Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252117/22/BMa/Th

Linz, 06.07.2010

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung der Mag. X, vertreten durch MMag. X, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt W vom 2. April 2009, BZ-Pol-76005-2009, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1975 (AuslBG), zu Recht erkannt:

 

 

      I.      Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

  II.      Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden: AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 5/2008, iVm §§ 19, 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden: VStG), BGBl.Nr.52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 142/2008

zu II.: § 66 VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. 218/1975 idgF, eine Geldstrafe in Höhe von 2.000 Euro je illegal beschäftigtem Ausländer, also insgesamt 8000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von insgesamt 136 Stunden, verhängt.

 

 

 

 

Diesem Straferkenntnis lag folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben als Arbeitgeber auf der Privatbaustelle auf dem Grundstück in X (Anteil 1/2) am 05.03.2008

1.             den polnischen Staatsangehörigen X,

2.             den polnischen Staatsangehörigen X,

3.             den polnischen Staatsangehörigen X,

4.             den polnischen Staatsangehörigen X

als Helfer beschäftigt, obwohl für diese Ausländer weder eine Beschäftigungsbewilligung oder Zulassung als Schlüsselkraft erteilt, noch eine EU-Entsendebestätigung oder eine Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt oder ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EG" oder ein Niederlassungsnachweis ausgestellt wurde."

 

1.2. Begründend wurde im Wesentlichen nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der Rechtsgrundlage ausgeführt, der objektive Tatbestand sei aufgrund des angeführten Sachverhaltes (Angaben in der Anzeige des Finanzamts G W inklusive Fotos und Personenblätter) als erwiesen anzusehen. Die Beschuldigte habe die Pflicht gehabt, sich bei einer Beschäftigung von Ausländern mit den Bestimmungen des AuslBG vertraut zu machen, daher habe sie schuldhaft gehandelt. Abschließend wurden Erwägungen zur Bemessung der Strafe dargelegt.

 

1.3. Gegen dieses ihr am 8. April 2009 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die am 21. April 2009 – und damit rechtzeitig – vom Vertreter der Bw per Fax eingebrachte Berufung, mit der das Straferkenntnis seinem gesamten Umfang nach angefochten und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu die Erteilung einer Ermahnung, in eventu die Herabsetzung der Strafhöhe, beantragt wird.

 

1.4. Begründend wurden im Wesentlichen eine unrichtige Sachverhaltsfeststellung, Verfahrensfehler sowie unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht.

 

Im Wesentlichen bringt die Berufung vor, X als Miteigentümer der Liegenschaft X, der auch vor Ort mit den 4 polnischen Staatsangehörigen angetroffen worden sei, habe angegeben, die Bw habe mit dem gegenständlichen Bauvorhaben nichts zu tun, sämtliche Bauarbeiten seien von ihm organisiert und geplant worden. Es habe zwischen X und der Bw aber eine Absprache gegeben, aus gewährleistungs- und schadenersatzrechtlichen Erwägungen mit den Arbeiten nur Firmen zu beauftragen, die in W bzw. W- U situiert sind.

Die Bw habe sich am Vorfallstag nicht bei der Baustelle aufgehalten, sie könne daher auch kein Beschäftigungsverhältnis zu den Polen begründet haben.

 

Die Berufung bringt weiters vor, auch durch X sei kein Beschäftigungsverhältnis zu den vier Polen begründet worden.

Am 5. März 2008 habe der Einzelunternehmer X gemeinsam mit X seit ca. 7.00 Uhr morgens auf der Baustelle gearbeitet um Innenausbauarbeiten durchzuführen. Nur für einzelne Arbeitsschritte habe X die Unterstützung eines Helfers benötigt, wobei ihm X als Helfer zur Verfügung gestanden sei. Zur Erbringung der Innenausbauarbeiten seien keine weiteren Arbeiter notwendig gewesen und es sei nicht nachvollziehbar, weshalb X die vier Polen beschäftigen hätte sollen.

 

X habe verschiedenste Professionisten mit Tätigkeiten beauftragt und es sei nicht nachvollziehbar, weshalb er - nachdem er sämtliche Arbeiten auf seinem Bauvorhaben durch Professionisten durchführen habe lassen – plötzlich vier ausländische Helfer beschäftigen würde, obwohl keine Helfertätigkeiten benötigt worden seien. Es sei ausgeschlossen, dass die Polen Kehr- bzw. Aufräumarbeiten durchgeführt hätten, wenn am Vorfallstag die Fußbodenheizrohre noch offen gelegen seien.

 

X habe sich mit den vier Polen auf serbokroatisch nur bruchstückhaft verständigen können, es sei daher auszuschließen, dass X einer Befragung in deutscher Sprache habe folgen können, sodass seinen niederschriftlichen Ausführungen keine Glaubwürdigkeit zukomme. Vielmehr seien die vier Polen gegen 8.30 Uhr zur Baustelle gekommen und hätten nach Arbeit gefragt. X habe gegenüber den vier Polen angegeben, dass er deren Hilfe nicht benötige und auch keine Arbeitsleistung von ihnen wünsche.

Nachdem X in serbokroatischer Sprache von den vier Polen dargelegt worden sei, dass diese bei einer polnischen Firma beschäftigt seien und in der Lage gewesen seien, einen Gartenzaun zu errichten sowie die Außengestaltung einer Liegenschaft durchzuführen, habe X den Polen dargelegt, dass – eventuell in der Zukunft – ein Arbeitsverhältnis mit der polnischen Firma gefunden werden könne. X habe versucht, die beabsichtigte Gartengestaltung samt Gartenzaun darzulegen. Diese Besprechung sei immer wieder unterbrochen worden, weil X von X benötigt worden sei.

Um ca. 9.00 Uhr habe X eine Pause eingelegt und die von X zur Verfügung gestellte Jause eingenommen.

X habe auch den vier Polen angeboten, etwas zu essen und zu trinken und diese angewiesen, im Anschluss die Liegenschaft zu verlassen. Die vier Polen seien noch über einen längeren Zeitraum im Jausenraum sitzen geblieben, X und X hätten aber die Arbeit zwischenzeitig wieder aufgenommen. X würde Helfer sicher nicht für Jausenzeit bezahlen, sondern nur für Leistungserbringung, sodass eine überzogen lange Jausenzeit nie akzeptiert worden wäre. X habe auch bestätigt, dass weder er noch sein Kollege – X – gesehen hätten, dass die Polen gearbeitet hätten. Die Beamten des Finanzamtes Grieskirchen Wels hätten aus dem Umstand, dass die vier Polen verschmutzte Kleidung getragen haben, den Schluss gezogen, dass die vier Polen auf dem Bauvorhaben eine Arbeitstätigkeit ausgeführt hätten. Diesfalls jedoch müssten halbfertige Arbeiten und Werkzeuge in vierfacher Stückzahl vorgefunden worden sein oder halbfertige Arbeiten. Dies sei aber nicht der Fall gewesen. Die vier Polen hätten bei X bereits in stark verschmutzter Kleidung vorgesprochen, sodass aus dem Umstand, sie hätten verschmutzte Kleidung getragen, nicht geschlossen werden könne, sie seien beim Bauvorhaben einer Arbeitstätigkeit nachgegangen.

Weil die vier Polen weder bei der Ausführung einer Arbeitstätigkeit aufgegriffen worden seien, noch halbfertige Arbeiten bzw. Werkzeuge in vierfacher Stückzahl vorgefunden worden sei und überdies auf dem Bauvorhaben Professionisten Arbeiten durchgeführt hätten, welche den Einsatz von vier Helfern (neben X) nicht erfordert hätten, sind die Angaben X, kein Beschäftigungsverhältnis mit den vier Polen begründet zu haben, mit diesen lediglich Verhandlungen über etwaige von polnischen Arbeitgebern zu erbringende Arbeitsleistungen geführt zu haben und die Polen lediglich zu einer Jause eingeladen zu haben, bestätigt.

 

2.1. Die Verwaltungspolizei der Stadt W hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 7. Mai 2009 zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Weil keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt des Magistrates der Stadt W und am 16. Juni 2010 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der die Rechtsvertreterin der Bw und ein Vertreter der Legalpartei gekommen sind. Als Zeuge wurde X einvernommen.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt wird festgestellt:

 

X war Verantwortlicher für die Privatbaustelle auf dem Grundstück in X. Am 5. März 2008 wurde von Organen des Finanzamtes G W (KIAB) eine Kontrolle dieser Baustelle durchgeführt.

X war auf der Baustelle nicht anwesend und hat sich, abgesehen von einer Absprache mit X, mit den Arbeiten nur Firmen zu beauftragen, die in Wels bzw. W- U situiert sind, zu beschäftigen, nicht weiter um die Bauarbeiten gekümmert.

Es kann nicht festgestellt werden, dass die vier Polen, die auf der Baustelle in der X beim Jausnen angetroffen wurden, als Arbeiter dort beschäftigt wurden.

 

Beweiswürdigend wird ausgeführt:

 

Den Angaben der Bw wird auch von der belangten Behörde nicht entgegengetreten. Die bloße Miteigentümereigenschaft an einer Liegenschaft ist für die Annahme der Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses zu den vier polnischen Staatsbürgern nicht ausreichend.

Darüber hinaus konnte auch in dem gleichzeitig durchgeführten Verfahren gegen X wegen der illegalen Beschäftigung der vier polnischen Staatsbürger keine Beschäftigung dieser festgestellt werden. Denn die Beobachtung des Herausnehmens eines Baustoffsacks  bei der Baustelle aus einem polnischen Auto durch eine nicht identifizierte Person und das Antreffen der vier im Spruch angeführten polnischen Staatsbürger bei einer Jause sind nicht ausreichend, eine Beschäftigung der Ausländer anzunehmen.

Ein stärkeres Indiz für eine allfällige Beschäftigung der Ausländer sind die aufgenommen Personenblätter, wonach alle vier polnischen Staatsangehörigen unter der Rubrik "beschäftigt als" "Hilfsdienst" angaben.

Eine Niederschrift wurde auch mit X aufgenommen. Dieser gab an, er habe um 8.00 Uhr mit der Arbeit begonnen, würde Holz wegräumen und mit dem Besen den Boden kehren. Er würde aber keine Bezahlung dafür bekommen.

Diese Aussage wurde mit einer vorgelegten Erklärung des X vom 20. September 2008 aber widerrufen.

 

Der Zeuge X räumt auf Seite 4 des Tonbandprotokolls ein, dass die verschmutzte Kleidung der Ausländer auch von Arbeiten auf einer anderen Baustelle stammen könnten.

Er gibt auch an, dass der ebenfalls auf der Baustelle arbeitende X die vier Ausländer auf der Baustelle nicht arbeitend gesehen hat (ebenda).

 

Es konnte daher nicht mit der für Verwaltungsstrafverfahren hinreichenden Sicherheit festgestellt werden, dass die vier Ausländer von X auf der Baustelle beschäftigt wurden und es war daher in dubio den Angaben X zu folgen, dass die Ausländer nach einem Gespräch über zukünftig zu verrichtende Arbeiten lediglich zu einer Jause eingeladen wurden.

 

 

3.4. In rechtlicher Hinsicht hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 3 Abs.1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 idgF, darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde, oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Niederlassungsbewilligung - unbeschränkt" oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" oder einen Niederlassungs­nachweis besitzt. 

 

Nach § 2 Abs.2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung

a)         in einem Arbeitsverhältnis,

b)         in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,

c)          in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeit nach § 3 Abs.5 leg.cit,

d)         nach den Bestimmungen des § 18 leg.cit. oder

e)         überlassener Arbeitskräfte im Sinn des § 3 Abs.4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988.

 

Gemäß § 2 Abs.4 1. Satz AuslBG ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs.2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

 

Nach § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder eine Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12) erteilt, noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs.5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine "Niederlassungsbewilligung - unbeschränkt" (§ 8 Abs.2 Z3 NAG) oder ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EG" (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde; und zwar bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis zu 50.000 Euro.

Aus den Feststellungen ergibt sich, dass weder festgestellt werden konnte, die Bw habe die vier Ausländer beschäftigt, noch konnte festgestellt werden, dass  die vier im Spruch des Straferkenntnisses angeführten Polen überhaupt auf der Baustelle in der X, beschäftigt worden sind.

 

Aus diesem Grund kann der Bw auch nicht vorgeworfen werden, sie habe den objektiven Tatbestand der ihr vorgeworfenen Rechtsvorschrift erfüllt. Der angefochtene Bescheid war daher aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gem. §45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Bergmayr-Mann

 

 

 

 

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