher bereits seit Jahrzehnten zu Ungunsten der Anwohner verändern. Bereits bestehender Lärm werde insbesondere während der Nachtzeit durch die Anordnung der Baulichkeiten der Konsenswerberin wie durch einen Trichter auf das Wohngebiet gelenkt. Schallschutzmaßnahmen zur Senkung des Lärmpegels auf erträgliche Werte würden beantragt. Beantragt werde weiters eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchführen zu lassen, die Argumente der belangten Behörde gegen dieselbe seien nicht ausreichend begründet. Unwidersprochen würden bei der Produktion Stoffe entstehen, die tödliche Lungenödeme verursachen könnten; es sei nicht geregelt, ob bei der Firma ständig qualifiziertes Personal vorhanden sei. Der Bescheid gehe von lediglich 2 Stunden Chlorwasserstoffemissionen pro Woche aus. Es gäbe keine Vorschreibung über einen Höchstausstoß und über eine max. Betriebsstundenanzahl. Die Trennung der Verfahren würden doppelte Gebühren verursachen, es könnten Kosten von mehreren Tausend Euro zusätzlich entstehen. Eine Zusammenfassung werde beantragt. Die zugesandten Unterlagen, Bescheid und Verhandlungsschrift, umfassen 92 Seiten. Es sei nicht möglich, die Vorgänge innerhalb von 2 Wochen zu erfassen. In der Zeit könne auch kein Sachverständiger gesucht werden und auch nicht eine vollständige Stellungnahme abgegeben werden. Um Verlängerung der Abgabefrist um 3 Monate werde gebeten. Vermutet werde, dass der Betrieb schon vor Monaten, somit ohne Genehmigung, in Betrieb genommen worden sei. Zu berücksichtigen sei der Bescheid des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten GZ. 313.350/4-III/3/92. Es ergäben sich keine Anhaltspunkte, dass diese Grundsatzentscheidung einer vorgelagerten Instanz bei den Überlegungen und Erwägungen der belangten Behörde Berücksichtigung finde. Die tatsächlichen Immissionen betreffend Chlorsilane müssten bekannt gegeben und jährlich geprüft werden. Da unmittelbar neben dem Haupteingang ein Wohnhaus stehe, in dem Menschen wohnen werden, werde eine entsprechende Anpassung der Messungen beantragt. Auch wenn die dort wohnenden Menschen keine Einsprüche einbringen, so sind deren Interessen von Amts wegen wahrzunehmen.
2.3. Berufung x:
Da bereits seit Jahrzehnten immer neuerliche Erweiterungen behördlich genehmigt würden, werde beantragt, bereits ergangene Bescheide zu berücksichtigen und den derzeitigen Stand der Belästigungen als Obergrenze festzuschreiben. Andernfalls wären Einwendungen sinnlos, da mit jedem Bescheid allgemeine Werte, wie zB Umgebungslärm, Verkehrslärm usw. jedes Mal hochgeschoben und als Ist-Zustand der Beurteilung herangezogen würden. Es soll eine Vereinbarung zwischen Nachbarn und Konsenswerberin abgeschlossen werden, in der eine Höchstgrenze der Beeinflussung des Wohngebietes festgeschrieben und somit Rechtsfrieden hergestellt würde. Diese Vereinbarung sei bei neuerlichen Anträgen der Konsenswerberin zu berücksichtigen. Die Widmung Betriebsbaugebiet sei für einen Betrieb der Größenordnung der Firma x als schwer industrielles Unternehmen nicht ausreichend und daher neben Wohn- und Siedlungsgebieten nicht zulässig. Beantragt werde die Zurverfügungstellung eines selbst gewählten gerichtlich beeideten Sachverständigen, da auch die Bezirkshauptmannschaft die Anlage nicht von sich aus beurteilen könne und Rat bei Sachverständigen außerhalb des Amtes suche. Anrainer müssten Freizeit und Energie für behördliche Verhandlungen opfern, dazu kämen Vermögensschäden und Schäden an der Gesundheit. Sein Wohnhaus läge im Wohngebiet und sei lange vor der Ansiedlung der Firma x errichtet worden. Gefährliche Stoffe und Abluftanlagen mit einer Emission bis zu 97 dB in unmittelbarer Nähe eines Wohngebietes seien nicht angebracht. Die Anlage sei bereits vor Genehmigung betrieben worden. Eine allfällige Erkrankung erst Jahre später sei daher nicht mehr zuordenbar. Der Betrieb müsste daher sofort untersagt werden. Der zu Grunde liegende Ist-Zustand würde mit jeder zusätzlichen Genehmigung "nach oben" verschoben. Die Situation würde sich daher bereits seit Jahrzehnten zu Ungunsten der Anwohner verändern. Bereits bestehender Lärm werde insbesondere während der Nachtzeit durch die Anordnung der Baulichkeiten der Konsenswerberin wie durch einen Trichter auf das Wohngebiet gelenkt. Schallschutzmaßnahmen zur Senkung des Lärmpegels auf erträgliche Werte würden beantragt. Beantragt werde weiters eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchführen zu lassen, die Argumente der belangten Behörde gegen dieselbe seien nicht ausreichend begründet. Unwidersprochen würden bei der Produktion Stoffe entstehen, die tödliche Lungenödeme versuchen können; es sei nicht geregelt, ob bei der Firma ständig qualifiziertes Personal vorhanden sei. Der Bescheid gehe von lediglich 2 Stunden Chlorwasserstoffemissionen pro Woche aus. Es gäbe keine Vorschreibung über einen Höchstausstoß und über eine max. Betriebsstundenanzahl. Die Trennung der Verfahren würden doppelte Gebühren verursachen, es könnten Kosten von mehreren Tausend Euro zusätzlich entstehen. Eine Zusammenfassung werde beantragt. Die zugesandten Unterlagen, Bescheid und Verhandlungsschrift, umfassen 92 Seiten. Es sei nicht möglich, die Vorgänge innerhalb von 2 Wochen zu erfassen. In der Zeit könne auch kein Sachverständiger gesucht werden und auch nicht eine vollständige Stellungnahme abgegeben werden. Um Verlängerung der Abgabefrist um 3 Monate werde gebeten.
Die medizinische Gutachterin habe sich mit dem Betrieb der Firma x nicht ausreichend beschäftigt, die Auflagen sei plakativ. Frau x sei jedoch nicht erreichbar gewesen. Eine nähere Beschäftigung mit dem Thema und dem gebotenen Ernst sei nicht erkennbar.
Mit Schriftsatz von 22. Juni 2009 bringen die Berufungswerber x darüber hinaus vor, beim Gasausstoß müsse man sich nach jenem Wert richten, der unter den ungünstigsten Betriebsbedingungen zum Tragen komme, nämlich dem zitierten 150 g HCl pro Stunde. Diese 150 g HCl pro Stunde seien zu verantworten und könnten gebunden werden und somit nicht als giftiges Gas in die Umwelt gelangen. Auch das ausgeblasene Vakuumpumpenöl könne gefiltert werden. Bei einem Ausstoß aller Vakuumpumpen von 1.000 ml pro Jahr in Form feiner Tröpfchen von 100 nm Durchmesser würde in einem Umkreis von einem halben Kilometer eine Belastung von gut 270 Millionen Schmiermitteltröpfchen pro Quadratmeter pro Stunde ergeben.
3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als belangte Behörde hat diese Berufungsschrift gemeinsam mit dem zu Grunde liegenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Die belangte Behörde hat dabei keine inhaltlichen Äußerungen zum Berufungsvorbringen abgegeben und keinen Widerspruch im Sinne des § 67h Abs.1 AVG erhoben.
Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich durch Einzelmitglied ergibt sich aus § 359a GewO 1994 i.V.m. § 67a Abs.1 AVG.
Im Grunde des § 67d Abs.1 AVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mangels Erfordernis abgesehen werden.
4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu Ge 20-8245-51-2009 sowie Einholung ergänzender Gutachten aus den Bereichen Luftreinhaltung bzw. –technik und Medizin, als dies unter Wahrung des Parteiengehörs.
4.1. Zunächst hat die Konsenswerberin und Anlageninhaberin in ihrer Stellungnahme vom 30. Juli 2009 zu den Berufungsvorbringen vorgebracht, dass der laufende Kontakt mit den Anrainern im Zuge von verschiedensten Projekten permanent gegeben sei. Auch werde in Verhandlungen über zukünftige Bauvorhaben, wie auch in einer Nachbarschafts-/Informationsveranstaltung vom 10. Juni 2008 über geplante und zukünftige Bauvorhaben informiert. Es sei ein steter Informationsaustausch und Kontakt zu den betroffenen Anrainer und Nachbarn gegeben. Es würde darüber hinaus auf Wünsche und Anliegen der Anrainer umgehend und sofort reagiert. So sind zB Schadstellen im Bereich der Werkseinfahrt und der damit verbundenen Möglichkeit für eventuell auftretende unnötige Lärm- bzw. Belästigungsquellen einer sofortigen Sanierung zugeführt und beseitigt worden. Bei den Siliziumraffinieröfen handle es sich um eine Versuchs- und Forschungsanlage zur Optimierung von Prozessen und Verfahrensabläufen, nicht jedoch zur Produktion von Silizium. Die Anlage sei einerseits einzigartig, andererseits auf Grund der anzuwendenden Technologien und zu verwendenden Gase den Verfahrens- und Sicherheitstechniken der langjährigen Produktion von thermischen Industrieöfen sehr ähnlich. Eine kurzzeitige Einschaltung diente der Erfüllung von Forderungen zur Erstellung von Luft-, Abgas- und Abwasserparametern bzw. Durchführung von Analysen und Gutachten bzw. Messungen. Sämtliche erbrachten Parameter und Messergebnisse bzw. Prüfdaten seien von Amtssachverständigen genauestens überprüft und begutachtet und letztlich in Ordnung befunden worden. Die gegenständlichen Projekte hätten einen wesentlich geringeren Abgasausstoß als übliche häusliche Heizungsanlagen; dies sei auch vom Amtssachverständigen bestätigt bzw. festgestellt worden. Die befürchteten Erhöhungen des innerbetrieblichen Verkehrs sind nicht zu erwarten. Ein Lärmschutzprojekt mit neuestem Lärmschutzgutachten sei dem Projekt ergänzend beigelegt worden. Die in den Berufungen angeführten Einwendungen seien nicht von Bedeutung, da alle im Sinne des Schutzes der Anrainer und Umwelt gestellten und gesetzlich nötigen und vorgeschriebenen Auflagen und Forderungen erfüllt würden. Beantragt werde eine positive Erledigung des Ansuchens.
4.2. Das zum durchgeführten erstinstanzlichen Verfahren und insbesondere zu den Berufungsvorbringen eingeholte ergänzende luftreinhaltetechnische Gutachten des Amtssachverständigen der Abteilung Umwelt-, Bau- und Anlagentechnik des Amtes der Oö. Landesregierung vom 28. Jänner 2010, UBAT-804037/9-2010, wurde den Verfahrensparteien im Rahmen des Parteiengehörs auch zur Kenntnis gebracht. Darin kommt der Amtssachverständige in schlüssiger Weise zu folgenden Ergebnissen:
"A) Zum Einspruch von Frau und Herrn x vom 22.6.2009
In diesem Schreiben wird u.a. behauptet, dass 150 g HCl/Stunde emittiert würden. Hier dürfte ein massiver Irrtum vorliegen.
Im Bescheid der BH Linz-Land vom 12. Juni 2009 wird die Emission von HCl unter dem Auflagepunkt B) 1. mit 30 mg/m³ beschränkt. Bei einem Volumenstrom von 24 m³/h laut Einreichunterlagen ergibt sich eine Emission von 720 mg HCl/h. Werden beide Versuchsanlagen gleichzeitig belüftet, so erhöht sich dieser Wert auf 1,44 g/h und nicht, wie im Einspruch x behauptet, auf 150 g/h. Die wöchentliche Emission beträgt daher, da die HCl-hältige Atmosphäre pro Ofen und Woche für jeweils ca. 2 Stunden gespült wird, rund 3g HCl/Woche. Bei einer max. durchgehenden Versuchszeit ergibt sich daraus eine jährliche Emission von ca. 70 – 75 g/Jahr, d.h., die im Einspruch x behauptete Emission von 150 g HCl pro Stunde findet nicht einmal in einem Jahr statt.
Im luftreinhaltetechnischen Gutachten in der Verhandlung am 7. April 2009, wurde, ohne eine Berechnung durchzuführen, von einer Verdünnung von mindestens ca. 1:1000 bis zu den nächsten Anrainern in ca. 160 m Entfernung ausgegangen. In der mündlichen Verhandlung am 7. April 2009 wurde auch der Antrag für die Errichtung und den Betrieb eines Schweißroboters verhandelt.
Bei der Schweißrauchabsaugung wurde bei einer Berechnung gemäß ÖNORM M 9440 ein Verdünnungsfaktor von 1:2500 bis zum maximalen Aufpunkt in 30 – 40 m Entfernung von der Ausblaseöffnung berechnet, bis zu den nächsten Anrainern in ca. 100 m Entfernung von der Ausblasung der Schweißrauchabsaugung ist mit einer nochmaligen Verdünnung auf die Hälfte zu rechnen.
Überträgt man die Ergebnisse dieser Berechnung auf die Emissionen der Raffinieröfen, so ergeben sich beim nächsten Anrainer Immissionskonzentrationen an HCl von ca.10- 15 µg/h als Halbstundenmittelwert. In der Realität dürften die Immissionskonzentrationen noch deutlich geringer sein, da
- die Austrittshöhe der Abluft mit über 19 m über Grund höher,
- die Verdünnung im Rahmen der Ausbreitung daher größer,
- der Volumenstrom wesentlich geringer und
- die Entfernung zum nächstgelegenen Anrainerwohngebäude mit rund 160 m deutlich größer ist
als die jeweiligen Werte der Schweißrauchabsaugung.
Weiters wird im Einspruch x gefordert, ein Filter für die Entlüftung der Vakuumpumpen vorzuschreiben. Hierzu ist festzustellen, dass bei vergleichbaren Anlagen keine Ölfilter enthalten sind, eine Emission von wenigen 100 ml Öl pro Jahr (!) nicht als relevante Emission zu betrachten ist und daher aus fachlicher Sicht die Vorschreibung eines Filters nicht gefordert werden kann.
B) Zum Einspruch von Frau und Herrn x vom 30.6.2009
Zu Punkt 7 dieses Einspruches:
Die gegenständlichen Anlagen fallen unter keinen Punkt des Anhanges 1 des UVP-G.
Zu Punkt 12.:
Die in der Abluft enthaltenen Chlorsilane werden durch Wasser, d.h. im Wäscher vollständig zu HCl und SiO2 zersetzt. In einer Abnahmemessung ist dies messtechnisch nachzuweisen.
C) Zu den Einwendungen des Herrn x:
Es werden keine konkreten Einwendungen, die die Luftreinhaltung betreffen, vorgebracht."
4.3. Aufbauend auf sämtliche vorliegenden und ergänzend eingeholten lärmtechnischen sowie luftreinhalttechnischen Fachgutachten stellt der medizinische Sachverständige der Abteilung Gesundheit des Amtes der Oö. Landesregierung auch bezugnehmend auf die Berufungsausführungen in seinem Gutachten vom 15. April 2010, Ges-290035/2-2010, fest:
5. Von den Berufungswerbern wird zu diesen, ihnen im Wege des Parteiengehörs zur Kenntnis gebrachten ergänzenden Gutachten im Wesentlichen wie folgt ergänzend Stellung genommen:
5.1. Ergänzende Stellungnahme x:
Die Unabhängigkeit des Verwaltungssenates sei zu hinterfragen, wenn von diesem derselbe Gutachter wie durch die BH beauftragt werde. Der Gutachter sei Angestellter jener Behörde, die durchwegs zum Vorteil des antragstellenden Unternehmens entscheide. Gefordert werde ein unabhängiges Gutachten. Die Aussage des Sachverständigen, dass krebserzeugende Wirkung lebende Wesen voraussetze, die an Krebs erkranken könnten und technische Anlagen von dieser Wirkung ausgeschlossen seien, lasse an der fachlichen Kompetenz des Sachverständigen zweifeln. Diese Aussage sei entweder zynisch gegenüber den Anrainern oder werde das Vorhandensein von Mitarbeitern und Anrainern verkannt. Ersucht werde um regelmäßige Kontrolle der Emissionswerte ohne Zugriff der Konsenswerberin. Beantragt würden ebensolange Fristen zur Stellungnahme wie die antragstellende Firma x und die prüfende Behörde; die Berufungsbehörde habe 9 Monate Zeit Stellung zu nehmen, die Berufungswerber nur 2 Wochen. Die Konsenswerberin suche keinen konstruktiven Kontakt zu ihren Anrainern, sondern bestenfalls den gesetzlich vorgeschriebenen. Den Anrainern bliebe nur ein Reagieren unter max. Zeitdruck.
5.2. Ergänzende Stellungnahme x:
Gebeten werde um Durchsicht der Sachverständigengutachten damit die Situation der Anwohner verständlich sei. Der Vorgang ziehe sich bereits jahrelang hin, auch beim Unabhängigen Verwaltungssenat bereits seit Juli 2009. Innerhalb von 2 Wochen eine qualifizierte Stellungnahme abzugeben, sei sehr beschwerlich. Zu den zugesandten Unterlagen wird angemerkt:
Die von der Konsenswerberin angesprochene Informationsveranstaltung sei vom Bürgermeister der Gemeinde x initiiert worden und sei die erste Veranstaltung sei über 30 Jahren, die das Prädikat "Informationsveranstaltung" verdient habe. Im Übrigen sei zur Versuchs- und Forschungsanlage auszuführen, dass es für Anwohner nicht zumutbar sei, in den Versuch einbezogen zu werden. Ein Wirtschaftsbetrieb werde es nicht bei einer Versuchsanlage bewenden lassen. Die Stellungnahme von x gehe von falschen Annahmen aus, Wohngebäude befänden sich in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Produktionshallen (Einfahrt). Die Unterstellung, der nächste Nachbar sei mindestens 160 m entfernt, könne nur durch ein Missverständnis oder durch oberflächliche Beschäftigung zustande gekommen sein. Es handle sich um Wohngebiet, welches Jahrzehnte vor Ansiedlung des Unternehmens bestanden hat und zu dem sich "fahrlässiger" Weise ein Unternehmen "gesellt" hat. Diesen Umständen sollte Rechnung getragen werden. Das medizinische Gutachten vom 15. April 2010 baue auf im Wesentlichen auf dem Gutachten vom 28. Jänner 2010 auf und solle daher neu gefasst werden. Im Übrigen werde laut WHO als Obergrenze für einen erholsamen Schlaf ein Dauerschallpegel von weniger als 35 dB im Raum festgelegt. Die von der Konsenswerberin verursachte tatsächlich gemessene Lärmsituation des Dauerlärmpegels in der Nachtzeit liege im Bereich zwischen 45 und 59 dB und für mittlere Spitzenpegel zwischen 42 und 68 dB (A). Es sei daher absurd, hier von keiner Lärmbelästigung zu sprechen. Die Gutachten würden seit Jahrzehnten jeweils die genehmigte Situation beurteilen und jeweils auf den erhöhten Werten aufbauen. Selbst nicht genehmigungsfähige Vorhaben können auf diese Weise, taktierend durch ein, zwei oder mehrere Anträge genehmigungsfähig gemacht werden. Jedes Vorhaben könne auf diese Art und Weise genehmigt werden. Im Fall der Genehmigung der Anlage sollte sichergestellt werden, dass die Anzahl der Betriebsstunden der Anlagen durch versiegelte Betriebsstundenzähler gemessen und am Ende jedes Jahres festgehalten und den Anwohnern auf Anfrage bei der Bezirksverwaltungsbehörde schriftlich mitgeteilt werden. Dies vorerst für die nächsten 10 Jahre.
5.3. Ergänzende Stellungnahme x:
Der Berufungswerber x schließt sich den Argumenten der bereits zitierten Berufungswerber x und x an und verweist auf seine Argumente in seinen Einwendungen zu den Anträgen. Es würden keine neuen Arbeitsplätze entstehen, es könne nicht der Lebensunterhalt von Angestellten gegen die Gesundheit der Anrainer aufgerechnet werden.
6. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:
Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,
1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden,
2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,
3. die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,
4. die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder
5. eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.
Gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994 ist eine Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.
Gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der Bestimmungen der Gewerbeordnung, wenn dies zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 leg.cit umschriebenen Interessen erforderlich ist.
Gemäß § 356 Abs.1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn eine mündliche Verhandlung anberaumt wird, den Nachbarn Gegenstand, Zeit und Ort der Verhandlung sowie die Voraussetzungen zur Aufrechterhaltung der Parteistellung (§ 42 AVG) durch Anschlag in der Gemeinde (§ 41 AVG) und durch Anschlag in den der Betriebsanlage unmittelbar benachbarten Häusern bekannt zu geben. Die Eigentümer der betroffenen Häuser haben derartige Anschläge in ihren Häusern zu dulden. Statt durch Hausanschlag kann die Bekanntgabe aus Gründen der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Einfachheit durch persönliche Verständigung der Nachbarn erfolgen. Der Eigentümer des Betriebsgrundstückes und die Eigentümer der an dieses Grundstück unmittelbar angrenzenden Grundstücke sind persönlich zu laden.
Gemäß § 42 Abs.1 AVG i.d.g.F. hat eine gemäß § 41 Abs.1 zweiter Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemachte mündliche Verhandlung zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, wenn sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt; § 13 Abs.5 zweiter Satz ist nicht anwendbar .
Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, so tritt die im ersten Satz bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs.1 zweiter Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde. Eine Kundmachungsform ist geeignet, wenn sie sicherstellt, dass ein Beteiligter von der Anberaumung der Verhandlung voraussichtlich Kenntnis erlangt.
Nach der geltenden Rechtslage kommt somit Nachbarn ex lege Parteistellung in den regulären Verfahren zur Genehmigung bzw. Genehmigung der Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage zu und zwar auf Grund des § 8 AVG iVm mit den, den Nachbarn zustehenden subjektiv-öffentlichen Rechten gemäß § 74 Abs.2 Z1, 2, 3 oder 5 der Gewerbeordnung. Erfolgt jedoch eine ordnungsgemäß kundgemachte mündliche Verhandlung betreffend die Genehmigung der Änderung der gewerblichen Betriebsanlage so hat dies im Sinne der zit. Rechtsvorschriften die Folge, dass Nachbarn ihre Parteistellung verlieren, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung zulässige Einwendungen erheben. Durch die Erhebung zulässiger und rechtzeitiger Einwendungen von Nachbarn in Verfahren zur Genehmigung bzw. Genehmigung der Änderung einer Betriebsanlage bleibt deren Parteistellung aufrecht. Dies aber nur in dem Rahmen und Umfang, soweit zulässige und rechtzeitige Einwendungen erhoben wurden. Umgekehrt verlieren die Nachbarn ihre Stellung als Partei, soweit sie nicht zulässige und rechtzeitige Einwendungen erhoben haben.
Eine zulässige Einwendung im Sinne des § 42 Abs.1 AVG liegt vor, wenn der Nachbar Verletzungen im subjektiven Recht geltend macht. Dem betreffenden Vorbringen muss jedenfalls entnommen werden können, dass überhaupt die Verletzung eines subjektiven Rechts behauptet wird und ferner, welcher Art dieses Recht ist (VwGH 10.12.1991, 91/04/0229). Die Wahrnehmung anderer als eigener subjektiv-öffentlicher Rechte steht den Nachbarn nicht zu.
Die Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land ergibt, dass die x x, x, mit Antrag vom 13. Februar 2008 die Erteilung der gewerbebehördlichen Genehmigung einer Änderung der bestehenden und genehmigten Betriebsanlage am Standort x, durch das verfahrensgegenständliche Vorhaben beantragt hat. Dies unter Vorlage von Projektsunterlagen, wobei insbesondere die Betriebsbeschreibung samt Emissionsprognosen in luft- und lärmtechnischer Hinsicht von der x, x, allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige, erstellt und unterfertigt wurde.
Die belangte Behörde hat nach Vorprüfung der Projektsunterlagen und Ergänzung derselben mit Kundmachung vom 12. März 2009 eine mündliche Verhandlung unter gleichzeitiger Ladung der Nachbarn anberaumt und diese am 7. April 2009 durchgeführt. Von Nachbarn und nunmehrigen Berufungswerbern wurden bereits vor der mündlichen Verhandlung schriftliche Einwendungen bei der belangten Behörde eingebracht und wurden diese der Verhandlungsschrift als Beilagen angeschlossen. Die Berufungswerber waren in der Folge bei der mündlichen Verhandlung zum Teil persönlich anwesend bzw. haben sich zum Teil gegeneinander vertreten. Als solche wurden auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung Stellungnahmen, insbesondere auch unter Hinweis der bereits abgegebenen schriftlichen Einwendungen protokolliert. Der mündlichen Verhandlung beigezogen war ein gewerbe- und lärmtechnischer sowie ein luftreinhaltetechnischer Amtssachverständiger, weiters ein nicht amtlicher Sachverständiger für Maschinentechnik und Anlagensicherheit sowie ein Vertreter des Arbeitsinspektorates. Das Ergebnis dieser mündlichen Verhandlung, protokolliert in der Verhandlungsschrift vom 7. April 2009, wurde in der Folge dem medizinischen Amtssachverständigen zur Abgabe eines Gutachtens dahingehend vorgelegt, ob bzw. inwieweit Gefährdungen oder unzumutbare Belästigungen für Anrainer zu besorgen sind. Nachdem von der beigezogenen medizinischen Amtssachverständigen in deren Gutachten vom 7. Mai 2009 weder bei der Beurteilung von Lärmimmissionen noch bei der Bewertung der angesprochenen Immissionskonzentration von Chlorwasserstoff, aber auch von Chlorsilanen, beides unter Berücksichtigung der von den technischen ASV geforderten und vorgeschriebenen Auflagen, medizinische Bedenken in einer die Genehmigung ausschließenden Art und Weise festgestellt wurden, erging nach Wahrung des Parteiengehörs der nunmehr bekämpfte Genehmigungsbescheid vom 12. Juni 2009, Ge20-8245-51-2009, betreffend die Änderung der Betriebsanlage durch die Errichtung und den Betrieb von 2 Siliziumraffinieröfen zu Versuchszwecken samt Gasversorgung im Grunde des § 81 GewO 1994.
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat im Rahmen des Berufungsverfahrens insbesondere zu den Berufungsvorbringen ergänzende Gutachten aus den Bereichen Immissionsschutz, insbesondere Luftreinhaltung sowie Medizin eingeholt und diese dem Parteiengehör unterzogen.
Die oben bereits wiedergegebenen Gutachten der beigezogenen Amtssachverständigen sind begründet, schlüssig und nachvollziehbar und hegt das erkennende Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich keinen Zweifel, diese der Berufungsentscheidung zu Grunde zu legen. Auch die Berufungswerber sind den ergänzend eingeholten Gutachten nicht mehr mit entscheidenden, fachlich begründeten Argumenten entgegengetreten, konnten somit eine Unrichtigkeit oder Unschlüssigkeit derselben nicht mehr nachweisen.
Darüber hinaus ist zunächst zum wiederholten Vorbringen der Berufungswerber festzuhalten, dass es nicht Aufgabe des Betriebsanlagengenehmigungsverfahrens ist festzustellen, ob eine Anlage oder ein Anlagenteil vor Erteilung der erstinstanzlichen Anlagengenehmigung konsenslos errichtet bzw. betrieben worden ist oder nicht. Derartige Feststellungen sind einem allenfalls durchzuführenden Verwaltungsstrafverfahren oder einem Verfahren zur Durchsetzung von Zwangsmaßnahmen vorbehalten und können somit die Frage einer beantragten Erteilung einer Betriebsanlagengenehmigung nicht beeinflussen.
Weiters steht nach den einschlägigen Bestimmungen der Gewerbeordnung sowie nach der aktuellen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes fest, dass Fragen der Raumordnung und somit auch der Liegenschaftswidmung nicht im gewerberechtlichen Betriebsanlagengenehmigungsverfahren, sondern im baubehördlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen und zu berücksichtigen sind, somit diesbezüglich eine Zweigleisigkeit ausdrücklich nicht vorgesehen ist.
Auch dem Antrag, eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchführen zu lassen, kann auf Grund der eindeutig gegebenen Rechtslage nicht nachgekommen werden. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist nur dann durchzuführen, wenn entsprechende Parameter der Anlage, definiert in Anhang 1 des Bundesgesetzes über die Prüfung der Umweltverträglichkeit (Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 – UVP-G 2000) erfüllt werden. In diesem Anhang sind die gemäß
§ 3 UVP-G UVP-pflichtigen Vorhaben definiert und liegen solche, wie bereits im erstinstanzlichen Verfahren und im Berufungsverfahren festgestellt, im gegenständlichen Fall nicht vor. Im Übrigen ist diesbezüglich auf die aktuelle Judikatur des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach die Frage, ob ein vorliegendes Projekt einer UVP zu unterziehen ist, die subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte in gewerblichen Betriebsanlagengenehmigungsverfahren nicht berührt (VfGH 29.11.2004, B 818/03, VwGH 28.6.2005, 2003/05/0091) und diese Frage somit in einer Berufung von Nachbarn nicht zulässigerweise vorgebracht werden kann.
Wenn die Berufungswerber unter anderem vorbringen, die zugesandten Unterlagen, Bescheid und Verhandlungsschrift, umfassen 92 Seiten und es sei nicht möglich, die Vorgänge innerhalb von 2 Wochen zu erfassen bzw. könne in der Zeit auch kein Sachverständiger gesucht werden, weshalb um Verlängerung der Abgabefrist gebeten werde, so ist hiezu festzuhalten, dass der Umfang von Bescheid und Verhandlungsschrift grundsätzlich dafür spricht, dass sich die belangte Behörde mit der gegenständlichen Angelegenheit ausführlich befasst, ein umfangreiches Ermittlungsverfahren durchgeführt und einen ausführlich begründeten Bescheid erlassen hat. Die gesetzliche Berufungsfrist in der Dauer von 2 Wochen ab Zustellung des Bescheides kann weder von der erstinstanzlichen Gewerbebehörde noch von der Berufungsbehörde verlängert werden. Die Berufungswerber haben aber innerhalb dieser Frist eine ausführliche und auch begründete Berufung eingebracht und hätten auf Grund der Dauer des Berufungsverfahrens ausreichend Zeit gehabt, weitere Recherchen durchzuführen bzw. auch 3 Monate später eine Ergänzung zur Berufung beizubringen. Wenn diesbezüglich auch in den ergänzenden Äußerungen vorgebracht wird, beantragt würden ebenso lange Fristen zur Stellungnahme wie die antragstellende Firma sowie die prüfende Behörde (letztgenannte habe 9 Monate Zeit Stellung zu nehmen) so ist dem zunächst zu entgegnen, dass der Antragstellerin keine anderen Fristen zur Stellungnahme, zB. zu den ergänzend eingeholten Gutachten der Amtssachverständigen, eingeräumt worden sind. Der Berufungsbehörde hingegen steht in keiner Weise eine Zeit zur Stellungnahme zur Verfügung, sondern hat sie das Verfahren durchzuführen, Parteiengehör zu wahren, ergänzende Ermittlungen zu veranlassen, Sachverständigengutachten einzuholen und die Verfahrensparteien jeweils den Verfahren im erforderlichen Umfang beizuziehen etc. Aktenstudium, Bearbeitung, Postläufe, im gegenständlichen Fall auch Weihnachts- und Silvesterfeiertage tragen weiters, wie auch andere Faktoren, zur jeweils konkreten Verfahrensdauer bei.
Die Berufungswerber kritisieren weiters die jeweilige Verwendung des IST-Zustandes als Ausgangspunkt für die Beurteilung und die Tatsache, dass so der Umgebungslärm etc. jedes Mal hoch geschoben würde. Auch hier ist auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen und stellt demnach das IST-Maß grundsätzlich der durch die tatsächlichen örtlichen Verhältnisse bestimmte Immissionsstand einschließlich der konsensgemäßen Immissionen bereits genehmigter Anlagen bzw. Anlagenteile dar. Die Ermittlung des Ist-Maßes hat mit Hilfe geeigneter Sachverständigengutachten zu erfolgen. Davon zu unterscheiden ist das jeweilige Beurteilungsmaß als die – im Rahmen der Beurteilung der Zumutbarkeit von Belästigungen der Nachbarn festzulegende – noch zumutbare Immissionsgrenze (Grenze der zumutbaren Belastung). Daraus ergibt sich zwangsläufig und kann auch durch das Vorbringen im gegenständlichen Verfahren nicht geändert werden, dass z.B. bei einer Erhöhung der die Betriebsanlage umgebenden Verkehrsfrequenz als erhöhtes Ist-Maß auch eine Änderung des Beurteilungsmaßes zu erfolgen hat. Dasselbe gilt demnach auch bei einer Erhöhung des IST – Maßes durch genehmigte Betriebsemissionen. Jedenfalls verbleibt jedoch im Einzelfall die medizinische Begutachtung des beigezogenen Amtssachverständigen dahingehend, ob bzw. wie sich allfällige Änderungen betreffend das Immissionsausmaß auf die Gesundheit bzw. das Wohlbefinden der Anrainer auswirkt und schließt daran die rechtliche Beurteilung, ob sich Belästigungen im zumutbaren Rahmen befinden oder nicht bzw. ob eine Gesundheitsgefährdung zu besorgen ist. Es ist daher der Behörde nicht möglich, weil rechtlich nicht zulässig, die von Berufungswerbern beantragte, fixe und auch zukünftig nicht verrückbare Obergrenze festzulegen und an dieser Obergrenze das jeweilige Beurteilungsmaß zu messen. Ob zwischen Nachbarn und Konsenswerberin eine Vereinbarung abgeschlossen wird, wonach eine aus deren Sicht einvernehmlich festgelegte Höchstgrenze festgeschrieben und somit Rechtsfrieden hergestellt werde, kann von der Behörde nicht beeinflusst werden, sondern ist – wie von den Berufungswerbern selbst bezeichnet – höchstenfalls eine privatrechtliche Vereinbarung zwischen Nachbarn und Anlageninhaberin. Die Gewerbebehörde kann jedoch durch eine derartige Vereinbarung nicht verpflichtet werden, die behördliche Beurteilung einer Emissionssituation anhand dieser privaten Vereinbarung über eine Höchstgrenze bzw. aufbauend auf diese, vorzunehmen.
Wenn von den Berufungswerbern beantragt wird, einen selbst gewählten gerichtlich beeideten Sachverständigen beizuziehen, so ist unabhängig von der dargestellten Vorgangsweise der Bezirksverwaltungsbehörde auf § 52 AVG zu verweisen, wonach die Behörde, wenn die Aufnahme eines Beweises durch Sachverständige notwendig wird, die ihr beigegebenen und zur Verfügung stehenden amtlichen Sachverständigen (Amtssachverständige) beizuziehen hat. Wenn die Berufungswerber einen privaten nicht amtlichen Amtssachverständigen beiziehen wollen, so ist dies grundsätzlich nicht unzulässig. Die Beauftragung und auch die Übernahme der entstehenden Kosten obliegt jedoch dem jeweiligen Auftraggeber.
In diesem Zusammenhang ist darüber hinaus zur kritisierten Auswahl der Amtssachverständigen festzustellen, dass dieser Einwand nicht mehr als sachlich fundiertes und somit zulässiges, seriöses Berufungsvorbringen angesehen werden kann. Die dieses Vorbringen unterfertigten Berufungswerber fordern vom Verwaltungssenat ein unabhängiges Gutachten. Von den Berufungswerbern wird somit offensichtlich verkannt, dass die vorliegenden Gutachten von - in ihrer Ausübung des Amtssachverständigendienstes unabhängigen - Sachverständigen der jeweiligen Fachabteilung des Amtes der Oö. Landesregierung erstellt wurden. Wenn in diesem Zusammenhang vorgeworfen wird, der Gutachter sei Angestellter jener "Behörde", die durchwegs zum Vorteil des antragstellenden Unternehmens entscheide (gemeint offensichtlich die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land) , so ist diese Aussage in zweierlei Hinsicht unrichtig und daher ausdrücklich richtig zu stellen: einerseits ist der beigezogene Amtssachverständige, wie schon ausgeführt, ein einschlägig ausgebildeter und in der Ausübung seiner Tätigkeit unabhängiger Sachverständiger, beigezogen von der Fachabteilung der Abteilungsgruppe Direktion Umwelt- und Wasserwirtschaft, Abteilung Umwelt-, Bau- und Anlagentechnik, des Amtes der Oö. Landesregierung, andererseits ist die – letztlich an den Vorwurf des Amtsmissbrauchs grenzende – Unterstellung einer Behörde, durchwegs zum Vorteil des antragstellenden Unternehmens zu entscheiden, auch von Seiten der Berufungsbehörde zurückzuweisen. Die Tatsache, dass ein eingereichtes Projekt laut Antrag von der für Betriebsanlagengenehmigungsverfahren I. Instanz zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde einem Genehmigungsverfahren unterzogen und in der Folge – wenn genehmigungsfähig - unter Vorschreibung von Auflagen genehmigt wird, kann keinesfalls als Entscheidung "zum Vorteil des antragstellenden Unternehmens" bezeichnet werden, sondern handelt es sich um die Prüfung eines eingereichten Verfahrensgegenstandes auf der Grundlage der einschlägigen Normen des Betriebsanlagenrechts der Gewerbeordnung und die darauf gründende Entscheidung, orientiert an der und ohne Widerspruch zur Judikatur des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes.
Wenn von Berufungswerbern ohne konkreten Bezug von einer Unzulässigkeit einer Emission bis zu 97 dB in unmittelbarer Nähe eines Wohngebietes gesprochen wird, ist dies auf mangelndes Fachwissen zurückzuführen, handelt es sich doch hiebei lediglich um einen angeführten Schallleistungspegel, welcher – ausgedrückt in LW - eine Rechengröße darstellt und mit einer Lärmimmission, einwirkend auf den Nachbarn (Schalldruck, LA), nicht vergleichbar ist, daher von Nachbarn nicht als solcher wahrgenommen werden kann. Vielmehr wird im lärmtechnischen Projekt, welches für den Kühlturm mit großer Leistungsstufe einen Schallleistungspegel von LW,A = 94 dB berücksichtigt, auch ausgeführt, dass die Beurteilungspegel der spezifischen Immission sowohl zur Tages-, Abend- als auch zur Nachtzeit um mindestens 10 dB unter dem festgestellten Ist-Bestandswert sowie um mindestens 10 dB unter dem Planungswert entsprechend der Widmungskategorie 3 – Wohngebiet liegt.
Gleich zu beurteilen ist das Vorbringen von Berufungswerberseite, die von der Konsenswerberin verursachte tatsächlich gemessene Lärmsituation des Dauerlärmpegels in der Nachtzeit liege im Bereich zwischen 45 und 59 dB, der für mittlere Spitzenpegel zwischen 42 und 68 dB(A). Dem ist zu entgegnen, dass es sich bei den vom Berufungswerber - ohne weiteren Zusammenhang – zitierten Lärmwerten, um im Schallprojekt der x zitierte messtechnisch erhobene IST – Bestandswerte handelt. Wie dem Projekt bzw. der Diskussion der Messergebnisse jedoch weiter zu entnehmen ist, werden die IST – Lärmwerte zur Nachtzeit – je nach Messpunkt - im wesentlichen bzw. maßgeblich z.T. auch ausschließlich durch entfernten Bahnlärm (Westbahnstrecke) bzw. gemeinsam mit Kfz – Geräuschen auf der x geprägt.
Es ist somit auch an dieser Stelle festzuhalten, dass es den Berufungswerbern nicht gelungen ist, die eingeholten Sachverständigengutachten mit Erfolg zu bekämpfen bzw. allfällige tatsächliche Unschlüssigkeiten nachzuweisen.
Dies zeigt sich auch bei der Beurteilung von HCl-Emissionen, deren weitere Beschränkung in der Berufung gefordert wird. Dem gegenüber wurde vom Amtssachverständigen begründet dargelegt, dass die von den Berufungswerbern besorgten 150 g/h HCl keinesfalls in die Atmosphäre gelangen, sondern beträgt die wöchentliche Emission ca. 3 g HCl. Dies bedeutet, dass die von den Anrainern besorgten 150 g/h HCl in Wirklichkeit nicht einmal in einem Jahr stattfinden. Wenn im Bescheid von lediglich 2 Stunden pro Woche Emission von Chlorwasserstoff die Rede ist, so ist auch davon auszugehen, dass es sich hiebei um einen Teil der Anlagenbeschreibung und somit um eine Projektsangabe handelt. Lediglich dieser Projektsbestandteil ist einer Beurteilung zuzuführen, da es sich beim gewerblichen Betriebsanlagengenehmigungsverfahren im Sinne des § 353 GewO 1994 um ein Projektsverfahren handelt. Demnach ist es der Behörde nur möglich, den nach Angaben der Antragsteller vorgegebenen Projektsumfang zu beurteilen und allenfalls zu genehmigen. Projektsüberschreitungen einer genehmigten Anlage würden einen verwaltungsstrafrechtlich relevanten Sachverhalt darstellen. Projektsangaben sind demgegenüber wiederum nicht zusätzlich als behördliche Auflagen vorzuschreiben.
Die Berufungswerber fordern darüber hinaus, den Bescheid des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten, GZ. 313.350/4-III/3/92, als Grundsatzentscheidung zu berücksichtigen. Diese Geschäftszahl wurde im Zuge des Berufungsverfahrens nach Recherchen des entscheidenden Mitgliedes des Unabhängigen Verwaltungssenates vom Berufungswerber x mit Mitteilung vom 1.6.2010 korrigiert auf die Geschäftszahl 313.350/2-III/3/92 mit dem Entscheidungsdatum 30.6.1992. Dieser Bescheid liegt im vorliegendem Verfahrensakt auf. Das Berufungsvorbringen lässt offen, warum es sich dabei um eine berücksichtigungspflichtige Grundsatzentscheidung handeln solle. Die zitierte Entscheidung des Bundesministeriums stammt aus dem Jahr 1992 und spricht über Nachbarberufungen im Zuge eines früheren Änderungsverfahrens der gegenständlichen Betriebsanlage der Konsenswerberin, betreffend die Änderung durch Errichtung und Betrieb von Lager- und Abstellflächen, ab. Dabei wurden – wie auch im gegenständlichen Verfahren – lärmtechnische, gewerbetechnische bzw. medizinische Gutachten eingeholt und berücksichtigt sowie die Betriebsbeschreibung durch detaillierte Beschreibung eines zu errichtenden Lärmwalles ergänzt. Berücksichtungspflichtige Auswirkungen auf das gegenständliche Verfahren sind jedoch daraus nicht ableitbar. Wiederholte Schallpegelmessungen in diesem, im Jahre 1992 abgeschlossenen Genehmigungsverfahren waren insbesondere aus dem Grund erforderlich, als die Konsenswerberin während des Verfahrens die Liegenschaft des nächstgelegenen Nachbarn käuflich erworben hat und diese Parzelle daher ab diesem Zeitpunkt zur Betriebsliegenschaft gehörte.
Zu dem in der Berufung weiters vorgebrachte Ersuchen betreffend die Messung von Chlorsilanen wird im ergänzenden Gutachten des luftreinhaltetechnischen Amtssachverständigen Stellung bezogen und festgestellt, dass diese durch Wasser hydrolysiert, dh., in Wäscher vollständig zu HCl und SiO2 zersetzt werden. Die Messung derselben ist auflagenmäßig vorgeschrieben und sind die Messergebnisse der Behörde zu übermitteln. Rechtlich ist dem hinzuzufügen, dass es sich bei der Überwachung der Auflageneinhaltung um eine amtswegige Pflicht der Behörde handelt und nicht an Nachbarn übertragen werden kann.
Ebenso wenig kann der Anlageninhaberin unterstellt werden, Auflagen nicht einzuhalten und ist eine diesbezüglich vorgebrachte Sorge der Anrainer nicht geeignet, die Erteilung einer beantragten Genehmigung bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen zu verhindern.
Soweit von Berufungswerbern Distanzen von ihren Wohnhäusern zur Anlage angesprochen werden ist festzuhalten, dass grundsätzlich jedem Anrainer subjektive öffentliche Rechte und somit zulässige Berufungsvorbringen in Bezug auf seine Liegenschaft zukommen, somit die jeweiligen Entfernungen von seiner Liegenschaft zur jeweiligen Emissionsquelle relevant sind. Soweit von den Berufungswerbern andere Wohnobjekte angesprochen werden, können solche Vorbringen im Berufungsverfahren im Rahmen des Umfanges ihrer Parteistellungen keine Relevanz erhalten. Im Übrigen sind die im ergänzenden Gutachten des luftreinhaltetechnischen Amtssachverständigen angesprochenen Entfernungen von 140 bzw. 160 m den Unterlagen entnehmbar und nachvollziehbar und daher von vorne herein nicht unschlüssig; es ist dabei zu berücksichtigen, dass im gegenständlichen Falle nicht jedenfalls von der Grundstücksgrenze der Betriebsanlagenliegenschaft, sondern von der jeweiligen Emissionsquelle, z.B. an der Westseite der Halle 6 des Betriebsgeländes, und dies bezogen zur jeweiligen Liegenschaft des jeweiligen Berufungswerbers auszugehen ist.
Wenn die Berufungswerber zum Teil vorbringen, die Vorgänge Ge20-8245-51-2009 und Ge20-8245-49-2009, würden gemeinsam verhandelt und im Jahr 2009 plötzlich wieder getrennt, weshalb eine Zusammenfassung gefordert werde, um Gebühren in der Höhe von mehreren Tausend Euro zu verhindern, so ist dieser Vorwurf aus den Akten nicht nachvollziehbar und auch nicht näher begründet. Es kann der Antragstellerin eine gemeinsame Antragstellung nicht aufgezwungen werden. Dem gegenständlichen Genehmigungsverfahren liegt ein Antrag der Anlageninhaberin vom Februar 2008 zu Grunde. Ein von den Berufungswerbern gemeintes gleichzeitig anhängiges Verwaltungsverfahren wurde von der belangten Behörde auf Grund eines anderen Antrages der Anlageninhaberin bereits im Jahr 2007 eingeleitet und durchgeführt. Wenn in derartigen Verfahren von der verfahrensführenden Behörde eine gemeinsame Verhandlung anberaumt und durchgeführt wird, so erfolgt dies aus Gründen der Verfahrensökonomie, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit, letztlich auch, um zB Nachbarn einen zusätzlichen Verhandlungstag zu ersparen. Wenn von den Anrainern von Gebühren in der Höhe von Tausenden Euro gesprochen wird, ist dies aus der Sicht der Berufungsbehörde nicht nachvollziehbar, entsteht doch bei Einbringung der gegenständlichen Berufung keine Gebührenpflicht.
Schließlich wurden auch die Bedenken der Berufungswerber betreffend Ausstoß aller Vakuumpumpen von 1.000 ml pro Jahr in Form feiner Tröpfchen vom lufttechnischen Amtssachverständigen ausdrücklich entgegnet und von diesem festgestellt, dass bei vergleichbaren Anlagen keine Ölfilter enthalten sind bzw. dass eine Emission von wenigen 100 ml Öl pro Jahr nicht als relevante Emission zu betrachten ist und daher aus fachlicher Sicht die Vorschreibung eines Filters nicht gefordert werden kann.
Um Missverständnisse zu vermeiden, ist diesbezüglich klarzustellen, dass im gegenständlichen Falle nicht die Ausblasung von Vakuumpumpenöl sondern lediglich die Ausblasung der Entlüftung der Vakuumpumpen stattfindet. In dieser Abluft ist offensichtlich – wie vom ASV festgehalten, pro Jahr mit wenigen 100 ml Öl-Emission zu rechnen; dies wird jedoch als nicht relevante Emission beurteilt. Als nicht relevante Emission wird von ASV üblicherweise eine solche Emission bezeichnet, die im Rahmen eines vorbeugenden Gesundheitsschutzes eine Gegen- oder Abwehrmaßnahme nicht erforderlich machen. Dies wird vom ASV auch ausdrücklich klargestellt, wenngleich der Konsenswerberin sicherlich die technische Möglichkeit einer Nachrüstung mit einer Filterung offen steht. Es würde sich hiebei jedoch mangels behördlicher Vorschreibbarkeit um ein Entgegenkommen der Anlageninhaberin gegenüber den Anrainern handeln.
Insgesamt konnte somit auf Grund der dargestellten Sach- und Rechtslage den Berufungen keine Folge gegeben werden und war die ausgesprochene Betriebsanlagengenehmigung zu bestätigen bzw. wie im Spruch zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. Reichenberger