Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281196/26/Kl/Pe

Linz, 21.07.2010

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn x, vertreten durch Rechtsanwalt x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 7.1.2010, Ge96-42-2009, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 4. und 9.3.2010, zu Recht erkannt:

 

 

I. Die Berufung wird hinsichtlich der Schuld abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. Hinsichtlich der Strafe wird der Berufung insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 1.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit die Ersatzfreiheitsstrafe auf zwei Tage, herabgesetzt wird.

 

 

II. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 100 Euro, das sind 10 % der verhängten Geldstrafe. Hinsichtlich des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 5, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 7.1.2010, Ge96-42-2009, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) eine Geldstrafe von 2.000 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von vier Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 130 Abs.1 Z16 iVm § 35 Abs.1 Z1 ASchG verhängt, weil er als Arbeitgeber am 18.8.2009 in der Arbeitsstätte in x (Bäckerei) nicht dafür gesorgt hat, dass bei der Benützung von Arbeitsmitteln diese nur für Arbeitsvorgänge und unter Bedingungen benützt werden, für die sie geeignet sind und für die sie nach Angaben der Hersteller oder Inverkehrbringer vorgesehen sind.

Bei der in der Backstube aufgestellten Teigteilmaschine, Hersteller: x GmbH & Co. KG., Type PONY Sr, Baujahr 1998, SerienNr. x, wurde als Aufstiegshilfe für Arbeiten am Teigzuführtrichter eine Leiter verwendet. Entsprechend den Herstellerangaben ist das Arbeitsmittel für die Bedienung vom Boden aus vorgesehen und wird der Schutz der Quetschstellen zwischen Hauptkolben und Maschinentrichter bzw. Maschinenrahmen durch die Bauhöhe der Maschine (Trichter) erreicht. Durch das Verwenden einer Leitung bei der Bedienung der Teigteilmaschine wurde das Arbeitsmittel nicht entsprechend den Hersteller- bzw. Inverkehrbringerangaben benutzt.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu die Ermahnung gemäß § 21 VStG auszusprechen, in eventu die Strafhöhe herabzusetzen, beantragt.

Begründend wurde ausgeführt, dass der Bäckermeister x am 18.8.2009 die Brotteilmaschine nicht benutzt im Sinn des § 35 Abs.1 Z1 ASchG hätte, sondern dieses Arbeitsmittel geputzt oder gewartet hätte. Beim Reinigen des Trichters sei ihm die Teigkarte aus der Hand in die Maschine gefallen, er habe danach gegriffen und wurde er mit dem rechten Zeigefinger von der Teigmaschine erfasst. Richtigerweise hätte er den Trichter öffnen müssen, sodass sich der Motor der Maschine ausschaltet. Auch liege kein Verschulden vor, weil der Bäckermeister bereits acht Jahre in der Bäckerei arbeite, außerordentlich geschult sei und der Bw keine Verhinderungsmöglichkeit gehabt hätte. Hätte der Bw gesehen, dass der Mitarbeiter so sorglos umgehe, hätte er dies sofort und strikt untersagt. Es sei dem Bw aber nicht zuzumuten, dass er hinter jedem Arbeitnehmer nachlaufe und kontrolliere. Dies insbesondere, wenn es sich beim Arbeitnehmer um einen voll ausgebildeten Bäckermeister mit Berufserfahrung handelt. Unverständlicherweise habe der Bäckermeister eigenmächtig und weisungswidrig in die laufende Maschine hineingegriffen. Auch sei ein gegen den Bw eingeleitetes Strafverfahren eingestellt worden. Es widerspräche daher das angefochtene Straferkenntnis auch dem Doppelbestrafungsverbot des Art.4 7. Zusatzprotokoll zur EMRK. Zur Strafhöhe wurde auf die Unbescholtenheit des Bw hingewiesen sowie auf das lediglich geringe Verschulden. Der Bw sei verheiratet und für zwei Kinder sorgepflichtig.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentliche mündlichen Verhandlung am 4.3.2010, fortgesetzt am 9.3.2010, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden. Der Bw und sein Rechtsvertreter sowie ein Vertreter des Arbeitsinspektorates haben an der Verhandlung teilgenommen; die belangte Behörde hat sich entschuldigt. Weiters wurden AI x und x als Zeugen geladen und einvernommen.

 

4.1. Im Grunde des Beweisverfahrens steht als erwiesen fest, dass der Bw im Besitz einer gültigen Gewerbeberechtigung für das reglementierte Gewerbe Bäcker am Standort x, ist und an diesem Standort eine Bäckerei betreibt. Außer dem Bw sind acht Angestellte im Betrieb beschäftigt, darunter der Bäckermeister x. Dieser ist seit ca. acht Jahren im Betrieb beschäftigt. Er hat als Bäckergeselle begonnen und letztes Jahr die Meisterprüfung bestanden. Mindestens ein halbes Jahr hat er zusammen mit dem Bw an der Teigteilmaschine, Hersteller: x GmbH & CO. KG., Type PONY Sr, Baujahr 1998, gearbeitet. Er wurde vom Bw auf die Gefahren hingewiesen. Auch wurde vom Bw darauf hingewiesen, dass nicht in Maschinen hineingegriffen werden darf, wenn etwas hineinfällt. Bei der Teigportioniermaschine muss der Teig mit der Teigkarte oben beim Trichter hineingegeben werden. Die Maschine wird durch den Bäcker, also durch den Bw oder Herrn x befüllt. Wenn man den Trichter anhebt, steht die Maschine still. Sobald ein Fenster geöffnet wird oder der Trichter angehoben wird, steht die Maschine still. Der Bw kontrolliert die Mitarbeiter ständig, wenn er im Betrieb ist und weist auch sofort auf Missstände hin. Einen Betriebsunfall hat es im Betrieb noch nie gegeben. Der Bw betreibt die Bäckerei seit 20 Jahren.

 

Das Hineinputzen des Teiges bei dieser Maschine wurde dem Bäckermeister x so erklärt, dass man von unten, also vom Stand aus den Teig hineinschert. Vom Stand aus kann nur bis zur Hälfte in die Maschine gereicht werden und kann daher nichts passieren. Um weiter hineinzureichen, muss der Trichter geöffnet werden und schaltet sich dabei die Maschine aus. So wurde es vom Bw erklärt. Wenn der Bw nicht anwesend ist, hat sich der Bäckermeister x die Arbeitsweise mit der Leiter selbst angeeignet, nämlich die Leiter als Aufstiegshilfe zu verwenden und von der Leiter aus, den Teig in die Maschine hineinzuputzen ohne den Trichter zu öffnen. Dies geht schneller. Diese Arbeitsweise hat er schon öfters verwendet, nämlich immer wenn es von niemandem gesehen wird.

 

Herr x ist Bäckermeister und Führungskraft im Betrieb. Er ist abwechselnd mit dem Bw im Betrieb, sodass jeweils ein Bäckermeister im Betrieb ist. Er ist daher meist in der Backstube anwesend, wenn der Bw nicht da ist.

 

Am 18.8.2009 verwendete der Bäckermeister x eine Leiter, um Teig in die Teigteilmaschine hineinzuschieben. Der Teigzuführtrichter wurde nicht geöffnet. Es war die Maschine daher in Betrieb. Zwischen Hauptkolben und Maschinentrichter bzw. Maschinenrahmen befinden sich Quetschstellen. Die Maschine hat eine Bauhöhe, sodass sie bei der Bedienung vom Boden aus keine Gefahr darstellt, weil vom Boden aus die Quetschstellen nicht erreicht werden können.

 

Der Unfall passierte beim letzten Teig, der in die Maschine kam, als x die Teigreste im Trichter hinuntergestrichen hat.

 

4.2. Diese Feststellungen gründen sich auf die im Akt befindlichen Fotos und Protokolle über Einvernahmen des Bw und Herrn x. Weiters gründen sich die Feststellungen auf die Aussagen der einvernommenen Zeugen, die den Hergang bestätigten. Auch der Bw machte keine davon abweichenden Angaben. Die einvernommenen Zeugen erschienen glaubwürdig und besteht kein Zweifel an der Wahrheit und Richtigkeit der Aussagen. Es können daher diese Feststellungen der Entscheidung zugrunde gelegt werden.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 130 Abs.1 Z16 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG, BGBl. Nr. 450/1994 idF BGBl. II Nr.13/2007, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen die Verpflichtungen betreffend die Beschaffenheit, die Aufstellung, die Benutzung, die Prüfung oder die Wartung von Arbeitsmitteln verletzt.

 

Gemäß § 35 Abs.1 ASchG haben Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass bei der Benutzung von Arbeitsmitteln folgende Grundsätze eingehalten werden:

Arbeitsmittel dürfen nur für Arbeitsvorgänge und unter Bedingungen benutzt werden, für die sie geeignet sind und für die sie nach den Angaben der Hersteller oder Inverkehrbringer vorgesehen sind.

 

Gemäß § 33 Abs.1 und 2 ASchG sind die Benutzung von Arbeitsmitteln, alle ein Arbeitsmittel betreffende Tätigkeiten wie In- und Außerbetriebnahme, Gebrauch, Transport, Instandsetzung, Umbau, Instandhaltung, Wartung und Reinigung. Arbeitgeber haben dafür zu sorgen, dass Arbeitsmittel entsprechend den Bestimmungen dieses Abschnittes und den gemäß § 39 erlassenen Verordnungen beschaffen sind, aufgestellt, erhalten und benutzt werden.

 

Aufgrund des erwiesenen Sachverhaltes wurde die gegenständliche Teigteilmaschine vom Bäckermeister x am 18.8.2009 nicht entsprechend den Herstellerangaben durch Bedienen vom Boden aus verwendet, sondern wurde bei der Bedienung der Teigteilmaschine eine Leiter vom genannten Arbeitnehmer verwendet, sodass dieser ohne Öffnung des Trichters – damit würde die Maschine zum Stillstand kommen – in den Teigzuführtrichter griff und so Quetschstellen zwischen Hauptkolben und Maschinentrichter bzw. Maschinenrahmen erreichte. Es kam dadurch zu einer Verletzung der rechten Hand. Es ist daher der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung erfüllt.

 

Entgegen den Ausführungen des Bw gab der Bäckermeister x an, dass er den letzten Teig in die Maschine hinuntergestrichen hat und dass es sich nicht um Wartungsarbeiten handelte. Allerdings würden auch Wartungsarbeiten bzw. Reinigungsarbeiten gemäß § 33 Abs.1 ASchG unter die „Benutzung von Arbeitsmitteln“ fallen.

 

Der Bw war zum Tatzeitpunkt Betreiber der Bäckerei und Arbeitgeber und daher verwaltungsstrafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen.

 

5.2. Der Bw macht fehlendes Verschulden geltend, weil er den Bäckermeister x gehörig eingeschult hätte, Anordnung gegeben hätte, dass in laufende Maschinen nicht hineingegriffen werden darf, Arbeitnehmer ständig kontrolliert und überprüft, wenn er im Betrieb ist, und von der Arbeitsweise des Bäckermeisters x keine Kenntnis erlangt hat, weil er nicht im Betrieb anwesend war. Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, den Bw zu entlasten.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinn der zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Bw kein Entlastungsnachweis erbracht wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismittel oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus.

Im Sinne der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Es wird zwar darauf Bedacht genommen, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt, es ist ihm vielmehr zuzubilligen, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Es ist der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der dem Berufungswerber nach § 5 Abs.1 VStG obliegende Entlastungsnachweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen wird. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18.9.1991, 90/19/0177, sowie vom 13.12.1990, 90/09/0141). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer „Oberaufsicht“ nicht aus (VwGH 30.6.1994, 94/09/0049). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. In diesem Sinne führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20.12.2002, 99/02/0220, aus, dass der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem genügt (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichteshofes vom 23.5.2006, 2005/02/0248). Insbesondere bemängelt der Verwaltungsgerichtshof, dass der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht hat, dass er etwa die Einhaltung der erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführung überprüft hätte. „Gerade für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen, hat das entsprechende, vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem Platz zu greifen. Im Beschwerdefall zeigt jedoch das eigenmächtige Verhalten des verunfallten Arbeitnehmers zum Tatzeitpunkt, dass kein wirksames Kontrollsystem im Sinn der hg. Judikatur vorhanden war“.

 

Im Sinn dieser Judikatur reicht daher das Vorbringen des Bw nicht aus, ihn von seinem Verschulden zu befreien. Insbesondere reicht es nicht aus, dass der Bw den Bäckermeister ausreichend eingeschult hat und Anweisung getroffen hat, dass in laufende Maschinen nicht hineingegriffen bzw. nachgegriffen werden darf. Vielmehr hätte der Bw nachweisen müssen, dass die von ihm vorgezeigte und angewiesene Vorgehensweise bei der Teigteilmaschine auch in seiner Abwesenheit eingehalten wird. Vom Bw wurde hingegen nichts dargelegt und unter Beweis gestellt, welche Maßnahmen er konkret getroffen hat, dass die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften, also der Herstelleranordnungen zum Betrieb der Maschine bzw. die diesbezüglichen Anweisungen des Bw mit gutem Grund erwartet werden kann. Es hat daher das Beweisverfahren gezeigt, dass der Bw nicht in Kenntnis war, wie die Vorgehensweise des Bäckermeisters in Abwesenheit des Bw war, dass dieser schon öfters die Teigmaschine über eine Leiter bedient hat. Gerade aber für eigenmächtiges Handeln der Arbeitnehmer ist ein Kontrollsystem einzurichten, sodass gewährleistet ist, dass die Anordnungen des Bw auch in seiner Abwesenheit eingehalten werden. Es war daher auch vom Verschulden des Bw, nämlich jedenfalls von sorgfaltswidriger Tatbegehung, also Fahrlässigkeit auszugehen.

 

5.3. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die belangte Behörde hat straferschwerend gewertet, dass die Übertretung schwerwiegende Folgen nach sich gezogen hat und die körperliche Gesundheit des Arbeitnehmers geschädigt wurde. Mildernd wurde der ordentliche Lebenswandel des Beschuldigten gewertet. Auch wurde die fahrlässige Tatbegehung berücksichtigt. Zu den persönlichen Verhältnissen wurde ein monatliches Nettoeinkommen von 2.500 Euro und keine Sorgepflichten geschätzt.

 

Im Sinn des § 19 Abs.1 VStG ist zum Unrechtsgehalt der Tat insbesondere auf die erhebliche Schädigung des Arbeitnehmers durch das Zuwiderhandeln gegen die Schutznorm hinzuweisen. Auch sind konkrete nachteilige Folgen, nämlich eine Körperverletzung des Arbeitnehmers, eingetreten. Als Strafmilderungsgrund ist – wie die belangte Behörde ausführte – die Unbescholtenheit des Bw zu berücksichtigen. Auch liegt fahrlässige und nicht vorsätzliche Tatbegehung vor. Weiters war im Sinn der persönlichen Verhältnisse auf die Angaben des Bw einzugehen, dass er sorgepflichtig für seine Gattin und zwei Kinder ist. Dies war bei der Strafbemessung entsprechend für eine Strafherabsetzung zu bewerten. Die Einkommensverhältnisse wurden hingegen vom Bw nicht berichtigt und können diese gemäß den Schätzungen der belangten Behörde zugrunde gelegt werden. Es war daher im Sinne der Unbescholtenheit des Bw, des langjährigen Betriebes durch den Bw und unter Bedachtnahme auf den Umstand, dass der Arbeitnehmer x eine ausführliche Schulung im Rahmen seiner Meisterprüfung sowie auch vor Ort durch den Bw erhielt, mit einer Strafherabsetzung vorzugehen. Die nunmehr verhängte Geldstrafe ist aber im Hinblick auf den erheblichen Unrechtsgehalt der Tat und die nachteiligen Folgen erforderlich. Sie ist auch geeignet, den Bw von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten und soll den Bw dazu anleiten, ein entsprechendes Kontrollsystem im Betrieb einzurichten und Maßnahmen zu treffen, die eine weitere Rechtsverletzung hintanhalten. Entsprechend der Herabsetzung der Geldstrafe war auch die festgelegte Ersatzfreiheitsstrafe herabzusetzen.

 

Ein Überwiegen der Milderungsgründe war nicht festzustellen und war daher eine außerordentliche Milderung gemäß § 20 VStG mangels der Voraussetzungen nicht in Betracht zu ziehen. Auch liegt nicht Geringfügigkeit des Verschuldens vor, da das tatbildmäßige Verhalten des Bw nicht weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt. Auch sind konkrete nachteilige Folgen eingetreten. Mangels der Voraussetzungen war daher nicht mit einem Absehen von der Strafe gemäß § 21 VStG vorzugehen.

 

5.4. Das weitere Vorbringen des Bw, nämlich Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot gemäß Art.4 7. ZP EMRK, ist nicht zutreffend. Es ist zwar richtig, dass ein gegen den Bw wegen § 88 Abs.1 StGB eingeleitetes Strafverfahren von der Staatsanwaltschaft Linz zu 59 BAZ 574/09 m beim BG Rohrbach am 3.11.2009 gemäß § 190 Z1 StPO eingestellt wurde. Dazu hat bereits der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass das Prinzip des ne bis in idem nicht berührt sei, wenn der Ankläger die Vorerhebungen gemäß § 90 StPO (entspricht nunmehr § 190 StPO) einstellt. Diese Entscheidung wurde vom Gerichtshof für Menschenrechte mit Urteil vom 18.9.2008, BSW.Nr. 28.034/04 (Rechtssache Müller gegen Österreich), bestätigt. Darin wurde ausgeführt, dass das Zurücklegen einer Anzeige durch den Staatsanwalt nicht als endgültige Entscheidung betrachtet werden kann, sondern das Verfahren dazu dient, Sachverhalte und Tatverdacht soweit zu klären, dass die Staatsanwaltschaft über Anklage, Rücktritt von der Verfolgung oder Einstellung des Verfahrens entscheiden kann. Es ist daher nicht von einer verfassungswidrigen Doppelbestrafung auszugehen.

 

6. Weil die Berufung zumindest im Hinblick auf die Strafhöhe Erfolg hatte, entfällt ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 65 VStG. Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 10 % der nunmehr verhängten Geldstrafe, das sind 100 Euro.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

Beschlagwortung: Kontrollsystem, Strafbemessung, keine Doppelbestrafung, bei Zurücklegung der Anzeige durch Staatsanwalt

 

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen;

VwGH vom 24.02.2012, Zl. 2010/02/0220-5

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