Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-100526/11/Fra/Ka

Linz, 16.02.1993

VwSen - 100526/11/Fra/Ka Linz, am 16. Februar 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des J L, A, D, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M N, B, S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 5. März 1992, VerkR96/1060/7-1991/Pi/Rö, betreffend Übertretungen der StVO 1960, zu Recht erkannt:

I. Der gegen die Schuld gerichteten Berufung hinsichtlich der übertretungen nach § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 und § 4 Abs.5 erster Satz StVO 1960 wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird diesbezüglich behoben und das Verfahren eingestellt.

Der ursprünglich auch hinsichtlich der Übertretungen nach § 11 Abs.1 StVO 1960 und nach § 11 Abs.3 erster Satz StVO 1960, später jedoch diesbezüglich auf das Strafausmaß eingeschränkten Berufung, wird keine Folge gegeben. Die diesbezüglichen Strafaussprüche werden bestätigt, wobei jedoch gleichzeitig folgendes richtiggestellt wird: Anstelle der zitierten Strafsanktionsnormen "§ 99 Abs.2 lit.a StVO 1960" und "§ 99 Abs.3 lit.b StVO 1960" haben die Strafsanktionsnormen jeweils "§ 99 Abs.3 lit.a StVO 1960" zu lauten. Die unter Punkte 3 und 4 des angefochtenen Straferkenntnisses angeführten Geldstrafen von je 500 S haben sich auf die Punkte 1 und 2 - somit auf die Übertretungen nach § 11 Abs.1 StVO 1960 und auf § 11 Abs.3 erster Satz StVO 1960 zu beziehen. Ebenso haben sich die Angaben der Ersatzfreiheitsstrafen von je 17 Stunden (Punkte 3 und 4) auf die Punkte 1 und 2 zu beziehen.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24, 51 und 44a Z3 VStG.

II. Der Berufungswerber hat hinsichtlich der Übertretungen nach § 11 Abs.1 StVO 1960 und § 11 Abs.3 erster Satz StVO 1960 wegen der jeweils verhängten Geldstrafen von 500 S - insgesamt somit 1.000 S als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren insgesamt 200 S - d.s. 20 % der verhängten Geldstrafen - binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu bezahlen. Hinsichtlich der Übertretungen nach § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 und § 4 Abs.5 erster Satz StVO 1960 entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Strafkostenbeiträgen.

Rechtsgrundlage: § 64 Abs.1 und 2 sowie § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Eferding hat mit Straferkenntnis vom 5. März 1992, VerkR96/1060/7-1991/Pi/Rö, über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretungen nach 1.) § 11 Abs.1 StVO 1960, 2.) § 11 Abs.3 erster Satz StVO 1960, 3.) § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 und 4.) § 4 Abs.5 erster Satz StVO 1960 gemäß 1.) § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 (richtig: § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960), zu 2.) gemäß § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 (richtig: § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960), zu 3.) gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 (richtig: § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960) und zu 4.) gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 (richtig: § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960) zu 1.) eine Geldstrafe von 1.500 S (Ersatzfreiheitsstrafe 50 Stunden), richtig: 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe 17 Stunden), zu 2.) eine Geldstrafe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 33 Stunden), richtig: 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe 17 Stunden), zu 3.) eine Geldstrafe von 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe 17 Stunden), richtig: 1.500 S (Ersatzfreiheitsstrafe 50 Stunden) und zu 4.) eine Geldstrafe von 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe 17 Stunden), richtig: 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 33 Stunden) verhängt.

Ferner wurde der Berufungswerber zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Strafverfahren in Höhe von 10 % der verhängten Strafen verpflichtet.

I.2. Gegen das o.a. Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung. Vom Rechtsinstitut der Berufungsvorentscheidung hat die belangte Behörde nicht Gebrauch gemacht. Sie hat das Rechtsmittel samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt. Durch die Vorlage wurde die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates ausgelöst. Dieser hat, weil jeweils 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch eines seiner Mitglieder zu entscheiden. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war hinsichtlich der Übertretungen nach § 4 StVO 1960 gemäß § 51e Abs.1 VStG deshalb nicht anzuberaumen, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid diesbezüglich aufzuheben ist; hinsichtlich der Übertretungen nach § 11 StVO 1960, bezüglich derer die Berufung auf das Strafausmaß eingeschränkt wurde, war gemäß § 51e Abs.2 VStG eine öffentliche mündliche Verhandlung deshalb nicht anzuberaumen, da sich die Berufung - wie erwähnt - nur gegen die Höhe der Strafe richtet - und die Anberaumung einer Verhandlung diesbezüglich in der Berufung nicht ausdrücklich verlangt wurde.

I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

I.3.1. Hinsichtlich der Übertretungen nach § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 und nach § 4 Abs.5 erster Satz 1960: Der Beschuldigte führt zum Berufungsgrund der unvollständigen Tatsachenfeststellung aus, daß das angefochtene Straferkenntnis keine Feststellungen darüber treffe, wie groß die von den Gendarmeriebeamten an seinem LKW festgestellten Kratzspuren gewesen seien und auch keine Feststellungen darüber treffe, in welcher Höhe sie sich befunden haben. Weiters fehlt eine Feststellung dahingehend, mit welchem Fahrzeugteil der PKW, VW, diese korrespondieren. Das angefochtene Straferkenntnis führe weiters aus, daß die Transportleiter aus Aluminium beschädigt gewesen sei. Es handle sich dabei allerdings um einen alten Schaden. Die linke Ladebordwand weise jedenfalls eine derartige Höhe auf, daß eine Kollision mit einem PKW-Golf unwahrscheinlich sei. In jedem Fall hätten diesbezüglich Feststellungen getroffen werden müssen. Es fehlen auch Feststellungen dahingehend, welche Geräuschintensität die angebliche Kollision verursacht habe. Das angefochtene Straferkenntnis stütze sich u.a. auch auf die Aussage des Zeugen S. Dieser führe aus, daß sich der VW-Golf auf gleicher Höhe mit seinem LKW befunden habe, als er angeblich nach links ausgelenkt habe. Eine derartige Aussage sei aber rein technisch unmöglich. Hätte sich der VW-Golf auf gleicher Höhe mit der Führerkabine des von ihm gelenkten Lastwagens befunden und hätte er tatsächlich ausgeschert, wäre es zu einem ganz anderen Unfallablauf gekommen. Insbesondere hätte sich dann eine Kontaktstelle im Bereich des Führerhauses befinden müssen. Außerdem hätte es schwerste Beschädigungen am VW-Golf, als auch am Lastwagen zur Folge gehabt. Die Aussage des Zeugen S könne daher in diesem Punkt aus technischer Sicht nicht richtig sein und habe der Zeuge offensichtlich den angeblichen Unfall nur sehr mangelhaft beobachten können.

Zum Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung führt der Berufungswerber u.a. aus, daß die im § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 festgesetzte Verpflichtung, nach einem Verkehrsunfall sofort anzuhalten, das Wissen um diesen voraussetze. Derartiges Wissen um einen Verkehrsunfall werde aber nicht einmal im angefochtenen Straferkenntnis behauptet. Aber auch der Vorwurf der Fahrlässigkeit gehe im gegenständlichen Fall ins Leere. Fahrlässigkeit setze eine mangelnde Beobachtung von Sorgfaltsvorschriften, zu deren Einhaltung er im konkreten Einzelfall verpflichtet sei, voraus. Er habe aber vor Einleitung des Überholmanövers in den Rückblickspiegel geblickt und kein nachfolgendes Fahrzeug gesehen. Entweder befand sich der VW-Golf zu diesem Zeitpunkt im "toten Winkel" oder es habe dieses Fahrzeug sein Überholmanöver erst zu einem Zeitpunkt begonnen, als er bereits mit dem Lastwagen auszuscheren begonnen habe. Keinesfalls könne jedenfalls die Schilderung des Zeugen S zutreffend sein, wonach sich der VW-Golf auf gleicher Höhe mit seinem Lastkraftwagenführerhaus befunden habe. Selbst wenn die rote Lackspur an seinem LKW vom VW-Golf stammen sollte, sei diese Darstellung absolut auszuschließen. Da er aber kein Fahrzeug gesehen habe und auch keinerlei Kollisionsgeräusche wahrgenommen habe, könne ihm auch keine Fahrlässigkeit vorgeworfen werden.

Aufgrund der Berufungsausführungen hat der unabhängige Verwaltungssenat eine gutachtliche Stellungnahme zu den vom Berufungswerber aufgezeigten technischen Problemen eingeholt. Der technische Amtssachverständige, Ing. A, hat in seinem Gutachten vom 1.9.1992, BauME-010191/137-1992/Ang/Ki, zur Fragestellung, ob es technisch möglich ist, daß die Schäden am Fahrzeug der Frau D mit dem Beschuldigtenfahrzeug korrespondieren bzw. ob der Beschuldigte die Kollision bei gehöriger Aufmerksamkeit wahrnehmen hätte müssen, im wesentlichen nachstehende Stellungnahme abgegeben: "Entsprechend den Angaben in der Anzeige ist davon auszugehen, daß eine seitliche Kollision zwischen den Fahrzeugen stattgefunden hat. Als Beschädigungen sind einerseits der rechte Außenspiegel abgerissen sowie rechter vorderer Kotflügel und rechte Tür leicht eingedrückt und leichte Beschädigungen des Frontbleches links vorne beim PKW, Type VW-Golf, Kennzeichen: , angegeben. Als Beschädigungen des LKW's, Kennzeichen , ist eine frische Beschädigung der unter der Ladefläche des LKW's befindlichen Aluleiter angegeben. Ebenso wird angeführt, daß an der linken Bordwandseite des LKW's vom beteiligten PKW frische rote Lackspuren sichtbar bzw. vorhanden waren. Hinsichtlich der Beschädigung wird auf Beilage 1 verwiesen. Im vorliegenden Verfahrensakt sind die in der Anzeige angeführten Beilagen nicht enthalten. Zur Erstellung eines Gutachtens wäre es jedoch erforderlich, genauere Kenntnisse über die Art und den Umfang der Beschädigungen sowie deren genauen Abmessung zu erhalten. Es wäre daher erforderlich, entweder Lichtbilder der beschädigten Fahrzeuge beizuschaffen bzw. falls die Schäden und Abriebspuren an den Fahrzeugen noch sichtbar sein sollten, diese Fahrzeuge zu einer Besichtigung zur Verfügung zu stellen." Aufgrund dieser Stellungnahme wurde die belangte Behörde ersucht, Lichtbilder der beschädigten Fahrzeug beizuschaffen. In eventu, falls diese Lichtbilder nicht vorhanden sein sollten, erging das Ersuchen, zu eruieren, ob die Schäden und Abriebspuren an den Fahrzeugen noch sichtbar sind. Im hiezu ergangenen Antwortschreiben der belangten Behörde vom 1.10.1992, VerkR96/1060/9-1992/A/Rö, an den unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich verweist diese Behörde in erster Linie auf die Schadensdeckung durch die einzelnen Versicherungsunternehmen. Aufgrund der oben zitierten Stellungnahme des Amtssachverständigen wäre als Grundlage für die Erstellung eines Gutachtens, inwieweit die Schäden am Fahrzeug der Frau D mit dem Beschuldigtenfahrzeug korrespondieren bzw. ob der Beschuldigte den Anstoß bei gehöriger Aufmerksamkeit wahrnehmen hätte müssen, die exakte Kenntnis über die Beschädigungen erforderlich. Eine derartige Kenntnis der Beschädigungen wäre insbesondere durch Lichtbilder oder eine Besichtigung der beschädigten Fahrzeuge zu erlangen.

Aus der gegenständlichen Mitteilung der Bezirkshauptmannschaft Eferding geht jedenfalls nicht hervor, in welchem Umfang Schäden vorlagen, sodaß laut ergänzender Stellungnahme des Amtssachverständigen auch keine Beurteilung zur betreffenden Fragestellung vorgenommen werden kann.

Aus all dem Vorgebrachten ergibt sich, daß bereits aufgrund der nunmehr verfügbaren Unterlagen ein schlüssiger Nachweis im Hinblick auf die objektive Verwirklichung der hier relevanten Tatbilder nicht möglich ist, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

I.3.2. Zur Berufung gegen das Strafausmaß hinsichtlich der Übertretungen nach § 11 Abs.1 und § 11 Abs.3 erster Satz StVO 1960:

Die belangte Behörde hat zur Strafbemessung ausgeführt, keine Umstände als strafmildernd oder auch als straferschwerend gewertet zu haben. Nach durchgeführtem Ermittlungsverfahren stehe fest, daß der Beschuldigte ein monatliches Nettoeinkommen von 2.000 DM bezieht, vermögenslos ist und keine Sorgepflichten aufweist. Wenngleich davon auszugehen ist, daß der Berufungswerber verwaltungsstrafrechtlich unbescholten und dieser Umstand daher seitens des unabhängigen Verwaltungssenates als strafmildernd gewertet wurde, erschien eine Herabsetzung der verhängten Strafe im Hinblick auf den doch gravierenden Unrechtsgehalt der Übertretungen als nicht vertretbar, denn zweifellos stellen übertretungen des § 11 StVO 1960 Übertretungen dar, welche geeignet sind, die Interessen der Verkehrssicherheit im erheblichen Maße zu beeinträchtigen. Die belangte Behörde hat den gesetzlichen Strafrahmen lediglich zu jeweils 5 % ausgeschöpft und daher die verhängten Strafen durchaus milde bemessen. Die Geldstrafen von jeweils 500 S erscheinen durchaus richtig bemessen und insgesamt den Kriterien des § 19 VStG entsprechend.

Die Strafsanktionsnormen waren jeweils auf "§ 99 Abs.3 lit.a" richtigzustellen. Gleichzeitig war klarzustellen, daß sich die verhängten Strafen von je 500 S auf die hier relevanten Tatbestände beziehen. Die belangte Behörde hat die Zuordnung der jeweils verhängten Strafen zu den jeweiligen Tatbeständen nicht willkürlich, sondern irrtümlich vorgenommen. Das ergibt sich aus der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses zur Strafbemessung (erster Absatz auf Seite 6).

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

zu II. Da das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich der Übertretungen nach § 4 StVO 1960 behoben wurde, entfällt diesbezüglich gemäß § 66 Abs.1 VStG die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Strafverfahren. Die Berufung gegen das Strafausmaß hinsichtlich der Übertretungen nach § 11 Abs.1 StVO 1960 und § 11 Abs. 3 erster Satz StVO 1960, welche mit insgesamt 1.000 S Geldstrafe geahndet wurden, wurde abgewiesen. Dies hat gemäß § 64 Abs.1 und 2 zur Folge, daß der Berufungswerber zum Berufungsverfahren einen 20 %igen Kostenbeitrag (d.s. 200 S) der verhängten Strafen zu leisten hat. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Fragner

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum