Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-150788/2/Lg/Hue

Linz, 26.07.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ewald Langeder über die Be­rufung des x, x vertreten durch Rechtsanwälte x, x, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 8. Juni 2010, Zl. BauR96-12-2009, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 zu Recht erkannt:

I.                  Die Berufung wird dem Grunde nach abgewiesen. Die Ersatzfreiheitsstrafe wird auf 34 Stunden herabgesetzt.   

II.              Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 16 Abs. 2, 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 300 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von
120 Stunden verhängt, weil er als Lenker des Kfz mit dem amtlichen Kennzeichen x am 13. Jänner 2009, 7.23 Uhr, die A1 bei km 173.500 in Fahrtrichtung Salzburg benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der zeitabhängigen Maut unterliegt, welche vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten sei. Es sei am Kfz keine Mautvignette angebracht gewesen.

 

2. In der Berufung brachte der Bw vor, dass § 21 VStG zwingend anzuwenden gewesen wäre. Das gegenständliche Kfz sei am 2. Jänner 2009 angemeldet worden. Auf dem alten Auto sei eine Jahresvignette für das Jahr 2008 angebracht. Diese sei bis 31. Jänner 2009 gültig. Im Wissen, dass bis spätestens 31. Jänner 2009 eine Vignette für das Jahr 2009 zu besorgen sei, hätte der Bw zur Tatzeit noch keine Vignette angebracht, da ja auf dem alten Kfz eine gültige aufgeklebt sei. Eine gültige Vignette sei noch am Tattag (nach der Beanstandung) angeschafft worden. Das Verschulden des Bw sei geringfügig, die Folgen der Verwaltungsübertretung unbedeutend.

 

Beantragt wurde die gänzliche Aufhebung des Straferkenntnisses und das Absehen von einer Strafe nach § 21 VStG.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der Landesverkehrsabteilung Oö. vom 13. Jänner 2009 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Demnach sei am Kfz keine Mautvignette angebracht gewesen. Der Lenker habe die angebotene Ersatzmaut abgelehnt. Als Zusatz zur Anzeige wurde angegeben: "Angaben des Verdächtigen – Breit Konrad: Er habe das Fahrzeug erst angemeldet und gedacht, er brauche erst ab 1. Februar 2009 eine Vignette. 120,- Euro bezahle er jedenfalls nicht."

 

Die Strafverfügung vom 16. Jänner 2009 beeinspruchte der Bw wie folgt: "

·         Der Wagen ist neu und wurde mit 2.1.09 angemeldet

·         Am alten Auto, ein Audi A2, ist die 2008er Vignette noch angebracht (der A2 ist nun auf meine Frau x, x, angemeldet)

·         im Wissen, dass bis 31.1.09 spätestens das neu 2009er Pickerl zu besorgen ist, habe ich zur Tatzeit noch keine Vignette gehabt

·         Als Beweisstück kann ich ihnen sehr gerne die Rechnung für das Pickerl 2009 nachreichen (wurde noch am selben Tag gekauft)

·         ich möchte zudem anführen, dass ich seit Einführung der Vignette loyal und zeitgerecht die Vignette geklebt habe.

Ich danke Ihnen und Ihrer Kommission für Ihr Entgegenkommen und verbleibe mit besten Grüßen"

 

Einer zusätzlichen Stellungnahme des Meldungslegers vom 12. Februar 2009 ist zu entnehmen, dass sich zum Zeitpunkt der Kontrolle keine Vignette auf dem Kfz befunden habe und dies von Herrn x auch zu keinem Zeitpunkt bestritten worden sei. Die angebotene Ersatzmaut von 120 Euro sei dem Bw zu hoch gewesen, weshalb er eine Bezahlung abgelehnt habe.

 

Dazu rechtfertigte sich der Bw im Wesentlichen wie bisher bzw. wie in der später eingebrachten Berufung.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

4.1. Gemäß § 10 Abs. 1 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 BStMG ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

Punkt 7.1 der Mautordnung besagt, dass die Vignette – nach Ablösen von der Trägerfolie – unter Verwendung des originären Vignettenklebers unbeschädigt und direkt so auf die Innenseite der Windschutzscheibe anzukleben, dass sie von außen gut sicht- und kontrollierbar ist (z.B. kein Ankleben hinter einem dunklen Tönungsstreifen).  

 

Gemäß § 20 Abs. 1 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 Euro bis 3.000 Euro zu bestrafen.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 250 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Die Mautaufsichtsorgane sind ermächtigt, anlässlich der Betretung bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 20 mündlich den Lenker zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern. Die Organe der Straßenaufsicht sind ermächtigt, anlässlich der Betretung bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 20 Abs. 1 den Lenker mündlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern. Der Aufforderung wird entsprochen, wenn der Lenker unverzüglich die entsprechende Ersatzmaut zahlt. Hierüber ist eine Bescheinigung auszustellen (Abs. 2).

Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht (Abs. 6). 

 

4.2. Unbestritten ist, dass der Bw der Lenker war und am Kfz zum Zeitpunkt der Kontrolle – mithin zur vorgeworfenen Tatzeit – keine gültige Mautvignette aufgeklebt war.

 

§ 11 Abs. 1 BStMG normiert, dass vor der Benützung einer Mautstrecke die Maut durch Anbringen einer Mautvignette zu entrichten ist. Eine gültige Vignette war – unbestritten – auf dem verfahrensgegenständlichen Kfz zur Tatzeit nicht angebracht, weshalb der Bw das vorgeworfene Delikt in objektiver Hinsicht verwirklicht hat.

 

Insofern der Bw die Meinung vertritt, eine (noch) gültige Mautvignette auf einem anderen seiner Autos würde ihn bis zum Ablauf deren Gültigkeit von der Mautentrichtung für das verfahrensgegenständliche Kfz (iSd Aufklebens einer gültigen Mautvignette) entbinden oder eine ordnungsgemäß angebrachte Vignette gelte alternativ für mehrere seiner Fahrzeuge, so ist er damit ebenso im Irrtum wie mit der Auffassung, dieser Irrtum führe zu mangelndem Verschulden aufgrund Rechtsunkenntnis. Er ist auch darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum BStMG selbst ausländische Lenker verpflichtet sind, sich vor (!) Benützung von Mautstrecken mit den rechtlichen und faktischen Voraussetzungen der legalen Benützung auf geeignete Weise vertraut zu machen und ihr Verhalten danach einzurichten. Diese Rechtsunkenntnis bewirkt daher Fahrlässigkeit, die bei "Ungehorsamsdelikten" wie der gegenständlichen für eine Bestrafung ausreicht. Insofern sich der Bw darauf beruft, dass er nach der Beanstandung eine gültige Vignette gekauft (und ordnungsgemäß auf das Kfz aufgeklebt) hat, ist er darauf aufmerksam zu machen, dass eine nachträgliche Mautentrichtung ihn nicht entschuldigen oder sonst wie entlasten kann.

Das vorgeworfene Delikt ist dem Bw somit auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. 

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis ohnehin die gesetzliche Mindestgeldstrafe verhängt wurde. Mildernd wirken lediglich das Tatsachengeständnis, das aber im Hinblick auf die gegebenen Umstände wenig ins Gewicht fällt, und die Unbescholtenheit. Im Hinblick auf diese Situation erscheint die Verhängung der Mindeststrafe angemessen.

Überwiegende Milderungsgründe im Sinne des § 20 VStG sind nicht ersichtlich, zumal – wie der Titel dieser Bestimmung schon sagt – es sich um eine "außerordentliche" Milderung der Strafe handelt. Eine solche "außerordentliche" Milderung ist aber im gegenständlichen Fall nicht gerechtfertigt, da Gründe behauptet werden, die sich geradezu regelmäßig geltend machen lassen (Fahrzeug wurde erst kürzlich neu angemeldet; nach der Beanstandung wurde sofort eine gültige Vignette gekauft bzw. der Preis für eine Vignette sei bezahlt worden etc.), sodass bei Anwendung des § 20 VStG in solchen Fällen die gesetzliche Mindeststrafe in der Praxis unterlaufen würde. Die vom Bw geltend gemachten Gründe fallen insgesamt nicht so ins Gewicht, dass von einem Überwiegen von Milderungsgründen iSd § 20 VStG gesprochen werden könnte. Die fahrlässige Tatbegehung stellt eine gewöhnliche und ausreichende Schuldform dar (§ 5 Abs. 1 VStG). Inwiefern das Vorbringen, bisher die Maut immer ordnungsgemäß entrichtet zu haben, mildernd zum Tragen kommen könnte, ist nicht ersichtlich. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt wäre, da die (kumulativen) Voraussetzungen (Unbedeutendheit der Tatfolgen, Geringfügigkeit des Verschuldens), dafür nicht gegeben sind: Wegen der Tatsache, dass für eine Vignette (für ein anderes Kfz!) einst der Kaufpreis bezahlt wurde, kann nicht auf unbedeutende Folgen der Übertretung geschlossen werden. Die Nichtentrichtung der zeitabhängigen Maut vor Benützung einer Mautstrecke ist eo ipso erheblichen Tatfolgen gleichzusetzen. Hinsichtlich des Verschuldens ist – im Zweifel – zugunsten des Bw davon auszugehen, dass er mit den einzelnen Rechtsvorschriften nicht vertraut war, was dazu führt, dass das Verhalten des Bw als fahrlässig einzustufen ist. Dieser Verschuldensgrad ist jedoch durchaus deliktstypisch und rechtfertigt die Anwendung des § 21 VStG keineswegs. Bei Anwendung der selben Strafbemessungsgründe war die Ersatzfreiheitsstrafe auf 34 Stunden herabzusetzen. Damit entfällt die Vorschreibung der Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum