Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-590247/4/BP/Wb

Linz, 06.07.2010

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptfrau des Bezirks Steyr-Land vom 6. Mai 2010, GZ.: SanRB01-75-2009, mit dem ein Antrag auf bescheidmäßiges Absehen von der Verpflichtung auf Herstellung eines barrierefreien Zuganges zur öffentlichen Apotheke X abgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

 

 

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 iVm. § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid der Bezirkshauptfrau des Bezirks Steyr-Land vom 6. Mai 2010, GZ.: SanRB01-75-2009, wurde ein Antrag des Berufungswerbers (im Folgenden kurz: Bw) vom 16. September 2009 auf Absehen von der Verpflichtung zur Herstellung eines barrierefreien Zugangs zur öffentlichen Apotheke X in X, gemäß § 27 Abs. 4 letzter Satz iVm. § 78 Abs. 5 Apothekenbetriebsordnung 2005, BGBl. II. Nr. 65/2005 idgF. abgewiesen.

 

Begründend führt die belangte Behörde nach Schilderung des bisherigen Verfahrensganges und Darstellung der einschlägigen Rechtsgrundlagen aus, dass im vorliegenden Fall weder denkmalschutzrechtliche Vorgaben noch technische Unvertretbarkeit das Absehen von der Verpflichtung zur Errichtung eines barrierefreien Zugangs zur Apotheke des Bw rechtfertigen würden. Laut Schreiben des Bundesdenkmalamtes vom 29. Dezember 2009 führe der Umbau lediglich zu einem minimalem Eingriff in das überlieferte Erscheinungsbild. Mit Schreiben des Bezirksbauamtes Linz vom 2. Dezember 2009, BBA-L GZ II-57-2009-Kr, habe dieses keinen unvertretbaren technischen Aufwand, die Baumaßnahmen betreffend, festgestellt. Die bestehende Vorlegestufe sei mit bautechnisch vertretbarem Aufwand als Rampe im Sinne der ÖNORM B1600 zu errichten, wie auch das Anbringen beidseitiger Handläufe und die Umstellung des Türschließers leicht vorzunehmen seien.

 

 

1.2. Gegen diesen Bescheid, der dem Bw am 25. Mai 2010 zugestellt wurde, erhob er durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter  rechtzeitig Berufung mit Schreiben vom 2. Juni 2010.

 

Darin wird u.a. ausgeführt, dass bei der Beurteilung der Frage des Absehens von der Verpflichtung zur Errichtung eines barrierefreien Zugangs auch wirtschaftliche Aspekte der Maßnahme rechtlich relevant seien.

 

Vor allem könnte ohne weiteres ja auch die Anbringung einer Glocke außerhalb des Geschäftslokals für behinderte Menschen ebenfalls ausreichen, um die Versorgung mit Medikamenten zu gewährleisten.

 

Abschließend stellt der Bw die Anträge:

 

1. den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 6. Mai 2010, GZ:      SanRB01-75-2009, dahingehend abzuändern, dass dem Antrag auf Absehen          von der Verpflichtung zur Herstellung eines barrierefreien Zugangs       stattgegeben werde; in eventu

2. nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens in der Sache selbst zu     entscheiden; in eventu

3. den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Verwaltungsrechtssache an    die Erstinstanz zwecks Ergänzung des Ermittlungsverfahrens        zurückzuverweisen.

 

 

2. Mit Schreiben vom 10. Juni 2010 übermittelte die belangte Behörde den Bezug habenden Verwaltungsakt dem Oö. Verwaltungssenat.

 

2.1. Mit Schreiben vom 17. Juni 2010 forderte der Oö. Verwaltungssenat den Bw auf, entsprechende Kostenvoranschläge für die von ihm als wirtschaftlich nicht vertretbar eingestuften baulichen Maßnahmen zur Herstellung eines barrierefreien Zugangs zu seiner Apotheke bis 2. Juli 2010 vorzulegen.

 

Dieser Aufforderung kam der Bw rechtzeitig mit Schreiben vom 29. Juni 2010 nach. Die Kosten für die Abtragung der bestehenden Stufe und die Errichtung einer gestrahlten Granitrampe samt Geländer belaufen sich laut Angebot der Firma X, vom 23. Juni 2010 auf 1.755,60 Euro, die Kosten für den Umbau der Eingangstüre laut Angebot der Firma X vom 24. Juni 2010 auf 6.864,-- Euro. Zusätzlich seien noch Kosten in Höhe von 480 Euro, die für Elektroarbeiten an der Eingangstür aufgewendet werden müssten, anzusetzen.

 

An der Seriosität der beigelegten Kostenvoranschläge und Berechnungen bestehen keinerlei Zweifel.

 

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde sowie die beigebrachten Kostenvoranschläge.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil eine solche nicht erforderlich war, nachdem sich der Sachverhalt zweifelsfrei aus der nunmehrigen Aktenlage ergibt, im Verfahren im Wesentlichen die Beurteilung von Rechtsfragen strittig ist und die Akten erkennen lassen, dass eine weitere mündliche Erörterung eine tiefgreifendere Klärung der Sache nicht erwarten lässt.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter den Punkten 1.1., 1.2.  und 2.1. dieses Erkenntnisses dargestellten Sachverhalt aus.

 

2.4. Gemäß § 67a AVG ist der Oö. Verwaltungssenat im vorliegenden Fall zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen.

 

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 45 Abs. 1 des Apothekengesetzes, RGBl. 5/1907 idF. BGBl. 277/1925, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 135/2009 finden auf Berufungen gegen Entscheidungen und Verfügungen der Bezirksverwaltungsbehörden, welche aufgrund der Vorschriften dieses Gesetzes oder der in Durchführung desselben erlassenen Anordnungen getroffen werden, die in dieser Hinsicht im Verfahren vor den Bezirksverwaltungsbehörden geltenden allgemeinen Vorschriften, Anwendung.

 

Gemäß Abs. 2 leg. cit. kann gegen Bescheide der Bezirksverwaltungsbehörde Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes erhoben werden.

 

In diesem Sinn ist der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung über die in Rede stehende Berufung zuständig.

 

3.2. Gemäß § 27 Abs. 4 der Apothekenbetriebsordnung 2005-ABO, BGBl. II Nr. 65/2005 in der aktuellen Fassung BGBl. II Nr. 353/2009 muss die Offizin von allgemein zugänglichen Verkehrswegen direkt betreten werden können. Die barrierefreie Zugänglichkeit für Menschen mit Behinderungen muss gewährleistet sein, sofern dies nicht aufgrund rechtlicher Hindernisse ausgeschlossen ist.

 

Gemäß § 78 Abs. 5 der ABO ist § 27 Abs. 4 letzter Satz mit der nächsten Änderung der Betriebsanlage. Längstens aber innerhalb von 5 Jahren ab In-Kraft-Treten dieser Verordnung zu entsprechen. Im Einzelfall kann mit Bewilligung der Bezirksverwaltungsbehörde davon abgesehen werden, wenn der Apothekenleiter / die Apothekenleiterin nachweist, dass der barrierefreie Zugang nur mit technisch unvertretbarem Aufwand herzustellen wäre.

 

3.3. Die Apothekenbetriebsordnung wurde am 6. März 2005 im Bundesgesetzblatt kundgemacht, weshalb die in § 78 Abs. 5 angesprochene Frist mit Ablauf des 6. März 2010 endete. Somit hätte der barrierefreie Zugang bis längstens zu diesem Datum grundsätzlich hergestellt sein müssen.

 

Im vorliegenden Fall ist zunächst unbestritten und wird vom Bw in der Berufung auch nicht Gegenteiliges behauptet, dass keine bau- bzw. denkmalschutzrechtlichen Bestimmungen der Umsetzung der Maßnahmen entgegenstehen.

 

Allerdings sieht der Bw der Pflicht zur Herstellung der Barrierefreiheit dadurch genüge getan, dass eine Glocke außerhalb der Apotheke angebracht werden könnte, mit deren Hilfe gehbehinderte Kunden ohne die Vorlegestufe überwinden zu müssen, vor der Apotheke mit Medikamenten versorgt werden könnten. Eine derartige Lösung entspricht jedoch – aus Sicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates – keinesfalls den hinter den Normen stehenden Intention der Antidiskriminierung, da auf diese Weise gehbehinderten Menschen der Zutritt zu einer Einrichtung des Gesundheitswesens glatt weg unmöglich gemacht würde und sie – in diskriminierender Weise – auf offener Straße ihr Anliegen vortragen und den Erwerb von Medikamenten vornehmen müssten. Es ist somit die ÖNORM 1600 als angemessener Interpretationsmaßstab heranzuziehen.

 

3.4. Dem Bw wird insofern recht gegeben, als bei der Beurteilung der Frage des Absehens von der Verpflichtung zur Herstellung der Barrierefreiheit nicht nur rechtliche und technische Vorgaben zu berücksichtigen sind. Einerseits ergibt sich dies aus verfassungsrechtlichen Überlegungen, andererseits ist die Bestimmung des § 78 Abs. 5 ABO hinsichtlich des unvertretbaren technischen Aufwands auch im Hinblick auf die Unvertretbarkeit des mit dem technischen Aufwand untrennbar verbundenen wirtschaftlichen Aufwands zu verstehen, zumal diese auch in der Regel miteinander einhergehen. Es ist somit durchaus eine Verhältnismäßigkeitsprüfung zwischen dem Zweck der zu setzenden Maßnahme und dem damit verbundenen Aufwand geboten.

 

3.5. Im vorliegenden Fall betragen die Kosten für die Herstellung des rechtskonformen, barrierefreien Zugangs zur in Rede stehenden Apotheke, auch nach Angaben des Bw selbst, lediglich rund 9.000 Euro. Ein derartiger Betrag erreicht fraglos nicht das Ausmaß der Unverhältnismäßigkeit im Sinne der Wirtschaftlichkeit, die ein Absehen von der entsprechenden Verpflichtung rechtfertigen könnten. Die technische Vertretbarkeit der vorzunehmenden baulichen Maßnahmen steht ohnehin nicht außer Zweifel. Der vom Normtext geforderte Nachweis ist dem Bw sohin keinesfalls gelungen, weshalb er sich nicht auf die Ausnahmebestimmung des § 78 Abs. 5 ABO stützen kann.

 

3.6. Es war daher der belangten Behörde im Ergebnis folgend die Berufung als unbegründet abzuweisen und der erstinstanzliche Bescheid zu bestätigen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Hinweis: Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 20,40 Euro (Eingabegebühr, Beilagen) angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 



Bernhard Pree


Rechtssatz:

 

VwSen-590237/4/BP/Wb vom 6. Juli 2010

 

§§ 27 Abs. 4 und 78 Abs. 5 Apothekenbetriebsordnung 2005

 

Dem Bw wird insofern recht gegeben, als bei der Beurteilung der Frage des Absehens von der Verpflichtung zur Herstellung der Barrierefreiheit nicht nur rechtliche und technische Vorgaben zu berücksichtigen sind. Einerseits ergibt sich dies aus verfassungsrechtlichen Überlegungen, andererseits ist die Bestimmung des § 78 Abs. 5 ABO hinsichtlich des unvertretbaren technischen Aufwands auch im Hinblick auf die Unvertretbarkeit des mit dem technischen Aufwand untrennbar verbundenen wirtschaftlichen Aufwands zu verstehen, zumal diese auch in der Regel miteinander einhergehen. Es ist somit durchaus eine Verhältnismäßigkeitsprüfung zwischen dem Zweck der zu setzenden Maßnahme und dem damit verbundenen Aufwand geboten.

 

 

 

 

 

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