Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240737/2/BP/Gr

Linz, 22.06.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Dr. Bernhard Pree aus Anlass der Berufung des X, vertreten durch Rechtsanwalt Prof. Dr. X, X, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmanns des Bezirks Ried im Innkreis vom 16. April 2010, GZ SanRB96-66-2009, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Tabakgesetz, zu Recht erkannt:

I.                  Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.

II.              Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24 51, und 27 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Ried im Innkreis vom 16. April 2010, GZ SanRB96-66-2009, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 300 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe
50 Stunden) verhängt, weil er es als Vorstand und damit als nach § 9 Verantwortlicher der X mit dem Sitz in der Gemeinde Wien, die auf Grund eines Bestandsvertrags Inhaberin des X in X, sei, verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten habe, dass in den Räumen des öffentlichen Orts "X" das Personal dieses Betriebs nicht in geeigneter Weise informiert und nicht angewiesen worden sei, Raucherinnen und Rauchern das Rauchen zu verbieten, auf das Rauchverbot nicht hinreichend hingewiesen worden sei sowie Aschenbecher auf den Tischen aufgestellt gewesen seien und damit nicht dafür Sorge getragen worden sei, dass trotz des dort bestehenden generellen Rauchverbots durch Gäste des Betriebs am 27.10.2009 um 17.15 Uhr, nicht geraucht worden sei.

Als verletzte Rechtsgrundlagen werden § 13 Abs. 1 iVm § 13c Abs. 1 Z. 2 und Abs. 2 Z. 3 und § 14 Abs. 4 Tabakgesetz, BGBl. I Nr. 431/1995, in der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung zuletzt geändert durch das Bundesgesetzblatt BGBl. I Nr. 120/2008 genannt.

Nach Schilderung des bisherigen Verfahrensganges und nach Darstellung der einschlägigen Rechtsgrundlagen sieht die belangte Behörde sowohl die objektive als auch die subjektive Tatseite als erfüllt an. Die Strafbemessung sei tat- und schuldangemessen erfolgt.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw zu Handen seines rechtsfreundlichen Vertreters nachweislich am 19. April 2010 zugestellt wurde, richtet sich die vorliegende rechtzeitige Berufung vom 29. April 2010.

Darin führt der Bw u.a. aus, dass die belangte Behörde die Rechtslage verkannt und der Inhaber lediglich dafür Sorge zu tragen habe, dass in den Räumen eines öffentlichen Ortes nicht geraucht werde. Im Verwaltungsstraftatbestand sei demnach keinesfalls die Rede davon, dass ein Inhaber dafür Sorge tragen müsse, dass das Personal entsprechend angewiesen werde, dass auf das Rauchverbot hingewiesen werde und dass keine Aschenbecher aufgestellt würden. Die Behörde habe gesetzwidrig eine Verwaltungsstrafe für Sachverhalte ausgesprochen, die nach § 13c Abs. 1 Z. 2 iVm § 13c Abs. 2 Z. 3 Tabakgesetz nicht unter Strafe gestellt seien.

Weiters macht der Bw Begründungsmängel geltend und stellt fest, dass der Sachverhalt nicht bzw. nicht ausreichend festgestellt worden sei. Er bemängelt, dass jegliche Begründung fehle, weshalb den Vorbringen und Beweisanträgen der Partei nicht gefolgt worden sei. Auf das Vorbringen des Bw habe die Behörde im Wesentlichen nur derart reagiert, dass sie einen einzigen Zeugen einvernommen habe.  Es sei überhaupt nicht erhoben worden, wer den Lokalaugenschein am
17. Oktober 2009 durchgeführt habe.  Da die Behörde den Sachverhalt nicht antragsgemäß erhoben habe und auch den Beweisanträgen keine Folge gegeben habe, sei das Verfahren mangelhaft geblieben.

Auch werde keine Beweiswürdigung ausgeführt, aus welchen Erwägungen die Behörde dem Meldungsleger Glaubwürdigkeit zubillige, dem Bw jedoch eine solche Glaubwürdigkeit versage. Weiters fänden sich keine Ausführungen, aus welchen Erwägungen die Behörde ein schuldhaftes Handeln als gegeben erachte.

Darüber hinaus stellt die Berufung die Strafbemessung durch die belangte Behörde in Frage. Es seien verschiedene Milderungsgründe nicht festgestellt worden.

Abschließend werden folgende Beweisanträge gestellt

1.     Die Berufungsbehörde wolle das angefochtene Straferkenntnis abändern und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Bw einstellen.

2.     In eventu wolle das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Ermittlungsverfahren ergänzt werden.

3.     Weiters stellt der Bw den Antrag, die über ihn verhängte Strafe herabzusetzen, da das von der Behörde I. Instanz verhängte Strafausmaß weder seiner Einkommens- und Vermögenslage entspreche, noch durch den geringen Schuldgehalt der Tat gerechtfertigt erscheine. Bei richtiger Wertung der Erschwerungs- und Milderungsumstände hätte die Behörde I. Instanz zu einem für ihn günstigeren Strafausmaß kommen müssen.

Auch wird der Antrag gestellt gemäß § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe abzusehen, da das Verschulden des Beschuldigten gering sei und allfällige Folgen der Übertretung unbedeutend bzw. nicht vorhanden seien; allenfalls wolle das außerordentliche Milderungsrecht angewendet werden,  zumal die gesetzlichen Voraussetzungen hiefür vorlägen.

2.1. Mit Schreiben vom 3. Mai 2010 übermittelte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Verwaltungssenat.

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat erhob Beweis durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsakt. Da sich daraus schon der entscheidungswesentliche Sachverhalt zweifelsfrei feststellen ließ und sich bereits ergab, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war, hatte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 51e Abs. 2 VStG zu entfallen.

2.3. Bei seiner Entscheidung geht der Oö. Verwaltungssenat von dem unter Punkt 1.1. dieses Erkenntnisses dargestellten entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus.

2.4. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 14 Abs. 4 des Tabakgesetzes, BGBl. I Nr. 431/1995, in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz, BGBl. I Nr. 120/2008, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung, wer als Inhaber gemäß § 13c Abs. 1 leg. cit. gegen eine im
§ 13c Abs. 2 leg. cit. festgelegten Obliegenheiten verstößt und ist mit Geldstrafe bis zu 2.000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 10.000 Euro, zu bestrafen.

Gemäß § 13c Abs. 2 Z. 3 Tabakgesetz hat jeder Inhaber gemäß § 13c Abs. 1 leg. cit. insbesondere dafür Sorge zu tragen, dass in den Räumen eines öffentlichen Ortes, soweit nicht die Ausnahme des § 13 Abs. 2 zum Tragen kommt, nicht geraucht wird.

Inhaber gemäß § 13c Abs. 1 Tabakgesetz ist der Inhaber eines öffentlichen Raums gemäß § 13 leg. cit.

 

3.2. Im vorliegenden Fall ist völlig unbestritten, dass die in Rede stehende Aktiengesellschaft mit Sitz in Wien - aufgrund eines Bestandsvertrages - Inhaberin des Wettbüros in Ried und somit des öffentlichen Raums im Sinne des Tabakgesetzes ist, wie auch die Tatsache, dass der Bw als Vorstand dieser AG das zur Vertretung nach außen berufene Organ im Sinne des § 9 VStG ist.

 

Es stellt sich zunächst die Frage nach dem Tatort, da an deren Beantwortung die Zuständigkeit der Strafbehörde anknüpft.

 

3.3.1. Gemäß § 27 Abs. 1 VStG ist örtlich zuständig die Behörde, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist.

 

3.3.2. Für die örtliche Zuständigkeit ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich allein entscheidend, wo der Täter gehandelt hat oder hätte handeln müssen. Wird ein zur Vertretung nach außen befugtes Organ zur Verantwortung gezogen, wird als Tatort im Regelfall der Sitz der Unternehmensleitung anzunehmen sein, jedoch ist auf das betreffende Tatbild bedacht zu nehmen (vgl. VwGH vom 15. Jänner 1998, 97/07/0137). Der Tatort liegt dort, wo die Dispositionen und Anweisungen zur Vermeidung der Verstöße gegen die Verwaltungsvorschriften hätten gesetzt werden müssen (vgl. u.a. ebenda).

 

3.3.3. Die in § 13c Abs. 2 Z. 3 Tabakgesetz postulierte Sorgepflicht von Inhabern eines öffentlichen Raumes zur Vermeidung von Verstößen gegen den Nichtraucherschutz beinhaltet neben dem unmittelbaren Einschreiten gegen das Rauchen vor Ort - nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates von der belangten Behörde völlig zurecht angenommen - u.a. das Personal eines Unternehmens in geeigneter Weise zu informieren und anzuweisen, Raucherinnen und Rauchern das Rauchen zu verbieten, dafür zu sorgen, dass auf das Rauchverbot hinreichend hingewiesen wird sowie das Aufstellen von Aschenbechern zu unterbinden.

 

Bei diesen Maßnahmen, die von einem verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen eines Unternehmens gefordert sind, handelt es sich fraglos um solche, die nicht an die Örtlichkeit des betreffenden öffentlichen Raums gebunden sind, sondern um Verfügungen die vom Sitz des Unternehmens aus ergehen oder koordiniert werden. Dass sich der Erfolg der Verletzung der Sorgetragungspflicht in der Regel am öffentlichen Ort manifestiert, ist im Sinne des § 27 VStG unerheblich. Nach dem reinen Wortlaut des § 13c Abs. 2 Z. 3 Tabakgesetz wäre im Übrigen auch anzudenken, ob nicht die Tatbestandsmäßigkeit alleine durch das Verletzen dieser Pflicht verwirklicht wird, ohne dass überhaupt an einem öffentlichen Ort geraucht wird, zumal das inkriminierte Verhalten bzw. Unterlassen in der Verletzung dieser Sorgetragungspflicht liegt.

 

Zusammenfassend ist also festzuhalten, dass Tatort im Sinne des
§ 13c Abs. 2 Z. 3 Tabakgesetz bei Inhabern eines öffentlichen Raums in Form von juristischen Personen, deren sitz nicht mit dem in Rede stehenden Ort übereinstimmt, jedenfalls der Unternehmenssitz ist.

 

3.4. Aus den eben dargelegten Erwägungen ergibt sich konsequenter Weise, dass im vorliegenden Fall die örtlich unzuständige Behörde das Straferkenntnis I. Instanz erließ, weshalb der angefochtene Bescheid – unabhängig vom Berufungsvorbringen – aufzuheben war.

 

 

4. Bei diesem Ergebnis war dem Bw gemäß § 65 VStG kein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorzuschreiben (Spruchpunkt II).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Bernhard Pree


 

 

 

 

Rechtssatz:

VwSen-240737/2/BP/Gr vom 22. Juni 2010

§ 13C Abs. 2 Z. 3 Tabakgesetz iVm. § 27 VStG

Die in § 13c Abs. 2 Z. 3 Tabakgesetz postulierte Sorgepflicht von Inhabern eines öffentlichen Raumes zur Vermeidung von Verstößen gegen den Nichtraucherschutz beinhaltet neben dem unmittelbaren einschreiten gegen das Rauchen vor Ort - nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates von der belangten Behörde völlig zurecht angenommen - u.a. das Personal eines Unternehmens in geeigneter Weise zu informieren und

anzuweisen, Raucherinnen und Rauchern das Rauchen zu verbieten, dafür zu Sorgen dass auf das Rauchverbot hinreichend hingewiesen wird sowie das Aufstellen von Aschenbechern zu unterbinden.

 

Bei diesen Maßnahmen, die von einem verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen eines Unternehmens gefordert sind, handelt es sich fraglos um solche, die nicht an die Örtlichkeit des betreffenden öffentlichen Raums gebunden sind, sondern um Verfügungen die vom Sitz des Unternehmens aus ergehen oder koordiniert werden. Dass sich der Erfolg der Verletzung der Sorgetragungspflicht in der Regel am öffentlichen Ort manifestiert, ist im Sinne des § 27 VStG unerheblich.

 

 

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