Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164172/10/Kei/Eg

Linz, 21.07.2010

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Michael Keinberger über die Berufung des x, vertreten durch die Rechtsanwältin x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 15. April 2009, Zl. VerkR96-4405-2008, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 16. März 2010, zu Recht:

 

I.                 Der Berufung wird mit der Maßgabe, dass der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nachstehend berichtigt wird, im Hinblick auf die Schuld keine Folge gegeben. Im Hinblick auf die Strafe wird der Berufung insoferne teilweise Folge gegeben als die Geldstrafe auf 140 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 28 Stunden herabgesetzt wird.

         Statt "2 Stück Stirnwandsteher abgerissen waren." wird gesetzt "2 Stück Stirnwandsteher eingerissen waren."

 

II.             Der Berufungswerber hat als Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens 10 % der verhängten Strafe, das sind 14 Euro, zu leisten. Die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat hatte hingegen zu entfallen.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 51 Abs.1 VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 und § 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Der Spruch des in der Präambel angeführten Straferkenntnisses lautet (auszugsweise Wiedergabe):

"Sie haben sich als Lenker(in), obwohl es Ihnen zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt, dass das von Ihnen verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt wurde, dass die für die verkehrs- und betriebssichere Verwendung des Lastkraftwagen maßgebenden Teile nicht den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entsprachen, obwohl Kraftfahrzeuge und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein müssen, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstehen. Es wurde festgestellt, dass 2 Rahmenschrauben links fehlten und 2 Stück Stirnwandsteher abgerissen waren.

Tatort: Gemeinde Braunau am Inn, Landesstraße Freiland, Nr. 148 bei km 36.400.

Tatzeit: 02.04.2008, 09:25 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 102 Abs. 1 KFG i.V.m. § 4 Abs. 2 KFG

Fahrzeug:

Kennzeichen x, LKW, Iveco

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:

Geldstrafe von      Falls diese uneinbringlich ist,               Gemäß

                            Ersatzfreiheitsstrafe von

160,00                 72 Stunden                                       § 134 Abs. 1 KFG

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

16,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15,00 Euro angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 176,00 Euro."

 

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 7. Mai 2009, Zl. VerkR96-4405-2008, Einsicht genommen und am 16. März 2010 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt.

In dieser Verhandlung wurde der Zeuge x einvernommen und der technische Sachverständige x äußerte sich gutachterlich.

 

Folgender Sachverhalt wurde als erwiesen angenommen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

 

Der Berufungswerber (Bw) lenkte den auf die Güterkraftverkehr x GmbH, x, Deutschland, zugelassenen LKW mit dem Kennzeichen x am 2. April 2008. Im Zuge dieser Fahrt wurde um 09:25 Uhr in Braunau am Inn auf der Landesstraße Freiland Nr. 148 bei km 36.400 eine Kontrolle durchgeführt. Zur Zeit dieser Kontrolle fehlten beim gegenständlichen LKW 2 Rahmenschrauben links und 2 Stück Stirnwandsteher waren eingerissen.

Der Bw hat sich vor Antritt der gegenständlichen Fahrt, obwohl es ihm zumutbar war, nicht davon überzeugt, dass das von ihm verwendete Fahrzeug den Vorschriften des KFG 1967 entspricht.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

Der oben angeführte Sachverhalt wurde als erwiesen angenommen aufgrund der in der Verhandlung gemachten Aussagen des Zeugen x und aufgrund der durch den technischen Sachverständigen x in der Verhandlung gemachten gutachterlichen Ausführungen und aufgrund der in der Verhandlung erörterten Aktenunterlagen. Den in der Verhandlung gemachten Aussagen des Zeugen x wird eine hohe Glaubwürdigkeit beigemessen. Diese Beurteilung stützt sich darauf, dass diese Aussagen unter Wahrheitspflicht gemacht wurden (siehe die §§ 49 und 50 AVG iVm § 24 VStG). Das in der Verhandlung gemachte Gutachten des technischen Sachverständigen x ist schlüssig.

 

Der technische Sachverständige x führte in der gegenständlichen Verhandlung aus:

 

"Unter Zugrundelegung der vorliegenden Aktunter­lagen ist aus technischer Sicht Folgendes festzustellen. Bei der technischen Verkehrskontrolle am 2. April 2008 wurde durch die KFZ-Prüfstelle vom Amt der Oö. Landesregierung festgestellt, dass beim ggst. überprüften LKW folgende schwere Mängel festgestellt wurden. Es wurde festgestellt, dass die zwei Stirnwandsteher eingerissen sind und es wurde festgestellt, dass zwei Rahmenschrauben fehlen. Bei der technischen Überprüfung wurde festgestellt, dass auf der linken Seite zwei Rahmenschrauben fehlen. Die dafür erforderlichen Laschen sind vorhanden. Der Mangel der beiden fehlenden Rahmenschrauben wurde dokumentiert. Die Bilder liegen dem ggst. Akt bei.

Es wurde dieses Fahrzeug ca. ein Monat vor der Überprüfung durch die KFZ-Prüfstelle am 2.4.2008, nämlich am 1.3.2008 durch den GTÜ in Deutschland im Rahmen einer Hauptuntersuchung überprüft. Dabei wurden beim Fahrzeug verschiedene schwere technische Mängel festgestellt, jedoch nicht das Fehlen von Rahmenschrauben beanstandet. Dieses Fahrzeug wurde dann nach der ersten Überprüfung am 1.3.2008 am 12.3.2008 vom GTÜ in Deutschland einer Nachüberprüfung unterzogen. Dabei wurden am Fahrzeug keine weiteren schweren technischen Mängel festgestellt.

Auf Grund der vorliegenden Fotos in Bezug auf die Stirnwandsteher, die massive Einrisse aufweisen, ist festzuhalten, dass davon ausgegangen wird, dass diese massiv erkennbaren Einrisse auch schon ca. 3 Wochen vorher bestanden haben. In Bezug auf die Einrisse der Stirnwandsteher ist festzustellen, dass es sich dabei ganz eindeutig um schwere technische Mängel handelt, die umgehend behoben werden müssen.

In Bezug auf die fehlenden Rahmenschrauben auf der linken Fahrzeugseite ist festzustellen, dass dieser Mangel im GTÜ-Prüfbericht ebenso wie die eingerissenen Stirnwandsteher dezidiert nicht erwähnt wurden, obwohl diese Überprüfung nur 3 Wochen vor der amtlichen Kontrolle in Österreich gewesen ist.

Nach Rücksprache mit der überprüfenden Stelle in Deutschland GTÜ und Iveco-Austria ist festzuhalten, dass es grundsätzlich möglich sein kann, dass nicht alle verbauten Laschen, die zur Hilfsrahmenbefestigung dienen, bei einem Rahmenaufbau dann auch verwendet werden müssen. Die Möglichkeit, dass eine Lasche ausgelassen wird oder z.B. die vorderste Lasche in Bezug auf die Vorderachse nicht befestigt werden braucht, diese Möglichkeit kann grundsätzlich bestehen.

Wenn man aber, wie im ggst. Fall, davon ausgeht, dass die beiden fehlenden Rahmenschrauben auf einer Seite waren, erscheint es nicht nachvollziehbar, dass es zulässig ist, dass zwei Rahmenschrauben auf der selben Seite fehlen. Unter Zugrundelegung der vorliegenden Unterlagen ist daher davon auszugehen, dass diese fehlenden Rahmenschrauben ersetzt werden müssen und dass es sich dabei um einen technischen Mangel handelt. Wenn nur eine Befestigungs­schraube oder eine Lasche nicht benützt wird, so könnte es plausibel sein, dass diese eine Befestigungslasche nicht benützt werden muss, um den Hilfsrahmen zu befestigen. Da im ggst. Fall aber zwei Rahmenschrauben auf der gleichen Fahrzeugseite fehlen, ist mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass es sich dabei um einen schweren technischen Mangel handelt, da die Aufbaurichtlinien nicht darauf hinweisen, dass mehrere Befestigungslaschen auf einer Fahrzeugseite nicht benützt werden sollen.

Zusammenfassend ist aus technischer Sicht daher festzustellen, dass es sich bei den beiden festgestellten Mängel, nämlich der Einriss des Stirnwandstehers sowie der fehlenden Rahmenschrauben (zwei Stück auf der linken Seite) um schwere technische Mängel handelt. Da beide Mängel augenscheinlich erkennbar sind, besteht die Möglichkeit, diese Mängel bei Inspektion des Fahrzeuges auch vor Antritt der Fahrt zu erkennen. Wie auf Grund der beiliegenden Fotos gut dokumentiert ist, sind die schadhaften Stellen leicht zugänglich und augenscheinlich gut einsehbar. Daher kann man diese Mängel auch ohne Hilfsmittel gut erkennen. Ergänzend ist festzustellen, dass nach dem Vorliegen des Überprüfungsbefundes von der KFZ-Prüfstelle offenbar die auf der linken Seite festgestellten fehlenden Schrauben auf der rechten Seite vorhanden gewesen sind. Zumindest gehen aus dem Überprüfungsbefund dahingehend keine Mängel hervor, dass auf der gegenüberliegenden Seite (auf der rechten Seite) diese Rahmenschrauben auch gefehlt haben. Es erscheint daher der Schluss zulässig, dass auf der rechten Seite die Rahmenschrauben vorhanden waren und auf der linken Seite – wie fotografisch dokumentiert und am Prüfbefund vermerkt – die beiden Rahmenschrauben gefehlt haben. Daher ist davon auszugehen, dass diese Rahmenschrauben erforderlich sind und daher als schwerer technischer Mangel einzustufen sind."

 

Der objektive Tatbestand der dem Bw vorgeworfenen Übertretung wurde verwirklicht.

Das Verschulden des Bw wird – ein Rechtfertigungsgrund oder ein Schuldausschließungsgrund liegt nicht vor – als Fahrlässigkeit qualifiziert. Die Schuld des Bw ist nicht geringfügig iSd § 21 Abs. 1 erster Satz VStG.

 

Zur Strafbemessung:

Dem gegenständlichen Verwaltungsakt ist nicht zu entnehmen, dass eine die Person des Bw betreffende Vormerkung in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht, die zur gegenständlichen Tatzeit in Rechtskraft erwachsen gewesen ist und die noch nicht getilgt ist, vorliegt. Der Oö. Verwaltungssenat geht davon aus, dass keine solche Vormerkung vorliegt. Diese Beurteilung hat zur Konsequenz, dass der Milderungsgrund des § 34 Abs.1 Z2 StGB iVm § 19 Abs.2 VStG zum Tragen kommt. Mildernd wird auch die lange Verfahrensdauer gewertet. Ein weiterer Milderungsgrund liegt nicht vor. Ein Erschwerungsgrund liegt nicht vor.

Im Hinblick auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw wird von folgenden Grundlagen ausgegangen: Einkommen: ca. 1200 Euro netto pro Monat, Vermögen: keines, Sorgepflichten: für zwei Personen.

Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Übertretung wird wegen der durch die potentielle Gefährdung von Menschen beeinträchtigten Verkehrssicherheit erheblich qualifiziert.

Auf das Ausmaß des Verschuldens wird Bedacht genommen.

Der Aspekt der Generalprävention wird berücksichtigt. Der Aspekt der Spezialprävention wird nicht berücksichtigt.

Die Strafe wurde herabgesetzt, weil der Oö. Verwaltungssenat bei der Strafbemessung von für den Bw günstigeren Grundlagen ausgegangen ist als dies durch die belangte Behörde erfolgt ist.

Es war spruchgemäß (Spruchpunkt I.) zu entscheiden.

 

Der Ausspruch im Hinblick auf die Verfahrenskostenbeiträge (siehe den Spruchpunkt II.) stützt sich auf die im Spruchpunkt II. angeführten Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Keinberger

 

 

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