Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165099/8/Ki/Kr

Linz, 22.06.2010

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung der X, vom 11. Mai 2010,  gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 26. April 2010, VerkR96-4472-2009, wegen einer Übertretung des KFG 1967 nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 22. Juni 2010 durch Verkündung zu Recht erkannt:

 

I.                  Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

II.              Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

 

I. §§ 24, 45 Abs.1 Z.1 und 51 VStG. iVm § 66 Abs.4 AVG

II. § 66 Abs.1 VStG.




Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis vom 26. April 2010, VerkR96-4472-2009, hat die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land der Berufungswerberin zur Last gelegt, sie habe als Lenkerin des Fahrzeuges "X, PKW, X" während der Fahrt ohne Benützung einer Freisprecheinrichtung im Sinne der Verordnung vom 11. Mai 1999, BGBl. Nr. II/152/1999, telefoniert. Dies sei bei einer Anhaltung gemäß § 97 Abs.5 StVO festgestellt worden. Sie habe die Zahlung einer Organstrafverfügung verweigert, obwohl ihr dies angeboten wurde. Als Tatort wurde "Gemeinde X, Landesstraße Freiland, Nr. 564 bei km 24.600, aus X kommend in Richtung X" und als Tatzeit "13.10.2009, 10:44 Uhr" festgestellt. Sie habe dadurch § 102 Abs.3 5. Satz KFG verletzt. Gemäß § 134 Abs.3c KFG 1967 wurde eine Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafe verhängt. Außerdem wurde sie gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens verpflichtet.

 

1.2. Die Rechtsmittelwerberin hat gegen dieses Straferkenntnis mit Schreiben vom 11. Mai 2010 berufen. Sie führt aus, dass sie am 13. Oktober 2009 um 10.44 Uhr nicht gefahren sei, sondern in der Firma, in der sie angestellt ist, anwesend war. Sie legte als Bestätigung einen Ausdruck aus dem Zeiterfassungssystem sowie eine Kopie einer Arbeitsbestätigung der X vom 6. November 2009 vor.

 

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat die Berufung ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 17. Mai 2010 vorgelegt.

 

2.2. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ist gemäß § 51 Abs.1 VStG gegeben. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das laut Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

2.3. Die Berufung wurde innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist bei der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land eingebracht und sie ist daher rechtzeitig.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt sowie Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 22. Juni 2010. An dieser Verhandlung hat lediglich die Berufungswerberin teilgenommen. Die belangte Behörde hat sich entschuldigt. Einer der beiden als Zeugen geladenen Polizeibeamten hat sich wegen gesundheitlicher Gründe abgemeldet, der zweite geladene Polizeibeamte ist ohne Angabe von Gründen nicht zur Verhandlung erschienen.

 

Aus dem vorliegenden Akt ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde liegt.

 

Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige der Landesverkehrsabteilung Oberösterreich vom 13. Oktober 2009 zu Grunde.

 


Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat gegen die Berufungswerberin zunächst eine Strafverfügung (VerkR96-4472-2009 vom 20. Oktober 2009) erlassen, welche von dieser beeinsprucht wurde. Bereits in diesem Einspruch führt diese aus, dass sie während der Fahrt nicht telefoniert habe und überdies sei sie zum angegeben Zeitpunkt bereits im Unternehmen ihres Dienstgebers gewesen.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat in der Folge das Ermittlungsverfahren durchgeführt und letztlich das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erlassen.

 

Bei ihrer Einvernahme in der mündlichen Berufungsverhandlung erklärte Frau X, die Amtshandlung habe nicht um 10.44 Uhr, sondern bereits um ca. 10.00 Uhr stattgefunden, sie bestritt jedoch weiterhin, tatsächlich telefoniert zu haben. Jedenfalls sei sie um 10.44 Uhr im Unternehmen anwesend gewesen, dies belegte sie durch Vorlage einer Bestätigung ihres Arbeitgebers bzw. eines Auszuges aus dem Zeiterfassungssystem. Die beiden Polizeibeamten konnten nicht einvernommen werden, da sie zur Verhandlung nicht erschienen sind.

 

2.6. In freier Beweiswürdigung stellt der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich fest, dass die der Bestrafung zu Grunde liegenden im erstinstanzlichen Verfahren festgestellten belasteten Umstände im Hinblick auf den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme im Berufungsverfahren nicht berücksichtigt werden können. Die als Zeugen geladenen Meldungsleger sind nicht erschienen, wobei einer sich aus gesundheitlichen Gründen entschuldigte, während der Zweite ohne Angaben von Gründen fern geblieben ist. Ebenso ist auch die belangte Behörde nicht erschienen.

 

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

Im vorliegenden Falle bestreitet die Berufungswerberin sowohl Tathandlung als auch Tatzeit. Die als Zeugen geladenen Meldungsleger, welche dazu im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung hätten Angaben machen können, sind einerseits wegen behaupteter gesundheitlicher Probleme bzw. andererseits ohne Angaben von Gründen nicht erschienen, so dass deren Einvernahme nicht möglich war, ebenso konnte sich die belangte Behörde nicht äußern, da sich diese für die Teilnahme an der Verhandlung entschuldigt hat.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vertritt die Auffassung, dass auch im Verwaltungsstrafverfahren sich die Behörde von Rücksichten auf möglichste Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis zu leiten lassen hat (§ 39 Abs.2 iVm § 24 VStG).

 

Die Anwendung dieser Bestimmung im Verwaltungsstrafverfahren lässt sich ableiten aus § 21 Abs.1a VStG, wonach die Behörde von der Einleitung und der Durchführung eines Strafverfahrens absehen kann, wenn die Verfolgung aussichtslos erscheint oder der hiefür erforderliche Aufwand in einem Missverhältnis zum Grad und zur Bedeutung der in der Verwaltungsübertretung liegenden Verletzung öffentlicher Interessen steht.

 

Wie bereits dargelegt wurde, gilt im Berufungsverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat der Grundsatz der Unmittelbarkeit, weshalb eine zeugenschaftliche Einvernahme der Meldungsleger zur Feststellung des dem Schuldspruch zu Grunde liegenden Sachverhaltes unabdingbar gewesen wäre.

 

Die Meldungsleger sind, wie bereits darlegt wurde, zur Verhandlung nicht erschienen, ebenso auch die belangte Behörde.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich stellt in diesem Zusammenhang fest, dass im konkreten Falle die Vertagung der Verhandlung einerseits aus ökonomischen Gründen nicht zweckdienlich war und dieser Umstand überdies eine unzumutbare Belastung für die Rechtsmittelwerberin, welche am Nichtzustandekommen eines entsprechenden Beweisergebnisses kein Verschulden trifft, darstellen würde.

 

Unter Beachtung des im Art. 9 Abs.5 OÖ. Landes-Verfassungsgesetz festgelegten Grundsatzes, wonach sich die Verwaltung vor allem als Dienst an den Menschen zu verstehen hat und sie dabei zu gesetzmäßigem, sparsamem, wirtschaftlichem und zielorientiertem Handeln verpflichtet ist und darüber hinaus Maßnahmen zur Förderung der Bürgernähe zu setzen sind, erscheint es dem erkennenden Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenats nicht mehr als vertretbar, eine Vertagung der mündlichen Berufungsverhandlung vorzunehmen.

 

Nachdem somit nicht hinreichend nachgewiesen werden kann, dass die Berufungswerberin tatsächlich zur angeführten Tatzeit ohne Freisprecheinrichtung beim Lenken eines Fahrzeuges telefoniert hat, war der Berufung nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" Folge zu geben, der angefochtene Bescheid zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen (45 Abs.1 Z1 VStG).

 

4. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

 


Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Alfred Kisch

 

 

 

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