Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520649/2/Bi/Be

Linz, 27.09.2004

DVR.0690392

 

 

 

                                 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn GP , vertreten durch RA Dr. A W, vom 28. Juni 2004 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 11. Juni 2004, VerkR21-782-2003, wegen Entziehung der Lenkberechtigung für die Klasse B für die Dauer von 36 Monaten, gerechnet ab 18. Dezember 2003, Lenkverbot von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen sowie Invalidenkraftfahrzeugen und Aberkennung der aufschie­benden Wirkung einer allfälligen Berufung, zu Recht erkannt:

 

 

     Der Berufung wird insofern teilweise Folge gegeben, als der angefochtene  Bescheid mit der Maßgabe bestätigt wird, dass die Dauer der Entziehung der  Lenkberechtigung für die Klasse B und die Dauer des Verbotes des Lenkens von Motorfahrrädern, vier­rädrigen Leichtkraftfahr­zeugen und Invalidenkraft­fahrzeugen wegen mangelnder Verkehrszu­verlässigkeit auf 12 Monate, gerechnet ab 18. Dezember 2003 (Abnahme des Führerscheins), herabgesetzt wird.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) die von der Bundespolizeidirektion Linz am 3. April 1968, F 5200/1977, für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung gemäß §§ 24 Abs.1, 25 Abs.1 und 3 und 3 Abs.2 FSG für den Zeitraum von 36 Monaten, gerechnet ab 18. Dezember 2003 (vorläufige FS-Abnahme), entzogen. Weiters wurde dem Bw gemäß § 32 Abs.1 FSG das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen sowie Invalidenkraftfahr­zeugen für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung, gerechnet ab Zustellung



des Bescheides, verboten. Gemäß § 64 Abs.2 AVG wurde die aufschiebende Wirkung einer allfällig eingebrachten Berufung aberkannt.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 15. Juni 2004.

 

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz  AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsver­handlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, im ggst Fall sei zwar das Vorliegen einer bestimmten Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z9 FSG unstrittig, jedoch nicht, inwieweit die Wertung dieser bestimmten Tatsache die Annahme der Verkehrs­unzuverlässigkeit zum Zeitpunkt des Ergehens des Mandatsbescheides rechtfertige.

Gemäß § 25 FSG sei die Prognose maßgebend, innerhalb welchen Zeitraumes die Wiederherstellung der Verkehrszuverlässigkeit erwartet werden könne. Es reiche nicht aus, dass die Begehung schwerer strafbarer Handlungen nicht ausgeschlossen werden könne; es müsse vielmehr die Annahme begründet sein, dass sich der Betreffende "weiterer schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen" werde.

Zu berücksichtigen sei, dass sich die Unzuchtshandlungen nicht über einen längeren Zeitraum erstreckt hätten und nicht mehrfach wiederholt worden seien. Ein wesent­licher Aspekt der in Z 9 angeführten strafbaren Handlungen gegen die Sittlichkeit läge darin, dass derartige Handlungen für die Opfer im Regelfall mit gravierenden psychischen Folgen verbunden seien. Der Aktenlage sei nicht zu entnehmen, dass dies im konkreten Fall zutreffe. Sein Fehlverhalten könne daher nicht als "besonders" verwerflich bezeichnet werden. Der letzte Vorfall liege schon fast eineinhalb Jahre zurück. Er sei in dieser Zeit in strafrechtlicher Hinsicht nicht auffällig geworden, habe sich selbst gestellt und freiwillig einer Therapie unterzogen.

Vom LG Linz sei die Verhängung einer unbedingten Strafe nicht für erforderlich erachtet, sondern die Strafe zur Gänze bedingt nachgesehen worden. Dem Umstand, dass er nicht in Haft gewesen sei, komme insofern Bedeutung zu, als das Wohlverhalten einer Person in Haft wegen der eingeschränkten Möglichkeit, den eigenen Entschlüssen gemäß zu handeln, allein nicht geeignet sei, die Wieder­erlangung der Verkehrszuverlässigkeit zu bewirken. Der Bw behauptet unter Zitierung konkreter VwGH-Judikatur, er habe die Verkehrszuverlässigkeit schon zum Zeitpunkt der Erlassung des Mandatsbescheides wiedererlangt. Er rügt die Nicht­einholung eines seiner Ansicht nach für die Erstellung der Verhaltensprognose erforderlichen (verkehrs)psychologischen Gutachtens als wesentlichen Verfahrens­mangel.

Vorsichtshalber wendet er sich gegen die Dauer der Entziehung insofern, als er ausführt, die Entziehungszeit ende knapp 4 Jahre nach den in Rede stehenden


Taten und sei nach deren Art, seiner Person, dem Grad seiner Schuld, seinem Vorleben und seinem Verhalten nach der Tat rechtswidrig. Dazu beantragt er die zeugenschaftliche Einvernahme seines (namentlich genannten) Psychothera­peuten, der bestätigen könne, dass er an einer psychischen Erkrankung gelitten habe, die er aus Eigenem erkannt und derzufolge er sich aus freiem Entschluss einer Behandlung unterzogen habe. Dieser hätte auch bestätigen können, dass die Annahme der Verkehrsun­zuverlässigkeit schon im Zeitpunkt der Erlassung des Mandats­bescheides aufgrund seiner Sinnes­änderung und in die Wege geleiteter Maßnahmen irrig gewesen sei. Beantragt wird die Aufhebung des Bescheides, in eventu Rückverweisung an die Erstinstanz, in eventu Abänderung hinsichtlich einer Herabsetzung der Dauer des Entzuges und Entfall des Spruch­punktes 3.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz und in rechtlicher Hinsicht folgendes erwogen:

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind.

Gemäß § 7 Abs.1 Z2 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

In § 7 Abs.3 FSG sind die bestimmten Tatsachen demonstrativ aufgezählt, ua in Z 9 ("eine strafbare Handlung gegen die Sittlichkeit gemäß den §§ 201 bis 207 oder 217 StGB begangen hat").

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4)  nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen. Endet die Gültigkeit der Lenk­berechtigung vor dem Ende der von der Behörde prognostizierten Entziehungsdauer, so hat die
Behörde auch auszusprechen, für welche Zeit nach Ablauf der Gültigkeit der Lenkberechtigung keine neue Lenkberechtigung erteilt werden darf. .... Gemäß Abs.3 ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.



Gemäß § 32 Abs.1 FSG hat die Behörde Personen, die nicht im Sinne des § 7 verkehrszuverlässig oder nicht gesundheitlich geeignet sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, unter Anwendung der §§ 24 Abs.4, 25 Abs.1, 26 und 29 Abs.1 bis 3 entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges

1.     ausdrücklich zu verbieten,

2.     nur zu gestatten, wenn vorgeschriebene Bedingungen eingehalten werden, oder

3.     nur für eine bestimmte Zeit oder nur unter zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen zu gestatten.

Das Lenken eines Motorfahrrades, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges oder Invaliden­kraftfahrzeuges entgegen einer behördlichen Verfügung nach Z1, 2 oder 3 ist unzulässig. Eine solche Verfügung ist aufzuheben, wenn der Grund für ihre Erlassung nicht mehr gegeben ist.

 

Der Beurteilung war zugrunde zu legen, dass der Bw mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Linz vom 4. Februar 2004, 34 Hv 119/03 h, schuldig erkannt wurde, zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt im Februar 2003 außer dem Fall des § 206 StGB näher beschriebene geschlechtliche Handlungen an einer unmündigen Person, nämlich der am 22. Dezember 1993 geborenen D K, vorge­nommen zu haben, wobei er hiebei seine Stellung gegenüber der seiner Aufsicht unterstehenden Minderjährigen ausnützte. Er hat dadurch das Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs.1 1.Fall StGB in Tateinheit mit dem Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs.1 StGB begangen und wurde hiefür unter Anwendung des § 28 StGB nach dem Strafsatz des § 207 Abs.1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt, die unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Weiters erging gemäß §§ 50 iVm 51 StGB an ihn die Weisung, sich weiterhin der begonnenen Psychotherapie zu unterziehen. Darüber hat er vierteljährlich, beginnend ab 15. März 2004, unaufge­fordert aus eigenem dem Gericht einen schriftlichen Nachweis zu erbringen.

Aus der Urteilsbegründung ergibt sich, dass der mittlerweile beinahe 55jährige, seit sechs Jahren arbeitslose und bislang unbescholtene Bw seit 1997 mit D P verheiratet ist, die aus einer früheren Ehe drei Kinder hat, darunter die 30jährige N K, alleinerziehende Mutter zweier Töchter, nämlich der 9jährigen D und der 6jährigen K, die immer wieder von den Großeltern betreut wurden und auch 2-3mal im Jahr dort übernachteten, so ua im Februar 2003. Nachdem der Bw D K bereits einen Monat zuvor nackt beim Probieren von Unterwäsche gefilmt hatte, vollführte er an dem schlafenden Mädchen näher beschriebene sexuelle Handlungen und hielt dies wiederum auf Bild fest. Er wusste um das Alter des Mädchens und es kam ihm gerade darauf an, eine geschlechtliche Handlung an einer unmündigen Person vorzunehmen. Gleichzeitig nützte er seine Stellung gegenüber der auch seiner Aufsicht unterstellten Minderjährigen zu den


sexuellen Missbrauchshandlungen aus, wobei er das angeführte Schutzverhältnis zu seiner Stiefenkeltochter zumindest ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand.

 

Mildernd wurde die Unbescholtenheit, das reumütige Geständnis und der Umstand bewertet, dass der Bw schon vor der Hauptverhandlung das Erfordernis einer Therapie erkannte und eine solche auch aufnahm. Erschwerend war das Zusammentreffen von einem Verbrechen und einem Vergehen.  Festgehalten wurde aber, dass sich die 18monatige Freiheitsstrafe daraus ableitet, dass das Filmen der sexuellen Handlungen an der 9jährigen Stiefenkeltochter als besonders verwerflich erkannt wurde, da es sich bei den vom Bw gesetzten Missbrauchshandlungen am schlafenden Mädchen nicht um einen herkömmlichen Missbrauch im Familienkreis handelte und angesichts seiner in der Hauptverhandlung an den Tag gelegten Einsicht und Reue und seiner Unbescholtenheit die Freiheitsstrafe noch bedingt nachgesehen werden konnte. Angesichts der besonders gelagerten Konstellation stehen im ggst Fall auch keine generalpräventiven Belange der bedingten Nachsicht entgegen.

 

Auf dieser Grundlage war somit vom Vorliegen einer bestimmten Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z9 FSG auszugehen, was vom Bw auch nicht bestritten wurde. Er wendet sich jedoch gegen die von der Erstinstanz unter Hinweis auf die Verwerf­lichkeit der begangenen Straftat prognostizierte Dauer der Verkehrsunzu­verlässigkeit mit der Begründung, im ggst Fall sei der Aktenlage keine Hinweis darauf zu entnehmen, dass die von ihm gesetzte strafbare Handlung für das Opfer die mit derartigen Handlungen im Regelfall verbundenen gravierenden psychischen Folgen gehabt habe, weshalb sein Fehlverhalten nicht als besonders verwerflich bezeichnet werden könne.

 

Für die Festsetzung der Entziehungsdauer ist die unter Berücksichtigung der Wertungskriterien des § 7 Abs.5 SFG zu erstellende Prognose maßgebend, wann der Bw die Verkehrszuverlässigkeit wiedererlangen wird, dh wann er die Sinnesart gemäß § 7 Abs.1, deretwegen die Verkehrsunzuverlässigkeit anzunehmen ist, überwunden haben wird. Die Erstinstanz vertritt dazu die Auffassung, der Bw werde erst nach Ablauf von 36 Monaten, gerechnet ab der FS-Abnahme am 18. Dezember 2003, dh ab 18. Dezember 2006, die Verkehrszuverlässigkeit wieder erlangen.

Dass es im Rahmen der in  § 7 Abs.3 Z9 FSG angeführten strafbaren Handlungen gegen die Sittlichkeit Straftatbestände gibt, die eine höhere Strafdrohung als das Verbrechen gemäß § 207 Abs.1 StGB enthalten, und dass es Begehungsformen des Verbrechens nach § 207 Abs.1 StGB gibt, die als noch verwerflicher zu beurteilen sind als die vonm Bw begangenen Missbrauchshandlungen, hat nicht zur Folge, dass den vom Bw begangenen strafbaren Handlungen im Rahmen der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit nur ein geringer Stellenwert zukommt (vgl VwGH 30.9.2002, 2002/11/0158).



Im konkreten Fall lässt sich der Urteilsbegründung entnehmen, dass die Stiefenkelin des Bw offenbar tatsächlich nicht mitbekommen hat, dass sie der Bw beim Probieren der Unterwäsche gefilmt hat, und dass sie nach den Feststellungen im Urteil während der Missbrauchshandlungen durch den Bw tatsächlich geschlafen hat und dadurch auch nicht geweckt wurde, sodass "gravierende" psychische Folgen offenbar tatsächlich nicht gegeben waren. Bei die Wertung der vom Bw gesetzten bestimmten Tatsache war auf dies berücksichtigend davon auszugehen, dass sich beim Bw das Ausleben eines großen Teils seiner Phantasien im Kopf abgespielt hat, wovon die Stiefenkelin - glücklicherweise oder auch nur durch bloßen Zufall - nichts mitbekommen hat. Der Bw hat bei den genannten Missbrauchshandlungen kein Kraftfahrzeug verwendet, unterzieht sich - zunächst aus eigenem Antrieb, aber auch aufgrund der Weisung des Gerichts - einer Therapie und ist seither unauffällig, sodass sein Verhalten während der seit den strafbaren Handlungen im Februar 2003 verstrichenen Zeit positiv im Hinblick auf die Zukunftsprognose zu bewerten ist.

Diesbezüglich ist auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. April 2002, 2001/11/0195, hinzu­weisen, in dem der Verwaltungsgerichtshof seine bis dahin vertretene Rechtsansicht, dass es im Fall eines Verbrechens nach § 207 Abs.1 StGB unabhängig von Ausmaß der vom Gericht verhängten Freiheitsstrafe und deren Verbüßung darüber hinaus jedenfalls einer Entziehung der Lenkberechtigung für die Dauer von drei Jahren bedarf, nicht aufrecht erhalten hat. Im ggst Fall wurde auch aufgrund der Therapie­bereitschaft des Bw und seiner in der Hauptverhandlung gezeigten Reue und Einsicht mit einer bedingten Freiheitsstrafe das Auslangen gefunden.

Die für die Festsetzung der Entziehungs­dauer maßgebende Prognose betreffend den Zeitpunkt der Wiedererlangung der Verkehrszuverlässigkeit hat sich nach den Umständen des Einzelfalles zu orientieren (VwGH 23.4.2002, 2001/11/0406).

 

Aus all diesen Überlegungen gelangt der Unabhängige Verwaltungssenat zur der Auffassung, dass mit der nunmehr festgesetzten Entziehungsdauer von 12 Monaten - dh der Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit für insgesamt 22 Monate ab der Tat - das Auslangen gefunden werden kann, dass es aber auch dieses Zeitraumes bedarf, um von einer Änderung der Sinnesart des Bw im Hinblick auf § 7 Abs.3 Z9 FSG ausgehen zu können, wobei die von ihm absolvierte Therapie eine solche Annahme zusätzlich stützt. Die von der Erstinstanz ausgesprochene Dauer der Entziehung bzw des Lenkverbotes ist auf der Grundlage der Wertungs­kriterien des § 7 Abs.4 FSG unangemessen, weil Entziehung und Lenkverbot keine "Zusatzstrafe" darstellen dürfen. 

Allerdings geht das vom Bw in der Berufung vorgebrachte Argument, sein Psycho­therapeut Mag. Dr. xr hätte, wäre er als Zeuge einvernommen worden, bestätigen können, dass die Annahme der Verkehrsun­zuverlässigkeit schon zum Zeitpunkt der Erlassung des Mandatsbescheides vom 12. Dezember 2003 aufgrund seiner Sinnes­änderung und der von ihm in die Wege geleiteten Maßnahmen irrig


gewesen sei, deshalb ins Leere, weil es sich bei der Verkehrszuverlässigkeit um eine Charakter­eigenschaft handelt, die auf Grund der nach außen in Erscheinung getretenen strafbaren Handlungen einer Person zu beurteilen ist. Es bedarf daher nicht der Einholung eines psychiatrischen Gutachtens und auch nicht einer verkehrs­psychologischen Untersuchung - auch die Nichteinholung einer solchen hat der Bw im Rechtsmittel als wesentlichen Verfahrensmangel gerügt - weil es im ggst Fall nicht darum geht, die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen, die die nötige kraftfahrspezifische Leistungs­fähigkeit  im Sinne des § 3 Abs.1 Z4 FSG-GV voraussetzt, zu beurteilen (vgl VwGH 30.9.2002, 2002/11/0158; 28.6.2001, 2001/11/0153 mit Vorjudikatur).

 

Dass der Bw im Zusammenhang mit den von ihm gesetzten strafbaren Handlungen kein Kraftfahrzeug benützt hat, wurde berücksichtigt; allerdings wird dadurch die Entziehung der Lenkberechtigung nicht rechtswidrig, weil die Begehung solcher Straftaten wie der vorliegenden typischerweise durch die Verwendung von Kraft­fahrzeugen wesentlich erleichtert wird.

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung - mag eine solche auch subjektiv als Strafe empfunden werden - handelt es sich um eine Sicherungsmaßnahme im Interesse des Schutzes der übrigen Verkehrsteilnehmer. Diese Maßnahme verfolgt nur den Zweck, verkehrsunzuverlässige Personen für die Dauer ihrer Verkehrsunzuver­lässigkeit von der Teilnahme am Straßenverkehr als Kraftfahrzeuglenker auszu­schließen.

 

Da fehlende Verkehrszuverlässigkeit auch das Kriterium für den Ausspruch eines Lenkverbotes gemäß § 32 FSG ist, war auch dieses auf die herabgesetzte Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit einzuschrän­ken.

 

Gemäß § 64 Abs.2 AVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gemäß dieser Bestimmung im Fall des Entzuges der Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit auf Grund des Interesses des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug immer  geboten (vgl VwGH v 20.2.1990, 89/11/0252, uva).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. Im ggst Verfahren sind Stempel­gebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

 

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Bissenberger

 

Beschlagwortung:

Rechtskräftiges Urteil wegen §§ 207 u. 212 StGB – 12 Monate FSE anstelle 36 Monate, Verkehrsunzuverlässigkeit inges. 22 Monate ab Tat

 

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