Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150777/2/Lg/Hu

Linz, 30.06.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des Herrn x, vertreten durch Herrn x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 18. März 2010, BauR96-157-2009, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

I.                  Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. Die Ersatzfreiheitsstrafe wird jedoch auf 34 Stunden herabgesetzt.

II.              Ein Beitrag zu den Kosten vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 16 Abs.2, 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm.  § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.     Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 300 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von
120 Stunden verhängt, weil er am 6.7.2009, um 06.43 Uhr, ein Kfz mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen und dem behördlichen Kennzeichen x die mautpflichtige Innkreisautobahn A8, im Gemeindegebiet St. M bei S, km 070.050, gelenkt habe, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut unterliege. Es sei festgestellt worden, dass für das tatgegenständliche Kennzeichen kein Vertrag im Mautsystem hinterlegt gewesen und dadurch die fahrleistungsabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet worden sei.

 

2.     In der Berufung brachte der Bw vor, dass der Tatvorwurf unstrittig sei,  jedoch die Entrichtung der Mautgebühr durch seine Verwandtschaft vorgenommen worden sei. Der Bw habe im guten Glauben die für 7 Tage gelöste Mautvignette ordnungsgemäß an der Windschutzscheibe des Fahrzeuges angebracht. Somit sei durch den Bw zwar eine Ordnungswidrigkeit begangen worden, jedoch keine Straftat. Er habe diese Verfehlung nicht mit Vorsatz, sondern als Unkenntnis der Gesetzeslage begangen. Dass er einen Verstoß gegen das Mautgesetz begangen habe, sei ihm erstmalig mit Zusendung der Strafverfügung zur Kenntnis gebracht worden. Zwar habe der Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges die Möglichkeit erhalten, die Ersatzmaut zu entrichten, diese jedoch nicht an seinen Kunden, dem Bw, weitergegeben. Somit habe der Bw beim besten Willen, für den Fehler gerade zu stehen, nicht reagieren können. Auf seinen Antrag auf Zurückversetzung in den Stand vom 29.7.2009, um die Möglichkeit der Zahlung der vorgeschriebenen Ersatzmaut zu erhalten, sei in keinster Weise eingegangen worden. Der Bw erneuere seinen Antrag auf Zahlung der Ersatzmaut. Der Bw ersuche um Ratenzahlung von nicht höher als 50 Euro pro Monat.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der x vom 1.10.2009 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Demnach sei für das tatgegenständliche Kennzeichen kein Vertrag im Mautsystem hinterlegt gewesen. Der Zulassungsbesitzer sei gemäß § 19 Abs. 4 BStMG am 29.7.2009 schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufgefordert, dieser Aufforderung jedoch nicht entsprochen worden.

 

Mit Schreiben vom 14.10.2009 gab die Zulassungsbesitzerin (x) den Bw als Lenker des gegenständlichen Kfz an.

 

Nach Strafverfügung vom 21.10.2009 brachte der Bw mit Schreiben vom 24.11.2009 vor, dass er durch seinen Bruder für einen Umzug als Fahrer geordert worden sei und dieser, mit der Rechtslage in Österreich vertraut, die Abwicklung der behördlichen Geschäfte wahrgenommen habe und dazu ua. die Entrichtung der Mautgebühr gehörte. Jedoch sei sein Bruder nicht im Besitz eines gültigen Führerscheines. Somit sei es dazu gekommen, dass zwar eine Mautgebühr entrichtet worden sei, die jedoch nicht der geforderten fahrleistungsabhängigen Maut entsprochen habe. Hierbei sei keinesfalls von einer Vorsätzlichkeit auszugehen. Somit wäre der Bw als auch sein Bruder dazu bereit, die fehlende Differenz bei der Mautgebühr zu entrichten. Das angewandte Strafmaß sei jedoch als unverhältnismäßig anzusehen. Der Bw sei Hartz 4-Empfänger und verfüge über kein eigenes Einkommen.

 

In der Stellungnahme des Bw vom 7.2.2010 äußerte sich der Bw wie in Teilen der später eingebrachten Berufung.

 

Mit Schreiben vom 15.2.2010 sei dem Bw das Beweisfoto übermittelt und gleichzeitig die Gelegenheit gegeben worden, dazu eine Stellungnahme abzugeben. Eine solche erfolgte aber nicht.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

4.1. Gemäß § 6 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs.1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass die Kraftfahrzeuglenker ihre Fahrzeuge vor der Benützung von Mautstrecken mit diesen Geräten ausstatten können.

 

Gemäß § 8 Abs.1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

 

Gemäß Punkt 7.1 der Mautordnung besteht für ordnungsgemäß zum Mautsystem und mit einem zugelassenen Fahrzeuggerät ausgestattete Kraftfahrzeuge die Möglichkeit der Nachzahlung der Maut im Falle einer Nicht- oder Teilentrichtung der geschuldeten Maut, die auf ein technisches Gebrechen des zugelassenen Fahrzeuggerätes oder des Mautsystems, auf einen zu niedrigen Pre-Pay-Kontostand, ein gesperrtes Zahlungsmittel oder die Verwendung einer falschen (zu niedrigen) Kategorie zurückzuführen ist; dies jedoch ausnahmslos nur wenn alle in der Mautordnung näher definierten Bedingungen erfüllt werden.

 

Gemäß § 20 Abs.2 BStMG begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 Euro bis zu 3.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 20 Abs.3 BStMG werden Übertretung gemäß Abs.1 und Abs.2 straflos, wenn der Mautschuldner nach Maßgabe des § 19 Abs.2 bis 5 der Aufforderung zur Zahlung der in der Mautordnung festgesetzten Ersatzmaut entspricht.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 250 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs.1).

Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 zu keiner Betretung, so ist die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft ermächtigt, im Falle einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs.1 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung beruht, im Falle einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs.2 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen vier Wochen ab Ausfertigung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält (Abs.4).

Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht
(Abs. 6).

 

4.2. Im gegenständlichen Fall steht unbestritten fest, dass der Bw der Lenker des gegenständlichen Kfz zum im angefochtenen Straferkenntnis angegebenen Tatzeitpunkt und Tatort war und die Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet wurde. Die Verantwortung für die Ausstattung des Kfz mit der Go-Box trifft den Lenker (§ 8 Abs.1 BStMG). Dem Einwand, dass die Ersatzmautaufforderung an den Zulassungsbesitzer gerichtet war und den Bw nicht erreicht hat, ist entgegenzuhalten, dass dies der gesetzlich vorgesehenen Vorgangsweise entspricht und die Strafbarkeit nicht vom Zugehen der Ersatzmautaufforderung an den Lenker abhängt (§ 19 Abs.4 und 6 BStMG).

 

Die Tat ist dem Bw in objektiver und – da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind – auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Nicht entschuldigend wirkt die Unkenntnis der österreichischen Rechtslage, da nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch für ausländische Kraftfahrer die Verpflichtung besteht, sich über die Rechtsvorschriften, die er bei der Teilnahme am Straßenverkehr in Österreich zu befolgen hat, ausreichend zu unterrichten (vgl. u.a. VwGH 97/06/0224 v. 18.12.1997). Es ist von Fahrlässigkeit auszugehen, da es der Bw versäumt hat, sich vor Benützung der mautpflichtigen Strecken im ausreichenden Maße über die rechtlichen Vorschriften zu informieren. Da es sich gegenständlich um ein sog. "Ungehorsamsdelikt" handelt, ist Fahrlässigkeit ausreichend.

 

Zu bemerken ist, dass der Antrag in der Berufung auf Zahlung der Ersatzmaut im Nachhinein abgewiesen ist, da die gesetzlichen Voraussetzungen dafür nicht vorliegen (s. dazu die oben zitierten Vorschriften).

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis ohnehin die gesetzlich vorgesehene Mindestgeldstrafe verhängt wurde. Mildernd wirken lediglich die (bei ausländischen Lenkern häufig gegebene) Unbescholtenheit und das (in Anbetracht der Beweislage wenig ins Gewicht fallende) Tatsachengeständnis. Die Rechtsunkenntnis des Bw beruht auf Fahrlässigkeit und kommt einem Rechtfertigungs- oder Schuldausschließungs­grund nicht gleich. Überwiegende Milderungsgründe im Sinne des § 20 VStG sind nicht ersichtlich. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt wäre. Insbesondere ist das Verschulden nicht als entsprechend geringfügig einzustufen, auch wenn man die vom Bw vorgebrachten besonderen Umstände berücksichtigt. Eine Herabsetzung der Geldstrafe auf die Höhe der Ersatzmaut ist nicht möglich und der diesbezügliche Antrag daher abzuweisen. Die Ersatzfreiheitsstrafe war auf 34 Stunden herabzusetzen, dadurch entfällt die Vorschreibung der Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat.

 

Hinsichtlich Ratenzahlung wird auf die Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Schärding verwiesen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

 

 

 

 

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