Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522622/2/Bi/Kr

Linz, 21.07.2010

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn X, vom 12. Juli 2010 gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 24. Juni 2010, FE-606/2010, Nsch-159/2010, wegen Entziehung der Lenkberechtigung ua, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung auf vier Monate herabgesetzt.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) gemäß §§ 7, 24, 25, 26, 30, 32 FSG die von der BPD Linz am 11. März 2010, Zl. 10095421, für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrs­zuverlässigkeit für die Dauer von acht Monaten, gerechnet ab 16. Mai 2010, dh bis 16. Jänner 2011, entzogen, für den gleichen Zeitraum das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahr­zeugen verboten und ihm das Recht aberkannt, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenk­berechtigung in Österreich Gebrauch zu machen. Zugleich wurde die Absol­vierung einer Nachschulung für alkoholauffällige Lenker spätestens bis zum Ablauf der Entziehungsdauer angeordnet. Gemäß § 64 Abs.2 AVG wurde einer Berufung dagegen die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte durch Hinterlegung mit 29. Juni 2010.

 

2. Ausschließlich gegen die Entziehungsdauer wendet sich die vom Bw frist­gerecht einge­brachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungs­vor­entscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er arbeite im Außendienst außerhalb von Linz und müsse wegen Wechseldienst dringend jederzeit seinen Arbeitsplatz erreichen. Er habe nur bis spätestens Mitte September eine Mitfahrgelegenheit und fürchte, dann seine Beschäftigung zu verlieren. Dadurch sei seine Existenz gefährdet und darum ersuche er, das Urteil zu überdenken.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass der 1975 geborene Bw, nachdem ihm wegen einer gerichtlichen Verurteilung ua wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs.1 5. Fall, Abs.2 Z1 SMG die Lenkberechtigung wegen Verkehrsunzu­verlässigkeit für die Dauer von 6 Monaten bis 7. März 2010 entzogen worden war, am 16. Mai 2010 um 8.56 Uhr als Lenker des Pkw X in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand – der günstigste Atemalkoholwert betrug um 9.27 Uhr 0,60 mg/l – beanstandet wurde. Der Führerschein wurde ihm vorläufig abge­nommen.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4)  nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind. Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen ua die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beein­trächtigten Zustand gefährden wird. Als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.1 FSG hat gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG zu gelten, wenn jemand ein Kraft­fahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 begangen hat.

Gemäß § 99 Abs.1a StVO 1960 begeht ua eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkohol­ge­halt seines Blutes 1,2 ‰ oder mehr, aber weniger als 1,6 ‰ oder der Alkohol­gehalt seiner Atemluft 0,6 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,8 mg/l beträgt.

Gemäß § 26 Abs.2 Z4 FSG ist, wenn beim Lenken oder der Inbetriebnahme eines Kraftfahrzeuges erstmalig ein Delikt gemäß § 99 Abs.1a StVO 1960 begangen wird, die Lenkberechtigung für die Dauer von mindestens vier Monaten zu entziehen. Gemäß Abs.5 dieser Bestimmung gilt eine Übertretung gemäß Abs.1 als erstmalig, wenn eine vorher begangene Übertretung der gleichen Art zum Zeitpunkt der Begehung der neuerlichen Übertretung getilgt ist.

 

Die letzte Alkohol-Übertretung des Bw (§ 99 Abs.1 lit.a StVO 1960) ist aus dem Führerscheinregister am 14. April 2003 ersichtlich, dh diese war am 16. Mai 2010 getilgt, weshalb nunmehr von erstmaliger Übertretung iSd § 7 Abs.5 FSG auszu­gehen war.

Der Bw wurde mit rechtskräftigem Straferkenntnis der Erstinstanz vom 15. Juni 2010, S-24576/LZ/10, wegen Übertretung gemäß §§ 5 Abs.1 iVm 99 Abs.1a StVO 1960 schuldig erkannt, weil er am 16. Mai 2010, 8.56 Uhr, in Wels auf der Salzburger Straße das Fahrzeug X in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat.

Er hat damit eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z1 FSG gesetzt, für die gemäß § 26 Abs.2 Z4 FSG bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit eine Entziehungsdauer von mindestens vier Monaten festzusetzen ist.

 

Im Fall des Bw ist zu berücksichtigen, dass er seit dem Wiedererlangen der Lenkberechtigung am 8. März 2010 bis 16. Mai 2010 exakt 9 Wochen im Besitz einer solchen war, bevor er erneut eine die Annahme der Verkehrsunzuver­lässigkeit nach sich ziehende bestimmte Tatsache verwirklicht hat. Dass der Bw Bedenken wegen des Erhalts seines Arbeitsplatzes und damit seines finanziellen Spielraumes hat, liegt auf der Hand, zumal laut Rechtsprechung des VwGH die in § 26 Abs.1 und 2 FSG normierten Mindestentziehungs­zeiten dem Ausspruch einer Entziehung für einen längeren Zeitraum dann nicht entgegenstehen, wenn Umstände vorliegen, die auf Grund der Verwerflichkeit und Gefährlichkeit der strafbaren Handlung die Prognose der Verkehrsunzuverlässig­keit für einen darüber hinausreichenden Zeitraum rechtfertigen und damit die Festsetzung einer längeren Entziehungsdauer erforderlich machen (vgl VwGH 17.11.2009, 2009/11/0023, mit Vorjudikatur).

 

Der Bw arbeitet laut Bestätigung der X GmbH vom 18.6.2010 bereits seit 18.12.2009 in X und wohnt in X, wobei zu betonen ist, dass ihm diese Konstellation auch am 16. Mai 2010 bekannt war, dh er hätte sich beim Lenken seines Pkw nach Alkoholkonsum dementsprechend vorsorglich verhalten müssen.

Das Beweisverfahren hat ergeben, dass ihn ein Freund, der aber nicht dort arbeitet, ausnahmsweise bis Mitte September zu seinem Arbeitsplatz nach X bringt, wobei aber sein Einkommen zu gering ist, um dort noch zusätzlich Miete zu bezahlen, und auch keine Übernachtungsmöglichkeit für ihn besteht. Er sei froh, endlich Arbeit gefunden zu haben und müsse außerdem die Kosten der Nachschulung und die Strafe bezahlen; das Ganze tue ihm sehr leid.

 

Nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates ist aufgrund der einmaligen Situation des Bw, der seinen Arbeitsplatz zur Festigung seiner sozialen Integration im Hinblick auf seine Verurteilung dringend benötigt – auch wenn er von der Entfernung her ungünstig liegt, was er sich aber wahrscheinlich nicht aussuchen konnte – eine Herabsetzung der Entziehungs­dauer auf die im Gesetz vorgeschriebenen vier Monate gerade noch vertretbar, auch wenn nach der Rechtsprechung des VwGH private wirtschaftliche Umstände auf die im Interesse der Verkehrssicherheit zu verfügende Entziehung der Lenkberechtigung keinen Einfluss haben (vgl E 23.5.2000, 2000/11/0102, uva). 

Allerdings sollte sich der Bw dringend vor Augen halten, dass derartige Über­legungen bei eventuell weiteren derartigen Vorfällen nicht mehr anzustellen sind, und seine Einstellung zu Alkohol im Straßenverkehr gründlich überdenken.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

 

LB-Entziehung für 6 Monate wegen Suchtgifthandel -> 9 Wochen nach Wiedererhalt der LB, § 99 Abs. 1a StVO -> 4 Monate Mindestentziehung gem.

§ 26 Abs.2 Z 4 FSG, drohender Verlust des Arbeitsplatzes -> Herabsetzung auf 4 Monate

 

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