Linz, 27.05.2010
E r k e n n t n i s
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, vom 29. Dezember 2009, Zl. VerkR96-40121-2009-Kub, nach der am 26.5.2010 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:
I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Der Tatvorwurf hat jedoch in Abänderung zu lauten: „Sie haben am 1.4.2009 idZ v. 09:00 Uhr bis 10:30 Uhr, in Vöcklabruck, Höhe Feldstraße 9, als Lenker des Pkw mit dem Kennzeichen X, beim Einparken einen abgestellten Pkw beschädigt und haben es als Verursacher dieses Verkehrsunfalls mit Sachschaden unterlassen hiervon ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle zu verständigen, obwohl ein Identitätsaustausch mit dem Geschädigten nicht erfolgt ist.“
II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden dem Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren 40 Euro (20% der verhängten Geldstrafe) auferlegt.
Rechtsgrundlagen:
I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009 – AVG iVm 19, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009 – VStG.
II.: § 64 Abs.1 u. 2 VStG.
Entscheidungsgründe:
1.1. Die Behörde erster Instanz führte begründend folgendes aus:
2. Der Berufungswerber vermeint in seiner Berufung mit diesem Fahrzeug nicht in Berührung gekommen zu sein. Seine übrigen handschriftlichen Ausführungen, wie etwa der Hinweis es handle sich um einen öffentlichen Parkplatz, lassen keinen Sachbezug zum Tatvorwurf erkennen, sodass darauf nicht einzugehen ist.
3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser ist durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen (§ 51c VStG).
4. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war angesichts des vom Berufungswerber bestrittenen Tatvorwurfes durchzuführen (§ 51e Abs.1 Z1 VStG). Der Verhandlung einvernehmlich einbezogen wurde das Verfahren zu VwSen-165064/Br, dessen Akt erst nach erfolgter Ausschreibung der gegenständlichen Berufungsverhandlung beim zuständigen Mitglied einlangte.
Beweis erhoben wurde durch Verlesen des erstinstanzlichen Akteninhaltes, insbesondere die Sichtung der Fotos und die Erörterung des im erstinstanzlichen Verfahren erstellten Amtssachverständigengutachtens vom 30.9.2009, AZ.: Verk-2100001107-2009-He.
Der Berufungswerber wurde anlässlich der Berufungsverhandlung unter ausführlicher Erörterung der Akten- u. Gutachtenslage zum Sachverhalt befragt. Die Behörde erster Instanz entschuldigte ihre Nichtteilnahme mit Schreiben vom 7.5.2010 unter Hinweis auf dienstliche Gründe.
5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:
Bereits aus der von der Polizei erstellten Fotodokumentation (insgesamt acht Fotos) lässt sich ein Streifkontakt mit dem Pkw (Mercedes) des Zweitbeteiligten und der daraus resultierende Schaden an der Stoßstange schlüssig nachvollziehen. Dies wird letztlich auch durch das von der Behörde erster Instanz von einem Amtssachverständigen erstattete Gutachten mit Blick auf die Wahrnehmbarkeit untermauert.
Auch die fotografisch festgehaltene Parkposition lässt einerseits auf das spätere Abstellen des Fahrzeuges des Rechtsmittelwerbers und folglich auf die Verursachung des Streif- bzw. Parkschadens schließen (s. Foto 2 u. 4 links).
Legt man dem Berufungswerber nicht blanken Mutwillen gegenüber einem anderen Verkehrsteilnehmer zu Grunde – der durch das Einparken seines Fahrzeuges in einem stumpfen Winkel an das linke Heck gestellte Fahrzeug am Wegfahren nachhaltig behindert wurde – müsste beim Berufungswerber auf eine mangelhafte Überblicksfähigkeit über die Dimensionen seines Fahrzeuges oder eine sonstige kognitive Einschränkung geschlossen werden.
Wie vom Geschädigten in Erfahrung gebracht werden konnte, wurde von der Haftpflichtversicherung des Berufungswerbers der mit 150 Euro bezifferte Schaden beglichen (AV v. 26.5.2010).
5.1. Der Berufungswerber vermeinte im Rahmen seiner Anhörung im Ergebnis nur, es hätte hier eigentlich der Zweitbeteiligte abgeschleppt gehört weil er sich so schräg eingeparkt habe. Auf Vorhalt der Fotodokumentation, welche auf sein späteres Einparken schließen lässt und er den Mercedes regelrecht „zugeparkt“ habe, meinte der Berufungswerber sinngemäß der Mercedes hätte eben über die Bordsteinkante nach vorne reversieren können. Er stelle sich prinzipiell senkrecht – so wie auch zu Hause – und nicht schräg ab. Auf weiteren Vorhalt sich doch üblicher Weise an abgestellten Fahrzeugen zu orientieren ging er nicht ein. Über den Außenspiegel hätte er genau sehen können wie weit er noch vom Nebenfahrzeug entfernt war. Daher wäre nicht er, sondern eher der Mercedesfahrer an sein Fahrzeug gestoßen. Der Vorhalt, dass der Mercedes technisch gesehen nicht in diese Position neben sein Fahrzeug gelangen hätte können, blieb vom Berufungswerber unreflektiert.
Der gesundheitlich beeinträchtigt wirkende Berufungswerber hinterließ im Rahmen der Berufungsverhandlung den Eindruck dem Verfahrensgegenstand nicht wirklich zu folgen. So erzählte er von einem weiteren vermutlichen Fall wegen eines Parkschadens wo er sich ebenfalls zu unrecht beschuldigt fühle.
Über Vorhalte der h. Aktenlage und des Gutachtens kamen von ihm keine sachbezogenen Erklärungen. Er wirkte im Ergebnis verlangsamt und in sich gekehrt. Abschließend meinte er wer ihm diese Reise nach Linz nun zahlen würde. Der Hinweis des Verhandlungsleiters, dass es doch seine Berufung dieses Verfahren bedingt habe, schien seinem Verhalten zu erschließen an ihm vorbeizugehen. Ein auf den Verfahrensgegenstand bezogener Dialog war trotz geduldigen und der Person zugewandten Bemühens seitens der Verhandlungsleitung kaum möglich.
Dem Berufungswerber kann daher vor dem Hintergrund der objektiven Faktenlage in seiner letztendlich weiterhin bestreitenden Verantwortung nicht gefolgt werden. Er hätte sich angesichts seines knappen Heranfahrens über den letztlich von ihm verursachten Streifschaden überzeugen und diesen folglich, mangels Identitätsnachweis mit dem Geschädigten, der Polizei melden müssen.
5.2. Zur Rechtslage:
Gemäß § 4 Abs.5 StVO 1960 haben, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die in Abs.1 genannten Personen die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs.1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.
Als Verkehrsunfall gilt jedes plötzliche, mit dem Straßenverkehr ursächlich zusammenhängende Ereignis anzusehen, welches sich auf Straßen mit öffentlichem Verkehr zuträgt und einen Personen- oder Sachschaden zur Folge hat (VwGH 20.4.2001, 99/02/0176 u.a.).
Die Anhalte- und Meldepflicht setzt einerseits einen Vorfall (Verkehrsunfall) und andererseits ein Wissen (müssen) eines solchen voraus. Dabei ist aber nicht unbedingt das positive Wissen vom Verkehrsunfall und vom ursächlichen Zusammenhang erforderlich, sondern es genügt – da der Anwendungsbereich des § 4 StVO in diesem Zusammenhang nicht ausdrücklich auf die Schuldform des Vorsatzes beschränkt ist (§ 5 VStG) – wenn die betreffende Person bei gehöriger Aufmerksamkeit den Verkehrsunfall und den ursächlichen Zusammenhang hätte erkennen können (siehe Pürstl - Somereder, Kommentar zur StVO, 11. Auflage, S 69 Rn 34, sowie – unter vielen – VwGH 23.5.2002, 2001/03/0417, VwGH 13.2.1991, 90/03/0114 mit Hinweis auf VwGH 9.9.1981, 81/03/0125 u. VwGH 31.1.1986, 85/18/0367).
6. Zur Strafzumessung:
Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.
Gemäß § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer in anderer als der in Abs.2 lit.a bezeichneten Weise gegen die Bestimmungen des § 4 verstößt, insbesondere die Herbeiholung einer Hilfe nicht ermöglicht, den bei einem Verkehrsunfall entstandenen Sachschaden nicht meldet oder als Zeuge eines Verkehrsunfalls nicht Hilfe leistet.
6.1. Indem mit der Unterlassung der Meldepflicht ohne unnötigen Aufschub aufwändige Erhebungen ausgelöst werden, ist einem derartigen Fehlverhalten ein durchaus erheblicher Unwertgehalt zuzuordnen. Es scheint daher insbesondere aus generalpräventiven Überlegungen eine spürbare Geldstrafe angemessen. Ein derartiges Verhalten lässt auf eine mangelhafte Wertverbundenheit gegenüber andere Verkehrsteilnehmer schließen indem deren Durchsetzung seines Schadenersatzanspruches erschwert oder verunmöglicht wird. Mit Blick darauf ist die hier verhängte Geldstrafe selbst bei einem Einkommen des Berufungswerbers von nur 1.000 Euro durchaus angemessen. Der Berufungswerber ist verwaltungsstrafrechtlich bereits vorgemerkt, sodass ihm als Strafmilderungsgrund weder die Unbescholtenheit noch ein sonstiger Milderungsgrund zu Gute kommt.
Die Behörde hat in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist. Diese Ermessensentscheidung ist nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen (VwGH 4.4.2001, 99/09/0140, mit Hinweis auf Erk. VwGH [verst. Senat] 25. März 1980, Zl. 3273/78, VwSlg 10077 A/1980).
Ein Ermessensfehler in der Strafzumessung kann unter Bedachtnahme auf den bis zu 726 Euro reichenden Strafrahmens jedenfalls nicht erblickt werden.
Sohin war die Berufung sowohl im Schuld- als auch im Strafausspruch als unbegründet abzuweisen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. B l e i e r