Linz, 21.06.2010
E r k e n n t n i s
Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden, vom 19. April 2010, Zl. VerkR96-11-853-2008, nach der am 21. Juni 2010 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung, zu Recht erkannt:
I. Die Berufung wird im Schuldspruch als unbegründet abgewiesen. Die Ersatzfreiheitsstrafe wird jedoch – in Abänderung des bestätigenden mündlich verkündeten Spruches – auf 20 Stunden ermäßigt.
II. Für das Berufungsverfahren entfällt – ebenfalls in Abänderung des mündlich verkündeten Spruches – ein Verfahrenskostenbeitrag.
Rechtsgrundlagen:
Zu I. § 66 Abs.4 u. 68 Abs.2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009 – AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009 – VStG.
Zu II. § 64 Abs.1 u. 2 VStG.
Entscheidungsgründe:
1. Über den Berufungswerber wurde mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden wegen der Übertretung nach § 102 Abs.3 5. Satz des KFG iVm § 134 Abs.3c KFG eine Geldstrafe in Höhe von 60 Euro und 34 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er als Lenker des PKW mit dem pol. Kennzeichen X am 04.12.2008 um 11:56 Uhr auf der Autobahn A1 bei Straßenkilometer 206.900, Gemeinde Vorchdorf, während der Fahrt ohne Benützung einer Freisprecheinrichtung im Sinne der Verordnung vom 11. Mai 1999, BGBl. Nr. 11/152/1999 telefoniert. Dies wurde bei einer Anhaltung gemäß § 97 Abs.5 StVO festgestellt. Er habe die Zahlung einer Organstrafverfügung verweigert, obwohl ihm diese angeboten wurde.
Begründend führte die Behörde erster Instanz aus:
2. In der dagegen mangels Zustellnachweis als fristgerecht erhoben zu wertenden Berufung bestreitet der Berufungswerber das ihm zur Last gelegte Verhalten mit folgenden Ausführungen:
2.1. Mit diesen Darstellungen vermag er jedoch weder der Wahrnehmung noch der Beurteilung des Straßenaufsichtsorgans mit Erfolg entgegen treten.
3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Verlesung des Inhaltes des erstbehördlichen Verfahrensaktes im Rahmen der Berufungsverhandlung. Der Polizeibeamte und Meldungsleger X wurde als Zeuge einvernommen. Im Vorfeld wurde der Berufungswerber in Beantwortung seines Vertagungsersuchens auf die Vertretungsmöglichkeit und seine Mitwirkungspflicht hingewiesen.
Der Berufungswerber nahm letztlich unentschuldigt an der Berufungsverhandlung nicht teil, wobei er sich auch nicht vertreten ließ. Die Behörde erster Instanz war bei der Berufungsverhandlung vertreten.
3.1. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsverhandlung schien hier trotz der 500 Euro nicht übersteigenden Geldstrafe im Sinne des im Ergebnis bestreitenden Berufungsvorbringens geboten (§ 51e Abs.1 Z1 VStG).
4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. erwogen:
Wie vom Zeugen X auch anlässlich der Berufungsverhandlung überzeugend dargelegt wurde, ist der Berufungswerber im Bereich der Unfallstelle mit geringer Geschwindigkeit mit dem Handy am Ohr vom Meldungsleger wahrgenommen worden. Dies war letztlich der Grund für die Anhaltung und Beanstandung. Der Berufungswerber habe sich anlässlich dieser Amtshandlung äusserst uneinsichtig gezeigt und den Meldungsleger im Ergebnis vorgeworfen er solle besser darnach trachten, dass sich der Stau auflöse als sich mit solchen Sachen zu beschäftigen.
Die Bezahlung einer Organmandatsstrafe wurde folglich vom Berufungswerber abgelehnt.
Der Zeuge legte seine damalige Wahrnehmung auch anlässlich der Berufungsverhandlung durchaus gut nachvollziehbar und glaubhaft dar.
4.1. Den in Punkt 1) der Berufung ist entgegen zu halten, dass es nicht nur völlig unlogisch, sondern vielmehr als absurd zu bezeichnen wäre, dass ein Fahrzeuglenker etwa anlässlich der Vorbeifahrt an einer Unfallstelle ein angeblich behauptetes Diktat nicht unterbrochen und dieses dem beanstandenden Beamten gegebenenfalls nicht „vorgespielt“ worden wäre. Vielmehr wurde die Uneinsichtigkeit dahingend untermauert, als er den Meldungsleger mit dem Vorwurf konfrontierte, „dieser sollte sich um wichtigere Sachen kümmern.“
Den „philosopischen“ Betrachtungen im Puntk 2) ist entgegen zu halten, dass generalpräventiven Überlegungen insbesondere jener Gedanke zu Grunde liegt ein vom Gesetzgeber pönalisiertes Verhalten als Solches sichtbar durch einen Strafausspruch zu ahnden. Im übrigen sind die h. Entscheidungen in anonymisierter Form für jedermann auch im Wege der Hompage des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich (Erkenntnisse) online für jedermann in anonymisierter Form einsehbar bzw. hat eine gerichtsförmige Erledigung gemäß der EMRK anonymisiert offen gelegt zu werden.
Auch mit den im Puntk 4. unter „menschlicher Betrachtung“ gemachten Ausführungen bringt der Berufungswerber lediglich sein Missfallen über die Art des Einschreitens des Meldungslegers an der Unfallstelle und seiner Anhaltung zum Ausdruck. Damit zeigt er aber weder eine Rechtswidrigkeit noch eine Unsachlichkeit des Einschreitens des Meldungslegers auf. Vielmehr ist dieser Hinweis als unsachliche Kritik an der Beanstandung seines eigenen rechtswidirgen Verhaltens zu qualifizieren.
4.2. Beweiswürdigend gilt es abschließend festzuhalten, dass der Zeuge einen seriösen und kompeteten Eindruck hinterließ und sich für den Oö. Verwaltungssenat keine Anhaltspunkte dafür geben den Berufungswerber etwa wahrheitswidrig belasten zu wollen. Zu bedenken ist weiters, dass der Zeuge bei seiner Aussage auch vor der Berufungsbehörde unter Wahrheitspflicht stand, bei deren Verletzung er mit straf- und dienstrechtlichen Sanktionen zu rechnen hätte, während sich der Berufungswerber – welchem es offenbar nicht der Mühe wert war vor der Berufungsbehörde zu erscheinen bzw. sich anlässlich der Berufungsverhandlung vertreten zu lassen – auf Grund seiner verfahrensrechtlichen Position nach Opportunität verantworten kann, ohne deshalb Rechtsnachteile befürchten zu müssen.
Dem Berufungswerber konnte demnach in seiner bestreitenden Verantwortung – nur ein Diktaphon bedient zu haben – nicht gefolgt werden. Im übrigen wäre dies, wenn wohl nicht strafbar, mit den gleichen schädlichen Auswirkungen für die Verkehrssicherheit verbunden.
5. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:
Gemäß § 102 Abs.3 KFG 1967 dritter Satz ist während des Fahrens dem Lenker das Telefonieren ohne Benützung einer Freisprecheinrichtung verboten.
Gemäß § 134 Abs.3c KFG 1967 begeht, wer als Lenker eines Kraftfahrzeuges die in § 102 Abs. 3 fünfter Satz angeführte Verpflichtung nicht erfüllt, wenn dies bei einer Anhaltung gemäß § 97 Abs.5 StVO 1960 festgestellt wird, eine Verwaltungsübertretung, welche mit einer Organstrafverfügung gemäß § 50 VStG mit einer Geldstrafe von 50 Euro zu ahnden ist. Wenn die Zahlung des Strafbetrages verweigert wird, ist von der Behörde eine Geldstrafe bis zu 72 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Freiheitsstrafe bis zu 24 Stunden, zu verhängen.
Entgegen der im Anschluss an die Berufungsverhandlung ausgesprochenen vollumfänglichen Bestätigung des Schuld- u. Strafausspruches war nun in Anwendung des § 68 Abs.2 AVG der Bescheid von Amts wegen abzuändern. Die mit 34 Stunden ausgesprochene Ersatzfreiheitsstrafe war wegen deren außerhalb des gesetzlichen Rahmen festgesetzten Ausmaßes zu korrigieren und ebenso dem Verhältnis der ausgesprochenen Geldstrafe anzupassen. Demnach hatten auch die Kosten für das Berufungsverfahren zu entfallen.
5.1. Was das unentschuldigte Fernbleiben des Berufungswerbers anlangt ist zu bemerken, dass die Behörde wohl von Amts wegen vorzugehen hat (§ 24 VStG iVm § 39 Abs.2 AVG, § 25 Abs.1 VStG). Es befreit die Partei jedoch nicht von ihrer Verpflichtung, zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes beizutragen, wobei diese Mitwirkungspflicht auch einen Beschuldigten im Verwaltungsstrafverfahren trifft. Die Mitwirkungspflicht hat insbesondere dort Bedeutung, wo – so wie hier – ein aus der Sicht der Partei strittiger Sachverhalt nur im Zusammenwirken mit ihr geklärt werden könnte. Dies erfordert, dass der Beschuldigte seine Verantwortung nicht darauf beschränken kann, die ihm zur Kenntnis gelangten Erhebungsergebnisse – welche hier durch das Beweisverfahren klar gedeckt sind – für unrichtig zu erklären, ohne diesen ebenso konkrete Behauptungen entgegenzusetzen und entsprechende Beweise anzubieten. So löst etwa das bloße globale Bestreiten eines Beschuldigten, ohne nähere Konkretisierung und Stellung von Beweisanträgen, in einem durch eine Meldung eines Sicherheitswachebeamten eingeleiteten Verfahren, keine weitere Ermittlungspflicht aus. Unterlässt der Beschuldigte die gebotene Mitwirkung im Verwaltungsstrafverfahren, so bedeutet es auch dann keinen Verfahrensmangel, wenn die Behörde von Amts wegen keine weiteren Erhebungen durchführt bzw. durch absolutes Untätigsein des Beschuldigten nicht durchführen kann (vgl. unter vielen VwGH vom 20.9.1999, 98/21/0137).
5.2. Was die Strafbemessung anbelangt ist festzustellen, dass die Geldstrafe unter dem gesetzlichen möglichen Ausmaß von € 72,-- ausgesprochen wurde. Angesichts der völligen Uneinsichtigkeit des Berufungswerbers scheint dieses Strafausmaß durchaus vertreterbar. Der Umstand der angeblichen Arbietslosigkeit (Punkt 3) der Berufung) vermag an der Angemessenheit dieses Strafausmaßes nichts zu ändern. Dem Berufungswerber wäre es offen gestanden das mit € 50,-- vorgesehen Organmandat zu bezahlen. Da er dazu nicht bereit war hat der dieses Verfahren und die damit verbundene höhere Geldstrafe offenbar ganz bewusst in Kauf genommen. Die laut Aktenlage anzunehmende verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit war als Milderungsgrund zu werten. Erschwerungsgründe sind im Verfahren nicht hervorgekommen.
II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. B l e i e r