Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-560126/2/Gf/Mu

Linz, 04.05.2010

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Grof über die Berufung der x, vertreten durch x, gegen den Bescheid der Bezirks­hauptfrau von Rohrbach vom 16. März 2010, Zl. SHV10-2718-2010, wegen der Vorschreibung des Rückersatzes für empfangene Sozialhilfeleistungen nach dem OöSHG in einer Höhe von 4.134,04 Euro zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Bescheid der Bezirkshauptfrau von Rohrbach vom 16. März 2010, GZ SHV10-2718-2010, wurde die Rechtsmittelwerberin auf Grund des Antrages des Sozialhilfeverbandes (im Folgenden: SHV) Rohrbach gemäß § 46 Abs. 1 des Oö. Sozialhilfegesetzes, LGBl.Nr. 82/1998, zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 41/2008 (im Folgenden: OöSHG), i.V.m. § 5 Abs. 7 der Sozialhilfeverordnung, LGBl.Nr. 118/1998, zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 128/2009 (im Folgenden: OöSHV), zum Ersatz der Kosten für soziale Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfs durch Übernahme der durch die 80%igen Pensions-, Pflegegeld- und Familienbeihilfenanteile nicht gedeckten Heimentgelte im Bezirksalten- und Pflegeheim x in Höhe von 4.134,04 Euro verpflichtet.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführerin mit Bescheiden der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 27. September 2005, GZ SH10-2718/2005, bzw. vom 14. Februar 2007, GZ SH10-2718/2007, eine Hilfe zur Pflege in einer stationären Einrichtung durch Übernahme der durch die 80%igen Pensions- und Pflegegeldanteile nicht gedeckten Heimentgelte im Bezirksalten- und Pflegeheim x ab dem 17. August 2005 gewährt worden sei. Insgesamt sei dem SHV Rohrbach bis zum bis September 2009 ein Reinaufwand von insgesamt 50.287,48 Euro entstanden, wobei das Vermögen der Rechtsmittelwerberin zum Zeitpunkt des Heimeintrittes ca. 4.400 Euro betragen habe. In Bezug darauf sei der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 16. Oktober 2009 gemäß § 46 Abs. 1 OöSHG ein teilweiser Kostenersatz in Höhe von 4.134,04 Euro (d.i. ca. 1/12 des Reinaufwandes der gewährten Hilfeleistung zum Heimentgelt) vorgeschrieben worden, weil festgestellt worden sei, dass sie nunmehr über ein Vermögen in Höhe von 11.434,04 Euro verfüge, von dem lediglich ein Freibetrag von 7.300 Euro in Abzug zu bringen gewesen sei.

 

1.2. Gegen diesen ihr am 22. März 2010 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 1. April 2010 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

 

Darin bringt der Vertreter der Beschwerdeführerin vor, dass es zwar zutreffe, dass Letztere seit Jahren im Bezirksaltenheim x wohne und sie daher gemäß § 46 Abs. 1 OöSHG grundsätzlich zum Kostenersatz verpflichtet sei. Weil sie in einer stationären Einrichtung lebe, dürften jedoch in diesem Zusammenhang nach § 5 Abs. 7 OöSHV Geldbeträge bis zu insgesamt 12.000 Euro nicht berücksichtigt werden, sodass sich bei einem Gesamtvermögen von 11.434,04 Euro keine Kostenersatzpflicht ergebe. Denn nicht nur aus der bisherigen Vollzugspraxis, sondern auch aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und der einschlägigen Fachliteratur ergebe sich, dass diese Freigrenze nicht nur im Leistungszuerkennungsverfahren, sondern auch für das Kostenersatzverfahren maßgeblich sei, d.h. ein absolut geschütztes Vermögen darstelle. Die Behörde könne zwar jederzeit Kostenersatzansprüche vorschreiben, doch müsse sie dabei stets das vom Gesetz­geber gewährte Schonvermögen – und zwar zum Zeitpunkt der Abrechnung – in vollem Umfang in Abzug bringen, weil ansonsten nur mehr ein derart eingeschränktes Vermögen verbleibe, dass dadurch i.S.d. § 52 Abs. 2 OöSHG die wirtschaftliche Existenz der Rechtsmittelwerberin gefährdet wäre.

 

Daher wird beantragt, den angefochtenen Bescheid aufzuheben.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach zu GZ SHV10-2718-2010; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Parteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 67d Abs. 1 und 2 AVG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2.2. Nach § 66 Abs. 3 OöSHG i.V.m. § 67a AVG hat der Oö. Verwaltungssenat über die vorliegende Berufung durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 OöSHG hat der Empfänger sozialer Hilfe für jene Sozialhilfeleistungen, auf die er einen Rechtsanspruch hat und die ihm auch tatsächlich gewährt wurden, grundsätzlich – soweit er hiefür nicht bereits Kostenbeiträge nach § 9 Abs. 7 OöSHG entrichtet hat (oder er hiervon von vornherein befreit war) – einen entsprechenden Kostenersatz zu leisten.

 

Gemäß § 46 Abs. 1 Z. 1 OöSHG ist der Sozialhilfeempfänger dem Sozialhilfeträger jedoch nur (u.a.) dann zum Ersatz der von jenem für ihn aufgewendeten Kosten verpflichtet, wenn er zu hinreichendem Einkommen oder Vermögen i.S.d. § 9 OöSHG (z.B. aus pflegebezogenen Geldleistungen, Unterhaltsansprüchen oder aus der Verwertung von Vermögen) gelangt ist. Ein derartiger Ersatzanspruch darf jedoch gemäß § 52 Abs. 2 OöSHG dann nicht geltend gemacht werden, wenn und soweit dadurch die wirtschaftliche Existenz der leistungspflichtigen Person gefährdet würde, wobei die Oö. Landesregierung durch Verordnung nähere Bestimmungen über die Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz erlassen kann. Dem entsprechend legt § 5a Abs. 1 OöSHV zwar fest, dass eine Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz in Bezug auf das eigene Einkommen des Ersatzpflichtigen jedenfalls dann anzunehmen ist, wenn der leistungspflichtigen Person danach weniger als das 1,2-fache jenes Sozialhilferichtsatzes zur Verfügung stünde, der anzuwenden wäre, wenn soziale Hilfe zu leisten wäre; gleichzeitig stellt jedoch § 5a Abs. 2 OöSHV klar, dass diese Fiktion nur für den Kostenersatz durch den Empfänger sozialer Hilfe für Leistungen gemäß § 16 OöSHG, nämlich für Hilfe zum Lebensunterhalt – und damit nicht für die Leistung von Sozialhilfe in Form einer Pflege in einer stationären Einrichtung – gilt.

 

Nach § 52 Abs. 4 OöSHG kann der Sozialhilfeträger über derartige Ersatzansprüche mit dem Hilfeempfänger einen Vergleich abschließen; kommt ein solcher Vergleich nicht zustande, so hat die Behörde gemäß § 52 Abs. 5 OöSHG darüber auf Antrag des Trägers sozialer Hilfe mit schriftlichem Bescheid zu entscheiden.

 

Nach § 5 Abs. 7 OöSHV sind bei der Festsetzung der Höhe der Leistung von sozialer Hilfe für die Pflege in stationären Einrichtungen im Einkommen des Hilfeempfängers – über die in § 5 Abs. 2 und 3 OöSHV festgelegten Freibeträge hinaus – Geld oder Geldeswert bis zu insgesamt 12.000 Euro und kleinere Sachwerte nicht zu berücksichtigen.

 

3.2.1. Im gegenständlichen Fall steht allseits unbestritten fest, dass der Rechtsmittelwerberin seit dem 17. August 2005 soziale Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes durch Übernahme der durch die 80%igen Pensions- und Pflegegeldanteile nicht gedeckten Heimentgelte im Bezirksalten- und Pflegeheim x gewährt wurde, woraus dem Sozialhilfeträger bis einschließlich September 2009 ein Reinaufwand (Kosten) in einer Höhe von insgesamt 50.287,48 Euro entstanden ist.

 

Auch gegen die aus diesem Anlass seitens der belangten Behörde getroffene Feststellung, dass die Beschwerdeführerin am 14. Oktober 2009 über ein Vermögen in einer Höhe von insgesamt 11.434,04 Euro verfügte, wurde von Letzterer kein Einwand erhoben.

 

3.2.2. Strittig ist im gegenständlichen Fall lediglich, ob im Zuge der Berechnung der Höhe der Ersatzpflicht gemäß § 46 Abs. 1 Z. 1 OöSHG auch der in § 5 Abs. 7 OöSHV normierte Freibetrag von 12.000 Euro zugunsten der Rechtsmittelwerberin in der Weise zu berücksichtigen ist, dass dieser in voller Höhe vom Vermögen in Abzug zu bringen ist, oder nicht.

 

Diesbezüglich hat der Oö. Verwaltungssenat in seinem Erkenntnis vom 26. Jänner 2010, GZ VwSen-560120/2/Gf/Mu, die Rechtsauffassung vertreten, dass eine derartige Freibetragsgrenze im Zuge der Berechnung der Höhe des Rückforderungsbetrages nicht in Ansatz zu bringen ist. Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass es ansonsten im Ergebnis zu einer doppelten Begünstigung des Hilfeempfängers käme: Denn durch die Nichthinzurechnung des Freibetrages von 12.000 Euro zum Vermögen gemäß § 5 Abs. 7 OöSHV resultiert sowohl eine Freistellung dieses Betrages zugunsten des Hilfeempfängers als auch eine von dieser verminderten Bemessungsgrundlage ausgehende, aliquot höhere Sozialhilfeleistung zur Pflege in einer stationären Einrichtung nach § 17 OöSHG. Würde dieser Betrag in der Folge auch bei der Ermittlung der Höhe des ersatzpflichtigen Vermögens gemäß § 46 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 9 Abs. 1 OöSHG in voller Höhe in Abzug gebracht, dann resultiert im Ergebnis, dass dem Hilfeempfänger nicht nur dieser Sockelbetrag, sondern zudem auch noch die darauf basierende Sozialhilfeleistung verbleiben würde.

 

3.3. Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt sich, dass sich das per 14. Oktober 2009 ermittelte Vermögen der Rechtsmittelwerberin in Höhe von 11.434,04 Euro aus einem Guthaben eines Girokontos (in Höhe von 1.900,41 Euro), aus einer Sparbucheinlage (in Höhe von 4.069,00 Euro) und aus einem Bausparvertrag (im Wert von rund 5.464,63 Euro) zusammensetzt.

 

Diese einzelnen Positionen belegen aber, dass in dieser Gesamtsumme auch der zum Zeitpunkt der erstmaligen Zuerkennung der Hilfe für Pflege ein einer stationären Einrichtung in Abzug zu bringende (allenfalls bis zu einer Höhe von 12.000 Euro reichende) Freibetrag enthalten ist. Damit ist die belangte Behörde jedoch gleichsam von der gegenteiligen Extremposition ausgegangen, die anstelle einer doppelten Begünstigung im Ergebnis nachträglich zu deren vollständigem Entzug führen würde, nämlich derart, dass dieser Freibetrag ex post im Wege der Kostenersatzpflicht dann sogar bis auf Null reduziert werden könnte.

 

Das OöSHG bietet jedoch weder für eine doppelte Begünstigung des Hilfeempfängers noch für eine nachträgliche Aufzehrung der durch § 5 Abs. 7 OöSHV gewährten Freigrenze eine entsprechende Handhabe, sondern aus dem Gesamtzusammenhang des Gesetzes ergibt sich, dass der in § 5 Abs. 7 OöSHV für das Leistungsverfahren verordnungsmäßig normierte Freibetrag in der Folge im Ersatzverfahren nicht in gleicher Weise, d.h.: nicht stets auch in voller Höhe, in Ansatz zu bringen ist. Vielmehr ist der Anordnung des § 5 Abs. 7 OöSHV jeweils dadurch Rechnung zu tragen, dass ein im Zuge der Festsetzung der Höhe der Hilfeleistung berücksichtigter Freibetrag bei der Ermittlung des Umfanges des ersatzpflichtigen Vermögens des Hilfeempfängers gleichsam a priori außer Betracht zu bleiben hat: Nur ein ex post zu diesem Ausgangsbetrag allenfalls hinzugekommenes Vermögen bildet schließlich konkret jenen ersatzpflichtigen (Teil‑)Haftungsfonds, der im Wege einer Antragstellung gemäß § 52 Abs. 5 OöSHG vom Sozialhilfeträger in Anspruch genommen werden kann.

 

3.4. Davon ausgehend steht für den gegenständlichen Fall allseits unbestritten fest, dass im Zuge der Festsetzung der Höhe der Sozialhilfe zum Zeitpunkt des Beginns der Hilfeleistung für Pflege in einer stationären Einrichtung ein Freibetrag in einer Höhe von 4.400 Euro anerkannt wurde.

 

Dieser Betrag war sohin von der ermittelten Höhe des Vermögens der Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Antragstellung auf Rückersatz (17. Oktober 2009) in Abzug zu bringen, sodass dieses insgesamt nicht – wie von der belangten Behörde angenommen – 11.434,04 Euro, sondern lediglich 7.034,04 Euro betrug.

 

Davon waren, wie dies auch bereits in der Begründung des angefochtenen Bescheides angeführt ist, gemäß § 11 Abs. 3 OöSHG weitere 7.300 Euro in Abzug zu bringen, sodass im Ergebnis zum Vorschreibungszeitpunkt eine negative, d.h. aber keine Ersatzpflicht resultiert.

 

3.5. Aus diesem Grund war daher der gegenständlichen Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben und der angefochtene Bescheid aufzuheben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  G r o f

 

Rechtssatz:

 

VwSen-560126/2/Gf/Mu vom 4. Mai 2010

 

wie VwSen-560123/2/Gf/Mu vom 16. Jänner 2010

 

 

Beachte:
Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen;

VwGH vom 27.03.2012, Zl. 2010/10/0143-9

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