Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522596/2/Sch/Bb/Th

Linz, 08.07.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung von Frau X, vom 10. Juni 2010, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 10. Juni 2010, GZ VerkR21-748-2-2009, wegen Entziehung der Lenkberechtigung und weiterer Anordnungen, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

 

1. Der Bezirkshauptmann von Vöcklabruck hat Frau X (der Berufungswerberin) mit Bescheid vom 10. Juni 2010, GZ VerkR21-748-2-2009, die für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung – gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG mangels gesundheitlicher Eignung – für die Dauer der gesundheitlichen Nichteignung (§ 3 Abs.1 Z3 FSG) entzogen und gleichzeitig festgestellt, dass für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Lenken eines vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges gemäß § 24 Abs.1 FSG untersagt ist. Einer allfälligen Berufung wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

2. Gegen diesen Bescheid, der am 10. Juni 2010 mündlich verkündet wurde, richtet sich die am 10. Juni 2010 – und somit rechtzeitig – persönlich durch die Berufungswerberein bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck eingebrachte Berufung.

 

Die Berufungswerberin wendet sich darin gegen die Feststellung ihrer gesundheitlichen Nichteignung. Der Vorfall vom 22. Oktober 2009 sei eine einmalige Übertretung gewesen. Keinesfalls sei sie alkoholabhängig; dies würden auch die verkehrspsychologischen Untersuchungen zeigen. Berücksichtigt werden möge ihre Ungeübtheit mit jenen Testgeräten, die bei den verkehrspsychologischen Untersuchungen verwendet werden. Auf Grund der damit verbundenen Nervosität sei sie einfach überfordert gewesen. Dies entspreche aber keinesfalls ihrem Verhalten im Straßenverkehr.

 

Da sie nur über eine sehr geringe Pension verfüge, sei sie, um ihren Lebensunterhalt zu sichern, auf eine Nebenbeschäftigung und ihren Führerschein angewiesen.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Vöcklabruck hat die Berufung und den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates (§ 35 Abs.1 FSG), wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Führerscheinakt der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck. Aus diesem ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt zur Gänze, weshalb die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht erforderlich war. Im Übrigen wurde eine solche auch von keiner Verfahrenspartei beantragt.

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

 

Die Berufungswerberin unterzog sich am 23. März 2010 bei der Landesstelle Salzburg der Untersuchungsstelle "X" einer verkehrspsychologischen Untersuchung. Anlass für diese Untersuchung war die Begehung eines Alkoholdeliktes verbunden mit einem Verkehrsunfall am 22. Oktober 2009 (Atemluftalkoholgehalt von 0,80 mg/l).

 

Die Überprüfung ihres Mehrfachreaktionsvermögens ergab im Rahmen der verkehrspsychologischen Testung unter Belastung bei der Berufungswerberin in Summe unter der Norm gelegene Werte. Auch die Reaktionszeit auf optische und akustische Reize ist nur unterdurchschnittlich ausgeprägt, die Reaktionssicherheit hingegen gegeben. Im Bereich visuomotorische Koordinationsfähigkeit zeigte sich ebenso eine unterdurchschnittliche Qualität bei einem im unteren Normbereich gelegenen Arbeitstempo. Die für das Verkehrsverhalten relevanten intellektuellen Voraussetzungen (logisch-formales Denkvermögen) sind dagegen wiederum durchschnittlich ausgeprägt. Insgesamt verfügt die Berufungswerberin nach dem Ergebnis dieser verkehrspsychologischen Untersuchung über keine ausreichenden kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen, sodass sie vom Standpunkt verkehrspsychologischer Begutachtung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B derzeit nicht geeignet ist. Zur schnellst- bzw. bestmöglichsten Rehabilitierung ihrer kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen empfahl die Verkehrspsychologin die Absolvierung eines neuropsychologischen Trainingsprogramms bei einer anerkannten verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle oder in einer Rehabilitationsklinik.

 

Unter Zugrundelegung der verkehrspsychologischen Stellungnahme und ärztlicher Untersuchung der Berufungswerberin erstattete die Amtsärztin der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck am 16. April 2010 das amtsärztliche Gutachten gemäß § 8 FSG. Die Amtsärztin gelangte darin zur Auffassung, dass die Berufungswerberin derzeit zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B gesundheitlich nicht geeignet ist und begründete die Nichteignung im Wesentlichen mit den nicht ausreichenden kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen.

 

Am 18. Mai 2010 unterzog sich die Berufungswerberin abermals bei der Untersuchungsstelle "X", Landesstelle Salzburg, der verkehrspsychologischen Untersuchung. Auch diese Untersuchung zeigte wiederum Defizite im Bereich der kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen der Berufungswerberin. Eine Leistungsverbesserung war nur minimal feststellbar, weshalb die Berufungswerberin auch nach dem Ergebnis dieser verkehrspsychologischen Stellungnahme zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B nicht geeignet ist. Dementsprechend wurde auch das erstattete amtsärztliche Gutachten vom 16. April 2010 vollinhaltlich aufrecht erhalten.

 

4.2. In freier Beweiswürdigung erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat, dass sowohl das amtärztliche Gutachten als auch die zu Grunde liegenden verkehrspsychologischen Stellungnahmen schlüssig und nachvollziehbar sind und nicht den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen widersprechen. Laut verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung kann derartigen Gutachten wiederum nur durch Gutachten, die auf gleicher fachlicher Ebene erstellt wurden, entgegen getreten werden. Die Berufungswerberin hat jedoch weder gegen das amtsärztliche Gutachten noch die verkehrspsychologischen Stellungnahmen einen wesentlichen inhaltlichen Einwand erhoben, sodass diese der Entscheidung zugrunde gelegt werden können.

 

5. In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

 

5.1. Gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG bildet die gesundheitliche Eignung eine wesentliche Voraussetzung für die Erteilung einer Lenkberechtigung.

 

Ist die gesundheitliche Eignung nicht mehr gegeben, ist die Lenkberechtigung gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG zu entziehen.

 

5.2. Die Berufungswerberin verfügt nach dem Ergebnis des Amtsarztgutachtens und der beiden verkehrspsychologischen Stellungnahmen – auf Grund nicht ausreichender kraftfahrspezifischer Leistungsfunktionen – derzeit nicht über die gesetzlich gebotene gesundheitliche Eignung, um Kraftfahrzeuge der Klasse B eigenverantwortlich in Betrieb zu nehmen und zu lenken. Das Lenken eines Kraftfahrzeuges erfordert nämlich ein Mindestmaß an gesundheitlicher Eignung, das die Berufungswerberin nach den gutachtlichen amtsärztlichen und verkehrspsychologischen Feststellungen derzeit jedoch nicht besitzt. Im Interesse der Verkehrssicherheit dürfen nur solche Personen Inhaber einer Lenkberechtigung sein, die gesundheitlich zum Lenken von Kraftfahrzeugen der jeweiligen Klasse ausreichend geeignet sind.

 

Mangels derzeitiger gesundheitlicher Eignung der Berufungswerberin, welche gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG eine der wesentlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung darstellt, musste ihre Lenkberechtigung für die Klasse B daher gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG entzogen und im Hinblick darauf der gegenständlichen Berufung ein Erfolg versagt werden.

 

Berufliche, wirtschaftliche, persönliche oder auch familiäre Schwierigkeiten und Nachteile, welche mit der Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind, rechtfertigen nach verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung keine andere Beurteilung. Im Interesse der allgemeinen Sicherheit im Straßenverkehr Verkehrssicherheit und damit des Schutzes der Allgemeinheit ist auf derartige Gründe nicht Bedacht zu nehmen.

 

Das Lenkverbot für vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge ist eine gesetzliche Folge der Entziehung der Lenkberechtigung und steht daher nicht zur behördlichen Disposition (vgl. § 24 Abs.1 letzter Satz FSG).

 

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung ergibt sich aus § 64 Abs.2 AVG und entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

 

Um ihre gesundheitliche Eignung wieder zu erlangen und künftig allenfalls wieder in den Besitz einer Lenkberechtigung zu gelangen, wird der Berufungswerberin die Absolvierung des von der Verkehrspsychologin angeregten neuropsychologischen Trainingsprogramms bei einer anerkannten verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle oder in einer Rehabilitationsklinik, empfohlen.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe 13,20 Euro  angefallen.

 

 

 

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