Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164898/5/Zo/Jo VwSen-164899/5/Zo/Jo

Linz, 07.07.2010

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufungen

 

  1. des X, geb. X, X vom 21.02.2010 gegen Punkt 1) des Straferkenntnisses des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 29.01.2010, Zl. VerkR96-58924-2009, wegen einer Übertretung des KFG sowie

 

  1. der X, geb. X, vom 21.02.2010 gegen Punkt 1) des Straferkenntnisses des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 29.01.2010, Zl. VerkR96-58925-2009, wegen einer Übertretung des KFG,

 

zu Recht erkannt:

 

 

I.             Den Berufungen jeweils gegen Punkt 1) der Straferkenntnisse wird stattgegeben, die Straferkenntnisse diesbezüglich aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.           Die Berufungswerber haben für das Berufungsverfahren keinen Kostenbeitrag zu bezahlen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 45 Abs.1 Z2 VStG;

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat Herrn X vorgeworfen, dass er als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen X am 09.10.2009 um 10.05 Uhr in Frankenmarkt auf der B1 bei km 261,652, obwohl es ihm zumutbar war, sich vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt habe, dass das von ihm verwendete Fahrzeug den Vorschriften des KFG entspricht, da festgestellt wurde, dass

1) die für die verkehrs- und betriebssichere Verwendung des PKW maßgebenden Teile nicht den Vorschriften des KFG entsprachen, obwohl Kraftfahrzeuge und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein müssen, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen, noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstehen. Es sei festgestellt worden, dass folgende nichttypisierte Teile angebracht waren: Fahrwerksfedern (vorne links, vorne rechts, hinten links, hinten rechts); rot lackiert sowie

2) dass am betroffenen Fahrzeug außen folgende vorspringende Teile oder Kanten vorhandne waren, die weder durch geeignete Schutzvorrichtungen abgedeckt oder entsprechend gekennzeichnet waren und die bei einem Verkehrsunfall schwere körperliche Verletzungen erwarten ließen: scharfkantige Teile durch eine beschädigte Frontschürze.

 

Der Berufungswerber habe dadurch sowohl zu 1) als auch zu 2) jeweils eine Übertretung des § 102 Abs.1 iVm § 4 Abs.2 begangen, weshalb über ihn gemäß § 134 Abs.1 KFG zwei Geldstrafen in Höhe von jeweils 40 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 36 Stunden) verhängt wurden. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 8 Euro verpflichtet.

 

2. Frau X wurden dieselben technischen Mängel als Zulassungsbesitzerin des gegenständlichen PKW vorgeworfen und sie wegen Übertretungen des § 103 Abs.1 Z1 KFG iVm § 4 Abs.2 KFG und § 33 Abs.1 KFG unter Anwendung des § 134 Abs.1 KFG ebenfalls zu zwei Geldstrafen in Höhe von jeweils 40 Euro bestraft. Auch ihr wurden Verfahrenskosten in Höhe von 8 Euro vorgeschrieben.

 

3. In den von den Berufungswerbers dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufungen führten diese jeweils aus, dass sie keine Schuld daran treffen würde, dass das neue Fahrwerk nicht im Typenschein eingetragen war. Sie hätten das neue Fahrwerk bereits am 15.07.2009 der Landesregierung angezeigt und es sei von einem Ziviltechniker positiv begutachtet worden. Dennoch sei der Typenschein bis 29.10.2009 bei der Landesregierung gelegen, erst an diesem Tag habe die Begutachtung in Gmunden stattgefunden. Da sie die Änderung bereits angezeigt hätten und ein Ziviltechniker diese auch positiv beurteilt hätte, treffe sie zum Tatzeitpunkt am 09.10.2009 keine Schuld.

 

Mit Schreiben vom 21.06.2010 haben beide Berufungswerber ihre Berufung gegen Punkt 2) des Straferkenntnisses (beschädigte Frontschürze) zurückgezogen.

 

4. Der Bezirkshauptmann von Vöcklabruck hat die Verwaltungsakte dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Verfahrensakte. Bereits aus diesen ergibt sich, dass die angefochtenen Bescheide (betreffend Punkt 1)) aufzuheben sind, weshalb eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG nicht erforderlich ist.

 

5.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

X ist Zulassungsbesitzerin des gegenständlichen PKW. Ihr Sohn X lenkte diesen am 09.10.2009 um 10.05 Uhr in Frankenmarkt auf der B1. Bei einer Verkehrskontrolle wurde festgestellt, dass beim Fahrzeug rot lackierte Fahrwerksfedern montiert waren, welche zu diesem Zeitpunkt noch nicht typisiert waren. Weiters war die Frontschürze beschädigt. Nach dem Berufungsvorbringen wurde der Einbau der Fahrwerksfedern bereits am 15.07.2009 dem Landeshauptmann angezeigt und auch von einem Ziviltechniker positiv begutachtet. Die Überprüfung durch einen Sachverständigen der Landesregierung fand jedoch erst am 29.10.2009 statt und an diesem Termin wurden die neuen Fahrwerksfedern auch in den Typenschein eingetragen.

 

6. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

6.1. Gemäß § 4 Abs.2 KFG müssen Kraftfahrzeuge und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer, noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen, noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstehen. Sie müssen so gebaut und ausgerüstet sein, dass der Lenker, beförderte Personen und andere Straßenbenützer bei Verkehrsunfällen möglichst geschützt sind. Sie dürfen innen und außen keine vermeidbaren vorspringenden Teile, Kanten oder zusätzliche Vorrichtungen aufweisen, die bei Verkehrsunfällen schwere körperliche Verletzungen erwarten lassen. Unvermeidbare vorspringende Teile, Kanten oder zusätzliche Vorrichtungen, die bei Verkehrsunfällen schwere körperliche Verletzungen erwarten lassen, müssen durch geeignete Schutzvorrichtungen entsprechend abgedeckt oder, wenn dies nicht ohne schwere Beeinträchtigung der Verwendbarkeit des Fahrzeuges im Rahmen seiner Zweckbestimmung durchführbar ist, entsprechend gekennzeichnet sein.

 

Gemäß § 33 Abs.1 KFG hat der Zulassungsbesitzer Änderungen an einem einzelnen zum Verkehr zugelassenen Fahrzeuge einer genehmigten Type, die die Verkehrs- und Betriebssicherheit des Fahrzeuges beeinflussen können, unverzüglich dem Landeshauptmann anzuzeigen, in dessen örtlichem Wirkungsbereich das Fahrzeug seinen dauernden Standort hat. Durch Verordnung kann jedoch festgesetzt werden, dass bestimmte Änderungen nicht angezeigt werden müssen.

 

Betreffen die Änderungen wesentliche technische Merkmale der Type, der das Fahrzeug angehört, so bedarf das geänderte Fahrzeug gemäß § 33 Abs.2 KFG einer Einzelgenehmigung. Mit dieser Einzelgenehmigung verliert das für das Fahrzeug allenfalls ausgestellte Genehmigungsdokument seine Gültigkeit und ist dem Landeshauptmann abzuliefern.

 

Gemäß § 33 Abs.3 KFG hat der Landeshauptmann angezeigte Änderungen, die nicht wesentliche technische Merkmale der Type betreffen, iSd § 28 Abs.1 zu genehmigen und die geänderten Daten im Wege der Datenfernübertragung in die Genehmigungsdatenbank einzugeben.

 

Gemäß § 33 Abs.4 KFG kann der Landeshauptmann im Zweifelsfall unter Anwendung der Bestimmungen des § 31 Abs.2 und 3 ein Gutachten darüber einholen, ob durch eine angezeigte Änderung wesentliche technische Merkmale verändert wurden.

 

6.2. Der Einbau von Fahrwerksfedern, welche nicht der Typengenehmigung entsprechen, ist gemäß § 33 Abs.1 KFG dem Landeshauptmann anzuzeigen, weil eine derartige Änderung die Verkehrs- und Betriebssicherheit des Fahrzeuges beeinflussen kann. Wenn diese Änderung keine wesentlichen technischen Merkmale betrifft und die Verkehrs- und Betriebssicherheit nicht tatsächlich gefährdet wird, so ist diese Änderung (im konkreten Fall der Einbau von Fahrwerksfedern) vom Landeshauptmann zu genehmigen.

 

§ 33 KFG behandelt also Umbauten an einem typengenehmigten Fahrzeug, welche einen Einfluss auf die Verkehrs- und Betriebssicherheit haben können. Wegen dieses möglichen Einflusses auf die Verkehrssicherheit müssen sie angezeigt werden und werden nach einer Überprüfung genehmigt, wenn tatsächlich keine negativen Auswirkungen auf die Verkehrs- und Betriebssicherheit zu erwarten sind.

 

§ 4 Abs.2 KFG ist hingegen eine Bau- und Ausrüstungsvorschrift für Kraftfahrzeuge. Entsprechend dieser Vorschrift müssen Kraftfahrzeuge so gebaut und ausgerüstet sein, dass bei ihrem sachgemäßen Betrieb keine Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer entstehen. Ein Verstoß gegen diese Vorschrift liegt daher nur dann vor, wenn ein Kraftfahrzeug so gebaut bzw. ausgerüstet ist, dass bei seinem Betrieb tatsächliche Gefahren für die Verkehrssicherheit bestehen.

 

Im konkreten Fall wurden die Fahrwerksfedern – wenn auch erst nach der Polizeikontrolle – nach einer Überprüfung durch einen Sachverständigen des Landeshauptmannes genehmigt, weshalb davon auszugehen ist, dass eine tatsächliche Gefährdung der Verkehrssicherheit nicht vorgelegen ist. Im Hinblick auf die auch zum Zeitpunkt der Kontrolle bereits vorhandene positive Überprüfung durch einen Ziviltechniker ist auch davon auszugehen, dass eine solche Gefährdung auch zu diesem Zeitpunkt ausgeschlossen werden kann. Der Vorwurf an die Berufungswerber, dass die für die verkehrs- und betriebssichere Verwendung des Kraftfahrzeuges maßgebenden Teile nicht dem KFG entsprochen hätten, weil nicht typisierte Teile angebracht waren, fällt daher nicht unter die Bestimmung des § 4 Abs.2 KFG. Richtigerweise hätte den Berufungswerbern vorgeworfen werden müssen, dass sie die entsprechenden Änderungen nicht rechtzeitig angezeigt haben.

 

Der von der Erstinstanz erhobene Vorwurf einer Übertretung des § 4 Abs.2 KFG wäre nur dann zutreffend gewesen, wenn das Fahrzeug sich tatsächlich in einem nicht verkehrs- und betriebssicheren Zustand befunden hätte. Dafür gibt es jedoch keinerlei Anhaltspunkte. Die Berufungswerber haben daher jene Übertretung, welche ihnen vorgeworfen wurde, nicht begangen, weshalb das Verfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen war. Ein konkreter Tatvorwurf bezüglich einer Übertretung nach § 33 Abs.1 KFG, dass nämlich die durchgeführten Änderungen dem Landeshauptmann nicht angezeigt worden seien, wurde den Berufungswerbern innerhalb der Verjährungsfrist nicht gemacht. Es war daher hinsichtlich Punkt 1) den Berufungen stattzugeben. Bezüglich der Punkte 2) der Straferkenntnisses ist darauf hinzuweisen, dass diesbezüglich die Berufungen mit Schreiben vom 21.06.2010 zurückgezogen wurden. Die deshalb verhängten Strafen und Verfahrenskostenbeiträge in Höhe von jeweils 44 Euro sind daher bereits rechtskräftig.

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

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