Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522591/5/Bi/Kr

Linz, 01.07.2010

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn X, vom 20. Mai 2010 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 11. Mai 2010, VerkR21-331-2010/LL/KP, wegen der Aufforderung, sich hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen amtsärztlich untersuchen zu lassen und die für ein amtsärztliches Gutachten erforderlichen Befunde zu erbringen, aufgrund des Ergebnisses der am 30. Juni 2010 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungs­entscheidung) zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass er eine Stellungnahme eines Facharztes für Neurologie zur gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahr­zeugen bei Einnahme von Hydal retard-Kapseln vorzulegen hat.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde der Berufungswerber (Bw) gemäß  §§ 24 Abs.4 und 8 FSG aufgefordert, sich innerhalb zwei Monaten nach Rechtskraft des Bescheides hinsichtlich seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von führerscheinpflichtigen Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 und 2 sowie zum Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen amtsärztlich untersuchen zu lassen sowie die zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 14. Mai 2010.


 

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2.Satz AVG). Am 30. Juni 2010 wurde eine öffentliche mündliche Berufungs­­verhandlung in Anwesenheit des Bw und seiner Gattin und des Vertreters der Erstinstanz X durchgeführt. Die Berufungsent­schei­dung wurde mündlich verkündet.  

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, es sei richtig, dass er am 9. April 2010 festgenommen worden sei, aber er sei nicht aggressiv gewesen sondern nur aufgeregt wegen des Verhaltens der beiden Polizisten. Er sei bei der Amts­handlung am Kopf, am Ohr und im rechten Rippenbogen verletzt worden. Ein paar Tage zuvor sei er zur Kontrolle nach seiner Krebsoperation 2006 im Krankenhaus gewesen, wo er einen fieberhaften Infekt bekommen und Anti­biotika nehmen habe müssen; er habe geschlafen, als die Polizei gekommen sei. 

Wie sich später herausgestellt habe, habe er an das Verkehrsstrafamt zuviel einbezahlt. Dazu legte er das Schreiben der Erstinstanz vom 21. April 2010 vor, wonach er im Verfahren VerkR96-11029-2009 um 21 Euro zu viel bezahlt habe und "dringend" um die Mitteilung seiner Bankverbindung für die Rücküber­weisung ersucht wurde. Den Zahlschein vom 8. April 2010 legte er vor; ebenso den Zahlschein vom 9. April 2010 über 50 Euro in den (der Verhaftung zugrunde­liegenden) Verfahren VerkR96-1358-2010 und wiederum VerkR96-11029-2009. Er legte weiters dar, er sei zu 100% Invalide, sei früher Fernfahrer gewesen und unfallfrei, auch nach seiner Krebsoperation. Er müsse wegen der Verdauung opiathaltige Medikamente nehmen, finde es ungerecht, so behandelt zu werden und ersuche um Überprüfung, denn ohne den Fehler des Verkehrsstrafamtes wäre das Ganze nie passiert.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der beide Parteien gehört wurden.

 

Laut Bericht des Meldungslegers KI X, PI X, zeigte  der Bw, als er am 9. April 2010, 15.25 Uhr, von Beamten zur Vorführung zum Strafantritt von zuhause abgeholt worden sei, trotz Abmahnung aggressives Verhalten und wurde schließlich festgenommen, wogegen er sich massiv wehrte, sodass er selbst – laut in der Verhandlung vorgelegten Fotos massiv am Hinterkopf - und ein Beamter – laut Bericht am Daumen – verletzt wurden.

Der Bw erklärte sein Verhalten damit, dass er die nach Einnahme von Antibiotika wegen eines fieberhaften Infekts geschlafen habe, als die Beamten gekommen seien, und außerdem eine der Strafen bereits bezahlt war.

Dazu ist zu bemerken, dass nach den vorgelegten Zahlungsbelegen der Bw tatsächlich bereits die Geldstrafe von 21 Euro zu VerkR96-11029-2009 bezahlt gehabt hatte und diesbezüglich irrtümlich zum Strafantritt vorgeführt worden wäre, wäre nicht von seiner Gattin der Strafbetrag noch einmal bezahlt worden; deshalb wurde er auch von der Erst­instanz um Bekanntgabe der Bankverbindung für die Rück­zahlung ersucht. Die Geldstrafe zu VerkR96-1358-2010 (29 Euro wegen § 20 Abs.2 StVO) war rechts­kräftig und bei der Amts­handlung am 9. April 2010 noch nicht bezahlt.

 

Der Bw hat in der Berufungsverhandlung den Original-Beipacktext der von ihm am Morgen zu 12 mg und am Abend zu 16 mg eingenommenen Hydal retard-Kapseln vorgelegt. Er hat ausgeführt, er habe nach der Darmkrebsoperation diese Medikamente noch im Krankenhaus vom Neurologen gegen die Durchfälle und die damit verbundenen Schmerzen verschrieben bekommen, wobei der Arzt gewusst habe, dass er als Fernfahrer weiterhin arbeiten werde. Ihm sei auch gesagt worden, dass das öfter nach solchen Operationen erforderlich sei und dass sich sein psychischer Zustand dadurch nicht ändern würde – dazu hat er auch auf ein SV-Gutachten X vom 19. Juni 2010 verwiesen.

 

In rechtlicher Hinsicht erwogen:

Gemäß § 24 Abs.4 FSG ist, wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ein von einem Amtsarzt erstell­tes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkbe­rechtigung einzuschränken oder zu entziehen. Bei Bedenken hinsichtlich der fachlichen Befähigung ist ein Gutachten gemäß § 10 einzuholen und gegebenenfalls die Lenk­­berechtigung zu entziehen. Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid, mit der Aufforderung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen oder die Fahr­prüfung neuerlich abzulegen, keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

 

Voraussetzung für die Erlassung eines Aufforderungsbescheides nach Abs.4 sind begründete Bedenken in der Richtung, dass der Inhaber einer Lenkberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht mehr besitzt. Hierbei geht es noch nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen von Erteilungsvoraussetzungen geschlossen werden kann; es müssen aber genügend Bedenken in dieser Richtung bestehen, die die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen (vgl VwGH 30.9.2002, 2002/11/0120).

 

Der 1954 geborene Bw besitzt Lenkberechtigungen für die Gruppen 1 und 2, wobei laut Führerscheinregister die Klassen C1, C und D im Jahr 2008 verlängert wurden. Er bezieht derzeit Pensionsvorschuss – zu seinem Pensionsansuchen läuft noch ein Verfahren; sollte eine solche nicht bewilligt werden, müsste er wieder arbeiten und bräuchte dafür seinen Führerschein – und weist aus den Jahren 2009 und 2010 insgesamt drei Vor­merkungen wegen Bagatelldelikten auf, die mit 21 bzw 29 Euro bestraft wurden. Die Erstinstanz hat ihre Bedenken nicht primär auf gesundheitliche Über­legungen gestützt, sondern wegen des Hinweises im Bericht von KI X vom 9. April 2010 offenbar eine psychische Erkrankung beim Bw als Erklärung für seine Aggressivität bei der Festnahme angenommen und seine kraftfahr­spezifische Leistungsfähigkeit angezweifelt.

 

Laut Bericht hat der Bw den Beamten gegenüber auf die Einnahme opiathaltiger Medikamente verwiesen; das hat er in der Berufung bestätigt und in der Verhandlung näher ausgeführt. Er muss nach der Darmkrebsoperation Hydal retard Kapseln (Wirkstoff: Hydromorphon) einnehmen, 12 mg am Morgen und 16 mg am Abend. Laut Beipacktext kann dieses Arzneimittel die Reaktionsfähigkeit und Verkehrstüchtig­keit beeinträchtigen, nicht aber unbedingt bei Patienten, die auf eine stabile Dosis eingestellt sind.

 

Gemäß § 14 Abs.4 FSG-GV darf Personen, die aus medizinischen Gründen Sucht- oder Arzneimittel erhalten, die geeignet sind, die Fahrtauglichkeit zu beein­träch­tigen, nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme eine Lenk­berechtigung erteilt oder belassen werden.

Auf dieser Grundlage war der angefochten Bescheid zu bestätigen, wobei in der Verhandlung erörtert wurde, dass nicht die Situation am 9. April 2010 Grundlage für die nunmehrige Aufforderung ist, sondern ausschlaggebend im wesentlichen die nunmehr dargelegte Medikamenteneinnahme ist, egal, ob der Bw seine Lenkberechtigungen beruflich benötigt. Er hat sich in der Verhandlung mit der Klärung seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahr­zeugen einverstanden erklärt und die Terminvereinbarung sowohl mit einem Facharzt für Neurologie als auch mit der Amtsärztin der Erstinstanz angekündigt.  

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 


Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

Beschlagwortung:

 

Bw nimmt nach Darmkrebsoperation opiathältiges Medikament, gem. § 14 Abs.4 FSG-GV fachärztliche Stellungnahme (Neurologie) erforderlich -> Bestätigung

 

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