Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165142/10/Br/Th

Linz, 29.06.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung von Frau X, vertreten durch RA Dr. X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshaupt­mannschaft Linz-Land vom 07. Mai 2010, Zl. VerkR96-21319-2009/Bru/Pos, nach der am 29. Juni 2010 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

 

I.     Der Berufung wird im Schuldspruch keine Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird mit der Maßgabe bestätigt als der Spruchbestandteil mit dem Hinweis auf die Berücksichtigung des Verkehrsfehlers zu entfallen hat.

Die Geldstrafe wird jedoch auf 130 Euro und die Ersatzfreiheits-strafe auf 60 Stunden ermäßigt.

 

II.   Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich demnach auf 13 Euro. Für das Berufungsverfahren entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009 – AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009 – VStG.

Zu II.: § 65 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem o.a. Straferkenntnis über die Berufungswerberin wegen einer Übertretung nach § 52 lit.a Z10a iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 170 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 84 Stunden verhängt, weil sie am 08.12.2008 um 08.16 Uhr als Lenkerin des  Pkw  mit dem Kennzeichen X, auf der Westautobahn A 1, in Fahrtrichtung Salzburg, im Gemeindegebiet Regau, Baustelle A1 bei Strkm 222.560, die durch Vorschriftszeichen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 43 km/h überschritten habe.

 

 

1.1. Begründend führte die Behörde erster Instanz Folgendes aus (die wörtlichen Zitierungen der Behörde erster Instanz werden der Übersichtlichkeit wegen in Kursivschrift dargestellt) :

Aufgrund einer Anzeige des Landespolizeikommandos für OÖ., Landesverkehrsabteilung, vom 27.01.2009 wurde Ihnen mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 19.05.2009 die umseits angeführte Geschwindigkeitsüberschreitung zur Last gelegt.

 

Gegen diese Strafverfügung haben Sie durch Ihren Rechtsvertreter Einspruch erhoben, der jedoch nicht begründet wurde.

 

In der Folge wurden Sie mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 18.06.2009 aufgefordert, den Lenker des angeführten KFZ zum Tatzeitpunkt bzw. jene Person bekannt zu geben, die den Lenker benennen kann.

 

Am 06.07.2009 wurde bekannt, dass Sie das in Rede stehende Fahrzeug selbst gelenkt haben.

 

Aufgrund Ihres Wohnsitzes wurde das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren an die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land abgetreten.

 

Mit Schreiben der hs. Behörde vom 28.07.2009 wurden Sie aufgefordert, sich für die Ihnen zur Last gelegte Verwaltungsübertretung zu rechtfertigen.

 

Mit Schriftsatz vom 21.08.2009 gaben Sie - vertreten durch Ihren Rechtsvertreter - folgende Stellungnahme ab:

 

"Ich bestreite die mir zur Last gelegte Geschwindigkeitsüberschreitung um 43 km/h. Ich kann mich zwar nicht konkret erinnern an die Situation am 8.12.2008. Ich gehe jedoch davon aus, dass ich - wie ich das immer zu tun pflege - die ordnungsgemäß kundgemachten Geschwindigkeitsbeschränkungen auch an diesem Tag eingehalten habe.

Ich beantrage die Beischaffung der Verordnung, mit der die Geschwindigkeitsbeschränkung von 60 km/h im Baustellenbereich der A 1 bei km 222.560 behördlich verfügt wurde. Weiters wird zu überprüfen sein, ob die Straßenverkehrszeichen im Tatzeitpunkt rechtmäßig im Sinne des § 48 StVO angebracht waren

Weiters wird beantragt die Beischaffung der Daten des Messgerätes (insbes. auch Aufzeichnungen über Kalibrierung) und alle die angebliche Geschwindigkeitsüberschreitung dokumentierenden Beilagen (Radarfoto, etc)

Ich stelle den Antrag auf Einstellung des gegen mich eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahrens.“

 

Aufgrund Ihrer Angaben wurde der Meldungsleger, CI Günther Bauer, als Zeuge vorgeladen, der anlässlich seiner Einvernahme am 09.10.2009 unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht sowie den Diensteid folgende Aussage tätigte:

"Die ggst. Messung wurde mittels stationärem Radargerät MUVR 6FA 1975 durchgeführt. Das Messgerät war zum Tatzeitpunkt ordnungsgemäß geeicht. Diesbezüglich wird der Eichschein vorgelegt.

Weiters werden von dieser Übertretung Radarfotos (A und B Foto) vorgelegt. Das Fahrzeug der Beschuldigten befindet sich alleine im Messbereich und es ist kein weiteres Fahrzeug auf dem Foto ersichtlich. Die Anzeige wird vollinhaltlich aufrecht gehalten."

 

Mit Schreiben vom 12.10.2009 wurden Ihnen diese Zeugenaussage, die vorgelegten Lichtbilder, der Eichschein des Radarmessgerätes sowie die gegenständliche Verordnung zur Kenntnis gebracht und wurde Ihnen gleichzeitig die Möglichkeit eingeräumt, eine Stellungnahme dazu abzugeben.

Mit Schriftsatz vom 03.11.2009 teilten Sie Nachstehendes mit:

 

"Zur abschließenden Beurteilung der Rechtmäßigkeit der kundgemachten Geschwindigkeitsbeschränkungen bedarf es folgender weiterer Unterlagen, deren Beischaffung hiermit beantragt wird:

1. Bescheid vom 2.9.2008, aus dem die Zeiträume der Bauphasen hervorgehen 2. Verordnung in der Fassung vom 8.9.2008, wie sie in der VO vom 3.3.2009 erwähnt ist.

Die an meinen Rechtsvertreter übermittelte Verordnung vom 3.3.2009 bezieht sich auf die Richtungsfahrbahn Wien und nicht auf die Richtungsfahrbahn Salzburg, auf welcher die verfahrensgegenständliche Geschwindigkeitsübertretung radarmäßig erfasst wurde.

Sollte die beantragte Beischaffung des Bescheides vom 2.9.2008 über die einzelnen Bauphasen keine Auskunft geben, so möge die Frage beantwortet werden,  in welcher Bauphase (nachvollziehbar) sich die Baustelle per 08.12.2008 (Tatzeitpunkt) befand.

Zur Kundmachung der Verordnung:

Wann wurden die hier relevanten Straßenverkehrszeichen angebracht? Der entsprechende Aktenvermerk möge meinem Rechtsvertreter ebenfalls in Kopie zur Verfügung gestellt werden (§44(1)StVO).

 

Anbringung der Straßenverkehrszeichen:

Es wird eine Befundaufnahme an Ort und Stelle beantragt. Hiezu bringe ich vor, dass die Vorschriftszeichen entgegen der Bestimmung des § 48 (2) StVO nicht auf beiden Seiten angebracht waren und dass die Abstandsbestimmungen des § 48 (5) StVO in einem nicht tolerierbaren Ausmaß nicht eingehalten wurden, zumal sie von Lenkern herannahender Fahrzeuge nicht leicht und rechtzeitig erkannt werden konnten. Ebenso möge Befund aufgenommen werden i.S. des § 48 (4) StVO.

Vom Termin der Befundaufnahme möge mein Rechtsvertreter rechtzeitig informiert werden. Die ergänzenden Beweismittel sowie die angeforderten Beweisergebnisse mögen meinem Rechtsvertreter zugemittelt werden mit Einräumung der Möglichkeit, eine abschließende Stellungnahme abzugeben.

Die am 14.10.2009 in der Kanzlei meines Rechtsvertreters eingelangten Lichtbilder sind zu dunkel und nicht brauchbar. Es wird daher gebeten, diese Lichtbilder - wenn möglich - in leserlicher Form noch einmal zu übermitteln.

Der Antrag auf Einstellung des gegen mich eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahrens bleibt aufrecht."

 

Die Behörde hat Folgendes erwogen:

Gemäß § 52 lit.a Zif.10a StVO wird durch das Verkehrszeichen „Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" angezeigt, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort dieses Zeichens verboten ist.

 

Wenn Sie die Ihnen angelastete Geschwindigkeitsüberschreitung bestreiten, wird auf das Messergebnis des Radargerätes sowie auf das Radarfoto verwiesen, die ergeben haben, dass mit dem KFZ, pol. Kz. x die festgestellte Geschwindigkeit gefahren wurde.

 

Das verwendete Radargerät war laut dem vorliegenden Eichschein nach den Vorschriften des Eich- und Vermessungsgesetzes ordnungsgemäß geeicht und entsprechend den Zulassungsvorschriften aufgestellt.

 

Gemäß ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stellt eine Radarmessung grundsätzlich ein geeignetes Beweismittel zur Feststellung einer von einem Fahrzeug eingehaltenen Geschwindigkeit dar (Hinweis E 16.12.1987, 87/02/0155).

 

Die Behörde hatte daher keine Veranlassung an der Richtigkeit des Messergebnisses zu zweifeln.

 

Hinsichtlich der zugrundeliegenden Verordnung der Geschwindigkeitsbeschränkung wird festgehalten, dass im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren der tatzeitpunkt der 08.12.2008 war. Als Tatort (Messpunkt) wurde der km 222.560 festgestellt.

Grundlage für die 60 km/h Geschwindigkeitsbeschränkung ist der Plan der Bauphase 3 -Richtungsfahrbahn Salzburg (siehe Beilage), welcher einen wesentlichen Bestandteil der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 02.09.2008, ZI. VerkR01-19Q0-2-2008, bildet.

 

In diesem Plan (Bauphase 3) sind die zum Tatzeitpunkt bestehenden Geschwindigkeitsbeschränkungen aufgeführt.

 

Die hs. Behörde hat weiters in den Bewilligungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 02.09.2008, ZI.: VerkR01-1900-2-2008, Einsicht genommen. In diesem Bescheid wurden unter Punkt 35 die jeweiligen Bauphasen übersichtlich aufgelistet und es geht daraus hervor, dass die Bauphase 3 auf die Zeit von 25.09.2008 bis 18.06.2009 (Tatzeitpunkt 08.12.2008) sowie von km 235,993 bis km 222,281 (Tatort: km. 222.560) beschränkt war.

 

Eine Einschränkung der Fahrtrichtung ist im Bescheid nicht angeführt. Es sind somit beide Fahrtrichtungen betroffen (siehe Plan - Bauphase 3).

 

Somit liegt eine ordnungsgemäße Verordnung der gegenständlichen Geschwindigkeits­beschränkung vor.

 

Ihren Behauptungen, die Verkehrszeichen seien nicht auf beiden Seiten angebracht gewesen und die Abstandsbestimmungen des § 48 Abs. 5 StVO seien nicht eingehalten worden, wird die Mitteilung der ASFINAG vom 22.01.2010 (siehe Beilage) entgegengehalten. Demnach wurde die gegenständliche Geschwindigkeitsbeschränkung durch Aufstellung der entsprechenden Verkehrszeichen ordnungsgemäß kundgemacht.

Aufgrund des vorliegenden Ermittlungsergebnisses erscheint es für die Behörde zweifelsfrei erwiesen, dass Sie im konkreten Fall die Ihnen angelastete Verwaltungsübertretung begangen haben.

 

Im Sinne des § 19 Abs. 1 VStG bildet Grundlage für die Bemessung der Strafhöhe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG 1991 sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden.

 

Bei der Strafbemessung wurde hinsichtlich Ihrer zu berücksichtigenden Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse mangels Bekanntgabe von folgender Schätzung ausgegangen: Einkommen: 1.000 Euro, kein Vermögen, keine Sorgepflichten.

Strafmildernde bzw. straferschwerende Umstände waren nicht bekannt.

 

Im Hinblick auf den Strafrahmen bei der gegenständlichen Übertretung ist die verhängte Strafe als dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat angemessen zu betrachten.“

 

 

 

2. Dagegen wendet sich die Berufungswerberin mit ihrer fristgerecht durch ihren ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung:

In umseits bezeichnetem Verwaltungsstrafverfahren erhebe ich gegen das Straferkenntnis der BH Linz-Land vom 7.5.2010 zu VerkR96-21319-2009 /Bru/Pos, meinem Rechtsvertreter zugestellt am 12.5.2010, innerhalb offener Frist

 

B E R U F U N G

 

an den UVS des Landes Oberösterreich.

 

Das zitierte Straferkenntnis wird seinem gesamten Inhalt und Umfang nach angefochten.

 

Als Berufungsgründe werden geltend gemacht:

Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung.

 

1.      Zur Mangelhaftigkeit des Verfahrens:

 

Mit Stellungnahme meines Rechtsvertreters vom 3.11.2009 beantragte ich die Beischaffung des Bescheides vom 2.9.2008 sowie die Verordnung in der Fassung vom 8.9.2008 zu VerkR01-1900-4-2008, wie sie in der VO vom 3.3.2009 erwähnt ist.

 

Beide zur Beurteilung dieses Sachverhalts unabdingbaren Beweisurkunden wurden meinem Rechtsvertreter bis dato nicht zugemittelt.

 

Damit ist für mich nicht nachvollziehbar, ob die zu Tatzeitpunkt am Tatort angeblich verordnete Geschwindigkeitsbeschränkung von 60 km/h auch für meine Fahrtrichtung galt. Im angefochtenen Straferkenntnis ist zwar angeführt, dass die hs. Behörde in den Bewilligungsbescheid der BH Vöcklabruck vom 2.9.2008, Zl: VerkR01-1900-2-2008 Einsicht genommen habe. In diesem Bescheid seien unter Pkt. 35 die jeweiligen Bauphasen übersichtlich aufgelistet worden und es gehe daraus hervor, dass die Bauphase 3 auf die Zeit vom 25.9.2008 bis 18.6.2009 sowie von km 235,993 bis km 222,281 beschränkt gewesen sei. Mangels Einsicht in diesen Bewilligungsbescheid sind diese Feststellungen für mich nicht nachvollziehbar und nicht überprüfbar.

 

Zur Verfügung gestellt wurde meinem Rechtsvertreter die VO vom 2.9.2008 zum AZ: VerkR01-1900-2-2008. Darin wird auch auf den Bescheid vom 2.9.2008 Bezug genommen.

 

Die Erstbehörde führt auch an, dass im zitierten Bescheid eine Einschränkung der Fahrtrichtung nicht angeführt sei. Somit seien beide Fahrtrichtungen betroffen. Auch diese Feststellung ist nicht nachprüfbar, außerdem wird diese Rechtsansicht bekämpft, wie weiter unten ausgeführt werden wird.

 

Die Nicht-Zurverfügungstellung dieser Beweismittel wird auch unter dem Gesichtspunkt des fair trial gerügt. Ein Verfahren, das Bescheid und Verordnungen zitiert, ohne diese inhaltlich der Beschuldigten zur Kenntnis zu bringen, entbehrt entsprechender Fairness.

 

In meiner Stellungnahme vom 3.11.2009 ersuchte mein Rechtsvertreter ausdrücklich um Zumittlung dieser Beweismittel mit Einräumung der Möglichkeit, eine abschließende Stellungnahme abzugeben. Anstatt meinem Rechtsvertreter diese Möglichkeit einzuräumen, wurde ihm per 12.5.2010 das bekämpfte Straferkenntnis vom 7.5.2010 zugestellt.

 

Nicht geht aus dem bekämpften Bescheid hervor, ob sich die Erstbehörde grundlegend auch auf die Verordnung vom 8.9.2008 stützen konnte, die ausdrücklich wiederum in der Verordnung vom 3.3.2009 zu VerkR01-1900-16-2008 Erwähnung findet. Offenbar wurde damit die Verordnung vom 2.9.2008 abgeändert. Inwieweit diese Abänderung für dieses Verfahren von Relevanz ist, kann mangels Möglichkeit zur Einsichtnahme nicht abschließend gesagt werden.

 

Die Erstbehörde klärte weiters nicht auf den von mir relevierten Umstand, dass die Vorschriftszeichen entgegen der Bestimmung des § 48 (2) StVO nicht auf beiden Seiten angebracht waren und dass die Abstandbestimmungen des § 48 (5) StVO in einem nicht tolerierbaren Ausmaß nicht eingehalten wurden, sodass sie von Lenkern herannahender Fahrzeuge nicht leicht und rechtzeitig erkannt werden konnten. Auch die von meinem Rechtsvertreter thematisierte und beantragte Befundaufnahme i.S. d. § 48 (4) StVO wurde mit vorliegendem Straferkenntnis nicht beurteilt.

 

Auch bezüglich dieser nicht abgeführten Beweisanträge releviere ich Mangelhaftigkeit des Verfahrens. Diese Themen bzw. Fragen werden weder durch die Mitteilung der ASFINAG vom 22.1.2010 noch durch die Mitteilung über Aufstellung und Entfernung von Verkehrszeichen vom 30.9.2009 durch die X Verkehrssicherheit GmbH geklärt bzw. beantwortet. Sollte ich nämlich tatsächlich eine relevante Geschwindigkeitsüberschreitung gesetzt haben, so wäre das für mich nur so erklärlich, dass die Verkehrszeichen nicht ordnungsgemäß aufgestellt bzw. kundgemacht waren.

 

2.      Unrichtige rechtliche Beurteilung:

 

Eine abschließende rechtliche Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes war mangels Beischaffung beantragter Beweismittel nicht möglich. Unabdingbar für eine abschließende Beurteilung ist die Beischaffung und Einsichtnahme in den im angefochtenen Straferkenntnis erwähnten Bewilligungsbescheid der BH Vöcklabruck vom 2.9.2008, Zl. VerkR01-1900-2-2008 und in die VO vom 8.9.2008 zur VerkR01-1900-4-2008, wie sie in der VO vom 3.3.2009 zu VerkR-01-1900-16-2008 erwähnt wird.

 

Davon abgesehen ist aber auch die im angefochtenen Straferkenntnis geäußerte Rechtsansicht insofern unrichtig, als das Fehlen einer Einschränkung der Fahrtrichtung im Bescheid gleichbedeutend damit wäre, dass davon beide Fahrtrichtungen betroffen wären. Pläne müssen nicht automatisch die Bescheidanordnungen bzw. den Verordnungsinhalt richtig wiedergeben, sei im Übrigen bemerkt.

 

Die Erstbehörde stützt sich bei ihrer Entscheidung auf die Verordnung vom 2.9.2008, die auf einen Bescheid vom 2.9.2008 (offenbar jenen der BH Vöcklabruck zur Zl: VerkR01-1900-2-2008) Bezug nimmt. Aus dieser Verordnung selbst geht jedenfalls keine Geschwindigkeitsbeschränkung von 60 km/h am Tatort hervor in Fahrtrichtung Salzburg. Es wird darin auch auf Pläne für die Bauphasen 1-6 verwiesen, ohne dass allerdings nachvollziehbar wäre, dass für den Tatzeitpunkt die Bauphase 3 maßgeblich gewesen sein soll.

 

Aus all den Gründen stelle ich folgende

 

BERUFUNGSANTRÄGE

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge das Straferkenntnis der BH Linz-Land vom 7.5.2010 zu VerkR96-21319-2009/Bru/Pos allenfalls nach ergänzender Aufnahme weiterer Beweise dahingehend abändern, dass das gegen mich eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahrens eingestellt wird.

 

Es wird eine mündliche Berufungsverhandlung beantragt.

 

Linz, am 25.05.2010                                                                                                  X“

 

3. Die Behörde erster Instanz hat den Akt zur  Berufungsentscheidung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war angesichts des gesonderten Antrages aber auch ob der bestrittenen Rechtsmäßigkeit der Verordnung in Wahrung der durch Art. 6 Abs.1 EMRK intendierten Rechte erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).

Die Berufungswerberin erschien trotz der ihr auch persönlich zugestellten Ladung wegen angeblicher beruflicher Verhinderung zur Berufungsverhandlung nicht. Die Behörde erster Instanz entschuldigte sich ob der Nichtteilnahme mit Schreiben vom 17.6.2010.

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und Erörterung des Inhaltes des Verwaltungs­strafaktes der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung.

Verlesen wurde die im Akt erliegende Verordnung, VerkR01-2 u. 4-2008 v. 2. u. 8.9.2008, worin der jeweils geltende Bauphasenplan zu einem  integrierenden Bestandteil derselben erklärt wurde. Ebenfalls wurde der Bescheid über die beantragten Bauarbeiten v. 2.9.2008, VerkR01-1900-2-2008, eingesehen. Die Originale der Phasenpläne wurden zur Einsichtnahme beigeschafft und von der hier in der Zeit vom 25.9.2008 bis 22.6.2009 geltenden Bauphase 3 eine Kopie erstellt.

Der Eichschein betreffend das eingesetzte Lasermessgerät Type MU VR 6FA Eichschein Nr. 1975 sowie das von dieser Messung  aufgenommene Foto befindet sich im Verfahrensakt.

In Vermeidung von Wiederholungen wird auf die ausführliche Begründung der Behörde erster Instanz in dessen Straferkenntnis verwiesen. Diesem vermochte die Berufungswerberin mit sachlichen Argumenten nicht entgegen treten bzw. keinen inhaltlichen Mangel desselben aufzeigen.

Dem Rechtsvertreter der Berufungswerberin wurden in Vorbereitung der Berufungsverhandlung noch die als fehlend reklamierten Verordnungsinhalte mit h. Schreiben vom 19.6.2010 übermittelt. Insbesondere die im Wege des Verordnungsgebers – der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck – eingeholte Stellungnahme vom 18.6.2010, worin dargelegt wurde, dass die vom Rechtsvertreter in Frage gestellte VO vom 3.3.2009 für den hier relevanten  Bereich unbeachtlich sei, weil diese für die Fahrtrichtung Wien in den Zuständigkeitsbereich der Bezirkshauptmannschaft Gmunden falle. Ebenfalls wurde der Inhalt der Ergänzung der VO vom 2.9.2008 durch jene vom 8.9.2008 (VerkR10-1900-4-2008) ergänzt. Vom Verordnungsgeber wurde deren Inhalt authentisch klargestellt. Somit ist im Ergebnis der Behördenwille der 60 km/h-Beschränkung im Verschwenkungsbereich der Fahrbahnen gemäß der Kundmachung laut Phasenplan 3  zusätzlich erklärend klar gestellt.

Festzustellen ist wohl, dass es sich bei der Tatzeit um die frühen Morgenstunden des ersten Dezemberfeiertages gehandelt hat. Daher ist bloß von einem geringem Verkehrsaufkommen auszugehen, sodass der Berufungswerberin im Ergebnis darin gefolgt werden kann, dass mit ihrer Geschwindigkeitsüberschreitung der Tatunwert hinter dem im Tatbestand abstrakt vertypten Unwertgehalt doch deutlich zurückliegend einzuschätzen ist. Das sie durch den „Schilderwald“ an der rechtzeitigen oder ausreichenden Wahrnehmung beeinträchtigt oder irritiert worden wäre ist wohl nicht anzunehmen. Von jeder Fahrzeuglenkerin muss erwartet werden, dass sie – inbesondere auf Autobahnbaustellen - den Verkehrszeichen hinreichende Beachtung schenkt und diese objektiv auch wahrzunehmen in der Lage ist.

 

 

4.1. Im Rahmen der Berufungsverhandlung erklärte zuletzt der Vertreter der Berufungswerberin die Fahrgeschwindigkeit als solche nicht in Frage zu stellen. Er gab im Grunde und zusammengefasst ausschließlich zu bedenken, dass sich aus dem Verordnungsakt eine gesetztlich Deckung der 60 km/h-Beschränkung zumindest nicht eindeutig ableiten lasse. So reiche es ihrer Auffassung nach nicht aus – so wie dies in der VO vom 2.9.2008 – VerkR01-2-2008 praktiziert werde – bloß auf die Bauphasenpläne und die dort angeführte Geschwindigkeitsbeschränkung zu verweisen bzw. diesen Plan zum integrierenden Bestandteil der Verordnung zu erklären. Im Punkt 2. der Verordnung sei auf der Richtungsfahrbahn Salzburg von Strkm 222,181 bis 222,381 nur von einer Geschwindigkeitsbeschränkung von 80 km/h die Rede.

Dazu stellt die Berufungsbehörde fest, dass der Inhalt und der Geltungsbereich der baustellenbedingten Geschwindigkeitsbeschränkung, durch den Originalplan über die Bauphase 3 in Verbindung mit der Erklärung des Verordnungsgebers vom 18.6.2010 (Aktenstück 6) sehr wohl zweifelsfrei feststeht.  Aus Punkt 35 der VO ist die Bauphase 3 zeitlich ebenfalls klar determiniert. Die Berufungswerberin hält dem inhaltich de facto  nichts entgegen.

Daher können weder an der gesetzeskonformen Verordnung noch an deren rechtskonformen Kundmachung, keine objektiv nachvollziehbaren Anhaltspunkte aufgezeigt gelten.

Unzweifelhaft ergibt sich für die Berufungsbehörde aus dem als Bestandteil der Verordnung einfließenden Phasenplan der klare Behördenwille, dass zur fraglichen Zeit und an der bezeichneten Örtlichkeit – so wie auf allen Autobahnbaustellen in Verschwenkungsbereichen – eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 60 km/h korrekt verordnet und dem Gesetz entsprechend durch Verkehrszeichen kundgemacht war. Diese ist insbesondere durch die Bauarbeiten auch sachlich begründet.

Anlässlich der Berufungsverhandlung konnte dies anhand des vollumfänglich vorliegenden Verordnungsaktes klargestellt werden. Vor diesem Hintergrund ist das sich ausschließlich auf Formaleinwände reduzierende Vorbringen als reine Zweckbehauptung um straffrei zu bleiben zu werten.

Da die Berufungswerberin, aus welchen Gründen auch immer die erlaubte Höchstgeschwindigkeit nicht eingehalten hat sondern selbst noch 259 m nach dem Beginn des Beschränkungsbereiches um 43 km/h zu schnell fuhr, hat sie  dies wohl billigend in Kauf genommen. Dies wird letztlich auch nicht mehr bestritten, wenn sie sich zuletzt durch ihren Rechtsvertreter tatsachengeständig zeigen wollte.

Zu bemerken ist, dass diese Beschränkung entsprechend vorangekündigt und im Annäherungsbereich stufenweise reduziert wurde.

 

 

5. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß der Geschwindigkeitsbeschränkung hätte die Berufungswerberin an der angeführten Stelle nicht schneller als 60 km/h fahren dürfen (§ 52 lit.a Z10a StVO).

Nach § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 begeht u.a. eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer als Lenkerin eines Fahrzeuges, gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs.1, Abs.1a, 1b, 2, 2a, 2b oder 4 zu bestrafen ist.......

Völlig unbegründet und auf gänzlich unbelegt bleibenden Behauptungen gestütze Beweisanträgen, sogenannten Erkundungsbeweisen, ist nicht nachzukommen (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, S 339, E 6a zu § 46 AVG zitierte Rechtsprechung des VwGH, sowie VwGH 11.12.2002, 2001/03/0057). Dies gilt es mit Blick auf die in der Berufung erhobenen aber im Rahmen der Berufungsverhandlung nicht mehr erhobenen Verfahrensrügen festzustellen.

 

5.1. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe, stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

5.2. Der Tatunwert blieb hier unter Bedachtnahme auf die Tatzeit hinter dem abstrakt vertypten Unwertsgehalt zurück. Vor diesem Hintergrund war die von der Behörde erster Instanz mit 170 Euro bemessene Geldstrafe tatschuldangemessen zu reduzieren. Ebenfalls ist zu berücksichtigten, dass die Berufungswerberin bislang nicht einschlägig vorgemerkt ist. Auch das mit nur € 1.000 unterdurchschnittliche Einkommen indiziert eine Herabsetzung der Geldstrafe.  

Die Strafzumessung hat demnach iSd § 19 VStG  auf die Umstände des konkreten Einzelfalls Bedacht zu nehmen und darf  nicht bloß formelhaft erfolgen. Widrigenfalls käme es unvermeidlich zur Ungleichbehandlung dadurch, dass mit einer schablonenhaften Beurteilung eines Tatverhaltens, Ungleiches in der Sanktionsfolge immer gleich behandelt werden müsste (vgl. unter vielen h. Erk. v. 21.2.1997, VwSen-104374).

 

Die Behörde hat in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist (VwGH 4.4.2001, 99/09/0140 mit Hinweis auf Erk. VwGH [verst. Senat] 25. März 1980, Zl. 3273/78, VwSlg 10077 A/1980).

Unter Berücksichtigung der o.a. Aspekte konnte mit einer geringeren Bestrafung das Auslangen gefunden werden.

Es war demnach spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

Gegen diesen  Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwätlin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 

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