Linz, 21.06.2010
E r k e n n t n i s
Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 13. April 2010 Zl. VerkR96-48697-2009-Kub, nach der am 21. Juni 2010 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung, zu Recht erkannt:
I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden dem Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren 8 Euro auferlegt (20% der verhängten Geldstrafe).
Rechtsgrundlagen:
Zu I. § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009 – AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009 – VStG.
Zu II. § 64 Abs.1 u. 2 VStG.
Entscheidungsgründe:
1. Über den Berufungswerber wurde mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck wegen der Übertretung nach § 102 Abs.3 5. Satz des KFG iVm § 134 Abs.3c KFG eine Geldstrafe in Höhe von 40 Euro und 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt. Es wurde ihm zur Last gelegt, er habe am 30.03.2009, 17:10 Uhr, im Gemeindegebiet von Vöcklamarkt, Bahnhofstraße Höhe Haus Nr.6, als Lenker des PKW, VW Golf, schwarz X, während der Fahrt ohne Benützung einer Freisprecheinrichtung im Sinne der Verordnung vom 11. Mai 1999, BGBL. Nr. 11/152/1999 telefoniert. Dies sei bei einer Anhaltung gemäß § 97 Abs. 5 StVO festgestellt worden. Die postalische Einzahlung der Organstrafverfügung sei nicht durchgeführt worden.
Begründend führte die Behörde erster Instanz Folgendes aus:
2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung bestreitet der Berufungswerber das ihm zur Last gelegte Verhalten mit folgender Begründung:
3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Verlesung des erstbehördlichen Verfahrensaktes im Rahmen der Berufungsverhandlung. Der Polizeibeamte und Meldungsleger X wurde als Zeuge einvernommen. Dessen im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens am 7.10.2009 erstattete Stellungnahme wurde verlesen und im Zuge der Ladung zur Berufungsverhandlung dem Berufungswerber vorweg zur Einschau übermittelt. Vom Meldungsleger anlässlich der Berufungsverhandlung ein Foto über die Örtlichkeit der Anhaltung vorgelegt.
Der Berufungswerber nahm an der Berufungsverhandlung unentschuldigt nicht teil. Die Behörde erster Instanz entschuldigte sich schriftlich ob ihrer Nichtteilnahme.
3.1. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsverhandlung schien hier trotz der 500 Euro nicht übersteigenden Geldstrafe im Sinne des im Ergebnis bestreitenden Berufungsvorbringens geboten (§ 51e Abs.1 Z1 VStG).
4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. erwogen:
Wie vom Zeugen X auch anlässlich der Berufungsverhandlung schlüssig dargelegt wurde, war ihm das Fahrzeug des Berufungswerbers im Bereich der Westbahnüberführung in Vöcklabruck im Gegenverkehr durch offensichtliches Telefonieren des Lenker aufgefallen. Schon bei dieser Gelegenheit versuchte der Zeuge bereits durch ein Handzeichen, auf den Umstand des offenkundigen Telefonierens (Handy am Ohr) aufmerksam zu machen, was jedoch vom Berufungswerber nicht als Anhaltezeichen erkannt wurde.
Der Meldungsleger als Lenker des Polizeifahrzeuges wendete unverzüglich nach dieser Begegnung das Polizeifahrzeug und fuhr folglich dem Berufungswerber im normalen Sicherheitsabstand nach. Auch dabei konnte er von hinten das Handy am Ohr und das Umgreifen des Berufungswerbers beim Schalten deutlich erkennen. Durch Lichtzeichen wurde der Berufungswerber schließlich im Bereich der Zufahrt zum Lokalbahnhof zum Anhalten gebracht (siehe Lichtbild der Beilage 1).
Dabei zeigte sich der Berufungswerber sowohl einsichtig als auch sehr höflich. Das angebotene bargeldlose Organmandat konnte jedoch mit dem Hinweis auf fehlendes Bargeld aber auch einer fehlenden Bankomatabhebemöglichkeit nicht beglichen weden. Daher wurde dem Berufungswerber zuletzt ein bargeldloses Orgamnadat ausgehändigt. Der Berufungswerber bedankte sich dafür, zahlte dieses jedoch in weiterer Folge nicht ein. Dies führte letztlich zu diesem Verfahren.
Vor diesem Hintergrund erweisen sich die, nunmehr eher weitwendig anmutenden Berufungsausführungen, im Gegensatz zu den Verhaltenschilderungen des Meldungslegers anlässlich der Amtshandlung, als nicht überzeugend.
Der Zeuge strich im Rahmen der Berufungsverhandlung die Freundlichkeit des Berufungswerbers hervor, welcher ihm gegenüber zu keinem Zeitpunkt – den nunmehr im Ergebnis bestrittenen Tatvorwurf – in Frage stellte.
Der Zeuge legte für die Berufungsbehörde durchaus gut nachvollziehbar und glaubhaft seine unmittelbare Wahrnehmung des Telefonierens einerseits im Gegenverkehr und dann auch noch im Zuge der Nachfahrt bis kurz vor der Anhaltung dar.
4.1. Beweiswürdigend gilt es festzuhalten, dass der Zeuge einen seriösen und kompetenten Eindruck hinterließ und sich für den Oö. Verwaltungssenat keine Anhaltspunkte dafür geben, dass er den Berufungswerber etwa wahrheitswidrig belasten würde. Zu bedenken ist weiters, dass der Zeuge bei seiner Aussage auch vor der Berufungsbehörde unter Wahrheitspflicht stand, bei deren Verletzung er mit straf- und dienstrechtlichen Sanktionen zu rechnen hätte, während sich der Berufungswerber – welchem es offenbar nicht der Mühe wert war vor der Berufungsbehörde zu erscheinen – aufgrund seiner verfahrensrechtlichen Position nach Opportunität verantworten kann, ohne deshalb Rechtsnachteile befürchten zu müssen.
Die vom Berufungswerber offenbar erst im Zuge des Verwaltungsverfahrens geänderte Verantwortung, wonach entgegen der Feststellung des Meldungslegers und vor diesem sich höflich und schuldeinsichtig zeigend, letztlich doch nicht telefoniert worden wäre, hätte vom Berufungswerber sogleich und vor allem bereits gegenüber dem anhaltenden Polizeibeamten entsprechend nachvollziehbar dargelegt werden müssen. Die späteren Angaben im Verwaltungsstrafverfahren überzeugen daher nicht.
4.2. Zum Antrag des Berufungswerbers den Akt im Rechtshilfeweg zu versenden bzw. ihn selbst auf diesem Weg zu hören ist auf die diesbezüglich fehlende rechtliche Möglichkeit hinzuweisen.
Dem Berufungswerber wurde jedoch im Zuge der Anberaumung der Berufungsverhandlung per E-Mail ein entsprechender Aktenauszug übermittelt, welchen er mit dem Hinweis beantwortete, diese im PDF-Format zur Verfügung gestellte Nachricht nicht öffnen gekonnt zu haben. Dieser Aktenteil wurde ihm schließlich noch ein zweites mal zugestellt, wobei bei der Berufungsbehörde letztlich keine Äusserung zu den schon vor der Behörde erster Instanz gemachten Angaben des Meldungslegers einlangte.
Auf die Mitwirkungspflicht im Berufungsverfahren wurde der Berufungswerber auch in der Ladung zur öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung hingewiesen. Diese wurde ihm am 7.6.2010 als RSb-Sendung zugestellt.
Eine inhaltliche Mitwirkung am Berufungsverfahren ließ der Berufungswerber demnach zur Gänze vermissen.
5. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:
Gemäß § 102 Abs.3 KFG 1967 dritter Satz ist während des Fahrens dem Lenker das Telefonieren ohne Benützung einer Freisprecheinrichtung verboten.
Gemäß § 134 Abs.3c KFG 1967 begeht, wer als Lenker eines Kraftfahrzeuges die in § 102 Abs. 3 fünfter Satz angeführte Verpflichtung nicht erfüllt, wenn dies bei einer Anhaltung gemäß § 97 Abs.5 StVO 1960 festgestellt wird, eine Verwaltungsübertretung, welche mit einer Organstrafverfügung gemäß § 50 VStG mit einer Geldstrafe von 50 Euro zu ahnden ist. Wenn die Zahlung des Strafbetrages verweigert wird, ist von der Behörde eine Geldstrafe bis zu 72 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Freiheitsstrafe bis zu 24 Stunden, zu verhängen.
Betreffend den Antrag einen Ortsaugenschein durchzuführen ist dem entgegen zu halten, dass einem bloß auf einen Erkundungsbeweis hinauslaufenden Beweisantrag nicht gefolgt werden muss (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, S 339, E 6a zu § 46 AVG zitierte Rechtsprechung des VwGH); Ob ein Polizeibeamter einen Handytelefonierer als solchen feststellen kann, bedarf es hier jedenfalls keines Ortsaugenscheins.
Was das unentschuldigte Fernbleiben des Berufungswerbers anlangt ist zu bemerken, dass die Behörde wohl von Amts wegen vorzugehen hat (§ 24 VStG iVm § 39 Abs.2 AVG, § 25 Abs.1 VStG). Es befreit die Partei jedoch nicht von ihrer Verpflichtung, zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes beizutragen, wobei diese Mitwirkungspflicht auch einen Beschuldigten im Verwaltungsstrafverfahren trifft. Die Mitwirkungspflicht hat insbesondere dort Bedeutung, wo – so wie hier – ein aus der Sicht der Partei strittiger Sachverhalt nur im Zusammenwirken mit ihr geklärt werden könnte. Dies erfordert, dass der Beschuldigte seine Verantwortung nicht darauf beschränken kann, die ihm zur Kenntnis gelangten Erhebungsergebnisse – welches hier durch das Beweisverfahren klar gedeckt ist – für unrichtig zu erklären, ohne diesen ebenso konkrete Behauptungen entgegenzusetzen und entsprechende Beweise anzubieten. So löst etwa das bloße globale Bestreiten eines Beschuldigten, ohne nähere Konkretisierung und Stellung von Beweisanträgen, in einem durch eine Meldung eines Sicherheitswachebeamten eingeleiteten Verfahren, keine weitere Ermittlungspflicht aus. Unterlässt der Beschuldigte die gebotene Mitwirkung im Verwaltungsstrafverfahren, so bedeutet es auch dann keinen Verfahrensmangel, wenn die Behörde von Amts wegen keine weiteren Erhebungen durchführt bzw. durch absolutes Untätigsein des Beschuldigten nicht durchführen kann (s. unter vielen VwGH vom 20.9.1999, 98/21/0137).
5.1. Was die Strafbemessung anbelangt ist festzustellen, dass die Geldstrafe niedriger als im Organmandat vorgesehen ausgesprochen wurde. Bei der Bemessung der Geldstrafe wurden offenbar die mit nur 700 Euro sehr bescheidenen Einkommensverhältnisse des Berufungswerbers angemessen berücksichtigt. Ebenfalls wurde seine Unbescholtenheit als Milderungsgrund gewertet. Erschwerungsgründe sind im Verfahren nicht hervorgekommen.
Die Strafe wurde daher entsprechend den Bemessungskriterien des § 19 VStG insgesamt sehr milde bemessen.
Der Berufung musste daher ein Erfolg versagt bleiben.
II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. B l e i e r