Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522509/14/Sch/Bb/Jo

Linz, 12.07.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung von Herrn X, vertreten durch die Rechtsanwälte X – X - X - X, X, gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Steyr vom 27. Jänner 2010, GZ 09/313222, wegen Abweisung des Antrages auf Erteilung der Lenkberechtigung für die Klassen B und F, nach Durchführung ergänzender Erhebungen, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Der Polizeidirektor von Steyr hat mit Bescheid vom 27. Jänner 2010,           GZ 09/313222, den Antrag des Herrn X (des Berufungswerbers) vom 27. August 2009 auf Wiedererteilung der Lenkberechtigung für die Klassen B und F - mangels gesundheitlicher Eignung – gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG abgewiesen. Einer allfälligen Berufung wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

2. Gegen diesen Bescheid, der dem Berufungswerber zuhanden seiner Rechtsvertreter nachweislich am 2. Februar 2010 zugestellt wurde, richtet sich die vorliegende rechtzeitige - am 16. Februar 2010 per Telefax bei der Bundespolizeidirektion Steyr eingebrachte - Berufung.

Der Berufungswerber wendet sich darin gegen seine amtsärztlich festgestellte Nichteignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen B und F und führt an, dass im Befund der Fachärztin für Augenheilkunde und Optometrie Dr. X attestiert worden sei, dass er die für die Klasse 1 erforderliche Sehschärfe erreiche und kein Hinweis auf eine progrediente Augenerkrankung bestehe. Es könne diesem Befund nicht entnommen werden, dass auf seinem gesunden Auge ein grenzwertiger Visus von 0,8 bestehe.

 

Auch die vorliegende beidseitige Hörstörung stelle keinen Gefährdungsfaktor hinsichtlich der Teilnahme am Straßenverkehr dar. Dies sei im Attest des Facharztes für Hals-, Nasen- und Ohrenkunde Dr. med. X festgestellt worden. Zudem sei ihm auch durch das Institut für Sinnes- und Sprachneurologie des Konventhospitals der Barmherzigen Brüder, OA Dr. X, attestiert worden, dass aus neurologisch-psychiatrischer Sicht kein Einwand gegen das Lenken eines Kraftfahrzeuges der Klasse B und F bestehe. Es würden ihm darin uneingeschränkte kognitive Funktionen, eine gute Aufmerksamkeitssteuerung und Konzentrationsfähigkeit sowie eine gute Reaktionsfähigkeit attestiert. Er habe in den letzten Jahrzehnten gelernt, seine Hördefizite hinreichend visuell zu kompensieren.

 

Auch allein der Umstand, dass er seit Jahren als Lkw- und Pkw-Lenker unfallfrei unterwegs gewesen sei, zeige, dass er seine fehlenden Sinne hinreichend durch aufmerksame Fahrweise kompensieren könne. Seiner Auffassung nach hätte jedenfalls eine Beobachtungsfahrt oder eine Überprüfung seiner kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit erfolgen müssen.

 

3. Der Polizeidirektor von Steyr hat die Berufung und den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates (§ 35 Abs.1 FSG), wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Führerscheinakt der Bundespolizeidirektion Steyr.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich nicht als erforderlich, weil bereits auf Grund der Aktenlage in Verbindung mit den  Ergebnissen der im Rahmen des Berufungsverfahrens durchgeführten Ermittlungen feststeht, dass der mit der Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 67d Abs.2 Z1 AVG). Im Übrigen wurde eine solche weder vom anwaltlich vertretenen Berufungswerber noch von der Bundespolizeidirektion Steyr beantragt.

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

 

Nach der sich darstellenden Aktenlage beantragte der Berufungswerber am 27. August 2009 bei der Bundespolizeidirektion Steyr die Wiedererteilung der Lenkberechtigung für die Klassen B und F.

 

Auf Grund dieses Antrages wurde er am 1. September 2010 amtsärztlich untersucht, wobei amtsärztlicherseits die gesundheitliche Eignung des Berufungswerbers zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1, Führerscheinklassen B und F, als nicht gegeben erachtet wurde. Die Nichteignung wurde seitens des polizeiärztlichen Dienstes der Bundespolizeidirektion Steyr, Dr. X, im Wesentlichen mit der funktionellen Einäugigkeit des Berufungswerbers sowie mit der bei ihm bestehenden beidseitigen Gehörlosigkeit begründet. Dieses Gutachten bildete die Grundlage für den nunmehr angefochtenen Entziehungsbescheid.

 

Aus Anlass der Berufung wurde der zugrunde liegende Verfahrensakt durch den Unabhängigen Verwaltungssenat einer neuerlichen amtsärztlichen Begutachtung zugeführt. Amtsarzt Dr. X des Amtes der Oö. Landesregierung, Abteilung Gesundheit, empfahl jedoch vor abschließender Beurteilung eine Testung der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit, weshalb der Berufungswerber zunächst zu einer verkehrspsychologischen Untersuchung bei einer Untersuchungsstelle seiner Wahl zugewiesen wurde.

 

In der verkehrspsychologischen Stellungnahme des Kuratoriums für Verkehrssicherheit vom 11. Juni 2010 kam der Gutachter zum Ergebnis, dass der Berufungswerber vom Standpunkt verkehrspsychologischer Leistungsbegutachtung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen B und F geeignet ist. Begründend wurde angeführt, dass die kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen im Hinblick auf das Lenken von Kraftfahrzeugen der beantragten Klassen voll gegeben seien. In keiner der gemessenen Dimensionen hätten sich unter der Norm liegende Werte ergeben. Bezogen auf seine Altersgruppe könne die funktionale Leistungsfähigkeit des Berufungswerbers sogar als überdurchschnittlich bewertet werden. Sinnvoll erscheint aus Sicht der Verkehrspsychologie jedoch auf Grund der Einschränkungen im Bereich der Sinnesleistungen eine Befristung der Lenkberechtigung.

 

Gemäß der hierauf erstatteten amtsärztlichen Stellungnahme Dr. X vom 25. Juni 2010, GZ Ges-310243/4-2010-Kep/Kir, ist der Berufungswerber nunmehr zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen B und F geeignet. Dr. X stellte fest, dass nach den Testergebnissen der verkehrspsychologischen Leistungsbeurteilung eine ausreichende Kompensation der beidseitigen Gehörlosigkeit vorläge, empfahl auf Grund der funktionellen Einäugigkeit allerdings eine Befristung auf fünf Jahre mit anschließender neuerlicher amtsärztlicher Stellungnahme und Vorlage eines aktuellen augenfachärztlichen Befundes.

 

5. In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

 

5.1. Gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG bildet die gesundheitliche Eignung eine wesentliche Voraussetzung für die Erteilung einer Lenkberechtigung.

 

5.2. Nach den Feststellungen der zu Grunde liegenden aktuellen amtärztlichen Stellungnahme vom 25. Juni 2010 kann der Berufungswerber seine beidseitige Gehörlosigkeit ausreichend kompensieren. Die ausreichende Kompensation resultiert aus den Testergebnissen der verkehrspsychologischen Leistungsbeurteilung. Der Berufungswerber ist daher amtsärztlicherseits zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Führerscheinklassen B und F geeignet. Auf Grund seiner funktionellen Einäugigkeit ist jedoch eine fünfjährige Befristung mit anschließender amtsärztlicher Begutachtung und Vorlage eines aktuellen augenfachärztlichen Befundes angezeigt. 

 

Ausgehend von diesen schlüssigen Ausführungen kann sohin zum Zeitpunkt der Entscheidung durch den Unabhängigen Verwaltungssenat, der die Änderungen der Sach- und Beweislage zum Zeitpunkt seiner Entscheidung zu berücksichtigen hat, von der bedingten gesundheitlichen Eignung des Berufungswerbers im Hinblick auf die Führerscheinklassen B und F ausgegangen werden. Als Folge hievon war damit der erstinstanzliche Bescheid aufzuheben. Es ist nunmehr Sache der Führerscheinbehörde dem Berufungswerber eine unter Berücksichtigung der amtsärztlicherseits für erforderlich erachteten Maßnahmen sowie unter Bedachtnahme auf die aktuelle verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung im Zusammenhang mit der gesundheitlichen Eignung entsprechende Lenkberechtigung zu erteilen.  

 

Es war folglich spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe 13,20 Euro  angefallen.

 

 

 

 

S c h ö n

 

 

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