Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165032/13/Fra/Eg

Linz, 16.07.2010

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

 

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung von Herrn X, vom 1. April 2010, gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors von Linz vom 21. März 2010, AZ: S-45436/09-3, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 24. Juni 2009, zu Recht erkannt:

 

 

 

I.                  Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

 

II.              Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren einen Kostenbeitrag in der Höhe von 80 Euro (= 20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 19, 51 und 51e Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 


 

Entscheidungsgründe:

 

 

Zu I.:

 

1.1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat Herrn X (dem Berufungswerber) mit Straferkenntnis vom 21. März 2010, AZ. S-45436/09-3, unter Spruchpunkt 1) des Schuldspruches vorgeworfen, am 12. September 2009 um 08:16 Uhr in X auf der X Fahrtrichtung X bei km 191.200 das Motorrad mit dem Kennzeichen X gelenkt und im angeführten Bereich, welcher außerhalb eines Ortsgebietes liegt, die durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h überschritten zu haben, da die Fahrgeschwindigkeit 154 km/h betragen habe, wobei die Überschreitung mit einem Messgerät festgestellt worden sei und die in Betracht kommende Messtoleranz bereits abgezogen worden sei.

Der Berufungswerber habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach
§ 52 lit.a Z10a StVO begangen, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs.2e StVO eine Geldstrafe in Höhe von 400 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 7 Tagen, verhängt wurde.
Überdies wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, durch Hinterlegung zugestellt am 25. März 2010, richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 1. April 2010, welche am 6. April 2010 zur Post gegeben wurde.

 

Die Berufung des Bw richtet sich ausschließlich gegen das Faktum 1) – siehe Pkt. I. 1) – hinsichtlich Schuld und Strafe. Der Bw bekennt sich in der Berufung ausdrücklich zu den weiteren Spruchpunkten 2. (§ 14 Abs. 1 Z. 1FSG) und 3. (§ 102 Abs. 5 lit. 10 KFG) des Straferkenntnisses für schuldig.

Begründend führt der Bw an, dass er gegen die Strafe berufe, da er in seinem letzten Einspruch um Einsicht in das Videomaterial gebeten habe und ihm dies nicht erlaubt worden sei. Des weiteren bringt er vor, dass die angegebene Geschwindigkeit nur die des Polizeifahrzeuges und nicht seine sei. Er beruft sich darauf, dass die Polizei, um ihm zu folgen, deutlich schneller fahren musste, da ein Motorrad grundsätzlich schneller von 0 auf 100 km/h beschleunige als ein Auto und sich so bereits ein Abstand ab Beschleunigungsbeginn bilde, den die Polizei dann aufholen musste. Hinsichtlich des verfahrensgegenständlichen Spruchpunktes 1) bekennt sich der Bw ebenfalls schuldig, allerdings nicht in dem ihm vorgeworfenen Ausmaß, sondern sei er lediglich ca. 100 km/h gefahren, was auf dieser Straße einer Geschwindigkeitsüberschreitung von ca. 30 km/h entspreche.

In einer weiteren Erklärung vom 28. Mai 2010 stellt der Berufungswerber letztlich klar, dass er die Berufung des Schuldspruchs und der Strafe aufrecht halte.

 

2.1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 19. April 2010, GZ S 45.436/09-3, dem Unabhängigen Verwaltungssenat (UVS) des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

 

2.2. Die Zuständigkeit des UVS des Landes Oberösterreich ist gemäß § 51 Abs.1 VStG gegeben, wobei dieser, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen ist                 (§ 51c VStG).

 

2.3. Die Berufung wurde innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist – am 6. April 2010 - zur Post gegeben (Datum des Poststempels) und sie ist daher rechtzeitig.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Bundespolizeidirektion Linz, GZ S-45436/09-3, sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 24. Juni 2010.

 

An der durchgeführten Verhandlung hat eine Vertreterin der belangten Behörde teilgenommen. Der Berufungswerber ist zur mündlichen Berufungsverhandlung nicht erschienen. RI X von der Landesverkehrsabteilung wurde als Zeuge befragt. Der Amtsachverständige für Verkehrstechnik, Herr Dipl.-HTL-Ing. X von der Direktion Straßenbau und Verkehr des Landes Oberösterreich, Abteilung Verkehr, erstattete ein Gutachten darüber, ob im konkreten Fall bei der Geschwindigkeitsmessung des eingesetzten Messgerätes Provida von einer korrekten und beweiskräftigen Geschwindigkeitsmessung ausgegangen werden kann.

 

2.5. Aus dem vorliegenden Akt (einschließlich der Schriftsätze des Berufungswerbers) sowie aus der öffentlichen mündlichen Verhandlung ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde liegt:

 

Der Berufungswerber lenkte am 12. September 2009 um 08:16 Uhr das Motorrad Kawasaki X, mit dem Kennzeichen X, in X auf der X in Fahrtrichtung X, Strkm. 191.200. Die Fahrt des von ihm gelenkten Motorrades wurde im Bereich der 70 km/h Beschränkung, bei Straßenkilometer 191.200 im Zuge einer Nachfahrt auf Video aufgezeichnet mittels eines geeichten Provida Messgerätes mit Videoaufzeichnung, Type Multavision, GeräteNr. 214029, und dabei eine Geschwindigkeit von 163 km/h gemessen. Nach Abzug der in Betracht kommenden Messtoleranz verblieb eine tatsächliche Fahrgeschwindigkeit von 154 km/h. Das Messgerät war zum Messzeitpunkt gültig geeicht. Entsprechend dem Eichschein des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen Nr. E BP-40369 wurde die verwendete Provida am 21. April 2009 geeicht und die Nacheichfrist ist bis 31. Dezember 2012 festgesetzt. Die angefertigten Lichtbilder zeigen rechts unten jeweils die Geschwindigkeit des Polizeifahrzeuges und links unten die Geschwindigkeit des gemessenen Fahrzeuges. Das Provida Messgerät ist mit dem Auswertesystem VideoMass 2.5. ausgestattet. Dieses Programm berücksichtigt bei der Geschwindigkeitsberechnung sämtliche Aufhol- und Abstandsunterschiede. So konnte die vorgeworfene Geschwindigkeitsüberschreitung von 154 km/h ermittelt werden, welche auch im u.a. Sachverständigengutachten als beweiskräftig bestätigt wurde.

 

Es wurde eine Anzeige erstattet und als Messorgan ist RI X von der Landesverkehrsabteilung ausgewiesen.

 

Aus technischer Sicht ist im gegenwärtigen Fall von einer korrekten Geschwindigkeitsmessung auszugehen. Vor Antritt der Fahrt wurden die Reifen des Polizeifahrzeuges kontrolliert.

 

Die diesbezüglichen gutachtlichen Äußerungen des Sachverständigen für Verkehrstechnik,  Dipl.HTL-Ing. X lauten – auszugsweise - wie folgt:

 

"Aus technischer Sicht ist zu der gegenständlichen Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahrt Folgendes festzustellen:

Es liegen insgesamt 4 ausgedruckte schwarz-weiß Fotos von der gegenständlichen Nachfahrt vor und es ist signifikant, dass bei Framenr. 51493 und einer links oben angegebenen Wegmessung von 11549 zum nächsten ausgedruckten Bild bei der Framenr. 51644 mit dem Weg von 11821 sich das Motorrad vom Polizeifahrzeug augenscheinlich entfernt hat und die Geschwindigkeit des Polizeifahrzeuges von 150 auf 169 km/h gesteigert hat, d.h., obwohl die Geschwindigkeit des Polizeifahrzeuges um 19 km/h erhöht wurde, erhöhte sich der Tiefenabstand zum vorausfahrenden Motorrad. Daraus ist der Schluss gegeben, dass das Motorrad schneller gefahren sein muss als die 169 km/h des Polizeifahrzeuges. Weiters liegt eine von der Polizei intern durchgeführte Providervideomaßauswertung vor, die photogrammetrisch den Geschwindigkeitsunterschied zwischen dem Polizeifahrzeug und dem zu messenden Motorrad berücksichtigt. Diese Messung wurde 44 m später durchgeführt als das Bild, das die 169 km/h Eigengeschwindigkeit zeigt. Dort hat das Polizeifahrzeug 171 km/h und hat auf den Motorradfahrer 3,8 m aufgeholt, sodass sich eine unter Berücksichtigung von 5 % Eichtoleranz ein vorwerfbarer Geschwindigkeitswert von 154 km/h ergibt. 44 m vor dieser Situation war das Motorrad auf alle Fälle noch schneller, da ist es noch 160 km/h gefahren. Diese beiden Werte sind augenscheinlich nachvollziehbar, da auf Grund der vorliegenden Bildfolge der vorliegenden zurückgelegten Wegstrecke und der vorliegenden Zeitdifferenz diese Aussage getroffen werden kann. Die von der Polizei vorgeworfenen, abzüglich der 5 Prozent Toleranz, 154 km/h wurden daher im Sinne des Berufungswerbers ermittelt, da 44 m vor der von der Polizei ausgewerteten Bildsequenz die Geschwindigkeit des Motorradfahrers noch bei 160 km/h gelegen ist. Auch bei diesen 160 km/h ist die eichtechnische Toleranz von 5 Prozent im Sinne des Berufungswerbers schon berücksichtigt worden."

 

2.6. Gestützt auf die Anzeige der Landesverkehrsabteilung für Oberösterreich vom 17. September 2009, den vorliegenden Fotos, den Eichschein, die Aussage des als Zeugen vernommenen Polizeibeamten RI X und auf das anlässlich der mündlichen Verhandlung erstattete Gutachten des Amtssachverständigen für Verkehrstechnik, gelangt der Unabhängige Verwaltungssenat im Rahmen der freien Beweiswürdigung zur Auffassung, dass das verwendete Provida Messgerät der Type Multavision, GeräteNr. 214029, entsprechend den Verwendungsvorschriften eingesetzt wurde und im gegenständlichen Fall von einer korrekten und beweiskräftigen Geschwindigkeitsmessung des Motorrades Kawasaki X, Kennzeichen X,  auszugehen ist.

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Nachfahren mit dem Dienstfahrzeug und das Ablesen des damit ausgestatteten Tachometers grundsätzlich ein taugliches und zulässiges Beweismittel zur Feststellung einer von einem Fahrzeug eingehaltener Fahrgeschwindigkeit darstellt. Voraussetzung hiefür ist jedoch, dass das Nachfahren über eine Strecke und über eine Zeitspanne erfolgt, die lange genug sind, um die Einhaltung etwa derselben Geschwindigkeit, wie der des beobachteten Fahrzeuges, zu prüfen und sodann das Ablesen der eigenen Geschwindigkeit ermöglichen zu können (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 12. Juli 1995, Zl. 95/03/0171). Es ist nicht zu erkennen, warum diese Grundsätze nicht auch für den hier vorliegenden Fall gelten sollten, in dem das noch zusätzlich mit einem die eingehaltene Durchschnittsgeschwindigkeit ermittelnden Videogerät ausgestattete Dienstfahrzeug dem beobachteten Fahrzeug über eine entsprechende Strecke nachgefahren ist; auch wenn das Nachfahren lediglich im "annähernd gleich bleibenden Abstand" festgestellt wurde, so ist vor dem Hintergrund des Beschwerdevorbringens nicht zu erkennen, dass den Grundsätzen der hg. Rechtsprechung (insbesondere "etwa derselben Geschwindigkeit") nicht entsprochen worden wäre. (VwGH 98/03/1146 v. 6.9.2001)

 

RI X, der als Organ der Straßenaufsicht mit der Handhabung von Provida-Messgeräten befasst ist, über langjährige Praxis im Zusammenhang mit Geschwindigkeitsmessungen, wie er im Verfahren vor der Bundespolizeidirektion Linz ausgeführt hat, verfügt und bei der mündlichen Verhandlung einen kompetenten und glaubwürdigen Eindruck hinerlassen hat, muss angesichts seiner Ausbildung und Erfahrung zugebilligt werden, dass er sich über Vorgänge des öffentlichen Straßenverkehrs ein richtiges Urteil bilden kann, also befähigt ist, über Verkehrsvorgänge richtige Wahrnehmungen zu machen. Es kann von ihm als geschulten Sicherheitswachebeamten ebenso erwartet werden, dass er über die in Ausübung des Dienstes gemachten Wahrnehmungen richtige Angaben macht. Dazu kommt, dass er im Falle einer falschen Zeugenaussage besonderen dienstrechtlichen und strafrechtlichen Sanktionen ausgesetzt ist.

 

Auch das Gutachten des Sachverständigen für Verkehrstechnik, Dipl-HTL-Ing. X ist schlüssig und nachvollziehbar. Es widerspricht weder den Erfahrungen des Lebens noch den Denkgesetzen und gelangt einerseits zum Ergebnis, dass das Provida-Messgerät, Type Multavision, GeräteNr. 214029, ordnungsgemäß verwendet wurde und die Reifen des Polizeifahrzeuges vor Fahrtantritt kontrolliert wurden und anderseits, dass im konkreten Fall eine korrekte Messung vorliegt und die gemessene Fahrgeschwindigkeit nach Abzug der in Betracht kommenden Toleranz tatsächlich zumindest 154 km/h betrug.

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. In rechtlicher Beurteilung des – unter 2.5. dargelegten – Sachverhaltes ist anzuführen, dass gemäß § 52 lit.a Z10a StVO das Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (Erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" anzeigt, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

 

3.2. Nach dem Ergebnis des Beweisverfahrens wurde das vom Berufungswerber gelenkte Motorrad mit dem Kennzeichen X am 12. September 2009 um 08:16 Uhr in X auf der Landesstraße X Fahrtrichtung X durch RI X im Zuge einer Nachfahrt einer Messung unterzogen. Die tatsächliche Fahrgeschwindigkeit von 154 km/h wurde mit dem technisch einwandfreien und geeichten Provida-Messgerät, Type Multavision, GeräteNr. 214029, ermittelt. RI X ist als speziell geschulter und geübter Polizeibeamter im Zusammenhang mit  Provida-Messgeräten anzusehen und weist überdies langjährige Erfahrung im Verkehrsüberwachungsdienst auf. Die Reifen des Polizeifahrzeuges wurden vor Fahrtantritt von ihm kontrolliert. Hinweise auf einen Defekt des Gerätes bzw. Anhaltspunkte für eine Fehlmessung liegen nicht vor. Überdies hat das technische Amtsachverständigengutachten unzweifelhaft ergeben, dass im konkreten Fall von einer korrekten Messung auszugehen ist, ja sogar kurzfristig die Geschwindigkeit des Polizeifahrzeuges zwischen 169 und 171 km/h betrug und sich trotzdem der Tiefenabstand zum Motorradfahrer erhöhte. 44 m vor der von der Polizei ausgewerteten Bildsequenz war die Geschwindigkeit des Motorradfahrers noch bei 160 km/h gelegen. Auch bei diesen 160 km/h ist die eichtechnische Toleranz von 5 Prozent im Sinne des Berufungswerbers schon berücksichtigt worden. Auf all diesen Grundlagen war die Messung als beweiskräftig anzusehen und es war daher das Messergebnis der Entscheidung zugrunde zu legen.

 

Der Berufungswerber hat somit als Lenker des Motorrades mit dem Kennzeichen X in X,  auf der Landesstraße X bei Kilometer 191.200 die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 84 km/h überschritten und damit unzweifelhaft eine Verwaltungsübertretung nach § 52 lit.a Z10a iVm § 99 Abs.2c Z9 StVO begangen.

 

In Anbetracht der genannten Umstände ist davon auszugehen, dass der Berufungswerber den objektiven Tatbestand der ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretung verwirklicht hat.

 

3.3. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Berufungswerber initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht aus.

 

Dem Vorbringen des Berufungswerbers, dass die Geschwindigkeitsmessung nicht in gleichbleibendem Abstand, sondern durch Aufholen des Polizeifahrzeuges stattgefunden habe und die Beweisfotos lediglich die Geschwindigkeit des Polizeifahrzeuges zeigen würden, wurde im Sachverständigengutachten, welches nachvollziehbar und schlüssig ist, widersprochen. Im konkreten Fall wird daher davon ausgegangen, dass der Bw die Verwaltungsübertretung nach § 52 lit.a Zi. 10a StVO zumindest fahrlässig begangen hat und damit auch die subjektive Tatseite der Übertretung verwirklicht hat.

 

3.5. Strafbemessung:

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Gemäß § 99 Abs.2c Z9 StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 150 bis 2180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 48 Stunden bis zu sechs Wochen, zu bestrafen, wer die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 50 km/h überschreitet.

 

Was die Straffestsetzung anbelangt, so wird darauf hingewiesen, dass die gesetzlichen Bestimmungen hinsichtlich der Fahrgeschwindigkeit der Sicherung des Straßenverkehrs dienen. Geschwindigkeitsüberschreitungen erhöhen generell die Gefahren des Straßenverkehrs, stellen potentielle Gefährdungen des Lebens und der Gesundheit von Menschen dar und sind eine der häufigsten Ursachen für schwere und schwerste Unfälle.

 

Zum Schutze von Leben und Gesundheit der Verkehrsteilnehmer sind daher Geschwindigkeitsüberschreitungen aus generalpräventiven Gründen grundsätzlich streng zu bestrafen. Dazu kommen auch spezialpräventive Aspekte, nämlich, dass dem Beschuldigten das Unrechtmäßige seines Verhaltens durch eine entsprechende Bestrafung spürbar vor Augen geführt wird und er vor der Begehung weiterer derartiger Übertretungen abgehalten werden soll.

 

Bei der Strafbemessung ist auch auf das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung Bedacht zu nehmen. Der Berufungswerber hat die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h auf einer Landesstraße um 84 km/h und damit in einem erheblichen Ausmaß überschritten.

Nach der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt (bereits) eine Überschreitung einer verordneten Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um etwa ein Drittel einen schwerwiegenden Verstoß gegen die Vorschriften der StVO dar (vgl. VwGH 23. Oktober 1986, 86/02/0063 - hier: mit Radar festgestellte Geschwindigkeit von 132 km/h).

 

Gemäß den Schätzungen der Bundespolizeidirektion Linz verfügt der Berufungswerber über ein monatliches Einkommen von 1.000 Euro netto, hat kein Vermögen und keine Sorgepflichten. Diesen Annahmen ist der Bw nicht entgegengetreten, sodass diese auch von der Berufungsinstanz bei der Bemessung der Strafe herangezogen und der Berufungsentscheidung zu Grunde gelegt werden.

 

Der Berufungswerber weist eine einschlägige, Vormerkung nach § 52 lit.a Z10a StVO aus dem Jahr 2007 auf. Der Strafmilderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit im Sinne § 34 Abs.1 Z2 StGB iVm § 19 Abs.2 VStG kann ihm damit nicht zuerkannt werden. Sonstige Milderungs- oder auch Erschwerungsgründe liegen nicht vor.

 

In Anbetracht des gesetzlich festgelegten Strafrahmens in Höhe von bis zu 2.180 Euro für die Begehung der zugrundeliegenden Verwaltungsübertretung erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat, dass die von der Bundespolizeidirektion Linz verhängte Geldstrafe im Ausmaß von 400 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 7 Tage), welche lediglich rund 18 % der möglichen Höchststrafe beträgt, noch im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens liegt und angesichts der genannten Umstände tat- und schuldangemessen und geeignet ist, um den Berufungswerber künftighin vor weiteren Verwaltungsübertretungen dieser Art abzuhalten. Eine Herabsetzung kommt daher nicht in Betracht. Zu § 21 VStG vertritt der Unabhängige Verwaltungssenat die Auffassung, dass im konkreten Fall dem Berufungswerber kein bloß geringes Verschulden trifft, weshalb ein Absehen von der Strafe nicht möglich ist.

 

Es war folglich spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr.  Johann  F R A G N E R

 

 

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